Eine Annotation von Jutta Dudziak

Vondrácková, Helena:

„Unter der Asche meiner Liebe ist noch Glut“. Erinnerungen.

Aufgezeichnet von Vera und Ulrich Offenberg.

Ullstein Verlag, Berlin 1997, 137 S.

Helena Vondrácková zählte in der DDR zu den großen Idolen der Schlager-Branche. Geboren wurde sie 1947 in Prag, und mit achtzehn Jahren, nach dem Abitur, gewann sie gegen 200 Konkurrenten ihren ersten Schlager-Wettbewerb. Mit zwanzig Jahren trat sie im berühmten Olympia in Paris an der Seite von Josefine Baker mit großem Erfolg auf.

Sie produzierte über 120 Schallplatten, wirkte in vielen TV-Sendungen mit und gewann zahlreiche Festival-Preise. Heute lebt sie in Prag und produziert erfolgreiche CDs. In ihrer Biographie schildert sie ihren Aufstieg von einer schüchternen Prager Sängerin zu einem absoluten Top-Star. Sie erzählt von ihrer außerordentlich großen Liebe zur Heimat und zu ihren Eltern. Weiterhin erzählt sie, wie sie als blutjunge Künstlerin voller Lampenfieber in die DDR reiste. In der sie überwältigende Triumphe feierte.

Sie erinnert sich aber auch an die Probleme, die sie an der innerdeutschen Grenze hatte, bevor die Mauer fiel: „... auf der Bühne des Berliner Friedrichstadt-Palastes merkte mir niemand die Stunden in der Arrest-Zelle an, die ich dort wegen des Besitzes von zwei lächerlichen West-Zeitschriften hatte verbringen müssen. Vielleicht war ich an diesem Abend noch überzeugender als an den übrigen, vielleicht bilde ich mir das nur ein. Dafür war es mir zum ersten Mal klar geworden, was es für Menschen heißt, eingesperrt zu sein.“

Sie erinnert sich an die einmalige Atmosphäre und die besondere Nähe zum Publikum, die dem alten Friedrichstadt-Palast innewohnte, vergleichbar mit dem Olympia in Paris. Besonders wenn sie mit ihren Kollegen Helga Hahnemann, Karel Gott oder Heinz Quermann auf der Bühne stand im „Kessel Buntes“. Feste mit Musikern und Schauspielern werden erwähnt, z. B. mit Dean Reed, mit dem sie oft auf der Bühne gestanden hat und der sie durch seine Persönlichkeit und Ausdruckskraft beeindruckte. Nach ihren Worten handelte es sich bei ihm um eine Legende im gesamten Ostblock: „Bei den Weltfestspielen 1973 in Ost-Berlin habe ich ihn zum ersten Mal getroffen. Er war ein attraktiver Mann. Die Barriere, die leider zu schnell zwischen uns wuchs, hieß Ideologie, seine kämpferischen, stark idealistischen Vorstellungen von einer anderen viel besseren Welt machten eine halbwegs vernünftige Kommunikation zwischen uns unmöglich. Er glaubte wirklich an eine Zukunft im kommunistischen System. Jedes Gespräch mit ihm endete meist mit einer von Phrasen überfrachteten Debatte.“

Offen und ehrlich spricht sie über die schrecklichen Wochen 1968, als russische Panzer den Prager Frühling niederwalzten. Für sie und alle Tschechen und Slowaken war dieser Einmarsch ein großer Schock. Es war der berühmte Blitzschlag vom Himmel. 1983 heiratete sie den in der DDR bekannten Baß-Gitarristen der Gruppe „Kreis“, Helmut Stickel, den sie einige Zeit vorher bei einem Festival in Sopot kennenlernte.

Humorvoll schildert sie einige Unannehmlich keiten, die sie beim Übertreten innerdeutscher Grenzen hatte.

Durch die politische Wende 1989 in fast allen Ostblockstaaten wurden viele Existenzen gefährdet, und mancher wurde aus der Bahn geworfen. So auch die Autorin, deren Ehe fast zerbrach.

Die Biographie, die sich sehr flüssig und unterhaltsam liest, wird von einem reichhaltigen Bildteil ergänzt.


© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

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