Eine Rezension von Bernd Heimberger

Wernigerodes Winkel

Norbert Eisold (Text)/Peter Kühn (Fotos): Wernigerode
Hinstorff Verlag, Rostock 2001, 80 S.

Welcher Winkel Wernigerodes ist Wernigerödern die schönste Ecke? Sicher nicht die „Schöne Ecke“. Die ist was für Fotografen. Sie haben die „Schöne Ecke“ zum Standard-Standort für Schloß-Ansichten erkoren. Weitergegangen, entlang der Flutrenne, gibt’s aus den Niederungen der Stadt, wo Flutrenne und Forckestraße aufeinander treffen, einen nicht weniger günstigen Blick aufs Schloß. An der Forckestraße steht das Haus, in dem viele Jahrzehnte für viele Wernigeröder die Welt begann: die aufgegebene Kinderklinik. Kein Objekt für Fotografen! Kein Thema für Texter! Pech für das Wernigerode-Buch von Peter Kühn (Fotos) und Norbert Eisold (Text) – das nur Gewohntes und Gesagtes wiederholt? Der Gerechtigkeit halber ist zu gestehen: Eisold erzählt sehr persönlich, was Wernigerode ist und somit ihm. Das liest sich besser als eine brave Stadtchronik. Der Fotograf hat Sinn für Details und dafür, Beziehungen von Details ins Bild zu bringen. Kühn betrügt die Stadtbesucher nicht um ihre Erwartungen. Zugleich weiß er auch die ständigen Stadtbewohner zu erstaunen und zu erfreuen, wie – unter anderem – seine Sicht auf Rathaus und Marktplatz beweist. Wer einen guten Augensinn hat, wird sehen, wie schön die „Bunte Stadt am Harz“ dasteht vorm bergigen, grünen Hintergrund. Vielleicht ist manchem Einheimischen der Oberpfarrkirchhof der liebste Winkel Wernigerodes, weil der stillste, besinnlichste Ort in der von Touristen durchtobten Stadt.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08/01 (Internetausgabe) (c) Edition Luisenstadt, 2001
www.berliner-lesezeichen.de

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