* 18. 12. 1565 in Berlin (vermutlich)
+ 07. 12. 1626 in Berlin (vermutlich)
Oberbürgermeister
von 1602 bis 1603,
1604 bis 1605, 1606 bis 1607,
1608 bis 1609, 1610 bis 1611,
1612 bis 1613, 1614 bis 1615,
1616 bis 1617, 1618 bis 1619,
1620 bis 1621, 1622 bis 1623,
1624 bis 1625, 1626
Martin Pasche war der drittälteste Sohn von Joachim Pasche, der, zunächst Hofprediger Joachims II. Hector und Propst zu Berlin, später als Inspektor in Wusterhausen tätig war, wo er am 30. August 1578 verstarb. Demnach verlor Martin Pasche mit 13 Jahren den Vater und ein Jahr darauf auch seine Mutter Elisabeth, Tochter des Hauptmanns zu Bötzow (heute Oranienburg) und Zossen, Nicolai Sydow. Zum Vormund des verwaisten Jungen wurde der Berliner Bürgermeister Johann Agricola Eisleben (Amtsantritt 1575) bestellt. Auf dessen Veranlassung nahm Martin Pasche 1585 als 19jähriger ein Studium in Frankfurt an der Oder auf, flüchtete aber vor der im selben Jahr ausbrechenden Pest nach Wittenberg und Leipzig, wo er seine Ausbildung fortsetzte. Nach Abklingen der Epidemie kehrte er für drei Jahre nach Frankfurt zurück und studierte danach noch ein Jahr in Rostock. 1590 bereiste er Litauen und hielt sich auch eine Zeitlang in Rußland auf, um hier, wie es heißt, die "vornehmsten Orte" zu besichtigen. Nachfolgend setzte er sein Studium in Königsberg (dem heutigen Kaliningrad) fort. Die erforderlichen Mittel verdiente er sich zunächst durch Privatunterricht, späterhin dank einer Beschäftigung am Königsberger Hofgericht. Nach etwa drei Jahren trat er die Heimreise an und traf 1593 wieder in Frankfurt an der Oder ein, wo er für zwei Jahre Rechtswissenschaft unterrichtete aber auch gelehrte Streitgespräche durchführte.
Im Alter von 30 Jahren ging Martin Pasche mit Billigung seines ältesten Bruders, Joachim Pasche, Archidiakon (Stellvertreter des Bischofs) zu Guben, später Pastor in Zittau, die Ehe mit Eva Richter, Tochter eines Gubener Ratsherrn ein und ließ sich in Berlin als praktizierender Rechtsanwalt nieder. Bald darauf wurde er in das Verzeichnis der offiziell anerkannten Advokaten aufgenommen und überdies zum Kurfürstlich-Brandenburgischen Hof- und Kammergerichtsadvokaten ernannt. Seit 1602 übte er darüber hinaus die Tätigkeit eines Verordneten der Mittel- und Uckermärkischen sowie der Ruppiner Städte aus. In dieser Eigenschaft nahm er die Aufgaben eines Steuerkontrolleurs wahr. Später wurde er zum Syndikus (siehe Bürgermeister Andreas Weißbrodt, Amtsantritt 1595) der Landschaft (Gesamtheit der ständischen Vertreter eines Landes oder eines Gebietes) ernannt. Die Funktion eines Syndikus übte er auch für Berlin aus.
Neben all seinen höfischen Ämtern versah Martin Pasche ab 1602 das eines Berliner Bürgermeisters. Seinen diesbezüglichen Eid hatte er am 30. Dezember 1601 geleistet, im vierten Jahr der Regentschaft Joachim Friedrichs. Unter letzterem mußte die Stadt 1604 die Bildung einer weiteren kurfürstlichen Behörde - die des "Geheimen Rats", des höchsten Gremiums des Landesherrn - in Kauf nehmen, dem Hofbeamte, Adlige sowie bürgerliche Rechtsgelehrte angehörten. Zwar befaßte sich der Geheime Rat vorwiegend mit auswärtigen Angelegenheiten, überwachte aber auch Finanzen, Handels- und Kriegswesen. Diese neue Instanz, die zu den bereits bestehenden - dem Kammergericht als oberster Justizbehörde, der Amtskammer für die Verwaltung der landesherrlichen Domänen und Regalien (wirtschaftlich nutzbares Hoheitsrecht), dem Konsistorium als oberster Kirchenbehörde - hinzugekommen war, schränkte die Kompetenzen der städtischen Verwaltung in Berlin und Cölln noch weiter ein. Selbst über verhältnismäßig belanglose städtische Angelegenheiten behielt sich der Kurfürst gemeinsam mit seinem Kanzler und Geheimen Rat das Entscheidungsrecht vor.
