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Kleiner oder großer Schnupfen?

Anekdoten über Berliner Persönlichkeiten

Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) war leicht erkältet. Als ihn sein Leibarzt ob des »kleinen Schnupfens« trösten wollte, sah der Kaiser ihn ernst an und sagte: »Ein großer Schnupfen! Bei mir ist alles groß.«

Jagdbarkeit zwischen den Beinen

Der Gerechtigkeitssinn Friedrichs II. (1712-1786) wird in alten Geschichtsbüchern oft gerühmt. So wird berichtet, daß eine Schulmeistersfrau einst auf dem Felde einen Hasen fing, als dieser gerade zwischen ihren Beinen hindurchrennen wollte. Das war Grund genug, den Schulmeister wegen Wilddieberei anzuklagen. Aber der König schrieb an den Rand des Aktenstückes: »Schulmeister ist sofort freizulassen, denn die Jagdbarkeit zwischen den Beinen seiner Frau steht ihm nur allein zu.«

Der arme Witwer

Zu den Berliner Originalen Anfang des 19. Jahrhunderts gehörte eine gewisse Madame Dutitre. Den verwitweten König Friedrich Wilhelm III. (1770-1840), Gemahl der Königin Luise (1776-1810), habe sie einmal mit den Worten getröstet:

»Ja, Majestäteken, et is schlimm vor Ihnen, wer nimmt och jern eenen Witwer mit sieben Kinderkens!«

Die Angst vor dem (der) Achtundvierziger

Der Sohn Friedrich Wilhelms III., Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861), wurde wegen seiner geistvollen, schlagfertigen Bemerkungen gerühmt. Als man ihm in Trier einen Becher Wein mit der Versicherung kredenzte, daß die Gesinnungen an der Mosel so lauter und so rein seien wie dieser Wein, habe der König »gut gelaunt« erwidert: »Ist doch kein Achtundvierziger?«

Zelters Empfehlung

Ein junger Mann wollte Opernsänger werden und ging zum Direktor der Singakademie, Carl Friedrich Zelter (1758-1832), um ihm vorzusingen. Zelter gab anschließend sein Urteil: »Sie haben ja gar keine Stimme.« »Ich habe aber«, hielt der andere entgegen, »einen unbezwinglichen Drang nach den Brettern.« Darauf Zelter: »Na, dann werden Sie doch Tischler!«

Kontrolle am Stadttor

Im alten Berlin wurde ein Fremder am Stadttor der üblichen Kontrolle unterzogen. »Wie heeßen Sie?« Darauf der Fremde: »General Globig.« Der Torschreiber erwiderte: »Ach wat, jloob ich! Sowat muß man doch wissen!«

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Feiner General

General Friedrich von Wrangel (1784-1877), der 1848 die Revolution in Berlin niederschlug, stieg eines Tages in Begleitung einer Prinzessin die Treppe zum Weißen Saal im Schloß empor. Dabei ließ er »seinen rückwärtigen Gefühlen etwas hörbar freien Lauf«. Die Prinzessin empörte sich: »Aber Exzellenz, so etwas ist mir denn doch noch nicht passiert!« Darauf der General, ganz ungeniert: »Ach, ick dachte, et wär mir passiert.«

Schleiermachers Zuhörer(innen)

Der Philosoph Friedrich D. Schleiermacher (1768-1834) war auch ein hervorragender Prediger. In der Friedrichstädter Dreifaltigkeitskirche fanden sich allsonntäglich viele Zuhörer(innen) ein. Aber darauf sei Schleiermacher gar nicht so stolz gewesen. »In meine Kirche kommen hauptsächlich Studenten, Frauen und Offiziere«, habe der Philosoph und Theologe gesagt und hinzugefügt: »Die Studenten wollen meine Predigt hören, die Frauen wollen die Studenten sehen, und die Offiziere kommen der Frauen wegen.«

Schadow und sein Schüler

Johann Gottfried Schadow (1764-1850), der Hauptmeister der klassizistischen Plastik in Deutschland, fragte einst einen Schüler: »Haste det alleene jemacht?« Als der Schüler bejahte, vergewisserte sich der Meister noch einmal: »Janz alleene?« Fast beleidigt bekräftigte der Schüler: »Jawohl, Herr Direktor.« Darauf Schadow: »Na, denn kannste Tepper werden.«

Quellen:
Hans Ostwald: Der Urberliner in Witz, Humor und Anekdote, Berlin, o. J., S. 38, 57, 63, 106, 111, 130 u. 137
Emil Ludwig: Wilhelm der Zweite, Berlin 1926, S. 291

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 5/1996
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