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fred Kantorowicz, Gustav Regler,
Arthur Koestler und Bruno Frei, an dem Buch. Als das Manuskript fertig war, übernahm
John Heartfield die Gestaltung. Der Umschlag zeigt einen blutverschmierten Göring
mit dem Henkerbeil vor dem brennenden Reichstag. Am 1. August 1933 wurde
das Werk in Paris auf einer Pressekonferenz vorgestellt. Der Erfolg war durchschlagend: Die westeuropäischen Zeitungen
brachten wochenlang ausführliche Berichte
darüber. Bald erschien es in siebzehn Sprachen.
Das Werk wurde zum erfolgreichsten Exil-Buch.3)
Herausgefordert dadurch wollten auch die Nazis vor Prozeßbeginn in Leipzig eine Art Rotbuch über den Reichstagsbrand herausbringen. Für diese Aufgabe wurde das Propagandaministerium verantwortlich gemacht. Und innerhalb des Ministeriums die Abteilung 2, Propaganda, unter Wilhelm Haegert und dem Referenten Dr. Eberhard Taubert. Die Vorarbeit am Rotbuch begann damit, daß Taubert regelmäßig in das Reichstagsgebäude ging, wo der Untersuchungsrichter Zeugen vernahm und das Material für den Reichstagsbrandprozeß aufbereitete. Untersuchungsrichter Vogt versicherte Taubert, daß die schriftlichen Beweise bisher dürftig seien, aber die Zeugenaussagen mutmaßlich für eine Verurteilung der prominenten kommunistischen Angeklagten Dimitroff und Torgler ausreichen würden.4) Fündiger da- | ||||||
Klaus Körner
Eberhard Taubert und der Nibelungen- Verlag Als der kommunistische Verleger und Reichstagsabgeordnete Willi
Münzenberg am 28. Februar 1933 die Zeitung
aufschlug, fand er darin seinen Steckbrief unter
der Balkenüberschrift: »Der Reichstag
brennt! Die Kommunisten haben ihn angesteckt! Haftbefehl gegen alle
kommunistischen
Funktionäre!«1) Mit einem falschen
Paß flüchtete er nach Paris. Münzenberg
hatte keine Illusionen über die Dauer der
Naziherrschaft, aber er glaubte an die Macht der Propaganda. Und so wollte er den
Mythos der Goebbels-Propaganda gründlich
zerstören. Seine Waffe sollte ein
Quasi-Weißbuch werden, das geheim vorbereitet wie
eine Bombe hochgehen sollte, ein
»Braunbuch über Reichstagsbrand und
Hitler-Terror«.2)
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gegen wurde Ehrt, der als Autor des
Rotbuchs fungieren sollte. Er entdeckte beim Studium der Akten des preußischen
Innenministeriums aus der Zeit von 1918 bis 1932 Aufstandspläne und Opfer: vom
Nazi-Idol Horst Wessel bis hin zu den ermordeten Polizisten am Bülowplatz. Sie hatten zwar nichts mit dem Reichstagsbrand zu tun,
die fehlende Verbindung stellte jedoch Ehrt durch einen von ihm gefälschten
Aufstandsplan, in den angeblich auch die Sowjets
verwickelt waren5) und über ein Fundstück im Handgepäck des Angeklagten Dimitroff her, das Buch »Der bewaffnete Aufstand«.
Das Rotbuch wurde ähnlich wie das Braunbuch als Dokumentarwerk aufgemacht, mit Faksimiles, Fotos und Dokumenten angereichert. Die Schrift erschien in Deutsch, Englisch und Französisch. Schon nach wenigen Wochen konnte der Verlag die 6. Auflage im 250. Tausend vermelden. Die deutsche Presse brachte Abdrucke aus dem Buch, aber das internationale Echo blieb aus. Für Taubert war die Aktion dennoch ein Erfolg. Er wurde 1934 zum Beisitzer im neugeschaffenen Volksgerichtshof berufen. Und der ausgebrannte Plenarsaal des Reichstages wurde zur antibolschewistische Gedenkstätte, in der das Rotbuch als Begleitmaterial an Besucher verteilt wurde. Am 4. August 1934 dann gründete das Propagandaministerium als Hausverlag der Antikomintern (Gesamtverband antikommunistischer Vereinigungen e. V.) den Nibe- | lungen-Verlag GmbH mit Sitz in Berlin
und Leipzig. Kopf des Verlages war Eberhard Taubert. Das Signet zeigte ein
aufgeschlagenes Buch, symbolisiert durch die
Buchstaben N und V sowie dazwischen ein Schwert, ganz nach der Parole der
NS-Buchwerbung: »Das Buch ein Schwert des Geistes!«.
