![]() | ![]() |
46 Berliner Gespräche![]() | Ute Schlegelmilch ![]() ![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
WeiberWirtschaft in Berlins Mitte Ute Schlegelmilch zur Arbeit der ersten Frauengenossenschaft seit der Weimarer Republik Wer durch die Anklamer Straße im Bezirk Mitte geht, stößt gegenüber der Einmündung der Fehrbelliner Straße auf einen schönen rekonstruierten Bau, an den sich ein neues Wohnhaus anschließt. Die zum Gebäude gehörenden Gewerbehöfe, hier hatte zu DDR-Zeiten der VEB Berlin Kosmetik seine Produktionsstätte, signalisieren etwas außergewöhnliches: neu gepflanzte Bäume und Rosenstöcke, einladende Bänke im Schatten, Restauranttische im zweiten Hof, Kindergetobe im nächsten. In der Anklamer Straße 38 hat das erste Gründerinnenzentrum Deutschlands seinen Sitz. Mehr als 5 500 Quadratmeter Büro-, Dienstleistungs-, Produktions- und Ladenfläche wurden zwischen 1993 und 1996 saniert, modernisiert, um- und ausgebaut. Für Frauen, die sich selbständig machen, und es dabei erwiesenermaßen noch immer schwerer haben als Männer. Die Frauen haben eine Genossenschaft gegründet, um bessere Start-, aber auch Langzeitbedingungen zu ermöglichen. Hilfreich ist auch die informelle Nähe zu Unternehmerinnen aus den ver- | schiedensten Branchen. Der Austausch
von Informationen und Knowhow geschieht schnell und unkompliziert.
WeiberWirtschaft ist mehr als eine Frauengenossenschaft und ein
Gründerinnenzentrum. Es ist ein Modell. Worum geht es?
| |||||
![]() ![]() |
![]() | ![]() |
47 Berliner Gespräche![]() | Ute Schlegelmilch ![]() ![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
gens auch aus Österreich, der Schweiz
und Holland.
Frauengenossenschaften haben zwar Tradition, sehr viele gab es allerdings nicht.
Die offizielle Eröffnung des
Gründerinnenzentrums fand im September 1996 statt.
Die WeiberWirtschaft hat aber eine viel
längere Geschichte.
| dem Studium der Betriebswirtschaft. Und
es blieb für mehrere Jahre die einzige
bezahlte Stelle im Verein. Alle anderen arbeiteten ehrenamtlich. Im Dezember 1989 fand dann die Gründungsversammlung der
Frauengenossenschaft statt.
Das war kurz nach der Wende. Hat dieses politische Ereignis dann in Ihren
Überlegungen eine Rolle gespielt?
Verhandeln ohne nennenswertes Eigenkapital. Waren die WeiberWirtschaftsfrauen
denn für die Banken kreditwürdig?
Sie haben nicht nur die alten Produktionsge- | ||||||
![]() ![]() |
![]() | ![]() |
48 Berliner Gespräche![]() | Ute Schlegelmilch ![]() ![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
bäude gekauft, sondern auch ein freies
Grundstück daneben.
Ute Schlegelmilch: Dort ist ein Neubau mit 13 Wohnungen entstanden, und zwar im sozialen Wohnungsbau. Die Zwei- und Vier-Zimmer- Wohnungen waren ganz schnell vermietet, weil guter und bezahlbarer Wohnraum in Berlin ja Seltenheitswert hat. Das erste Gründerinnenzentrum Deutschlands sollte gleichzeitig eines der ersten modellhaft sanierten Gewerbezentren werden. Ist das gelungen?
WeiberWirtschaft will vor allem stabile Langzeitbedingungen und eine innovative Infrastruktur bieten. Worin bestehen sie?
| des Gewerbe und Handwerk. Davon profitieren die Druckerei, die Glasermeisterin und andere.
Zur innovativen Infrastruktur gehört all das, was Frauen brauchen, um Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Beispielsweise die Kita, die vor einem halben Jahr vom Arkonaplatz hierher gezogen ist. Von Anfang an war uns klar, daß eine Kita zum Gewerbehof gehören muß. Die Umsetzung dieser Idee gestaltete sich dann allerdings äußerst schwierig, weil die Finanzierung nicht gesichert war. Erst durch die Unterstützung vieler Sponsoren konnten die Räume fertiggestellt werden. Jetzt sind rund 30 Kinder hier, in schönen Räumen, mit einem eigenen Spielplatz. Wir haben vereinbart, daß eine gewisse Anzahl der Plätze für die Unternehmerinnen und Angestellten zur Verfügung stehen. Wir denken auch daran, daß Kundinnen ihre Kinder hier für ein bis drei Stunden unterbringen können. Wenn sie etwa an einer Weiterbildung teilnehmen, die Kosmetikerin in Anspruch nehmen oder einen Termin bei der Steuerberaterin haben. Zu dieser sozialen Ökonomie gehört nicht zuletzt der Austausch, den die Frauen untereinander pflegen. Und zwar nicht nur bei den monatlichen Treffen. Es gibt hier eine Reihe von Dienstleistungsbetrieben, die rund um die Existenzgründung angesiedelt sind. Ich denke da an die Existenzgründungsberatung, die Rechtsanwältin, die Steuerberaterin, den Büro- Service. Aber auch bei | |||||
![]() ![]() |
![]() | ![]() |
49 Berliner Gespräche![]() | Ute Schlegelmilch ![]() ![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
den kleinen Dingen des Alltags ist Hilfe
vor Ort, durch die Computer- Schule zum Beispiel.
Woher stammt eigentlich das Modell der Zentren für Gründerinnen?
Zur WeiberWirtschaft gehört ein technisch gut ausgestattetes Tagungszentrum. Hier
kann mieten, wer ein Symposium, einen Workshop, Empfang oder eine Präsentation durchführen will. Den Service von der Gastronomie über die Organisation von Rahmenprogrammen bis zur persönlichen Betreuung liefert das Gründerinnenzentrum. Wird das Tagungszentrum schon genutzt?
| erst, wenn mindestens 85 Prozent der
Gewerbefläche vermietet sind. Erst dann
können wir den Gründerinnen auch die
finanzielle Unterstützung geben, die wir uns
vorgenommen haben, zum Beispiel in prekären
Situationen vorübergehend auf zwei Mietzahlungen zu verzichten.
In die Anklamer Straße 38 zogen zuerst Existenzgründerinnen aus dem Westen ein,
heute ist das Verhältnis zwischen Ost und West
nahezu ausgeglichen. War das gewollt?
Gut zweieinhalb Jahre haben die umfangreichen Sanierungs- und Umbauarbeiten gedauert, in diesem Monat feiert das
Gründerinnenzentrum einjähriges Bestehen. Hat
Sie während der komplizierten Bauarbeiten, die Sie ja betreut haben, nie der Mut verlassen?
Das Gespräch führte Jutta Arnold | |||
![]() ![]() |
© Edition Luisenstadt, 1997
www.luise-berlin.de