Eine Rezension von Bernd Heimberger

Kunst und Klau

Winfried Löschburg: Leere Bilderrahmen, geköpfte Tempelgötter
Kunstdiebstähle der letzten Jahrzehnte.
Parthas Verlag, Berlin 2000, 208 S.

Auch davon hat Deutschland genug! Und kann davon nicht genug bekommen? Jede Saison gibt es Bücher, die von mehr oder weniger raffiniert ausgeführten Kunstdiebstählen und ihren Folgen berichten. So was konnte sich die DDR nicht leisten und wollte sich so was nicht leisten. Es genügte, wenn einer zuständig war fürs Thema wie sonst keiner. Der eine ist der Historiker und Germanist Winfried Löschburg gewesen, dessen Buch über die Berliner „Linden“ und dessen Biographie des Hauptmanns von Köpenick in der DDR zu den vielgefragten Publikationen des Publizisten gehörten. Was der Autor einst unter dem werbewirksamen Titel Der Raub der Mona Lisa über „Kunstdiebstähle der letzten Jahrzehnte“ erzählte, kommt nun gewandelt unter dem faderen Titel Leere Bilderrahmen, geköpfte Tempelgötter auf den Tisch.

Spricht der Verfasser im Vorwort verallgemeinernd von einer Epidemie der Kunstdiebstähle, die seit Ende der fünfziger Jahre uneingeschränkt andauert, so beendet er sein Buch mit einer 20seitigen „Chronik der letzten Jahre“, die eine geraffte Zusammenfassung auffällig gewordenen Kunstklaus ist. Der tägliche, tausendfache Diebstahl von Kunstwerken ist ebenso wenig Gegenstand der Kapitel wie jener Großdiebstahl der Kriegsmächtigen aller Fronten.

Löschburg beginnt sein Buch mit dem Fall der im Juli 1939 erfolgten Entfernung des Watteau-Bildes „Der Gleichgültige“ aus dem Louvre. Eine Geschichte, die klarmacht, daß Diebstahl nicht gleich Diebstahl ist. Kein Gleichgültiger, wollte der Künstler, der das Bild in seinen Besitz brachte, die groben Verfälschungen des Watteau-Werkes korrigieren. Weniger eine kriminelle Tat, denn ein Akt eines Fanatikers. Besessenheit, welche Ursachen sie auch immer hat, ist häufig der Anlaß spektakulärer Kunstdiebstähle.

Obwohl sich der Autor in den geschilderten Fällen auf die Darstellung äußerer Vorgänge konzentriert, ist ihm doch wichtig, die Motive der Täter verständlich zu machen, ohne sich auf Täteranalysen einzulassen. Winfried Löschburg will Leser nicht langweilen. Er vermeidet, so gut er kann und das möglich ist, den informativen Sachbuch-Stil. Er liebäugelt mit der feuilletonistischen wie erzählenden Darstellung und gerät so schnell zwischen alle Stühle. Was schert die Leser das, die unterhalten sein wollen? Unterhaltung ist garantiert!


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08/01 (Internetausgabe) (c) Edition Luisenstadt, 2001
www.berliner-lesezeichen.de

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