Eine Annotation von Joachim Richter
Erlhoff, Michael:
Nutzen statt Besitzen
G. Steidl Verlag, Göttingen 1995, 105 S.

Als erste Veröffentlichung der Reihe „Design Essays“stellt der Autor Michael Erlhoff, Professor für Design-Theorie, Dekan des Kölner Fachbereiches Design und promovierter Literaturwissenschaftler, mit dem Titel Nutzen statt Besitzen ein weiteres Buch vor.

„Design also ist eine typische modern undisziplinierte Diziplin, die ebendeshalb in der Lage ist, die Anforderungen und Probleme unserer Gegenwart zu begreifen, und die überdies genötigt wird, für diese Probleme ökologische, soziale, ökonomische, technische und kulturelle Möglichkeiten der präzisen Reflexion und auf Lösungen gerichtete Bearbeitung zu entwickeln.“

Diese, aus der Einleitung zitierte Definition von Design ist so eigenwillig, daß man auf den Essay gespannt ist.

Tatsächlich gibt Michael Erlhoff Ungewohntes zu denken auf, angefangen schon mit den Wörtern Besitz und Eigentum, die er nicht als Hauptwörter verwendet sehen will, und nachfolgend, indem er die davon ausgehenden sozialen Werte in Frage stellt. Ebendamit, mit den höchsten Werten unserer Gesellschaft, dem persönlichen Besitz, dem persönlichen Eigentum, setzt sich der Autor auseinander. Erlhoff sieht im Streben nach noch mehr persönlichem Besitztum und persönlichem Eigentum den Hauptgrund für die immer akuter werdenden Gegenwartsprobleme, wie Umweltverschmutzung, Müllberge, Blechlawinen und zerstörte Ökosysteme.

Aufbauend auf ein Konzept von Günter Horntrich (Yellow Design), „Kaufen und Verbrauchen“ und „Nutzen statt Besitzen“, letzteres auch der Titel seines Buches, versucht der Autor an Beispielen wie dem Auto, der Eigentumswohnung, dem Eigenheim, den Möbeln, dem Werkzeug usw. also an persönlichem Eigentum, alternative Wege aufzuzeigen, Lösungsvorschläge anzubieten, um den obengenannten Gegenwartsproblemen zu begegnen.

Die Grundidee: „Nutzen statt Besitzen“, interpretiert Erlhoff an den erwähnten Beispielen und kommt zu dem Ergebnis, wenn auf dieses Eigentum verzichtet würde und man dazu überginge, diese Gebrauchsgegenstände im Bedarfsfall zu mieten, zu leihen, um sie nur zu benutzen, könnten neue Bedingungen geschaffen werden, die zur Problemlösung beitragen.

Alle in dem Buch aufgeführten Vorschläge, Versuche, eben Essays, sollen den Leser anregen mitzudenken, neue Wege zu finden und zu begehen und damit beizutragen, die globalen Gegenwartsprobleme zu überwinden. Das in unserer Gesellschaft noch tiefverwurzelte Streben nach persönlichem Eigentum, nach noch mehr persönlichem Besitz, ist für den Autor der Hauptgrund, das größte Hindernis, um diese oder ähnliche Problemlösungen finden zu können.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 10+11/96 (c) Edition Luisenstadt, 1996
www.berliner-lesezeichen.de

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