Hans Brackow

+ 12. 7. 1517
Wappen Brackow
Oberbürgermeister
von 1495 bis 1496, 1497 bis 1498,
1499 bis 1500, 1501 bis 1502,
1503 bis 1504, 1505 bis 1506,
1507 bis 1508, 1510 bis 1511,
1516 bis 1517

Die Familie Brackow wird in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts unter denen vermerkt, die über beträchtlichen Landbesitz verfügten. Einer ihrer Angehörigen, Hans Brackow (mitunter auch Johannes Brackow genannt), wurde 1495 zum Bürgermeister von Berlin gewählt. Nach dem Tode seines Bruders Peter, der als Hofrichter Besitzer eines freien Burglehenhauses gewesen war, konnte Hans Brackow dieses 1511 mit Genehmigung des Kurfürsten Joachims I. Nestor übernehmen und die damit verbundenen Vorrechte wie Steuerfreiheit und unmittelbare Unterstellung unter die Hofgerichtsbarkeit beanspruchen.

Bereits 1508 war es der Stadt gelungen, die höhere Gerichtsbarkeit (siehe Bürgermeister Henning Strohband, Amtsantritt 1401) für 90 Gulden Jahresrente von Kurfürst Joachim I. Nestor zurückzukaufen. 1442 hatte der damalige Landesherr Friedrich II. Eisenzahn sowohl die höhere als auch die niedere Gerichtsbarkeit Berlin und Cölln entzogen. Zwei Jahre danach, 1510, wurde Bürgermeister Hans Brackow auch mit dem Amt des Stadtrichters betraut und führte in dieser Eigenschaft im selben Jahr den Vorsitz in einem der größten Judenprozesse der damaligen Mark Brandenburg.

Ausgelöst wurde dieser durch den Diebstahl einer Monstranz und zweier geweihter Hostien aus der Dorfkirche von Knoblauch bei Ketzin im Havelland. Ein Kesselflicker aus Bernau, Paul Fromm, wurde der Tat überführt und legte daraufhin ein Geständnis ab. Der die Untersuchung leitende geistliche Offizial (Vertreter des Bischofs bei Ausübung der Gerichtsbarkeit), dem offensichtlich daran gelegen war, die ihm unliebsamen Juden zu belasten, veranlaßte Fromm jedoch unter Anwendung der Folter zu der Aussage, eine der Hostien dem Juden Salomo zu Spandau verkauft zu haben. Nach der vom Kurfürsten angeordneten Gegenüberstellung von Fromm und Salomo - letzterer hatte, zweifelsohne durch Folterungen gezwungen, den angeblichen Kauf der Hostie, deren Schändung und stückweisen Wiederverkauf an andere Juden zugegeben - setzte eine die ganze Mark umfassende Verfolgung und Verhaftung von Juden ein. Die Zahl der Beschuldigten, die man nicht allein der Hostienschändung, sondern überdies des Ritualmords an Christenkindern bezichtigte, wuchs auf 51 an. Ein großer Teil von ihnen war erst ein Jahr zuvor mit Familie und Gesinde von Kurfürst Joachim I. Nestor gegen Zinszahlung in der Mark Brandenburg aufgenommen worden.

Die angeklagten Juden brachte man nach Berlin und unterwarf sie einem Gerichtsverfahren, dessen Durchführung den Bürgermeistern und Ratsmannen, dem Richter und den Schöffen Berlins und Cöllns vom Kurfürsten anbefohlen worden war. Als Bürgermeister und Stadtrichter verkündete Hans Brackow am 19. Juli 1510 von einem auf dem Neuen Markt an der Marienkirche errichteten Podium aus das Todesurteil für 38 Juden. Unmittelbar danach wurden diese vor der Stadtmauer auf einem riesigen Scheiterhaufen lebendigen Leibes verbrannt. Paul Fromm ereilte das gleiche Schicksal. Die übrigen Juden wurden des Landes verwiesen. Erst 1539 hob man den Ausweisungsbefehl wieder auf.

Als Hauptschuldiger an diesem Massenmord muß Kurfürst Joachim I. Nestor angesehen werden. Er, der als weise und gebildet galt und dem als Landesherr der Schutz der Juden und auch die Gerichtsbarkeit in derartigen Fällen zustand, hat Verfolgung und Hinrichtung der Juden nicht nur nicht verhindert, sondern geradezu forciert.

Hans Brackow, der am 12. Juli 1517 verstarb, wurde in der Marienkirche neben seiner 1502 verschiedenen Frau Katharina Petersdorf beigesetzt. Ein Epitaph besagt, daß er der letzte seines Stammes und Namens gewesen ist.

 

© Edition Luisenstadt, 1998
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