Berlin im Jahr 1918
01. 01. Die »Südliche Berliner Vorortbahn Aktiengesellschaft« und die »Nordöstliche Berliner Vorortbahn AG« werden von der »Großen Berliner Straßenbahn Aktien Gesellschaft« übernommen.
01. 01. F. Schaefer, der am 1. Dezember 1915 aus dem Vorstand ausgeschieden war, tritt nach zweijähriger Tätigkeit beim »Märkisches Elektricitätswerk AG« (MEW) wieder in den stellvertretenden Vorstand der »Städtische Elektrizitätswerke Berlin« (StEW) ein.
01. 01. In der Volksbühne am Bülowplatz (Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte) findet die Premiere von Heinrich von Kleists Drama »Die Hermannschlacht« statt.
12. 01. Günter Ludwig wird in Zäckerick (Siekierki/Odra) geboren. Ludwig war ordentlicher Professor für theoretische Physik an der Freien Universität Berlin und Direktor des Instituts.
19. 01. Die erste Sitzung der Arzneibuchkommission findet in Berlin statt.
19. 01. Die »Berliner Burschenschaft Arminia« beschließt auf einem Konvent einstimmig, einen »Hausverein« zu gründen und zur Zeichnung von Hausanteilen aufzurufen, um das von ihr derzeit nur gemietete Haus kaufen zu können.
24. 01. Der Professor für Kinderheilkunde, Clemens Freiherr von Pirquet, hält im Charlottenburger Rathaus einen Vortrag über moderne Ernährung. Er plädierte aufgrund von Versuchen für einen geringen Eiweißverbrauch und hielt Fett für völlig ersetzbar.
26. 01. Als Tochtergesellschaft von »Telefunken« wird die »Drahtlose Übersee-Verkehrs-AG« (Transradio Nauen) in Berlin gegründet. Die Gesellschaft baute Sende- und Empfangsanlagen in Nauen und Geltow bei Berlin.
28. 01. 414 gewählte Betriebsvertrauensleute konstituieren sich als Groß-Berliner Arbeiterrat.
28. 01. Die Munitionsarbeiter in Berlin beginnen zu streiken.
29. 01. Das Abhalten von Streikversammlungen und die Bildung von Streikkomitees wird vom Oberbefehlshaber der Marken verboten. Zur Unterstützung der Polizei wurden 5 000 Unteroffiziere und vier feldmarschmäßig ausgerüstete Jägerbataillone eingesetzt.
31. 01. Nach dem Beginn des großen »Rüstungsstreiks« im Januar wird am Abend der verschärfte Belagerungszustand über Berlin verhängt. Die Schwartzkopff-Werke in Wedding wurden mit sieben anderen Berliner Großbetrieben unter militärische Leitung gestellt.
31. 01. Der Oberbefehlshaber in den Marken, Generaloberst Gustav von Kessel, läßt auf dem Platz vor dem Berliner Schloß den verschärften Belagerungszustand und die Einsetzung von außerordentlichen Kriegsgerichten verkünden.
01. 02. Der Oberbefehlshaber in den Marken, Generaloberst Gustav von Kessel, läßt die Bürger wissen, daß er »jeden Versuch, die Ruhe und Ordnung zu stören, mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln unterdrücken werde«.
02. 02. Der Hausverein »Die Berliner Burschenschaft Arminia e. V.« wird gegründet. 36 »Bundesbrüder« hatten bis dahin bereits 34 350 Reichsmark eingezahlt, um das bisher nur gemietete Haus in der Ringstraße 11 in Friedenau (Schöneberg) kaufen zu können.
04. 02. Der Massenstreik in der Berliner Munitions- und Rüstungsindustrie wird abgebrochen.
19. 02. Professor Fritz Laske, Architekt und Dozent für Ornamentzeichnen an der Technischen Hochschule zu Berlin (Charlottenburg), stirbt in Berlin.
