4 Probleme/Projekte/Prozesse | Schloss Grünhoff in Ostpreußen |
Heinrich Lange
Das Schloss des Generals Graf Bülow von Dennewitz Wo der dreimalige Retter Berlins seine letzte Ruhe fand »Ein gelber zweistöckiger Bau, zu dem dreireihige alte Lindenalleen führen. Bei klarem Wetter sieht man über die weite östliche Ebene hinweg einen schmalen Streif des Meeres und wie Schatten etwas von der weißen Dünenwelt (der Kurischen Nehrung, Anm. des Verf.) auftauchen.« So schildert Dora-Eleonore Behrend in »Schlösser des Ostens« von 1934 Grünhoff, das Schloss des Generals Friedrich Wilhelm, Reichsfreiherr von Bülow, Graf von Dennewitz (1755-1816) im nördlichen Samland unweit von Cranz an der Ostsee.
| Adelsschlösser im heute russischen Teil Ostpreußens überdauert. Zwar hat das einstige Schlossgebäude im nunmehr Roschino genannten Ort seinen Glanz verloren, und ist der von Rudolf Brückmann in »Samland. Ein Führer für Wanderer« von 1926 als »sehenswert« erwähnte »Schloßpark mit schönen Baumgruppen« verwildert, doch präsentiert sich das Herrenhaus im Äußeren noch weitgehend in seiner letzten baulichen Gestalt. Diese geht auf einen weitreichenden Umbau zurück, den General Bülows Sohn Friedrich Albert Mitte des 19. Jahrhunderts (1850-1854) durch den Königsberger Baumeister Mohr ausführen ließ. Friedrich Albert, der »von seiner Mutter das Talent für Landschaftsmalerei geerbt« haben soll, gestaltete in den folgenden Jahren auch den Park ohne die Hilfe eines Gartenarchitekten zu einem Landschaftspark im englischen Stil mit Teichen und Einbeziehung alter Bäume wie der »Kurfürstenlinde« um. Alexander Dunckers Tafelwerk »Die ländlichen Wohnsitze, Schlösser und Residenzen der ritterschaftlichen Grundbesitzer in der preußischen Monarchie ...« zeigt in Band 8 von 1865/66 dieses neue Grünhoff in einer Farblithografie von der Gartenseite. Durch die Aufstockung um ein Obergeschoss, den Anbau des Südflügels mit neugotischem Treppenturm - ein entsprechender Flügel im Norden blieb unausgeführt - und die spätklassizistische Überformung des Gesamtbaus hatte sich das vormalige hochbarocke Jagdschloss Friedrichs III./I. (1688-1713, König ab 1701) stark verändert. |
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Das Schlösschen hatte der Kurfürst von Brandenburg und Herzog von Preußen vor 1700, vermutlich 1697, nach dem Entwurf des Hofbaumeisters Christian Friedrich Eltester (1671-1700) durch den Bauschreiber Georg Henrich Kranichfeld beginnen lassen. Charakteristisch war der ovale, mit konkav eingebogenen Wänden aus dem Baukörper herausgeschobene Gartensaal. Heute ist der Eingang zu diesem Saal vom Garten vermauert und die Treppe abgebrochen. Das Stammhaus von der Hofseite mit übergiebeltem Mittelrisalit und vorgelagerter zweiläufiger Treppenanlage dokumentiert ein 1733 publizierter Kupferstich nach einer Radierung von Jean Baptiste Broebes (vgl. z. B. Carl E. L. von Lorck, Landschlösser und Gutshäuser in Ost- und Westpreußen, 4. Auflage, Frankfurt am Main 1972, S. 83, Abb. 37). Schon 1693 bis 1697 hatte sich Friedrich III. das barocke Jagdschloss Friedrichshof an der Pregelmündung bei Königsberg, das spätere Schloss Holstein bzw. Groß Holstein, nach dem Entwurf des Oberbaudirektors Johann Arnold Nering (1659-1695) ebenfalls von Kranichfeld erbauen lassen.