»Der verratene Sozialismus« Um Seriosität zu erlangen, brachte der
Nibelungen-Verlag 1935 als erstes die Erinnerungen des amtierenden britischen
Außenministers Sir Samuel Hoare an seine Zeit
als Leiter des britischen Geheimdienstes 1916/17 in Petrograd unter dem Titel »Das vierte Siegel« heraus. Gestaltung und Druck durch das Bibliographische Institut in Leipzig
vermittelten zusätzlich Gediegenheit.
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lags nahm in dem Maße zu, in dem
Hitler den Antibolschewismus zum Thema machte. Das begann 1935 nach dem VII.
Weltkongreß der Komintern in Moskau, und steigerte
sich auf den Reichsparteitagen von 1936 und 1937.
In Vorbereitung eines antikommunistischen Weltkongresses verlegte der Nibelungen-Verlag das repräsentative Werk: »Der Weltbolschewismus«. Ein Leinenband im Quartformat, gestaltet vom Bibliographischen Institut in Leipzig. Den roten Umschlag zierte Hammer und Sichel. Inhaltlich betonte das Werk die Stärke und Gefährlichkeit der kommunistischen Weltbewegung. Erst zu spät erkannte der Verlag die Gefahr, daß das Buch als Bestätigung des Kommunismus ausgelegt werden könnte. Daraufhin erfolgte der Vertrieb nur noch an politisch »Gefestigte« gegen numerierte Verpflichtungsscheine. 1936 gründete Taubert die Zeitschrift »Contra-Komintern«. Chefredeakteurin wurde Melitta Wiedemann, Tochter eines rußlanddeutschen Kaufmanns, die bei Goebbels als Redaktionssekretärin des »Angriffs« einen guten Eindruck hinterlassen hatte. Zu Tauberts weiteren Aufgabenbereichen gehörte die Mitarbeit an großen Ausstellungen der Reichspropagandaleitung (RPL) der NSDAP im Reichstagsgebäude. Wie eng die Verbindung zwischen RPL, Goebbels-Ministerium und Nibelungen-Verlag war, beschreibt die deutsch-niederländische Autorin Maria de Smeth in ihren Erinnerungen.7) | De Smeth hatte nach 1933 der RPL
Vorträge für die NSDAP über ihre Erfahrungen in
der Sowjetunion angeboten, wo sie wegen angeblicher Agententätigkeit 1932 für
einige Monate in GPU-Haft gewesen war. Taubert bot ihr einen Sondervertrag mit der
Antikomintern an. Sie sollte nach Spanien reisen
und von dort Interviews, Berichte und Dokumente über den Bürgerkrieg
heranschaffen. Als eine Art Zusatzvergütung versprach ihr
Taubert, ihre Berichte über die Sowjetunion und Spanien als Bücher im
Nibelungen-Verlag herauszubringen. 8) Ihre Materialien
verwendete Taubert 1936 auch für das Rotbuch der Antikomintern über Spanien und
das Spanien-Kapitel der Ausstellung »Bolschewismus ohne Maske«, die zuerst in
München und dann im Berliner Reichstag gezeigt
wurde. Der US-Botschafter in Berlin William D. Dodd schrieb im Dezember 1937 in sein
Tagebuch: »Es ist die schändlichste
Ausstellung, die ich je gesehen habe.«9)
Im Sommer 1938 erhielt das Propagandaministerium aus Zürich das Manuskript eines Buches, das zum absoluten Erfolgsbuch des Nibelungen-Verlages werden sollte, »Der verratene Sozialismus« von Karl I. Albrecht. Hinter dem Pseudonym Albrecht verbarg sich der Schwabe Karl Matthäus Löw. Er erzählt im Buch eine Abenteuergeschichte, die ihn vom Zusammenbruch des Kaiserlichen Heeres zur Revolution 1918 führt. Und von da zu einer Lehre als Forstassistent in die Sowjetunion. Der kometenhafte Aufstieg | |||||
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vom einfachen Forstexperten im Jahre
1924 zum stellvertretenden Volkskommissar für Forstwirtschaft verwandelt sich zum
Horrortrip, als Albrecht in die Mühlen der sowjetischen Geheimpolizei GPU gerät,
auf wunderbare Weise überlebt und 1934 wieder nach Deutschland ausreisen darf.
