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Für jedes fehlende Stück zwei Hiebe
Aus preußischen Verordnungen Reglement vom 30. September 1801, betr. die im Berlinischen Arbeitshause anzulegende Besserungs-Anstalt. Nachdem die Veranstaltung getroffen worden, daß im Berlinischen Arbeitshause, in Gemäßheit des Immediat-Befehls vom 28. Februar d. J., eine Besserungs-Anstalt eingerichtet wird, so wollen Seine Königliche Majestät von Preußen, Unser allergnädigster Herr, durch gegenwärtiges Reglement festsetzen, nach welchen Vorschriften hierin verfahren werden soll.
§ 1.
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§ 2.
Diejenigen Gerichte und Behörden, welche berechtigt sind, auf Einsperrung in diese Besserungs-Anstalt zu erkennen, oder die von den Festungen und Zuchthäusern Entlassenen bis zur nachgewiesenen Besserung dort aufbewahren zu lassen, müssen vor der Ablieferung bei dem Armen-Directorio die Anweisung zur Annahme bewirken. In schleunigen Fällen soll jedoch der Immediat-Criminal-Commission und dem Polizei-Directorio die Ablieferung in der Art verstattet seyn, daß die Bewirkung des Annahme-Befehls des Armen-Directorii nachgeholt wird. § 3.
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§ 4.
Wenn Eltern oder Vormündern gestattet worden, ungerathene Kinder oder Pflegbefohlne auf einige Zeit in eine Besserungs-Anstalt bringen zu lassen, so können sie sich deshalb an das Armen-Directorium wenden, um sich wegen des zu bezahlenden Zuschusses mit demselben zu einigen, da denn, dem Befinden nach, unter gehöriger Absonderung, und wenn es verlangt wird, mit Heimlichhaltung des Familien-Namens, die Theilnahme an dieser Anstalt gestattet werden soll. § 5.
§ 6.
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unverzüglich Nachricht gegeben, damit in Fällen, wo unentgeldliche Aufnahme in die Charitee nicht verlangt werden kann, wegen der Kosten die nöthige Veranstaltung getroffen werden könne. Ein gleiches ist in Ansehung der Schwangern zu beobachten, welche ihrer Entbindung nahe sind.
§ 7.
§ 8.
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§ 9.
B e k l e i d u n g. Um in der Bekleidung die drei Classen zu unterscheiden, wird für die 1ste die blaue, für die 2te die graue und für die 3te Classe die braune Farbe bestimmt. Es wird jedoch den zur 1sten Classe gehörigen die Beibehaltung ihrer eigenthümlichen Kleidung gestattet, nachdem solche nöthigen Falls vorschriftsmäßig gereinigt worden. Gleichmäßig wird ihnen erlaubt, die erhaltene Hauskleidung abzulegen, sobald sie aus ihrem Ueberverdienst sich andere Kleidung anschaffen können, oder solche von ihren Angehörigen erhalten, wogegen die 2te und 3te Classe die Hauskleidung tragen muß. § 10.
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§ 11.
Diejenigen, deren Kleidungsstücke schadhaft werden, müssen solche unverzüglich selbst ausbessern, wozu ihnen das Erforderliche gegeben wird, und es darf Niemand mit zerissenen Kleidern einhergehen. Ist eigene Ausbesserung nicht hinreichend, so wird solche durch diejenigen besorgt, welche zum Betrieb der im Hause vorfallenden Arbeiten dieser Art bestimmt sind. § 12.
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§ 13.
B e s c h ä f t i g u n g. Die gewöhnliche Arbeit bestehet in Wollespinnen, schrobbeln und streichen. Zur Erlernung wird jedem Ankömmling eine Frist von 4 Wochen bewilligt, binnen welcher Zeit man nur so viel fordert, als jeder abliefern kann. Nach Verlauf dieser 4 Wochen muß jeder in der 2ten und 3ten Classe wöchentlich 12 Stück spinnen, oder 30 Pfund schrobbeln oder eben so viel streichen. Den zur 1sten Classe gehörigen wird, wenn sie nicht auf andere Art beschäftigt werden, ein verhältnismäßig geringeres Tagewerk aufgegeben. Was jede Person mehr abliefert, wird als Ueberverdienst angesehen. Wegen des bei der Ablieferung fehlenden wird das im § 30. Vorgeschriebene beobachtet. Die jüdischen Glaubensgenossen sind am Sabbath und an den diesem gleich zu achtenden jüdischen Feiertagen mit der Arbeit zu verschonen, müssen aber das Versäumte an den Sonn- und christlichen Festtagen nachholen. § 14.
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§ 15.
Bei der Bestimmung, wer spinnen, schrobbeln oder streichen soll, wird dahin gesehen, die 1ste und nach ihr die 2te Classe am meisten zu begünstigen. § 16.
§ 17.
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Von 1 bis 7 Uhr wird gearbeitet. Um 7 Uhr muß jeder der Abendandacht beiwohnen, und dann ist bis gegen 9 Uhr Freistunde. Um 9 Uhr muß sich jeder zu Bette begeben. An den Sonn- und Festtagen wird erst um 7 Uhr Morgens das Zeichen zum Aufstehen gegeben, und außer der nicht zu erlassenden Beiwohnung des Gottesdienstes nur darauf gehalten, daß ein jeder sich auf eine zwar selbst zu wählende, aber nützliche Art beschäftige.
§ 18.
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Des Sonnabends Nachmittags müssen sich in den für jedes Geschlecht eingerichteten besondern Badezimmern diejenigen baden, welche vom Arzte dazu aufgezeichnet werden.