In die Bürgermeisterzeit Martin Pasches fielen die sich zuspitzenden Auseinandersetzungen zwischen den beiden protestantischen Richtungen - der lutherischen und der reformierten (kalvinistischen). Als der ab 1608 regierende Kurfürst Johann Sigismund 1613 zum reformierten Bekenntnis übergetreten war (vermutlich auch, um sich in dem um diese Zeit entbrannten Jülich-Kleveschen Erbfolgestreit die Anwartschaft auf die umstrittenen Gebiete zu sichern - was ihm auch gelang), geriet er in Gegensatz zur Bevölkerung der Mark Brandenburg - insbesondere auch zu der von Berlin und Cölln -, die weiterhin der lutherischen Konfession anhing. In Abwesenheit des Kurfürsten wurde 1615 durch dessen Bruder und Statthalter Johann Georg aus der dem kurfürstlichen Patronat unterstehenden Domkirche, an die inzwischen reformierte Geistliche berufen worden waren, Kirchenschmuck entfernt, der noch aus katholischer Zeit stammte. Es handelte sich um Bilder, Altäre nebst Altargerät, Reliquien und sogar um einen Taufstein. Überdies verbreitete sich das Gerücht, daß der lutherische Diakon der Cöllner Petrikirche, Peter Stüler, verhaftet werden sollte. Daraufhin brach ein Tumult aus. In der Nacht vom 3. zum 4. April 1615 versammmelten sich vorwiegend Cöllner, aber auch viele Berliner Handwerksgesellen und Bürger, um den Diakon, der für diesen Tag die Stadt verlassen hatte, bei seiner Wiederkehr vor der befürchteten Festnahme zu schützen. Bald aber zogen die empörten Bewohner, unter die sich auch, wie es hieß, "betrunkenes Gesindel" gemischt hatte, vor das Haus des reformierten Dompredigers Füssel, dessen Wohnung sie plünderten und zerstörten. Statthalter Johann Georg, der bereits vordem zur Beilegung des Aufruhrs mit bewaffneten Knechten erschienen war, mußte sich verwundet zurückziehen.
Nach Rückkehr des Kurfürsten leitete man eine strenge Untersuchung der Vorfälle ein. Die Bürger mußten sich schriftlich verpflichten, solcherart Ausschreitungen in Zukunft zu unterlassen. Von den Räten Berlins und Cöllns wurde Ersatz des verursachten Schadens gefordert, da sie als Patrone ihrer Kirchen versäumt hätten, aufrührerische Reden lutherischer Geistlicher gegen die Refomierten zu unterbinden.
Drei Jahre später mußte Martin Pasche den Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges mit seinen verheerenden Folgen für die Mark Brandenburg erleben.
Martin Pasche, dem auch der Titel eines Magisters
verliehen worden war, soll all seinen Ämtern bis zu seinem
Tod am 7. Dezember 1626 so rühmlich vorgestanden haben, daß
er zu den gewissenhaftesten Juristen seiner Zeit gerechnet wurde.
Bestattet wurde er in der Berliner Nikolaikirche. Die lateinische
Inschrift seines Grabmals vermerkte seine Lebensdaten und all
seine vielfältigen Aufgaben. Eine seiner vier Töchter
heiratete den späteren Berliner Bürgermeister und Geheimen
Rat Erasmus Seidel.
© Edition Luisenstadt, 1998
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