Albrecht berichtet, wie die hehren Ziele des
Sozialismus von den Bolschewisten mißachtet
und verraten werden, einzig Clara Zetkin und Max Hölz gelten ihm von den
zahlreichen Sowjetführern und KPD-Funktionären, denen er begegnet, als wahre Sozialisten.
Mit Albrecht war erstmals ein hoher Sowjetfunktionär zu den Nazis übergelaufen. Sein 650 Seiten starkes, mit rotem Leineneinband versehenes Buch wirkte durch die zahlreichen Fotos des Verfassers besonders authentisch. Für das Buch wurde mit einem sechsseitigen Faltblatt geworben, in dem Albrecht seinen Lebensweg skizziert und mit der Schlußfolgerung endete: »Der Bolschewismus ist der größte Feind des Sozialismus. Nur durch den Kampf gegen Moskau kann dem Sozialismus in der Welt die Bahn frei gemacht werden.« Im November 1938 erschien das Buch in einer Startauflage von 10 000 Exemplaren und war sofort verkauft. Im 10 000er Takt wurde es in den nächsten Monaten nachgedruckt. Die Gesamtauflage des auch in andere Sprachen übersetzten Buches überstieg 1944 die Zwei-Millionen-Grenze. Zum Verkaufserfolg trug Albrecht selbst | durch Rundfunkvorträge und
ausgedehnte Lesereisen bei.10) Vom Honorar kaufte er
sich eine Villa bei Berlin und einen
Gemüsegroßhandel.11) Gerade wurde die zehnte Auflage des Buches ausgeliefert, da wurde mit
einem Schlag alles anders.
Am Abend des 23. August 1939 erhob Stalin zur Besiegelung des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts sein Glas auf das Wohl und die Gesundheit Adolf Hitlers. Und sofort wurde vom Propagandaministerium die Veröffentlichung antisowjetischer Vorträge, Filme, Berichte und Bücher verboten.12) Für den Nibelungen-Verlag, der seine Bücher mit der Zeile »Nibelungen-Verlag = Antibolschewismus« bewarb, fiel fast das gesamte Verlagsprogramm unter das Verbot. Die antibolschewistische Dauerausstellung im Reichstagsgebäude wurde abgebaut, die Antikomintern aufgelöst, die Zeitschrift »Contra-Komintern« umbenannt in »Die Aktion«. Untertitel: »Kampfblatt gegen Plutokratie und Völkerverhetzung«. Mit Kriegsbeginn dann änderten sich die Produktionsbedingungen und Aufgaben der Verlage. Britische Bilder War bis Kriegsbeginn nur der Bolschewismus »von Juden beherrscht« gewesen, so wurde jetzt auch die westliche »Plutokratie« vom »internationalen Judentum« gelenkt. | |||||
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Folgerichtig gehörte zu den
Neuproduktionen des Nibelungen-Verlages ein Buch
wie »Die englisch-jüdische Allianz« von
Wolf Meyer-Christian.
Da Taubert nicht ausgelastet war, bekam er von Goebbels den Auftrag, das Drehbuch zu dem Hetzfilm »Der ewige Jude« zu schreiben, in dem Juden als Ratten dargestellt werden.13) Anschließend sollte er sich um die Propaganda im besetzten Norwegen kümmern. Zu dem Thema produzierte der Nibelungen-Verlag Anfang 1941 gleich mehrere Bücher. Eine dritte Sonderaufgabe für Taubert war die Propaganda gegen die Landflucht. In diesem Zusammenhang erschienen zwei Bücher von Emil Hoffmann über die Aussiedlung Volksdeutscher aus der Sowjetunion und ihre Neuansiedlung in dem gerade eroberten polnischen Korridor, »Der vierte Treck« und »Neue Heimat Posen«. Aber auch edle Werke wie das des Kunsthistorikers und Museumsdirektors Arnold Hildebrand »Das Bildnis Friedrichs des Großen. Zeitgenössische Darstellungen« kamen im Kriegsjahr 1940 im Nibelungen-Verlag heraus. Das fürs Bildungsbürgertum bestimmte Buch wurde 1942 sogar noch in erweiterter Fassung wiederaufgelegt. Geradezu ein Gegenstück zu Friedrich II. war das dritte Buch im neuen Nibelungen-Programm: Heinz Goedecke und Wilhelm Krug mit ihrem »Wir beginnen das Wunschkonzert für die Wehrmacht«. Das »Wunsch- | konzert« war eine der erfolgreichsten
Erfindungen der Goebbels-Propaganda. In den beliebten Sonntagnachmittags-Sendungen traten in bunter Reihenfolge
prominente Schauspieler und Sänger auf. Die
Direktübertragung an die Front vermittelte
den Hörern im Reich und den Soldaten im besetzten Europa das Gefühl der Einheit von Volk, Wehrmacht und Partei.14)
