Sich seiner Individualität zu rühmen, wird sich keiner schämen. Sich einen Individualisten zu nennen, wird nicht jedem selbstverständlich sein. Als Sonderling möchte wohl niemand abgestempelt werden. Ausgenommen Sonderlinge? Sind sie nicht die konsequentesten Individualisten, die am konsequentesten ihre Individualität vertreten, auch verteidigen? Für die Experten in Sachen Sonderlinge, Guy Bechtel und Jean-Claude Carrière, steht fest: „Das Sonderliche hat immer eine Unter- und Obergrenze.“ Was sich dazwischen abspielt - bizarr bis spleenig - und zivilisatorische Normen stört, ohne die Zivilisation an sich zum Störfall zu machen, hat den akzeptierten Status des Sonderlichen. Ob das alles allerdings einen Eintrag ins Lexikon der Sonderlinge rechtfertigt? Die beiden Franzosen haben vermutlich nicht allzu lange nachgedacht. Ihr Lexikon ist die Antwort. Nicht nur eine Sammelstelle verworren-verschrobener Typen, gibt’s zu allen nur erdenklichen Stichworten skurrile Geschichten und sachliche Auslegungen, die mehr oder weniger mit sonderbarem Gebaren und Geschehen zu tun haben. Das Lexikon ist eine alphabetische Anordnung von Krudem, Kuriosem, Kalamitäten, die menschliche Art möglich machen kann. Wohlwollend formuliert: eine vergnügliche Versammlung von Verrücktheiten, die Durchschnittsmenschen zustande bringen, wenn sie der Durchschnittlichkeit mal kräftig in den verlängerten Rücken treten. Manchmal ist Ver-rückt-sein, von dem die Rede ist, derart aggressiv-gewaltreich, daß die Folgen verheerend für Völker, Nationen und für die Menschheit sind. Spaß und Last kommen von den Sonderlingen in die Welt. Sonderlinge sind wir alle, solange wir dem sonderlichen Aberglauben anhängen. Das Sonderliche ist das Salz, das die Suppe des Lebens völlig versalzen kann.
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