Die Hemden werden wöchentlich, Bettlaken und Züchen hingegen nach 8 Wochen gewechselt. Wer mit der Krätze oder einem andern ansteckenden Ausschlage behaftet wird, muß, sobald er solches anzeigt, abgesondert und in das dazu bestimmte Krankenzimmer gebracht werden. Wer diese Anzeige unterläßt, wird bei der Entdeckung ernstlich gezüchtiget. § 19.
§ 20.
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§ 21.
Jeder Versuch, sich eigenmächtig in Freiheit zu setzen, oder andere zu einer gemeinschaftlichen Entweichung zu verleiten, ist exemplarisch zu bestrafen. § 22.
§ 23.
§ 24.
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§ 25.
Auf gleiche Art sind unter des Predigers Anordnung die täglich vom Küster abwechselnd vorzulesenden Morgen- und Abendandachten so zu wählen, daß auch hierdurch gute Gesinnungen möglichst vorbereitet werden. § 26.
§ 27.
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§ 28.
B e s t r a f u n g e n. Als Strafmittel sind anzuwenden: 1) die Absonderung und Verweisung auf die in den Arbeits-, Speise- und Schlafsälen auszeichnend zu bestimmenden Strafplätze; 2) die Entziehung der Freistunden und verhältnismäßige Erhöhung der wöchentlich abzuliefernden Arbeit 3) die Heruntersetzung der gewöhnlichen Kost auf Wasser und Brod; 4) das Einsperren in die besonders angelegten Gefängnisse; 5) körperliche Züchtigungen mittelst einer bestimmten Zahl von Peitschenhieben; 6) die Verweisung aus der 1sten in die 2te, und aus der 2ten in die 3te Classe; 7) die Ablieferung der in der 3ten Classe befindlichen zum Zuchthause. § 29.
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§ 30.
Körperliche Züchtigung durch Peitschenhiebe wird bei der wöchentlichen Ablieferung der Arbeit von dem Inspector in der Art verfügt, daß, in so fern nicht Verhinderung durch Krankheit bescheinigt werden kann, für jedes fehlende Pfund oder Stück 2 Peitschenhiebe dictirt werden, womit zugleich die Anweisung zu verbinden, das Fehlende in der nächsten Woche nachzuliefern. Außerdem ist die Administration berechtigt, die Züchtigung bis auf 5 Peitschenhiebe zu verordnen. Soll aber bei groben Excessen, wenn andere Strafmittel vergeblich seyn würden, eine stärkere Züchtigung erfolgen, so muß der Vorfall dem Directorio zur Bestimmung der Zahl der Peitschenhiebe angezeigt werden. Die Vollstreckung der körperlichen Züchtigung geschiehet auf dem Hofe während der Freistunden, wobei der Inspector das Vergehen, weshalb die Bestrafung erfolgt, den Anwesenden bekannt macht, und eine schickliche Warnung hinzufügt. |
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§ 31.
Die im § 28. Nr. 6. erwähnte Versetzung aus der 1sten in die 2te, und aus dieser in die 3te Classe, kann nur vom Directorio verfügt werden. Gleiche Bewandtniß hat es, wenn nach Nr. 7. Ein incorrigibler Gefangener der 3ten Classe zum Zuchthause abgeliefert werden soll, welchen Falls das Armen-Directorium dem Gerichte, welches den Fortzuschaffenden zum Arbeitshause abgeliefert hat, von der Nothwendigkeit dieser Versetzung in der Art Nachricht giebt, daß zugleich gemeldet wird, ob solche auf bestimmte und welche Zeit, oder bis zur nachgewiesenen Besserung nöthig seyn würde. Das solchergestalt benachrichtigte Gericht muß sodann unweigerlich und unverzüglich die Annahme-Ordre auswirken und den Transport besorgen. § 32.
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5) für die in der 1sten Classe befindlichen die Erlaubniß des Ausgehens auf bestimmte Zeit, welches den zur 2ten und 3ten Classe gehörigen nicht zu gestatten ist;
6) das Heraufrücken aus der 3ten in die 2te, und aus dieser in die 1ste Classe; 7) die Bestellung zu Unter-Aufsehern; 8) die Entlassung. § 33.
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§ 34.
Auf den Grund dieser Conduiten-Liste und nöthigen Falls zu veranlassenden nähern Vernehmung verfügt das Directorium, dem Befinden nach, die Entlassung, überschickt aber jederzeit dem Polizei-Directorio das zugleich eine genaue Bezeichnung enthaltende Namens-Verzeichnis der Entlassenen, damit diese ein Jahr hindurch unter genauer Aufsicht gehalten, und sobald sie sich als Müßiggänger betreten lassen, oder die Art, wie sie sich ihren Unterhalt verdienen, auf Befragen nicht nachweisen können, unverzüglich wieder zum Arbeitshause abgeliefert werden können. § 35.
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Ueberhaupt ist allen, welche sich bei der Administration persönlich oder schriftlich melden, um sich zum Betrieb der Landwirthschaft oder sonst zum Behuf von Fabriken und andern Gewerben Arbeiter auszusuchen, die nöthige Auskunft vollständig und getreulich zu ertheilen, und möglichst dahin zu sehen, daß unter schicklichen Bedingungen zwischen denjenigen, welche Arbeiter suchen, und den zu entlassenden das nöthige Uebereinkommen getroffen werde.
Durch die genaueste Befolgung der in diesem Reglement enthaltenen Vorschriften wird die landesväterliche Absicht erreicht werden können, diejenigen, welche einer Besserung fähig sind, dem Müßiggange zu entziehen, vom Wege des Lasters abzuleiten und zu nützlichen Menschen umzubilden. Gegeben Berlin, am 30. September 1801. Friedrich Wilhelm.
Quelle:
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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 5/2001
www.berlinische-monatsschrift.de