Eine Rezension von Bernd Heimberger

Erhalten statt entwickeln

Peter Köpf: Stoiber. Die Biografie
Europa Verlag, Hamburg/Wien 2001, 272 S.

Klar, Edmund Stoiber ist nicht Franz Josef Strauß! Ist klar, daß Ed. St. Kein FJS wird? Obwohl einige Landsleute den Doppeljubilar des Jahres 2001 dafür halten. Im September feiert Stoiber seinen Sechzigsten, im Dezember die 30jährige Mitgliedschaft in der CSU. Die Zukunft des Jubilars ist seine Vergangenheit. Selbst dann, wenn er noch manches vor sich hat. Zum Beispiel das, was sein berühmter Vorgänger im Amt des bayrischen Ministerpräsidenten im vergleichbaren Alter durchmachte. Edmund Stoiber kann die Knechtschaft der Kanzlerkandidatur auferlegt werden. Kann aber ein Bayer Kanzler von Deutschland werden? Kann er nicht! Glauben die glaubenstreuen Bayern. Die Kandidatur kann auf Stoiber zukommen, wie er auf sie, weil er sich den Kanzler zutraut. Stoiber ist der bekannteste Ministerpräsident.

Mit dem mütterlich-rheinischen Blut lassen sich leider keine Pluspunkte mehr gewinnen. Nicht mal kokettieren kann der stille Kandidat mit einer solchen Herkunft. Stoibers Biograph, Peter Köpf, hat ermittelt, daß der Edmund reinsten bayrischen Geblüts ist. Köpfs Biographie des so wenig bajuwarisch wirkenden Voll-Blut-Bayern ist die Biographie eines politischen Bayern mit den Insignien der ehemaligen Bundesrepublik. Köpfs Buch ist eine politische Biographie des studierten Juristen, in dem das Familiär-Persönliche geringsten Platz hat. Das trägt wenig zur differenzierten Darstellung der Person bei, so daß schließlich auch die Leser Stoiber als den sehen, der „mehr gefürchtet, als geliebt“ ist. Köpf konzentriert sich in seiner Stoiber-Chronik auf die Karriere des Partei-Menschen. Eines Menschen, der die „Edikratie“ in Partei und Regierung etablierte, da sie seinem Naturell entspricht. Es ist das Naturell eines praktizierenden bürokratischen Kontrolleurs. Pingeligkeit und Penetranz im Verwalterischen verknüpft der Fleißige mit Populistischem im Visionären. Büro-Sinn und Bürger-Sinn bestimmen den Pragmatismus des Politikers. Irrtümer konsequent ignorierend, erdienerte er sich dienend das Amt des Ministerpräsidenten und kann nun auf die höhere Stufe schielen. Im Grunde ist die gesamte Stoiber-CSU-Story eine langweilige Geschichte. Es ist die der stets ambitionierten bayrischen Deutschland-Politik, die stets dort steckenbleibt, wo sie herkommt. Daß das Buch die Wahrheiten des Herrn Stoiber vermittelt, ist weniger gewiß als die Tatsache, daß Peter Köpf mit der Welt der Wahrheiten der CSU bekannt macht. Erschreckende Wahrheiten einer erschreckenden Welt? Wohl kaum. Zumindest, solange man sich nicht darüber täuscht, daß die Demokratie die Wirklichkeit der Mandatsträger ist, die mit der angenommenen und angeeigneten Macht die Demokratie demütigen. Das bedeutet nicht, daß sich der Biograph genötigt sah, eine Person und die Politik einer Partei zu demaskieren. Der populistische Pragmatismus von Person, Partei, Politik steht ständig am Pranger. Spürbar ist die Distanz, aus der sich der Autor der Person Edmund Stoiber nähert und die er begründet beibehält. So präsent die Person des Politikers, vom Menschen wird kaum der Schatten sichtbar. Kein Weiser, ist Edmund Stoiber inzwischen einer, der von Manchem mehr weiß als andere. Prädestiniert ihn das fürs Noch-Höhere? Nähme irgendwer den Publizisten Peter Köpf ernst, wäre sowieso schon entschieden. Das Fazit über den Politiker Edmund Stoiber lautet: „Der Erhalt ist sein Antrieb, nicht die Entwicklung.“ Lassen wir es dabei. Bayern, Bayern über alles ... Klar!


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08/01 (Internetausgabe) (c) Edition Luisenstadt, 2001
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