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schloß er sich den Freimaurern an und vermochte in der Großen Landesloge die Würde eines Meisters vom Stuhl zu erringen. Von seinen Leistungen als Militär bis zum Jahre 1806 ist nichts Bemerkenswertes überliefert worden. Im Range eines Capitains trat er den Dienst als Platzmajor des Obersten Militärbefehlshabers der Residenzstadt Berlin an. Seine Aufgabe bestand darin, den täglichen Dienst der Truppen zu regeln und zu beaufsichtigen. Weiterhin übte er die Oberaufsicht über die Staatsgefangenen und arretierten Soldaten aus und leitete das Büro der Kommandantur am Zeughausplatz 1. Dem Adreß- Calender von 1818 zufolge hatte es Gontard inzwischen zum Oberst- Lieutenant gebracht und wohnte in der Königstraße 37. Zuvor – 1807 – hatte er Quartier am Alexanderplatz 43 bezogen, während er von 1821 bis zu seinem Tod in der Lindenstraße 36 wohnte.
     Sein 50jähriges Dienstjubiläum nahmen Magistrat und Stadtverordnetenversammlung zum Anlaß, ihn am 31. Juli 1829 zum Ehrenbürger zu ernennen. Die Würdigung erfolgte für seine Verdienste als langjähriger Platzmajor, insbesondere während der französischen Besetzung Berlins in den Jahren 1806 bis 1808.
     Die Anregung, Gontard die Ehrenbürgerschaft zu verleihen, kam nach einer Bemerkung von Ernst Kaeber in seiner Arbeit »Das Ehrenbürgerrecht und die Ehrenbürger Berlins« allerdings »von außen, und sie
Helmut Eikermann
Platzmajor von Berlin

Ehrenbürger Friedrich Carl Ludwig von Gontard (1764–1839)

Obgleich Friedrich Carl Ludwig von Gontard 33 Jahre lang das Amt des Platzmajors von Berlin versehen hat (1806–1839), ist über sein Wirken in dieser Zeit nur wenig, und dies noch in widersprüchlicher Überlieferung, bekannt. Geboren wurde er am 30. Juli 1764 in Bayreuth als vierter Sohn der insgesamt 16 Kinder der Familie Gontard. Sein Vater Carl Philipp Christian von Gontard (1731–1791), aus einem alten Hugenottengeschlecht stammend, kam in Mannheim zur Welt und stand ab 1765 als Architekt und Baumeister in Diensten von Friedrich II. und seiner Nachfolger. Mit seinen Bauten prägte er das Stadtbild von Berlin und Potsdam (Neues Palais) mit. In den erblichen Reichsadelsstand erhob man ihn 1768 bereits vor seiner eigentlichen Schaffensperiode.
     Gontard wuchs auf dem Landsitz seiner Eltern in Charlottenhof bei Potsdam auf. Die militärische Karriere begann Gontard als 15jähriger am 31. Juli 1779 als preußischer Kadett in der Berliner Kadettenanstalt Neue Friedrichstraße 13. Als junger Offizier

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wurde nur deshalb befolgt, weil man ihm nach des Oberbürgermeisters Büsching Zeugnis in den Jahren 1806–1808 manches Gute zu verdanken gehabt habe«. Ähnlich wohlwollend äußerte sich Torsten Müller, denn »unter oft schwierigsten Verhältnissen erwarb Friedrich Carl Ludwig von Gontard sich manche Verdienste um das Wohl und die Sicherheit der preußischen Hauptstadt, insbesondere in den Jahren des Napoleonischen Krieges 1806 bis 1808«. In dieser Zeit »bearbeitete er auch, neben dem Geheimen Kriegsrat Köls, dem Stadtrat Rück und dem Kammerassessor Eisendächer, die Geschäfte des unter der Leitung des Polizeipräsidenten Büsching stehenden Polizei und Sicherheitsbüros beim Magistrat von Berlin«, das wiederum unmittelbar dem französischen Intendanten Bignon unterstand.
     Für die gelegentlich anzutreffende Behauptung, Gontard habe Berlin 1806 den Franzosen übergeben, findet sich in den zeitgenössischen Quellen über die für Preußen wenig ruhmreiche Besetzung der von Hof, Staatsbehörden und Garnison verlassenen Residenz kein Beleg. Gontards Name findet sich in den Berichten über die französische Besatzungszeit nicht. So wurde er weder unter den »Berliner Patrioten während der Franzosenzeit 1806–1808« (Pufahl) noch in der anonymen »Karakteristik der Berliner« (1809) unter den »Gerechten« (also antifranzösisch Gesinnten) erwähnt (wie z. B. Adolph von Lützow (1782–1834), August W. Iffland
(1796–1814), Johann Gottfried Schadow (1764–1850) und Friedrich Schleiermacher (1768–1834)). Gontards Fürsprecher, der Berliner Stadtpräsident und Polizeidirektor (1804–1808) und spätere Oberbürgermeister (1814–1832) Johann Stephan Gottfried Büsching (1761–1833), stand hingegen auf der »Schwarzen Liste«: »Hat durch die kleinlichste Verzagtheit sowohl persönlich gegen Napoleon als auch die Franzosen überhaupt seine völlige Unbrauchbarkeit an den Tag gelegt.«
     1839 meldete der »Neue Nekrolog der Deutschen« den Tod des fast 75jährigen Gontard, »der unter drei preußischen Regenten 60 Jahre lang gedient und beinahe 35 Jahre Platzmajor von Berlin war. Einziger preußischer Stabsoffizier im aktiven Dienst, der noch von Friedrich II. das Portepeé erhalten.« Gontard, am 1. März 1839 verstorben, ist auf dem Garnisonfriedhof in der Linienstraße in Berlin beigesetzt worden. Sein Grabmal war zumindest vor dem Zweiten Weltkrieg noch vorhanden, denn Wohlberedt führte es 1934 noch auf. Abgesehen von der Ehrenbürgerwürde, ist er in Berlin nirgendwo geehrt worden. Die Gontardstraße am S-Bahnhof Alexanderplatz wurde nach seinem Vater benannt, dem Baumeister der einstigen Spittel- und Königskolonnaden (1776 und 1777) und dem Architekten der Kuppeltürme der Deutschen und Französischen Kirche (Dom) am Gendarmenmarkt sowie des Oranienburger Tors (1787).
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