Bereits 1622/23 wird in Grünhoff ein »churfürstliches Haus« erwähnt, das dem brandenburgischen Kurfürsten Georg Wilhelm (1619-1640) und später Friedrich Wilhelm, dem Großen Kurfürsten (1640-1688), bei der Jagd im wildreichen »Grünhoffer Forst« gedient hat. |
General Graf Bülow von Dennewitz, nach einem Stich um 1839 |
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Schloss Grünhoff um 1865 (Farblithografie 15 x 20 cm) |
Anlässlich der Krönung Friedrichs III. zu Friedrich I. in Königsberg vor 300 Jahren sei darauf hingewiesen, dass General Bülows Urgroßvater Wilhelm Dietrich von Bülow (1664-1737) Oberhofmeister der Kurfürstin-Königin Sophie Charlotte (1668-1705) war, ihm am Vorabend der Krönung als einer der ersten 20 Ritter der vom König gestiftete Orden vom Schwarzen Adler, die höchste Auszeichnung des Königreiches Preußen, verliehen wurde und er nach der »Preußischen Krönungs-Geschichte ...« des Oberzeremonienmeisters Johann von Besser von 1702 und der in der zweiten Ausgabe von 1712 enthaltenen Kupferstichfolge des Krönungszuges von Johann Georg Wolffgang unter dem prächtigen Baldachin zur Linken der Königin schritt. Der spätere Staatsminister, Wirkliche Geheime Rat etc. wurde 1705 als jüngster von fünf Brüdern von Kaiser Joseph I. (1678-1711, Kaiser ab 1705) in den Reichsfreiherrenstand erhoben.
Die militärische Karriere führte seinen 1755 auf Gut Falkenberg, Landkreis Stendal, in der Altmark geborenen Urenkel Friedrich Wilhelm von Bülow, den späteren Besitzer von Grünhoff, nach Ostpreußen, wo er dann 1807 als Oberstleutnant im Samland am Krieg gegen Frankreich teilnahm. |
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In den Befreiungskriegen war der General nach Feldmarschall Gebhard Leberecht von Blücher, Fürst von Wahlstatt (1742-1819), dem »Marschall Vorwärts«, und General Hans David Ludwig Graf Yorck von Wartenburg (1759-1830) einer der bedeutendsten preußischen Heerführer. Mit seinen Siegen bei Luckau (4. Juni 1813), Großbeeren (23. August 1813) und Dennewitz (6. September 1813) rettete er Berlin dreimal vor den Franzosen. Für die erfolgreiche Verteidigung der preußischen Hauptstadt erhielt er das Großkreuz des Eisernen Kreuzes. 1814 wurde er für seine Verdienste von König Friedrich Wilhelm III. (1797-1840) endlich zum General der Infanterie ernannt, nachdem er 1813 als Chef des III. preußischen Korps nur den Rang eines Generalleutnants vorzuweisen gehabt hatte. Zugleich wurde er zum Grafen von Dennewitz erhoben (3. Juni). 1815 erhielt er mit Schenkungsurkunde vom 1. Juni Grünhoff im Wert von 200 000 Talern.
Als Sechzigjähriger trug der General noch einmal zu einem entscheidenden Schlachterfolg bei. Nach der Rückkehr Napoleons kam es am 18. Juni 1815 südlich von Brüssel zur |
Schloss Grünhoff heute
Entscheidungsschlacht bei Belle Alliance (Waterloo). Am Sieg der Koalitionsarmee unter der Führung des Herzogs von Wellington und durch das Eingreifen Blüchers war er entscheidend beteiligt. Nach Kriegsschluss kehrte er im Januar 1816 nach West- und Ostpreußen, dessen Generalgouverneur er 1814 geworden war, zurück.
