Eine Annotation von Wolfgang Buth

cover Schäfer, Frank:
Kultbücher
Von „Schatzinsel“ bis „Pooh's Coorner“ – eine Auswahl.
Mit Gastbeiträgen von Hartmut El Kurdi, Gerald Fricke, Jürgen Roth und Michael Rudolf.
Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 2000, 285 S.

Frank Schäfer, Jahrgang 1966, Mitherausgeber der Literaturzeitschrift „Griffel. Magazin für Literatur und Kritik“, hat nach seinen beiden Buchveröffentlichungen Lexikon der Rockgitarristen (Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 1999) und Lichtenberg – Schmidt – Rühmkorf. Eine kleine Analogie- und Ableitungskunde (Wehrhahn Verlag, Hannover 1999) seine Anthologie Kultbücher herausgegeben.

Was ist ein Kultbuch? In einer Einführung (Schäfer spricht von „Hinführung“) erfährt der Leser, was ein Kultbuch ausmacht bzw. daß er (der Leser) das h e r a u s r a g e n d e Buch erst zu einem Kultbuch macht und keine Werbeabteilung eines Verlages. Kultbücher brauchen (oftmals) ihre Zeit, da sie bei ihrem Erscheinen nicht selten kontrovers diskutiert und verworfen werden, ehe sie von „ihrem“ Publikum entdeckt und verstanden werden. Auch wird das spätere Hauptwerk eines bekannten Autors oftmals als Kultbuch eingestuft. Kultbücher haben oft seismographische Qualitäten, sie erfassen historische Erschütterungen, treffen den Geist oder Ungeist der Zeit, fangen ihn ein und bewahren ihn auf – für jetzt und immerdar. Damit eng verbunden ist die weitere These, daß die Wirkung eines Kultbuches, sein Erfolg, sich nicht aus seiner literarischen Qualität ableiten läßt. Beim Kultbuch spielt der ästhetische Rang absolut keine Rolle. Kultbücher sind Verständigungstexte und helfen als solche mit bei der Formung einer Gruppenidentität. Und schließlich versteht jeder unter dem Stichwort Kultbuch etwas ganz anderes.

Frank Schäfer und seine Gastautoren Hartmut El Kurdi, Gerald Fricke, Jürgen Roth und Michael Rudolf stellen insgesamt 51 Kultbücher vor, die zwischen 1883 und 1994 erschienen sind. Jeder Buchbesprechung sind etwa vier Seiten gewidmet, dazu kommt noch eine Seite, die den Umschlag des Buches zeigt. Der Bogen der rezensierten Kultbücher spannt sich von Robert Louis Stevensons Schatzinsel, Karl Mays Winnetou, Rudyard Kiplings Dschungelbüchern und Karl Kraus' Die Fackel über Ernst Jüngers In Stahlgewittern, Daniil Charms' Alle Fälle, Wilhelm Reichs Die sexuelle Revolution und Antoine de Saint-Exupérys Der kleine Prinz bis zu Ken Keseys Einer flog über das Kuckucksnest, Eckhard Henscheids Trilogie des laufenden Schwachsinns, Philippe Djians Betty Blue. 37,2 ° am Morgen und Harry Rowohlts Pooh's Coorner.

Die flüssig geschriebenen Rezensionen (zum Teil mit Überleitungen zwischen den Besprechungen) regen an, das eine oder andere Buch zu lesen. Wer andere Kultbücher vermißt – z. B. Michael Endes Momo oder Die unendliche Geschichte, Ulrich Plenzdorfs Die Leiden des jungen W., Hermann Hesses Steppenwolf oder Michail Bulgakows Der Meister und Margarita – kann aus dem Nachwort Frank Schäfers die Hoffnung schöpfen, diese und andere Kultbücher in einer 2. Auflage zu treffen.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08/01 (Internetausgabe) (c) Edition Luisenstadt, 2001
www.berliner-lesezeichen.de

zurück zur vorherigen Seite