27. 02. Unter den in einer vom Berliner Polizeipräsidenten angefertigten »Liste des Radikalismus im Landespolizeibezirk Berlin wohnhaft« aufgeführten 50 führenden Sozialdemokraten waren u.a. Richard Herbst, Hermann Lohr und Dr. Hermann Weyl.
02. 03. Der Berliner Lette-Verein erhält die Genehmigung zur Einrichtung eines Kurses für die Ausbildung zur orthopädischen Turnlehrerin und Heilgymnastin und eines Kurses für Laborantinnen zur Untersuchung von Nahrungs-, Genuß- und Futtermitteln.
03. 03. Das von Max Reinhardt inszenierte Stück »Die Seeschlacht« von Reinhardt Goering wird im Deutschen Theater in der Schumannstraße aufgeführt.
10. 03. Der langjährige Stadtrat Ernst August Friedel stirbt in Berlin.
11. 03. Das letzte in Staaken bei Spandau gebaute Luftschiff, LZ 109, mit einem Gasvolumen von 56 000 Kubikmetern startet zu seiner Jungfernfahrt.
16. 03. Als zweiter Präsident der Versuchsanstalt für Luftfahrt wird von der Hauptversammlung Vizeadmiral z. D. Franz Mauve bestellt.
25. 03. Max Bernhard Weinstein, seit 1886 Privatdozent für Geographie und Physik an der Berliner Universität, stirbt in Berlin.
26. 03. Das Mitglied des Berliner Zweigvereins der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft, Dr. Richard Hennig, spricht auf einer Sitzung des Vereins zum Thema »Wetter und Krieg«.
01. 04. Die 1917 von Max Reinhardt gegründete Aktiengesellschaft erwirbt Grundstück und Gebäude des Zirkus Schumann (Mitte) samt Inventar und erteilt dem Architekten Hans Poelzig den Auftrag, das Gebäude in ein Groß-Theater umzubauen.
01. 04. Das Wohnungsamt Berlin nimmt seine Tätigkeit wieder auf. Es hatte - erst im Aufbau befindlich - während des Krieges die Arbeit eingestellt.
08. 04. Anläßlich des 50jährigen Jubiläums der Deutschen Chemischen Gesellschaft und des 100. Geburtstags ihres Gründers A. W. Hofmann findet eine Festsitzung im Hörsaal des Hofmann-Hauses in der Sigismundstraße 4 (Tiergarten), dem Sitz der Gesellschaft, statt.
09. 04. Die Deutsche Bunsen-Gesellschaft für angewandte physikalische Chemie hält ihre 24. Hauptversammlung im Hörsaal der Deutschen Chemischen Gesellschaft in Berlin ab.
26. 04. Anläßlich des 60. Geburtstages von Max Planck am 23. April würdigt Albert Einstein in Berlin dessen wissenschaftliche Leistung in einer Ansprache vor der Deutschen Physikalischen Gesellschaft mit dem Thema »Über die Motive des Forschens«.
05. 05. Die Freie Jugend Groß-Berlin veranstaltet im Wald von Stolpe anläßlich des 100. Geburtstages von Karl Marx ein Treffen.
15. 05. In der Physikalischen Zeitschrift veröffentlichen Lise Meitner und Otto Hahn ihre gemeinsame Arbeit »Die Muttersubstanz des Actiniums, ein neues radioaktives Element von langer Lebensdauer«.
28. 05. Der Arzt und Meteorologe Richard Aßmann, der auch Vorsitzender des 1881 gegründeten »Deutschen Vereins zur Förderung der Luftschiffahrt zu Berlin« war, stirbt in Gießen.
30. 05. Der Reproduktionstechniker und Kunstverleger Christoph Albert Frisch stirbt in Berlin.
31. 05. Der Chemiker Alexander Mitscherlich, Sohn des Berliner Chemikers Eilhard Mitscherlich, bis 1868 in Berlin tätig, stirbt in Freiburg im Breisgau.
06. 06. Die Professorin Elisabeth Kaselowsky, die neunzehn Jahre lang Vorsitzende des Lette-Vereins war und ihr Amt im April 1916 niedergelegt hatte, stirbt in Berlin.
