Eine Rezension von Friedrich Schimmel
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Kunst für kleine und große Kinder

Cornelia Vossen: Museumsführer für Kinder
Gemäldegalerie Berlin.
Herausgegeben von Waltraud Braun
Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 2000, 77 S.

Dorothee Göbel: Das Musikinstrumenten-Museum Berlin
Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 2000, 64 S.
Mit Musik-CD (16 Hörbeispiele) und Bastelbogen (Wurlitzer Orgel).

Zwei wunderbare Bücher in der Reihe „Museum für Kinder“, beide von kompetenten Autorinnen verfaßt. Eine ganz unaufdringliche Führung durch die Berliner Gemäldegalerie beginnt schon auf Einband und Vorsatzpapier. Die neugierigen Betrachter sollen noch vor der Lektüre des Buches aktiv werden, danach suchen, wo die Bilder, von denen zunächst nur Ausschnitte zu sehen sind, im Buch gefunden werden. Wer sie gefunden hat, kann die Seitenzahlen in die Kästchen auf der rechten Seite des Vorsatzpapiers eintragen. So beginnt eine Entdeckungsreise in die Welt der Kunst. Suchen, entdecken, mitteilen. Auch ans Mitmischen ist gedacht worden. Denn wer so viele Bilder betrachtet, von Lebensgeschichten und Maltechniken der Maler gehört hat, will schließlich auch selbst etwas tun.

„Male dein eigenes Bild“ heißt die Aufforderung auf der letzten Seite. Der dazugehörige Rahmen ist schon vorbereitet. Cornelia Vossen unternimmt einen anschaulichen, einen abenteuerlichen Streifzug durch die Geschichte der Malerei. Ausgangspunkt ist immer ein Bild, das knapp und präzise erklärt wird. Hervorgehoben wird das Wesentliche, das Auffallende, also das, was Kindern zuerst in die Augenwelt gerät. Markante Einzelheiten auf den Bildern sind es, die den Blick auf Zeit und Welt des Malers lenken können. Das kann eine kleine Bischofsmütze am unteren Bildrand sein, aber auch ein geflügelter Musikant, der, wenn es um die „Verkündigung an Maria“ geht, für eine „himmlische“ Stimmung sorgt. Erzählende Bildbeschreibungen, oft mit direkten Hinweisen, die die Aufmerksamkeit der Kinder wecken sollen. Und manchmal die Aufforderung: „Sieh doch mal genauer hin ...“

Erklärt wird, was ein Flügelaltar ist, warum ein Porträt so oder ganz anders gemalt worden ist, welche Rolle Himmel und Hölle in der mittelalterlichen Welt gespielt haben. Methodisch immer ein neuer Einfall. Per Steckbrief wird zum Beispiel der Heilige Sebastian gesucht, der im Museum mehrfach auf Bildern zu entdecken ist. Als „besondere Kennzeichen“ gelten: „von Pfeilen durchbohrt und an einen Baum gefesselt“. Auch Innen- und Außenräume werden in ihrer Verschiedenartigkeit gezeigt, Blicke eröffnet und die Bedeutung des Raums anhand einer seltsam verwandelbaren Badegesellschaft, unter Einwirkung geheimer Zauberkräfte erkundet. Manchmal muß ein Bild im Bild gesucht werden, oder der Trick eines Malers bei der Bewältigung der Raumtiefe ist herauszufinden. Mal- und Zeichentechniken sind Bestandteil einer Deutung. Rembrandt wird als ein Maler eingeführt, der „gern in den Spiegel guckte: um sich selbst zu malen!“.

Ein kleines Lexikon „für besonders Neugierige“ und Kurzbiographien der vorgestellten Künstler beschließen das Buch, in dem nicht nur Kinder mit Freude blättern werden.

Musik, Musik und so viele Instrumente. Dorothee Göbels Buch, das durch das Berliner Musikinstrumenten-Museum führt, bietet Geschichte und Geschichten aus der Welt der Töne. Die Instrumente „erwachen aus ihrem Dornröschenschlaf, wenn sie gespielt werden“. Erst dann verraten sie etwas von ihrer Seele“. Um die vielen im Buch vorgestellten und erklärten Instrumente nicht erst im Museum zu hören, ist dem Buch eine CD beigegeben. Ein Symbol im Text verrät, wann ein Beispiel zu hören ist. So werden Posaunen, Bratschen, Violinen, Flöten, Harfen, ein Cembalo oder eine Orgel zu Gehör gebracht. Musikinstrumente aus fünf Jahrhunderten: ihre Klänge, Erbauer, Besitzer, Spieler. Lebendig gemacht durch Einblicke in Konzerte, Begegnung mit fahrenden Spielleuten, Tanzmeistern und Teufelsgeigern. Auch in diesem Buch der Reihe „Museum für Kinder“ werden die jungen Leser und Hörer mehrfach direkt angesprochen.

Fragen nach eigenen Musikerfahrungen stehen neben einem zu ordnenden „Wortsalat“. Instrumente sind der richtigen Gruppe zuzuordnen. Abenteuer über Abenteuer. Wie ein Organist alle Magister zieht, so wird der „Atem“ der Königin der Instrumente erlebbar gemacht. Wird ein Clavichord erklärt, ist von Rabenfedern, Springern und von Hämmerchen die Rede. Immer sind es die Instrumente selbst, wenn Musik und ihre Geschichte, die Töne und deren Komponisten nahegebracht werden sollen. Manche Besonderheit eines Instruments kommt einem Wunder gleich. Vogelfedern sind es, auf denen die Klangpracht eines Cembalos beruht. Die Lippen der Blechbläser haben Kraft und gehörige Spannung, wenn eine Trompete oder ein Horn seine Töne erzeugen soll.

Wiederum ein Buch, das auch Erwachsene zu bezaubern vermag. Denn Spezialwissen über die Welt der Instrumente, auch wenn es nur die Anfänge und Grundzüge betrifft, ist zuallererst den Musikern selbst eigen. Die brillanten Abbildungen zeigen Instrumente, Gesamtansichten und Blicke ins Innere der „Musik“. Zeitgenössische Bilder bieten auch Überraschungen. Der junge Friedrich (später der Große) neben seiner Lieblingsschwester Wilhelmine, beide in Kleidern mit einer Trommel. Musik am Hof, Musik heute, volltönend und elektrisch verstärkt, das sind Welten, mit denen die Kinder längst schon vertraut sind oder gerade bekannt gemacht werden.

Die Editionsreihe „Museum für Kinder“, gleich zweimal schön gelungen, ist ein Augen- und Ohrenschmaus für Anfänger und Fortgeschrittene, für kleine und große Kinder.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08/01 (Internetausgabe) (c) Edition Luisenstadt, 2001
www.berliner-lesezeichen.de

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