Bernd Reiche

+ vor dem 25. 05. 1378

Bürgermeister Wappen von Reiche
von 1361 bis 1362, 1365 bis 1366,
1369 bis 1370, 1371 bis 1372,
1373 bis 1374

Mit Bernd Reiche (in älteren Urkunden auch Ryke genannt) gelangte ein weiteres mächtiges Patriziergeschlecht, neben den Blankenfeldes wohl das älteste und wohlhabendste Berlins, an die Spitze der Stadtregierung. Der ländliche Lehens- und Eigenbesitz dieser Familie galt als überdurchschnittlich groß. Bereits 1375 verfügte sie über Rechte und Besitzungen in 17 Dörfern der näheren und weiteren Umgebung Berlins, darunter in Rosenfelde (dem späteren Friedrichsfelde) - Berlin und Cölln hatten das 1319 erworbene Dorf inzwischen an die Familie Reiche als Lehen vergeben -, in Schmargendorf, Schöneberg, Tempelhof, Marienfelde, Weißensee, Mahlow und Kaulsdorf. Dank ihrer ländlichen Nutzflächen konnten die Reiches einen ausgedehnten, gewinnbringenden Getreidehandel betreiben, dessen Monopol sie, wie auch andere Patrizierfamilien, an sich zu ziehen versuchten.

Die Reiches gehörten zu den ursprünglich niedersäschischen Familien, die sich bald nach der Eroberung der Mark Brandenburg durch Albrecht den Bären in Berlin und Cölln niedergelassen hatten. Ein Mitglied dieser Familie, Johann Reiche, findet in einer Urkunde aus dem Jahre 1326 erstmalig in Berlin Erwähnung. Später, 1343, wird er in einem anderen Dokument des Rates von Berlin und Cölln als Ratsmann vermerkt. Dieser Johann Reiche könnte der Vater des Bürgermeisters Bernd Reiche gewesen sein.

1370 gelang es Rat und Bürgermeistern von Berlin und Cölln, das Dorf Pankow von Markgraf Otto dem Faulen, einem Bruder des vormaligen, 1365 verstorbenen Brandenburgischen Landesherrn Ludwig des Römers, zu erwerben. Markgraf Otto verkaufte drei Jahre später die Mark Brandenburg an den deutschen Kaiser Karl IV., der seit 1371 versucht hatte, sich dieses Landes mit Gewalt zu bemächtigen, dabei allerdings auf heftigen Widerstand vor allem seitens Berlins gestoßen war. Mit dieser Übergabe war die Herrschaft der Wittelsbacher in der Mark Brandenburg beendet. Sie gehörte von jetzt an zum Machtbereich des Hauses Luxemburg.

Die politisch führende Stellung der Familie Reiche blieb viele Jahre hindurch praktisch unangefochten. Erst 1448, im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung am Aufruhr gegen Kurfürst Friedrich II., Eisenzahn genannt, aus dem Hause der Hohenzollern (siehe Henning Strohband, Amtsantritt 1401), mußte sie wie auch viele andere Patrizierfamilien schwere Einbußen in ihrer Vormachtstellung hinnehmen. Erst nach einer langen Zeit von etwa 50 Jahren war sie wieder in ihrer alten Position zu finden und konnte diese bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts hinein behaupten. Nachweislich gingen aus dem Geschlecht der Reiche sechs Bürgermeister hervor.

 

© Edition Luisenstadt, 1998
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