15. 06. Die »Berliner Burschenschaft Arminia« begeht ihr 100. Stiftungsfest, auf dem »mit Damen und Gästen« 79 Teilnehmer gezählt wurden.
20. 06. Der Maschinenbauer und Schriftsteller Hermann Essig stirbt in Berlin in einem Feldlazarett. Essig erhielt 1914 den Kleist-Preis für Literatur.
21. 06. Der Fernstrombezug vom Braunkohlen-Großkraftwerk Golpa-Zschornewitz der »Elektrowerke Aktiengesellschaft« (Ewag) zum Kraftwerk Rummelsburg (Lichtenberg) durch eine 132 km lange 100-kV-Freileitung beginnt. Die vertragliche Leistung betrug 60 000 kW.
24. 06. In Berlin beginnt die von der Zentralstelle für den naturwissenschaftlichen Unterricht veranstaltete erdkundliche Woche, an der dreißig Provinzial- und Regierungs-Schulräte teilnehmen.
 
01. 08. Durch Königlichen Erlaß wird der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin in Anerkennung ihrer wissenschaftlichen Bedeutung das Recht eingeräumt, die Würde eines »Doktors der Landwirtschaft« zu verleihen.
04. 08. Claus Holm wird in Bochum geboren. Holm war drei Jahre lang Bergmann, bevor er Schauspieler wurde. Er war Mitglied der Städtischen Bühnen Berlin, wirkte in vielen Filmen, darunter »Ehe im Schatten«, und in Fernsehstücken mit.
08. 08. In Berlin stirbt der Chemiker Paul Jochim Meyer, Mitbegründer der Chemischen Fabrik Grünau.
13. 08. Der »Lokalanzeiger« informiert darüber, daß die Polizei gegen die Trägerinnen ungeschützter Hutnadeln vorgehen wird.
17. 08. Der auf dem Flugplatz Staaken bei Spandau gebaute Doppeldecker Cl 2 startet zu seinem Erstflug.
31. 08. Der Hochstapler Emil Blumenau wird entlarvt. Der 19 Jahre alte Schifferknecht hatte sich als Fliegeroffizier Graf Bodo von Blumenau ausgegeben, von seinen Luftkämpfen im Krieg erzählt und sich Kredite in Hotels, Schmuck und Wertsachen erschwindelt.
03. 09. Die Volksbühne am Bülowplatz (Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte) unter der Direktion von Friedrich Kayßler eröffnet die neue Spielzeit mit dem Stück »Merlin« von Karl Leberecht Immermann in der Regie von Ludwig Berger.
04. 09. Professor Emil Lampe, Dozent für Mathematik an der Technischen Hochschule in Charlottenburg, stirbt in Berlin.
05. 09. Die »Kaiserliche Normal-Eichungs-Kommission«, die ihren Sitz im Garten der Berliner Sternwarte hat, wird in »Reichsanstalt für Maß und Gewicht« umbenannt.
07. 09. Der Techniker H. Rukop aus der Berliner Firma Telefunken stellt eine wassergekühlte Radiosenderöhre vor.
16. 09. Albert Einstein formuliert im ersten Jahresbericht des Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik, daß das Institut zur ausschließlichen Aufgabe die Förderung rein wissenschaftlicher, theoretischer und experimenteller Forschungen auf dem Gebiete der Physik habe.
23. 09. Der Bakteriologe Georg Gaffky, ein Schüler von Robert Koch und der Entdecker des Bauchthyphus-Erregers, stirbt in Berlin.
01. 10. Der Teuerungszuschlag für elektrischen Niederspannungsstrom wird von den Städtischen Elektrizitätswerken Berlin (StEW) um 50 % erhöht.
01. 10. Der Physiologe und Biochemiker Prof. Otto Heinrich Warburg, der vorzeitig von der Ostfront zurückgekehrt ist, nimmt seine Tätigkeit am Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie wieder auf.