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8 Probleme/Projekte/Prozesse | Schloss Grünhoff in Ostpreußen |
Ein kleiner Pokal der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin mit Allegorien auf die Schlachten von Luckau, Großbeeren und Dennewitz - eine Ehrengabe der Offiziere seines Stabes für die dreimalige Errettung Berlins 1813, ein Ehrendegen als Geschenk des Königs von Holland - des damaligen Prinzen von Oranien - für die Befreiung der Niederlande 1814 und aus dem gleichen Anlass eine gold- und silberbeschlagene Prunkflinte als Ehrengabe der vereinigten Gewehrfabriken Lüttich mit einem Medaillonbild Napoleons, dem es nach dem Zeugnis der Widmung »Hommage au premier Consul« als erstem Konsul der französischen Republik urprünglich zugedacht war.
Des weiteren befanden sich hier eine Porzellantasse mit Untertasse derselben Manufaktur auf Bülows Sieg bei Belle Alliance, die sein Porträt mit dem Spruch »Er kam zur rechten Stunde« und den Schlachtplan zeigte, ein Paar silberne Sporen und ein grünsamtenes Wagenkissen mit goldgesticktem »N« aus dieser Schlacht, die ihm der König schenkte. Die Kutsche des fliehenden Kaisers war den preußischen Truppen in die Hände gefallen, erbeutet von dem 15. Infanterie-Regiment, dessen Chef Bülow war. Die Kutsche wurde Blücher, der Hut und der Degen dessen Stabschef Gneisenau (1760-1831) vermacht. |
Schließlich gehörte zu den Andenken ein silbervergoldeter Münzhumpen aus dem Ende des 17. Jahrhunderts mit der Gravur »Dem Helden gewidmet von der Stadt Königsberg« und eine Ehrenurkunde anlässlich seiner »glorreichen Zurückkunft zu Königsberg in Preußen am Friedensfeste den 18ten Januar 1816«. Der Ehrenhumpen soll, mit edlem Rheinwein gefüllt, Bülow auf dem Altstädtischen (?) Markt, als er zum Kommandierenden General des I. Armeekorps ernannt wurde, übergeben worden sein.
Aus dem Jahresbericht des Vereins für die Geschichte von Ost- und Westpreußen für 1936 erfährt man, dass am 13. Juni mit zwei Omnibussen ein Ausflug nach Pobethen und Grünhoff unternommen wurde. Dort »zeigte Graf Bülow-Dennewitz das Schloß und Erinnerungsstücke aus dem Besitz seiner Vorfahren«. Dies war Dietrich Graf Bülow von Dennewitz (1886-1957), der Besitzer von Grünhoff ab 1910, oder dessen Sohn, auf den 1926 als 13-jährigen das Gut übertragen wurde. Er trägt mit Friedrich Wilhelm die gleichen Vornamen wie sein berühmter Vorfahr, sein Ururgroßvater. Noch 1943 bezog er mit seiner Familie einen Teil des Schlosses. Bei der Flucht 1945 konnte der heute 87-jährige, in der Umgebung von Baden-Baden wohnende letzte Besitzer von Grünhoff und seine Familie nur einen Teil der Erinnerungsstücke in den Westen retten. |
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Der Pokal, die Tasse, der Humpen und die Urkunde sind als Leihgaben von Major Manfred Graf Bülow (geb. 1919), dem Bruder von Friedrich Wilhelm Graf Bülow, früher Grünhoff, später Oberweser-Oedelsheim, im Ostpreußischen Landesmuseum Lüneburg ausgestellt (vgl. Ronny Kabus [Hrsg.], Ostpreußen. Landschaft - Geschichte - Kultur im Ostpreußischen Landesmuseum Lüneburg, Husum 1997, S. 109 Taf. 29, S. 119 f., Abb. 44).
