Eine Annotation von Birgit Pietsch

Speer, Albert:
„Alles was ich weiß“
Aus unbekannten Geheimdienstprotokollen vom Sommer 1945.
Mit einem Bericht „Frauen um Hitler“ von Karl Brandt.
Herausgegeben von Ulrich Schlie.
F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung, München 1999, 320. S.

Kaum war der Zweite Weltkrieg vorbei und mit ihm das tausendjährige Reich, da begann eine Wandlung vieler Zeitgenossen: Aus Tausenden Technikern, Geschäftsleuten und Managern wurden sogenannte Technokraten. Das sind Leute, die sich nie einen Deut für Politik interessierten, sondern nur begeistert waren von der Machbarkeit technischer Projekte und ansonsten Schlimmeres verhinderten. Diese besondere Spezies war, wie man nach 1989 hörte, in der DDR bis ins Politbüro gelangt. Ahnherr aller Technokraten war jedoch Albert Speer, erst Lieblingsarchitekt des Führers, dann Lieblingskronzeuge über das Dritte Reich. Erster Erfolg seiner Wandlung war die Abwendung der Todesstrafe vor dem Nürnberger Gerichtshof - sein nicht so intelligenter Stellvertreter Sauckel mußte hängen. Ein nächster Erfolg war sein 1969 unter tätiger Mithilfe von Joachim Fest und Wolf Jobst Siedler veröffentlichter Bestseller Erinnerungen.

Mit diesem Buch legt nun der Berliner Historiker Ulrich Schlie den bislang unveröffentlichten Bericht vor, den Albert Speer bereits 1945 einem amerikanischen Geheimdienstoffizier gab. Hier äußerte er sich erstmals nach dem Krieg über Adolf Hitler, seine Mitarbeiterauswahl, seine Arbeitsweise sowie über Hitler privat und als Feldherr, über andere führende Nationalsozialisten sowie über die Nationalsozialistische Außenpolitik und die militärische Führung. Zum Zeitpunkt der Niederschrift war Speer offiziell noch Minister der Dönitz-Regierung und wußte wohl auch noch nicht, daß ihm der Prozeß gemacht werden würde. Speers Bewunderung für seinen Freund und Förderer Hitler erscheint hier wesentlich deutlicher als in den Erinnerungen. Dies unterscheidet diese Aufzeichnungen vor allem von dem später erschienenen Werk, die Grundaussagen über die genannten Sachverhalte sind allerdings ähnlich. Von persönlicher Verantwortung oder gar Schuld des Organisators der Rüstungsindustrie ist in beiden Schriften nicht die Rede.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08/01 (Internetausgabe) (c) Edition Luisenstadt, 2001
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