Eine Rezension von Bernd Heimberger

Schuldloser Sammler

Wilfried Ahrens: Der Geschädigte liegt dem Vorgang bei
C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung, München 2000, 103 S.

Manchmal möchte man das nicht glauben! Auch Juristen sind Menschen, die über Menschen sprechen, wenn sie glauben, von Menschen zu reden. Zur Vermenschlichung beurteilter und verurteilter menschlicher Belange trägt das nur bedingt bei. Wär's anders, müßte es besser bestellt sein um die Beziehung des Menschen zum Menschen. Voraussetzung wäre, die Kommunikation zwischen Klienten, Rechtsvertretern und -verdrehern wäre möglich. Zu gut deutsch, beide Seiten müßten, in einer Sprache, eine Sprache sprechen. Das ist die Brücke, auf der Angeklagte, Polizisten, Juristen meist einbrechen. Gefällig geurteilt, werden die Einbrüche „Stilblüten“ genannt. „Der Geschädigte liegt dem Vorgang bei“ ist eine Sammlung des unverknöcherten Oberstaatsanwalts Wilfried Ahrens, die vorgibt, „Die besten juristischen Stilblüten“ zu bieten. Ob allerdings alle aufgezeichneten Ausreden, die Beschuldigte pausenlos über ihre Unschuldslippen lassen, in die Serie Stilblüten gehören, könnte man zum juristischen Streitfall machen. Um so dem Herrn Oberstaatsanwalt eins auf den Hut zu geben? Um ihm - wenigstens das! - zu sagen, daß sich manche Ausrede wie schon mal gehört anhört? Aber; wo steht denn geschrieben - nicht mal in den zitierten Protokollen -, daß alles gefressen werden muß, was einem vorgesetzt wird? Wenn sich im notierten Sachverhalt, dank falscher Sachbezüge, unfreiwilliger Humor einnistet, dann ist das hemmungslos-schadenfrohe Gelächter – und nicht nur auf Kosten der Justiz – garantiert. Über eine Frau, der das Fahrrad geklaut wurde, heißt es: „... der Geschädigten Frau Müller (Zeitwert ca. 450,- DM) ...“ Das eine doppelte Stilblüte nennen? Vergleichbares ist häufig in der Sammlung und geht zumeist zu Lasten der Frauen. Müßte einem da das Lachen nicht wieder vergehen? Der Sammler ist nicht der Schuldige. Ihm möchte man gern mal auf den gern hochgehaltenen Zeigefinger klopfen! Wenn schon!


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08/01 (Internetausgabe) (c) Edition Luisenstadt, 2001
www.berliner-lesezeichen.de

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