Moderiert wurde die Sendung von Heinz Goedecke, dem prominenten Nazi-Rundfunksprecher, der auch die Sondermeldungen des Oberkommandos der Wehrmacht verlas. Zuständiger Redakteur des Deutschlandsenders war Wilhelm Krug. »Vermittelt über Krug habe ich vom Propagandaministerium den Auftrag erhalten, das Begleitbuch zum >Wunschkonzert< zu gestalten«, erinnert sich der Pressezeichner Manfred Schmidt,15) den heute die meisten von seiner Comic-Figur Nick Knatterton her kennen.16) In lockerer Folge brachte das Wunschkonzert-Buch Moderationstexte, Sketche, Gedichte und faksimilierte Hörerbriefe, dazwischen fröhliche Zeichnungen und Fotos von den Stars der Sendung. Der von Manfred Schmidt gezeichnete farbige Umschlag zeigt Heinz Goedecke, wie er ins Mikrofon spricht, souffliert von Wilhelm Krug. Dahinter eine lustige Gesellschaft von Musikern, Sängern und Chören, die teilweise das Feldgrau der Wehrmacht tragen. Der untere Teil des Umschlages zeigt einen spartanisch ausgestatteten Unterstand mit fünf Soldaten, | |||||
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die begeistert Rundfunk hören.
Goebbels steuerte das Geleitwort bei. Das Buch erschien bis zum Sommer 1942 in fünf
Auflagen mit insgesamt 350 000 Exemplaren. Der Erfolg wurde zusätzlich durch den
gleichnamigen Film17) gefördert, der mit dem Refrain des Liedes endet: »Bomben, Bomben, Bomben auf Engeland!«
Über England erschienen serienweise »Entlarvungsbücher«, auch im Nibelungen-Verlag waren bereits mit »Wer treibt England in den Krieg?« und »Die englischen Kriegshetzer« zwei Titel von Otto Kriegk erschienen. Dennoch schien dem Propagandaministerium das repräsentative, künstlerische Anti-England-Buch zu fehlen. Ins Gespräch als Autor kam ein Hamburger Pressezeichner und Graphiker, der nicht einmal der Reichskammer der bildenden Künste angehörte und für viele als NS-Gegner galt, A. Paul Weber. Der Tip kam aus der Gestapo-Zentrale in Berlin vom SS-Hauptsturmführer Dr. Wilhelm Spengler. Ins Visier der Gestapo war Weber 1937 geraten im Zusammenhang mit der Verfolgung des Widerstandskreises um Ernst Niekisch. Auch Weber war verhaftet und fünfeinhalb Monate in Untersuchungshaft gehalten worden. Dabei hatte die Gestapo schnell herausgefunden, daß Weber ernsthafte Vorbehalte gegen Niekischs Widerstandsarbeit hatte und dessen positive Bewertung des Bolschewismus keineswegs teilte.18) »Weber war ein Faschist«, urteilte der jüdische Autor und | Galerist Arie Goral noch 1996, »ich
kannte ihn aus Zeiten der Jugendbewegung. Er kam aus der bündischen Jugend und hat über Jahre üble antisemitische und
nationalistische Zeichnungen abgeliefert.«
Einmal beauftragt, machte sich Weber begeistert ans Werk. Er skizzierte eine Reihe von England-Motiven und stellte die ersten Federzeichnungen fertig. Mit diesen Blättern machte er im Oktober dem Propagandaministerium seine Aufwartung. Seine »Britischen Bilder«, wie der Zyklus später genannt wurde, gefielen. Weber wurde jetzt gebeten, den geplanten Zyklus zu vollenden. Gleichzeitig erhielt er die Aufforderumng, sich an der Frühjahrsausstellung der Preußischen Akademie der Künste zu beteiligen. Seine ersten »Britischen Bilder« wurden ab Juli 1940 vom Verein Berliner Künstler gezeigt. Eine zusätzliche Anerkennung fand seine Arbeit durch die Verleihung des 2. Preises im Wettbewerb der besten deutschen Karikaturisten am 31. Juli 1940 durch das Propagandaministerium. Bis 1939 hatte Weber noch in einem ärmlichen Kelleratelier gelebt, jetzt konnte er seine Besucher im neuerworbenen Haus in Schretstaken bei Ratzeburg empfangen. Am 13. September 1940 unterzeichnete A. Paul Weber einen Vertrag mit dem Nibelungen-Verlag.19) Im Novemberheft der »Aktion« erschien die Subskriptionsanzeige: »Britische Bilder. 45 politische Zeichnungen von A. Paul Weber. Großes Buchformat 38 x 46,5 cm bei Vorbestellung RM 25, Preis | |||||
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nach Erscheinen RM 30,.