Nach Wulf Dietrich Wagner konnten 1945 auch die silbernen Sporen und das Kissen aus der Kutsche Napoleons gerettet werden. Sie befinden sich demnach wohl noch im Besitz der Familie. Nach Wagner tauchte ein »Prunkgewehr aus der Sammlung« - die genannte Prunkflinte mit dem Medaillonbild Napoleons - »später in der Sowjetunion auf, die es 1967 Frankreich schenkte« (vgl. Stationen einer Krönungsreise - Schlösser und Gutshäuser in Ostpreußen. Katalog zur Ausstellung vom 14. April bis 31. Oktober 2001 im Renaissance-Schloß Demerthin, Selbstverlag, Berlin 2001, S. 40). Mit dem am 13. März 2001 verstorbenen Manfred Graf Bülow von Dennewitz hat der Berliner Architekt vor wenigen Jahren eine Grundrissrekonstruktions-Zeichnung des Schlosses mit der Möblierung etc. im Zustand um 1930 erstellt, die auf der einzigartigen Ausstellung in Demerthin, Landkreis Prignitz, Brandenburg, im Rahmen des »PrignitzSommer« und PREUSSEN I|2001 zu sehen ist. |
Wilhelm Dietrich von Bülow im Krönungszug von 1701 zur Linken der Königin Sophie Charlotte. Ausschnitt aus der Kupferstichfolge von J. G. Wolffgang, 1704/1712
Danach haben sich im Musikzimmer der Panzerschrank mit den Orden und Dokumenten und eine Vitrine mit historischen Andenken und im Herrenzimmer die Gewehrschränke befunden. In der Bibliothek stand eine Büste des Siegers von Dennewitz.
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Kurz vor seinem Tod soll er noch die Einrichtung einer Kriegsblinden-Unterrichtsanstalt, des späteren allgemeinen Blindeninstituts, in Königsberg betrieben haben. Er wurde zunächst auf dem Kirchhof der französisch-reformierten Gemeinde in Königsberg beigesetzt. Grünhoff, das Graf Bülow zum Familienfideikommiss bestimmt hatte, fiel an seine zweite Frau Pauline Juliane, geb. von Auer (1790-1842). Bis 1838 dauerte allerdings ein Rechtsstreit zwischen dem Staat und der Krone über die Rechtmäßigkeit der Schenkung einer Staatsdomäne durch den König. Der Prozess endete damit, dass Friedrich Wilhelm III. (1797-1840) dem Staat die Domäne mit den Vorwerken abkaufte und als Ausgleich eine Krondomäne abtrat, sodass Grünhoff bei den Erben verblieb. 1838 übernahm Friedrich Albert Graf Bülow von Dennewitz (1811-1887), der einzige Sohn aus der zweiten Ehe, der in diesem Jahr das 2. Garde-Ulanen-Regiment in Berlin als Leutnant verließ, das Gut. 1843 ließ er den hölzernen Sarg mit den sterblichen Überresten seines berühmten Vaters in die in Bau befindliche Grabkapelle nach Grünhoff überführen.
