59   Berlin im Detail Vergnügungspark Schönholzer Heide  
Beate Perl
Vergnügungen in der Schönholzer Heide

Wer heute durch den Volkspark Schönholzer Heide geht, kann sich kaum vorstellen, daß sich hier vor gar nicht so langer Zeit der größte Vergnügungspark des Berliner Nordens befand. Bereits um 1753 gab es an dieser Stelle eine eingehegte Plantage von Maulbeerbäumen zur Seidenraupenzucht. Daneben waren Obstbäume, drei Weinberge, Baumalleen, wilde Rosensträucher und Akazien zu finden, denen die Gegend ihren Namen verdankt. Zwischen 1768 und 1784 wurden böhmische Kolonisten angesiedelt und eine Restauration, das Schlößchen Schönholz, errichtet, das bald Berliner Ausflügler magisch anzog. 1799 pachtete der Gastwirt Obermann aus Berlin die Kolonie. 1884 ging das Schlößchen in den Besitz der Berliner Schützengilde über, die regelmäßig ihre Schützenfeste hier abhielt.
     Mit der Bildung Groß-Berlins rückte der Ortsteil Schönholz wieder stärker ins Blickfeld, fehlten der Stadt doch Flächen zur Naherholung. Zunächst entstand eine Spielwiese mit Freibadestrand an der Panke. Heute gehört dieser Teil zum Bürgerpark Pankow.
     Ab 1926 begann die Umgestaltung der Schönholzer Heide zum jetzigen Volkspark.

1927 waren dort 165 Notstandsarbeiter beschäftigt, die die einstigen Sandflächen in gepflegten Rasen mit Wegen und festen Straßen umwandelten und eine Rodelbahn anlegten.
     Ihren Höhepunkt als Ausflugsziel erlebte die Heide nach 1930. Auf dem Gelände der Schützengilde wurde ein Vergnügungspark etabliert, der den Lunapark in Halensee in seinen Ausmaßen noch übertraf. 1931 fand das erste Berliner Volksfest im »Traumland« Schönholz statt. Es entstanden im Laufe der Zeit unter der Leitung des Ökonomen Simon Pflanzer neben der Gaststätte Alt-Berlin ein gewaltiger Hallenbau mit dem Namen Oberbayern, die Rheinlandsäle und das stille Weindorf. Weitere Attraktionen stellten eine Riesengebirgsbahn, eine Wasserrutschbahn, eine Freilichtbühne für Varieté-Veranstaltungen, Motorradkunstfahrten an der Todeswand, eine Geisterbahn und eine Tierschau dar. Über 2 000 Menschen fanden hier Arbeit. Dreimal in der Woche gab es ein Feuerwerk zu bewundern. In den Sommermonaten konnte man außerdem täglich Konzerte bekannter Kapellen hören. Mit dem Slogan »Billiger als die Straßenbahn« lockte man die Besucher an. Kinder hatten freien Eintritt, sonst mußte man zehn, an Tagen mit Feuerwerk 20 Pfennig bezahlen. Während des Krieges lief auch die Zeit dieses Vergnügungsparkes ab. Er geriet in Vergessenheit.
     Heute ist der 35 Hektar große Volkspark Schönholzer Heide vor allem beliebtes Ziel für Spaziergänger und Jogger.
Artikelanfang

© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 5/1996
www.berlinische-monatsschrift.de