Vorzugsausgabe 100 Exemplare von Künstler signiert
RM 100,.« Im März 1941 wurde das Werk
ausgeliefert. Die Graphiken zeigen ein vorindustrielles England, das seinen Reichtum
auf Eroberung, Ausbeutung und Unterdrückung fremder Völker gründet. Zugleich wird
der Untergang des englischen Imperiums dargestellt. Webers spätere Kritik am
Adenauer-Staat führte interessanterweise in
der DDR der 50er Jahren zu einer positiven Bewertung seiner »Britischen Bilder« als proletarische Graphik.20) Die 1. Auflage der »Britischen Bilder« war schon im Herbst 1941 vergriffen. 1943 sollte eine Volksausgabe herauskommen. Doch schon im Frühjahr 1941 hatte das Ministerium einen neuen Propagandaschwerpunkt gesetzt, den Krieg gegen die Sowjetunion. Warum Krieg mit Stalin? Seit April 1941 arbeitete Taubert mit einem kleinen Stab die Richtlinien für die
Propaganda im geplanten Krieg gegen die Sowjetunion aus. Um die Vorbereitungen so
lange wie möglich geheimzuhalten, arbeitete
Taubert seit Frühjahr 1941 in Goebbels'
Dienstwohnung in der Hermann-Göring-Straße
20.
| wieder ein Rotbuch mit dem Titel
»Warum Krieg mit Stalin?«. Auflage: 540 000 Stück.
Goebbels hatte für Taubert extra ein Generalreferat Ost geschaffen, das direkt dem Staatssekretär unterstand. 1942 wurde daraus die Ostabteilung unter Tauberts Leitung, der gleichzeitig zum Ministerialrat befördert wurde.21) Taubert war jetzt ein vielbeschäftigter wichtiger Mann, der für seine Mitarbeiter nur nach langer Voranmeldung zu sprechen war. Zeitweilig hatte er 469 Leute unter sich. Im Juli 1942 gingen 32 Güterwagen mit Propagandamaterial in die besetzten Gebiete der Sowjetunion. In der deutschen Presse wurden Bilder aus dem besetzten Rußland gezeigt, auf denen Schlangen von Menschen zu sehen waren, die begierig auf die Broschüren warteten, in denen mit dem »verlogenen bolschewistischen System« abgerechnet wurde. Doch die Wirkung dieser Propaganda war gering. Mit dem Rotbuch hatte der Nibelungen-Verlag im Juni 1941 wieder sein altes Programm aufgenommen. Im September erschien Albrechts »Verratener Sozialismus« als Volksausgabe in einer Startauflage von 300 000 Exemplaren. Binnen anderthalb Jahren wurden nochmals 700 000 Stück nachgedruckt. Zum Leidwesen des Berliner Buchhandels liefen die Großverkäufe über die von Albrecht eigens gegründete Antikomintern-Buchhandlung. Im Frühjahr 1942 ließ das Goebbels-Mini- | |||||
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sterium im Berliner Lustgarten vor
dem Dom eine große Ausstellung aufbauen,
»Das Sowjetparadies«. Dort wurde die
Sowjetunion mit Großfotos als Land des
Untergangs, Elends und bolschewistischen Terrors
dargestellt. Viele Besucher fragten sich insgeheim, wie ein so unfähiges System einen
so hartnäckigen Abwehrkampf führen
könne. 22) Da Feldpostbriefe von der Ostfront als
besonders glaubwürdige Zeugnisse galten, wurde auf der Ausstellung die von
Wolfgang Diewerge in Broschürenform
zusammengestellte Briefsammlung »Deutsche
Soldaten sehen die Sowjetunion« verteilt.
