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Bernhard Meyer
Ein aufrechter Demokrat

Ehrenbürger Paul Löbe (1875–1967)

Der Lebensweg dieses aufrechten Demokraten reicht von seiner langjährigen Amtszeit als Präsident des Deutschen Reichstages bis hin zu seinem Wirken als Alterspräsident des Deutschen Bundestages. Damit gehört Paul Löbe zu jenen engagierten Politikern, deren Wirken Kontinuität und Brüche zwischen der Weimarer und der Bonner Demokratie dokumentieren.
     Paul Löbe wurde am 14. Dezember 1875 in Liegnitz als Sohn eines Tischlers geboren. Nach Abschluß der achtklassigen Volksschule erlernte er von 1890 bis 1895 den Beruf eines Schriftsetzers. Danach ging er auf die für Gesellen übliche Wanderschaft, die ihn durch mehrere Staaten Europas führte.
     1895 trat er der SPD bei und wurde Mitglied des Verbandes Deutscher Buchdrucker. Von 1899 bis 1900 war er Redakteur der »Volkswacht« in Breslau.
     Löbe gehörte von 1904 bis 1919 der Stadtverordnetenversammlung Breslau an und von 1915 bis 1920 dem schlesischen Provinziallandtag.

Paul Löbe

 

Im November 1918 wurde er in den Volksrat von Breslau gewählt, und ab Januar 1919 war er Vizepräsident der Verfassunggebenden Nationalversammlung. Seit 1920 Mitglied des Deutschen Reichstages, wurde er im Juni desselben Jahres Reichstagspräsident. Dieses Amt übte er – mit achtmonatiger Unterbrechung im Jahre 1924, wo er Vizepräsident war – bis August 1932 aus.

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In Berlin geblieben, arbeitete Paul Löbe 1932/33 als Redakteur des »Vorwärts«. Auf der Reichskonferenz der SPD am 19. Juni 1933 trennten sich deren Teilnehmer vom Emigrationsvorstand der SPD in Prag und wählten Löbe zum Vorsitzenden. Im selben Monat verboten die Nationalsozialisten die SPD.
     Von Juni bis Dezember 1933 inhaftierten ihn die Nationalsozialisten. Aus der Haft entlassen und danach unter Polizeiaufsicht gestellt, fand er 1934 Arbeit als Korrektor im de-Gruyter- Verlag Berlin. Ab 1942 hatte Löbe Kontakte zu oppositionellen Kreisen um Julius Leber (1891–1945) und Wilhelm Leuschner (1890–1944). Im Zusammenhang mit dem 20. Juli 1944 wurde er im August 1944 erneut festgenommen und in das Konzentrationslager Groß-Rosen bei Striegau eingewiesen.
     Nach seiner Befreiung kehrte Löbe im Juli 1945 wieder nach Berlin zurück und wurde Mitglied des Zentralausschusses der SPD. Entschieden trat er gegen eine Vereinigung von SPD und KPD auf. Ab Mai 1946 war er einer der Lizenzträger und Mitherausgeber der in den Westsektoren Berlins erscheinenden Tageszeitung »Telegraf«. 1948/49 war er Mitglied des Parlamentarischen Rates in Bonn. Im ersten Bonner Bundestag von 1949 bis 1953 war Paul Löbe dessen Alterspräsident.
Zwischen 1954 und 1961 übernahm er den Vorsitz des »Kuratoriums Unteilbares Deutschland«. Anläßlich seines 80. Geburtstages verlieh ihm die Stadt Berlin am 14. Dezember 1955 die Ehrenbürgerwürde.
     Paul Löbe, der am 3. August 1967 in Bonn verstarb, wurde auf dem Landeseigenen Waldfriedhof Zehlendorf (Ehrengrab) beigesetzt.
     Heute erinnert an den Politiker die nach ihm benannte Paul-Löbe-Straße und die Paul-Löbe- Allee im Bezirk Tiergarten, die Paul-Löbe-Oberschule in der Lindauer Allee 23, Reinickendorf, und eine Gedenktafel am Haus Rubensstraße 118 in Schöneberg.

Bildquelle: Archiv LBV

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