Friedrich Ebert

* 12. 09. 1894 in Bremen
+ 04. 12. 1979 in Berlin

Oberbürgermeister (Ost-Berlin)
vom 30. 11. 1948 bis 05. 07. 1967

Bildnis Friedrich Ebert Der Name Friedrich Ebert ist untrennbar verbunden mit der Nachkriegsentwicklung in Berlin und der politischen, wirtschaftlichen und administrativen Spaltung der Stadt in der Zeit von 1948 bis 1990. In den ersten 19 Jahren dieser 42jährigen unterschiedlichen Entwicklung in den beiden Teilen Berlins wirkte Friedrich Ebert als Oberbürgermeister im Ostteil der Stadt und prägte - soweit das neben der Allmacht des Politbüros des ZK der SED möglich war - nicht unwesentlich die Entwicklung Ost-Berlins zur Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik. In seiner Amtszeit vollzogen sich in Deutschland Ereignisse, die einschneidende Meilensteine in der deutschen Nachkriegsgeschichte markierten und die sich auch in besonderem Maße in Berlin auswirkten. So wurden am 7. September 1949 die Bundesrepublik Deutschland und am 7. Oktober 1949 die Deutsche Demokratische Republik gegründet, am 13. August 1961 erfolgte die Schließung der offenen Grenze zwischen Ost- und West-Berlin durch den Bau der Mauer. Diese tiefen Einschnitte beeinflußten maßgeblich die Arbeit des Ostberliner Magistrats und seines Oberbürgermeisters Friedrich Ebert.

Geboren wurde Friedrich Ebert in Bremen als Sohn des Ehepaars Friedrich und Louise Ebert. Sein Vater - von Beruf Sattler - war von 1913 bis 1919 Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, von 1918 bis 1919 deutscher Reichskanzler und von 1919 bis zu seinem Tode am 28. Februar 1925 Reichspräsident. Im Elternhaus lernte der junge Ebert Weggefährten des Vaters kennen - August Bebel, Heinrich Molkenbuhr, Paul Singer und andere -, die ihn immer wieder beeindruckten. Ihre Schriften und Biographien waren bis an sein Lebensende gern zu Rate gezogene Lektüre.

Friedrich Ebert erlernte nach dem Besuch der Mittelschule von 1909 bis 1913 den Beruf eines Buchdruckers. 1910 trat er der Sozialistischen Arbeiterjugend bei, und im Jahre 1913 wurde er Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und des Verbandes der Deutschen Buchdrucker. Der erste Weltkrieg zwang ihn von 1915 bis 1918 zum Kriegsdienst. Zurückgekehrt nach Berlin, war er in den Jahren von 1919 bis 1933 als Redakteur bei verschiedenen sozialdemokratischen Zeitungen tätig. In Berlin galt dabei sein journalistisches Interesse vor allem dem Gerichtsbericht, der ihm langwirkende Einblicke besonders in das Leben der "kleinen Leute" gestattete, eine Erfahrung, die ihm nach 1945 unschätzbare Dienste leistete. Von 1925 bis 1933 zeichnete er als Chefredakteur der "Brandenburger Zeitung". In dieser Zeit wurde er Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung der Havelstadt und wirkte zugleich auch als Vorsitzender der SPD im Unterbezirk Brandenburg/Westhavelland. Im Mai 1928 wurde er im Wahlkreis 4 Potsdam I in den Reichstag gewählt; dieses Abgeordnetenmandat bekleidete er bis zum 22. Juni 1933. Gleichzeitig war er auch Mitglied des preußischen Staatsrats.

Nach der Beschlagnahme des Verlags und der Druckerei der "Brandenburger Zeitung" durch die Nazis im Mai 1933 war Friedrich Ebert arbeitslos. Seit dieser Zeit wohnte er bis zu seiner Verhaftung am 1. Juli 1933 bei seiner Mutter in der Duisburger Straße 8 im Bezirk Wilmersdorf. Nach fünf Wochen Haft in Berlin verschleppten ihn die Nazis am 8. August 1933 in das Konzentrationslager Oranienburg und anschließend in die Lager Papenburg, Börgermoor/Emsland und schließlich in das Konzentrationslager Lichtenburg, wo er bis Ende 1933 festgehalten wurde. Es folgte längere Arbeitslosigkeit, bis er 1936 eine Tankstelle in Berlin-Johannisthal übernehmen konnte. Zu jener Zeit wohnte er auch in diesem Stadtteil in der Waldstraße 29. Nach dem Freitod seiner ersten Frau Johanna zog er 1938 mit seinen beiden Kindern in die Brunnenstraße 14 im Bezirk Mitte. Im Zuge der deutschen Mobilmachung wurde er am 26. August 1939 - bereits 45jährig - zur Wehrmacht einberufen, mußte am Überfall auf Polen teilnehmen und war bis 17. Mai 1940 Soldat. Anschließend arbeitete er bis 1945 - als "unzuverlässiges Element" immer unter Polizeiaufsicht stehend - dienstverpflichtet im Reichsverlagsamt Berlin in der Abteilung für Verpackung und Versand von Gesetzblättern. Als in der Nacht vom 22. zum 23. November 1943 seine Wohnung einem Bombenangriff zum Opfer fiel, besorgte er sich eine Notunterkunft in der Gartenlaube bei dem ehemaligen SPD-Reichstagsabgeordneten Friedrich Peine in Berlin-Karow, Spinolastraße 34; dort wohnte er bis 1945.