02. 10. Im »Berliner Lokalanzeiger« erscheint die Warnung: »Jeder, der Nachrichten verbreitet, die geeignet sind, Beunruhigung zu verbreiten, wird mit Gefängnis bestraft.
03. 10. Prinz Max von Baden wird Reichskanzler und bezieht die Reichskanzlei in der Wilhelmstraße (Mitte).
06. 10. Vor dem Reichstag (Tiergarten) versammeln sich etwa 5 000 bis 6 000 Arbeiter zu einer Friedensdemonstration. Die Polizei versuchte, die Demonstration gewaltsam aufzulösen.
07. 10. Auf der Reichskonferenz der Vertreter der Spartakusgruppe und anderer linker Kräfte wird das Aktionsprogramm für die sich ankündigende Revolution beschlossen.
12. 10. Die Borsigschen Maschinenfabriken liefern die 1 000. Lokomotive (eine preußische G 12) an die Heeresverwaltung ab.
20. 10. Kaiser Wilhelm II. empfängt im Berliner Schloß Bellevue die neuernannten Staatssekretäre, unter ihnen auch den SPD-Politiker Philipp Scheidemann.
23. 10. Der Sozialdemokrat Karl Liebknecht trifft nach seiner Entlassung aus dem Zuchthaus Luckau auf dem Anhalter Bahnhof ein und wird von Tausenden Berliner Arbeitern begrüßt.
24. 10. Einen Tag nach seiner Freilassung aus dem Zuchthaus Luckau spricht Karl Liebknecht auf verschiedenen Berliner Arbeiterveranstaltungen. Am Abend besuchte er die Sowjetische Botschaft Unter den Linden (Mitte), wo zu seinen Ehren ein Empfang gegeben wurde.
24. 10. In der Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse der Preußischen Akademie der Wissenschaften spricht der Chemiker Prof. Ernst Otto Beckmann über die »Beschaffung der Kohlehydrate im Kriege«.
27. 10. Die Freie Sozialistische Jugend (FSJ) wird im Gebäude des Berliner Büros der USPD und der Arbeiterbildungsschule gegründet.
27. 10. Karl Liebknecht spricht im Handwerksvereinshaus in der Sophienstraße 17/18 (Mitte) vor fast 2 000 Personen zu den Kampfaufgaben in der kommenden Revolution.
29. 10. Kaiser Wilhelm II. flieht angesichts der drohenden Revolution aus Berlin ins belgische Spa, wo in der Villa Fraineuse das Große Hauptquartier seinen Sitz hatte.
05. 11. Gisela Arendt wird geboren. Die Berliner Schwimmerin errang bei den Olympischen Spielen 1936 die Silbermedaille über 4 x 100 m Freistil und die Bonzemedaille über 100 m Freistil. Sie war Deutsche Meisterin über 100 m Freistil von 1933 bis 1939.
07. 11. Der militärische Oberbefehlshaber für Berlin und die Mark Brandenburg, Generaloberst Alexander von Linsingen, verbietet die Bildung von »Arbeiter- und Soldatenräten nach russischem Muster«, da sie die »öffentliche Sicherheit gefährden«.
07. 11. Zum Jahrestag der Russischen Oktoberrevolution werden in Berlin alle Großbetriebe und Bahnhöfe militärisch besetzt, die Hauptverkehrsstraßen kontrolliert sowie öffentliche Gebäude wie das Polizeipräsidium, das Rote Rathaus und das Schloß verbarrikadiert.
07. 11. Der Magistrat schlägt zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung die Bildung einer Bürgerwehr vor. Das Kriegsministerium lehnte diesen Vorschlag ab, da es von der Zuverlässigkeit der in Berlin stationierten Truppen überzeugt war.
09. 11. In Berlin wird der Generalstreik ausgerufen, der die Abdankung des Kaisers, den Sturz der Regierung und die Beendigung des Krieges zum Ziel hatte.