Bei dem 1847 vollendeten Mausoleum im Gutspark handelte es sich um einen neugotischen achteckigen Ziegelbau, der den schwarzen, aus einem ostpreußischen Findling gehauenen Granitsarkophag beherbergte. | In dem Katalog zur Ausstellung in Demerthin findet sich zwar nicht die in der Ausstellung gezeigte Reproduktion des hübschen Aquarells der Grabkapelle in Privatbesitz, aber eine kleine Abbildung einer Fotografie. Hier zitiert Wulf Wagner auch einen Bericht über die Feier, die 1863 zum 50-jährigen Gedächtnis der Schlacht bei Dennewitz in Grünhoff stattgefunden hat: »In feierlichem Zuge, die Schuljugend und die Gemeindegeistlichen an der Spitze, wurde unter dem Gesange: >Jesus meine Zuversicht< nach der Ruhestätte des Helden gezogen. Hier nahm die Versammlung unter dem Schutze der uralten Linden und Fichten [...] auf dem Platz vor der Grabkapelle eine Aufstellung im Halbkreis. Der Geistliche stellte sich einige Schritte vor dem weitgeöffneten Eingang der Kapelle auf und hielt eine von warmer Begeisterung und Vaterlandsliebe erfüllte Rede, deren feierlicher Eindruck durch den Blick auf die ernste Ruhestätte und auf den schwarzen Sarkophag des Helden noch besonders erhöht wurde. Im Herrenhaus sammelten sich so dann die Festteilnehmer zu einem fröhlichen Mahl, während in den Alleen des Parkes an besonders aufgestellten Tischen die Arbeiter des Gutes bewirtet wurden. [...] Ein Feuerwerk und Spaziergang im teilweise illuminierten Park bildeten den Schluß der Feier.« (vgl. Ausstellungskatolog, S. 39 mit Abb.). |
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Heute trifft man im ehemaligen Gutswald nurmehr auf ein Werk der Zerstörung: über die Fundamentgrube hinaus weit verstreute Bautrümmer wie nach einer Explosion. Bei einem Besuch vor wenigen Jahren zeugte noch der Grundstein mit der eingemeißelten Jahreszahl »1843« vom Baubeginn der Grabkapelle bzw. der Überführung des Sarges zur letzten Ruhestätte eines der namhaftesten preußischen Heerführer der Befreiungskriege.
An General Graf Bülow von Dennewitz erinnerte in Königsberg ein Bildnismedaillon (Scudelle) am Sackheimer Tor im Osten der Stadt. Es war die in einem der Zwickel des Torbogens der Stadtseite angebrachte, dem Grafen Yorck gegenübergestellte Büste. Das aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammende Tor in neugotischem Stil nach dem Entwurf von Friedrich August Stüler (1800-1865), dem »Architekten des Königs« Friedrich Wilhelm IV. (1840-1861), ist zwar erhalten, doch die von dem Berliner Bildhauer Wilhelm Stürmer (1812-1885) nach 1852 aus Sandstein geschaffenen Büsten fehlen. Die Namensinschriften am unteren Rand der mit roter Ölfarbe überstrichenen Medaillons sind von der Straße aus nicht mehr lesbar. Der Bildhauer teilte in den »Neuen Preußischen Provinzial-Blättern« von 1853 mit, »daß zwei Porträtköpfe von Männern, die für unsere Provinz eine vorzugsweise Bedeutung haben, in runden Vertiefungen zu beiden Seiten des Thores aufgestellt werden sollten [...]. |
Sackheimer Tor, heutiger Zustand
Erst jetzt habe ich den bestimmten Bescheid erhalten, daß Se. Maj. durch Cabinets-Ordre befohlen haben, die Porträts der Generale v. Yorck und v. Bülow an dem neuen Sackheimer Thore anzubringen. Ich hoffe nun in der nächsten Zeit an die Ausführung dieser Steinbilder zu gehn. Berlin, den 2. Dez. 1852. W. Stürmer.« Berlin ehrte den General mit einem marmornen Denkmal Unter den Linden. 1822 wurden die seit 1816 geplanten Standbilder der Generäle Graf Bülow von Dennewitz und Gerhard von Scharnhorst (1755-1813) von Christian Daniel Rauch links bzw. rechts neben der Neuen Wache aufgestellt. Die Widmungsinschrift auf der Vorderseite des von Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) entworfenen Sockels der Statue Bülows über dem Adler lautet:
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12 Probleme/Projekte/Prozesse | Schloss Grünhoff in Ostpreußen |
Bülow-Denkmal neben der Neuen Wache. Stahlstich, um 1850 |
Anlässlich der III. Weltfestspiele 1951 forderte Walter Ulbricht ihre Entfernung. Sie kamen in das als Depot genutzte Neue Museum. 1963/64 erhielt der Architekt Heinz Mehlan den Auftrag, sie wieder in den Stadtraum zu bringen. Von ihm stammt das Konzept, die Standbilder gegenüber der Neuen Wache im früheren Prinzessinnengarten aufzustellen. Die Denkmäler von Yorck, Blücher und Gneisenau wurden im hinteren Teil der Grünfläche aufgestellt, wo sie noch heute stehen. Die im Krieg zerbrochene Bronzefigur Yorcks mußte für die Neuaufstellung nachgebildet werden. Vorne zur Straße hin sollten Bülow und Scharnhorst ihren Platz finden. Bülow aber kehrte nicht zurück. In der Schlussphase der DDR wurde die Statue Bülows renoviert und die Sockelinschrift des Scharnhorst-Denkmals wieder hergestellt. Es soll geplant gewesen sein, beide Standbilder 1990 wieder neben die Neue Wache zu stellen.