Sofort nach der Befreiung Deutschlands vom Faschismus widmete er sich in Brandenburg engagiert der Neuorganisierung seiner Partei und wurde Sekretär des Bezirksvorstandes der SPD. Der Vereinigung von KPD und SPD stand Ebert zunächst zögernd gegenüber, doch als diese am 7. April 1946 in Brandenburg vollzogen wurde, wählte man ihn zu einem der beiden gleichberechtigten Vorsitzenden der SED-Provinzparteiorganisation. Nach dem Gründungsparteitag der SED im April 1946 wurde er Mitglied des SED-Parteivorstands und später des Zentralkomitees der SED, was er ununterbrochen bis zu seinem Tode blieb. Auch dem Zentralsekretariat der SED sowie dem späteren Politbüro des ZK der SED gehörte er ab 1947 bis zu seinem Lebensende als Vollmitglied an. Im Land Brandenburg war er von 1946 bis 1948 Vorsitzender der Beratenden Versammlung bzw. Präsident des Landtags.

Als sich 1948 in Berlin die politische und administrative Spaltung der Stadt vollzogen hatte, wurde er am 30. November 1948 zum Oberbürgermeister von Groß-Berlin (Ostteil der Stadt) berufen. Er verlegte deshalb auch seinen Wohnsitz am 12. Februar 1949 nach Berlin-Niederschönhausen, Wahnschaffestraße 13 (später Leonhard-Frank-Straße). Oberbürgermeister war er bis Juli 1967. Von der Bevölkerung wurde "Fritze Ebert" rasch angenommen. Für seine Untergebenen war er ein strenger Vorgesetzter, der immer wieder deutlich machte, daß Dienst am Bürger bestimmendes Arbeitsmotiv zu sein hatte. In seine Amtszeit fiel der Aufbau der Stalin-Allee (später Karl-Marx-Allee) sowie die Neugestaltung des Stadtzentrums. Er war ständig - mit schwindendem Erfolg - darum bemüht, der Stadt und ihren Abgeordneten ein Eigengewicht bei der Entwicklung Berlins zu erhalten, doch häuften sich Eingriffe der Partei- und Staatsführung, die den Oberbürgermeister zutiefst verbitterten. Aus einer solchen Stimmung heraus, verbunden mit Gesundheits- und Altersgründen, gab er dieses Amt ab. Bei seiner Verabschiedung am 5. Juli 1967 verlieh ihm die Stadtverordnetenversammlung - nach Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht als Drittem - die Ehrenbürgerschaft der Hauptstadt der DDR, Berlin. Der Vorschlag wurde von Paul Verner, dem damaligen 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Berlin, unter anderem wie folgt begründet: "Nahezu zwei Jahrzehnte stand Friedrich Ebert der Hauptstadt der DDR vor und leitete an der Spitze des Magistrats den Aufbau des neuen sozialistischen Berlins ... Das Wirken Friedrich Eberts ist auf immer mit Berlin verknüpft. Er erwarb sich um Berlin die ganze Liebe und Hochachtung der Berliner."

Friedrich Ebert wurde nach 1945 auch in verschiedene andere Funktionen berufen. So war er seit 1949 Mitglied der Volkskammer der DDR und von 1950 bis 1963 und wieder ab 1971 Stellvertreter des Präsidenten der Volkskammer. Ab 1971 wirkte er auch bis zu seinem Tode als Vorsitzender der SED-Volkskammerfraktion. Als im September 1960 der Staatsrat der DDR gebildet wurde, berief man ihn am 12. September 1960 zu dessen Mitglied. Unmittelbar nach der Entmachtung Walter Ulbrichts als Erster Sekretär des Zentralkomitees der SED am 3. Mai 1971 schuf das Politbüro auf Erich Honeckers Vorschlag eine bislang unbekannte Funktion des "Amtierenden Vorsitzenden des Staatsrates" der DDR, die Friedrich Ebert übernahm. In dieser Eigenschaft wurde er erneut populär und öffentlichkeitswirksam, sowohl bei der Akkreditierung zahlreicher Botschafter durch die 1972 beginnende Anerkennungswelle der DDR als auch durch zahlreiche Reisen nach Westeuropa und in den Nahen Osten.

Bei der Neuwahl des Staatsratsvorsitzenden nach Ulbrichts Tod am 1. August 1973 wurde dieses Amt an Willi Stoph vergeben; Ebert trat als einer seiner Nachfolger künftig in den Schatten. In den Jahren 1950 bis 1958 stand er der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft als deren Präsident vor. Weiterhin war er von 1957 bis 1964 Präsident des Städte- und Gemeindetages der DDR.

Am 4. Dezember 1979 starb Friedrich Ebert. In einem Staatstrauerakt am 8. Dezember 1979 wurde die Urne in der Gedenkstätte der Sozialisten in Berlin-Friedrichsfelde beigesetzt.

 

© Edition Luisenstadt, 1998
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