09. 11. Der Flugplatz Johannisthal wird von bewaffneten Fabrikarbeitern und revolutionären Angehörigen der in Johannisthal stationierten Marineeinheit gemeinsam besetzt.
09. 11. Der Metallarbeiter und »Führer der proletarischen Jugendbewegung« (SPD-Jugendsektion) Erich Habersath wird zusammen mit zwei weiteren Arbeitern vor der »Maikäfer-Kaserne« (Chausseestraße, Mitte) von regimetreuen Offizieren erschossen.
09. 11. Philipp Scheidemann ruft von einem Fenster des Reichstagsgebäudes (Tiergarten) die deutsche Republik aus; Karl Liebknecht ruft vom Balkon des Berliner Schlosses (Mitte) die freie sozialistische Republik Deutschland aus.
09. 11. Ein am Vortag von dem am 31. Oktober an die Öffentlichkeit getretenen »Vollzugsausschuß des Arbeiter- und Soldatenrates« publizierter Aufruf zum Generalstreik für den Sturz der Monarchie wird in Berlin und seinen Vororten hunderttausendfach befolgt.
09. 11. Hermann Duncker und Ernst Meyer geben in der Redaktion des »Berliner Lokal-Anzeigers« die erste Nummer der Zeitung »Die Rote Fahne« heraus.
09. 11. Kaiser Wilhelm II. übergibt den Oberbefehl über die Armee an den Chef der Obersten Heeresleitung Paul von Hindenburg. Reichskanzler Max von Baden verkündet aus eigenem Entschluß die Abdankung Kaiser Wilhelms II.
10. 11. Im Zirkus Busch, Kleine Präsidentenstraße (Mitte), bestätigen etwa 3 000 Arbeiter- und Soldatenräte den Rat der Volksbeauftragten als Provisorische Regierung und wählen einen Vollzugsrat der Arbeiter- und Soldatenräte aus SPD-Mitgliedern.
11. 11. Gegen 15.00 Uhr wird im Berliner Marstall (Mitte) unter maßgeblichem Einfluß des Spartakusbundes die Volksmarinedivision gegründet. Bereits zwei Tage später zählte die Einheit 1 500 Mann.
11. 11. Im Berliner Hotel »Excelsior« nennt sich die Spartakusgruppe in Spartakusbund um.
12. 11. Der Berliner Arbeiter- und Soldatenrat legt dem Verlag Scherl die Verpflichtung auf, die Zeitung »Die Rote Fahne« unter der Leitung von Rosa Luxemburg zu drucken.
12. 11. Als Nachfolgerin der »Norddeutschen Allgemeinen Zeitung« erscheint in Berlin erstmals die »Deutsche Allgemeine Zeitung«.
12. 11. Mehrere Städte und Gemeinden des Zweckverbandes Groß-Berlin bilden den Wohnungsverband Groß-Berlin. Er wollte den Wohnungsbau durch Gewährung von Zuschüssen und Erschließung von Bauland unterstützen.
12. 11. In Berlin tritt erstmals die revolutionäre preußische Regierung unter der Kontrolle der Arbeiter- und Soldatenräte zusammen. Einer der ersten Beschlüsse galt der Beschlagnahmung des gesamten Vermögens des Königshauses.
13. 11. Der örtliche Arbeiter- und Soldatenrat in Weißensee erklärt den Gemeindevorstand und die Gemeindevertretung für aufgelöst und übernimmt selbst die Amtsführung.
13. 11. Nach einer Reichsverordnung wird die Erwerbslosenfürsorge auch für Berliner geregelt.
13. 11. Eine Gaunerbande in Uniform raubt unter dem Vorwand einer »Beschlagnahme im Auftrag des Arbeiter- und Soldatenrates« eine Tabakgroßhandlung in der Pariser Straße/Ecke Fasanenstraße (Charlottenburg) aus. Sie »beschlagnahmten« 40 Kisten Zigarren.
14. 11. Paul Wieczorek, Kommandeur der am 11. November gegründeten Volksmarinedivision, fällt einem Attentat, ausgeführt von einem kaiserlichen Offizier, zum Opfer.