Mit Fortgang des Krieges war es mit dem lustigen Soldatenleben, wie es noch im Wunschkonzert-Buch von Manfred Schmidt dargestellt war, vorbei. Auch im Nibelungen-Verlag wurden jetzt Soldat und Soldatentod Thema. Der SS-Hauptsturmführer Dr. Franz Riedweg gab dazu eine Schriftenreihe heraus. Zusätzlich erschien der Sammelband »Soldatengeist. Eine Deutung aus Bekenntnissen der Front«. Die Illustrierung hatte wieder A. Paul Weber übernommen, das Geleitwort stammt vom Reichsführer SS Heinrich Himmler. Bei alliierten Bombenangriffen auf Berlin wurden Ende 1943 das Hauptgebäude des Propagandaministeriums, der Fundus der Antikomintern, die Antikomintern-Buchhandlung und auch das Büro des Nibelungen-Verlages zerstört. Von den Verlagsakten ist im Deutschen Buch- und Schriftmuseum | in der Deutschen Bücherei nur ein
Prospekt erhalten. In Leipzig verbrannte fast der
gesamte Buchbestand des Verlages. Lieferbar blieben nur die bisher von der
Druckerei noch nicht ausgelieferten neuen Titel,
von Günter Heysing »Er ging an meiner Seite.
Erinnerungsblätter an gefallene Kameraden« und von Louise Diel »Himmelbett in Moskau. Frauenerlebnisse im Sowjetparadies«. Der Verlag meldete sich von seinem Ausweichort Schloß Brunnersdorf (Kreis Kaach)/Sudetengau am 12. Februar 1944 trotzig im Börsenblatt zurück: »Wir arbeiten weiter.« Doch es gab 1944 keine neuen Bücher mehr. Anmerkungen:
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München/Wels 1965, S. 199 f., 314317
8 de Smeth, Maria: Viva Espana! Arriba Espana! Berlin 1937; dies.: Unfreiwillige Reise nach Moskau, Berlin 1939 9 Dodd, William D.: Diplomat auf heißem Boden, Tagebuch des USA-Botschafters in Berlin 19331938, Übers. aus dem Amerikanischen v. G. F. Alexan, Berlin/DDR 1969, S. 494 f. 10 Rohrwasser, Michael: Der Stalinismus und die Renegaten. Die Literatur der Exkommunisten, Stuttgart 1991, S. 101 f. 11 Reichsadreßbuch des deutschen Frucht-Import und Großhandels, Jhg. 1942, Hamburg 1943, S. 122 12 Pike, David: Deutsche Schriftsteller in sowjetischen Exil 19331945, Frankfurt am Main 1981 (Übersetzung aus dem Amerikanischen), S. 484 f. 13 Drewniak, Boguslaw: Der deutsche Film 19381945, Düsseldorf 1987, S. 316 f. 14 Herzstein, Robert Edwin: The War That Hitler Goebbels and the Nazi Media Campain, 2nd. ed. New York 1987, S. 294297; Drewniak, Der deutsche Film 19381945, S. 395397 15 Mitteilung von Herrn Manfred Schmidt vom 30. Mai 1996 16 Fuchs, Wolfgang J. und Reinhold C. Reitberger: Comics. Anatomie eines Massenmediums, Reinbeck bei Hamburg 1973, S. 235 17 Coiurtade, Francis und Pierre Cadars: Geschichte des Films im Dritten Reich, München 1975, S. 208 ff. 18 Noll, Thomas: Zwischen den Stühlen. A. Paul Weber. Britische Bilder und Leviathan-Reihe. Studien zum künstlerischen Werk des Künstlers im Dritten Reich, Münster und Hamburg 1993, | S. 292310
19 Noll, A. Paul Weber, S. 340, 352 20 Frommhold, Erhard: Zwischen Widerstand und Anpassung. Kunst in Deutschland 19331945, in: Stil und Gesellschaft, hrsg. von Friedrich Möbius, Dresden 1984, S. 253278, 259 21 Buchbender, Ortwin: Das tönende Erz. Deutsche Propaganda gegen die Rote Armee im Zweiten Weltkrieg, Stuttgart 1978, S. 3351. 22 Diederich, Reiner, Richard Grübling und Max Bartholl: Die rote Gefahr, Antisozialistische Bildagitation 19181976, Westberlin 1976, S. 8487 | |||||
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