Im Zuge der Wiedervereinigung wurde jedoch der Rückführungsplan revidiert. Mit der Umgestaltung der Neuen Wache und ihrer Ausstattung mit der vergrößerten Fassung der »Pietà« (»Mutter mit totem Sohn«, 1937/38) von Käthe Kollwitz (1867-1945) durch den Berliner Bildhauer Harald Haacke (geb. 1924) im Jahre 1993 verfolgte man bekanntlich andere Pläne. In einem Briefwechsel zwischen dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl und dem Kollwitz-Erben, Prof. A. Kollwitz, soll vereinbart worden sein, die Statuen nicht wieder aufzustellen. |
13 Probleme/Projekte/Prozesse | Schloss Grünhoff in Ostpreußen |
Seit 1993 - in diesem Jahr wurde das Scharnhorst-Standbild zur Restaurierung entfernt - harren die beiden Marmorwerke in einem Holzverschlag auf dem Gelände der Senatsverwaltung für Bauen und Wohnen in Berlin-Reinickendorf besserer Tage - nämlich ihrer Aufstellung im Rahmen der Wiederherstellung des gesamten historischen Denkmalensembles. Schinkel nutzte den Auftrag des Königs für ein neues Wachgebäude von 1816 über den profanen Zweck hinaus zu dessen Ausformung als Denkmal der Befreiungskriege, welches das Gedenken und den Dank für die Taten und Opfer der Befreiungskriege thematisiert. Zu der von Schinkel und Rauch erarbeiteten Konzeption gehören die Denkmäler der Heerführer der Befreiungskriege ebenso wie die auf der Schlossbrücke stehenden acht marmornen klassizistischen Figurengruppen nach Entwürfen Schinkels, mit denen die Menge der anonymen Kämpfer geehrt werden sollte.
In seiner Rede anlässlich des »Siegesfestes« in Großbeeren am 25. August 1996 sagte der Arzt und Leutnant a. D. Joachim-Albrecht Graf Bülow von Dennewitz (geb. 1925), ein Ururenkel des Generals Friedrich Wilhelm von Dennewitz: »Mir scheint, daß auch heute noch, oder schon wieder, der Magistrat von Berlin zu den Verdiensten des Generals Bülow kein Verhältnis hat. Wie kann man sich sonst den Streit um die Wiederaufstellung der Rauchschen Standbilder der Generäle Bülow und Scharnhorst vor der >Neuen Wache<, dem Ehrenmal >Unter den Linden<, erklären? |
Oder sollte die Künstlerin Käthe Kollwitz mit ihrer Pietà im Ehrenmal für die Befreiung unseres Vaterlandes bedeutenderes geleistet haben als die beiden Preußen? Oder haben die regierenden Herren in Bonn etwa kein Verhältnis zur Befreiung 1813, weil ihre Vorfahren seinerzeit auf dem falschen Fuß >Hurra< am Rhein rufen mußten?« (vgl. Frank Bauer, Großbeeren 1813. Die Verteidigung der preußischen Hauptstadt, 2. erweiterte Auflage, Potsdam 1998, S. 106).
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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 5/2001
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