14. 11. Die Königliche Oper Unter den Linden (Mitte) nimmt nach längerer Unterbrechung ihren Spielbetrieb wieder auf.
17. 11. Das bisherige »Gemeindeblatt der Haupt- und Residenzstadt Berlin« erscheint erstmalig unter dem neuen Namen »Gemeindeblatt der Stadt Berlin«.
18. 11. Im Gesellschaftshaus in Britz versammeln sich 200 Mitglieder des USPD-Wahlvereins Teltow-Beeskow zur Generalversammlung. Wegen wichtiger »weltpolitischer Ereignisse« änderten sie die Tagesordnung und informierten sich über die Ereignisse in Rußland.
19. 11. Im Zirkus Busch, Kleine Präsidentenstraße (Mitte), beginnt um 10.00 Uhr vormittags die Vollversammlung der Berliner Arbeiter- und Soldatenräte.
20. 11. Nach einer Massenkundgebung auf dem Tempelhofer Feld und einer Demonstration erfolgt in der Parkanlage Friedrichshain auf dem Friedhof der Märzgefallenen von 1848 die Beisetzung von sieben der am 9. November gefallenen Revolutionsopfer.
20. 11. Die linksliberale Deutsche Demokratische Partei (DDP) wird gegründet. Der vom Chefredakteur des »Berliner Tageblattes«, Theodor Wolff, verfaßte Gründungsaufruf der DDP trug u.a. auch die Unterschriften von Albert Einstein, Otto Nuschke und Rudolf Mosse.
21. 11. Der Demobilisierungsausschuß Groß-Berlin, dem die meisten Städte und Gemeinden des Zweckverbandes Groß-Berlin zugeordnet sind, wird auf der Grundlage der Bundesratsverordnung vom 7. November gebildet.
25. 11. Am Schlesischen, Görlitzer und Stettiner Bahnhof, am Wedding und Bülowplatz, in der Chaussee-, Linien- und Ackerstraße finden Friedensdemonstrationen statt.
28. 11. Der Preußische Ministerpräsident und Innenminister Paul Hirsch berät mit Bürgermeistern von Städten des Zweckverbandes Groß-Berlin die kommunale Neugliederung der künftigen Stadtgemeinde Berlin.
28. 11. Der Chemiker Prof. Emil Fischer hält in der Preußischen Akademie der Wissenschaften einen Vortrag über seine Arbeiten zu Depsiden und Gerbstoffen.
28. 11. Kaiser Wilhelm II. verzichtet in seinem niederländischen Exil auf den preußischen Königsthron und damit auch auf die Kaiserwürde. Er bestätigte damit die am 9. November ohne seine Kenntnis vom Reichskanzler Max von Baden mitgeteilte Abdankung.
01. 12. An der Beuth-Schule in Berlin wird der Studienbetrieb, der im April 1917 völlig eingestellt werden mußte, mit 100 Hörern wieder aufgenommen.
01. 12. Im »Berliner Tageblatt« bekennt sich Heinrich Mann zur Revolution: »Die Gerechtigkeit verlangt schon längst eine weitgehende Verwirklichung des Sozialismus ... Wir sind dabei - sind nicht nur mit unserer Vernunft, auch mit unserem Herzen dabei.
03. 12. Der Maler und Grafiker Max Pechstein begründet die avangardistische »Novembergruppe«, eine oppositionelle Vereinigung von Malern, Architekten, Schriftstellern und Musikern, der Otto Dix, George Grosz, Conrad Felixmüller, Ludwig Meidner u.a. angehörten.
06. 12. Der Vorsitzende des Rates der Volksbeauftragten Friedrich Ebert hält eine Ansprache an die aktiven Unteroffiziere vor dem Reichskanzlerpalais.
06. 12. Angehörige einiger Berliner Regimenter verhaften den Vollzugsrat der Berliner Arbeiter- und Soldatenräte und zerstören die Redaktionsräume der Zeitung »Die Rote Fahne«.
06. 12. Ein Demonstrationszug, der sich auf dem Weg ins Innere der Stadt befindet, wird in der Chausseestraße abgeriegelt. Gardefüsiliere, »Maikäfer« genannt, feuerten mit Maschinengewehren in die Menge. Der Überfall forderte 14 Tote und mehrere Schwerverletzte.
06. 12. H. Boruttau spricht in der Sitzung der »Berliner Gesellschaft für Geschichte der Naturwissenschaften und Medizin« über »Emil du Bois-Reymond als Physiologe und Historiker der Naturwissenschaften«.
10. 12. Regierung und Magistrat begrüßen am Pariser Platz (Mitte) die heimkehrenden Fronttruppen, die die revolutionäre Bewegung in Berlin unterdrücken sollten.
10. 12. Max Planck, 1889 als Professor für mathematische Physik an die Berliner Universität berufen, und Prof. Fritz Haber, seit 1912 Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für physikalische Chemie in Dahlem, erhalten den Nobelpreis für Physik bzw. für Chemie.
10. 12. In Tempelhof konstituiert sich ein »Arbeiter- und Soldatenrat« und besetzt das Rathaus.
13. 12. Der Verband Deutscher Sportlehrer wird in Berlin gegründet.
16. 12. Anläßlich des Reichsrätekongresses in Berlin halten Anhänger des Spartakusbundes vor dem Preußischen Abgeordnetenhaus eine Kundgebung ab.
16. 12. Der »Allgemeine Kongreß der Arbeiter- und Soldatenräte Deutschlands« (Reichsrätekongreß) wird eröffnet. Er tagte bis zum 21. Dezember im Preußischen Abgeordnetenhaus in der Prinz-Albrecht-Straße 5 (Niederkirchnerstraße, Mitte).
18. 12. Der Mitbegründer der Deutschen Lehrerbücherei (1874) und ab 1894 Ehrenvorsitzende des Berliner Lehrervereins, Hermann Gallee, wird in Berlin von einem Fuhrwerk umgerissen und überfahren. Er verstarb am nächsten Tag an den Folgen seiner Verletzungen.
19. 12. Der »Stern erster Größe ... für die Lehrerschaft« Hermann Gallee, der seit 1867 als Lehrer in Berlin wirkte und ab 1894 Ehrenvorsitzender des Berliner Lehrervereins war, stirbt in Berlin an den Folgen eines am Vortag erlittenen Unfalls.
20. 12. Der erste Reichsrätekongreß, der im Preußischen Abgeordnetenhaus tagte, wird beendet.
20. 12. Der Film »Carmen« von Ernst Lubitsch wird am Kurfürstendamm uraufgeführt.
21. 12. Karl Liebknecht spricht auf der Trauerkundgebung in der Siegesallee (Tiergarten) für die Opfer des konterrevolutionären Putsches. Am 6. Dezember 1918 hatten Gardefüsiliere mit Maschinengewehren auf einen Demonstrationszug geschossen.
23. 12. Zwischen Matrosen der Volksmarinedivision und Soldaten der Reichswehr kommt es in Berlin-Mitte zu bewaffneten Auseinandersetzungen.
24. 12. Der Angriff des Korps Lequis auf die Volksmarinedivision in Schloß und Marstall (Mitte) wird mit Unterstützung von Arbeitern abgewehrt. Bei der als Blutweihnacht bezeichneten Aktion fanden elf Matrosen und 56 Soldaten den Tod.
25. 12. Revolutionäre Arbeiter besetzen in Berlin Redaktionsbüro und Druckhaus des »Vorwärts« (Parteiorgan der SPD). Sie wollten die Herausgabe eines »Roten Vorwärts« erzwingen.
30. 12. Im Preußischen Abgeordnetenhaus in der Prinz-Albrecht-Straße 5 (Niederkirchnerstraße, Mitte) findet der Gründungskongreß der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) statt.

© Edition Luisenstadt, 1998 - 2002         Stand:        www.berlin-chronik.de