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Helmut Caspar
Wo das Tabakskollegium tafelte

Schloss Königs Wusterhausen ist wieder Museum

Die Kulturregion Brandenburg-Berlin hat ein neues Schlossmuseum in Königs Wusterhausen. Das von Dach bis Keller für rund zehn Millionen Mark restaurierte Schloss des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. (1688-1740, König ab 1713), bis 1991 Sitz des Landkreises, wurde Anfang September 2000 im Rahmen eines Stadtfestes eröffnet. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg stellt in den historischen Räumen Zeugnisse der Hofkultur und des Jagdwesens im frühen 18. Jahrhundert aus und dokumentiert die wechselvolle Geschichte des Ortes, den der Herrscher im Jahr 1717 in Königs Wusterhausen umbenannte.
     Mit dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. bestieg 1713 ein Monarch den Thron, der sein Reich von Potsdam und in der herbstlichen Jagdsaison von Königs Wusterhausen aus regierte. In der kleinen Nebenresidenz südöstlich von Berlin, die er 1698 von seinem Vater, dem späteren König Friedrich I. (1657-1713, König ab 1701), als Geschenk bekommen

hatte, verwirklichte Friedrich Wilhelm I. seine Vorstellungen von sparsamer Haus- und Hofhaltung, bewacht von einer militärischen Eliteeinheit, den »Langen Kerls«, und zähnefletschenden Bären, die am Eingang des Schlosses angekettet waren.
     Da der Soldatenkönig als sparsamer Hausherr allem Prunk abhold war, verzichtete er in seinem Jagdschloss auch auf üppige Stuckaturen und Seidentapeten. Nur wenige Profile und Konsolen konnten bei den in den späten neunziger Jahren begonnenen Restaurierungsarbeiten freigelegt werden. Bezeichnend für den eher bürgerlichen Lebensstil des Monarchen ist, dass das Ruhegemach nicht der zentrale Punkt des Schlosses war wie in Versailles und anderen Barockresidenzen, sondern unauffälliger Abschluss einer bescheidenen Zimmerflucht.

Hofkünstler halfen bei »Hüftstücken«

Das Schloss hat in den letzten 300 Jahren neben einer kurzen Periode königlicher Zuwendung auch Zeiten des Verfalls und Verödung gesehen. Da die ursprüngliche Ausstattung verloren ist, half sich die Schlösserstiftung mit Adaptionen anhand alter Beschreibungen und Bilder. So hängen in einem Saal, in dem der Soldatenkönig im Beisein der Prinzen sein berühmtberüchtigtes Tabakskollegium mit adligen Saufkumpanen veranstaltete, Gemälde, die diese Szene illustrieren beziehungsweise Teilnehmer darstellen.

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Unter ihnen befindet sich der zum Hofnarren degradierte Berliner Akademiepräsident Jacob Paul von Gundling (1673-1731), der im Festsaal auch als Holzfigur karikiert wird. In diesem Raum kann sich der Besucher in die vom Soldatenkönig in dem 1736 erworbenen Schloss Kossenblatt bei Beeskow »unter Schmerzen« gemalten Porträts beziehungsweise Kopien nach berühmten Vorlagen vertiefen.
     Erstmals nach langer Zeit werden in Königs Wusterhausen 40 von ursprünglich 70 Pinseleien dieser Art gezeigt - römische Kaiser, mythologische Figuren, Bildnisse von Familienangehörigen. Bei einigen dieser »Hüftstücke« sollen die Hofmaler Weidemann (1668-1750) und Pesne (1683-1757) dem Herrscher hilfreich zur Hand gegangen sein, indem sie die Konturen zeichneten, die Friedrich Wilhelm I. nur noch kolorieren musste. Die Maltherapie soll dem Gichtkranken doch einige Erleichterung verschafft haben, ist in der Ausstellung zu erfahren. Im Schloss gibt es darüber hinaus eine Galerie von Porträts preußischer Offiziere aus der Zeit des Soldatenkönigs, die hier bis 1820 hingen und nach einigen Zwischenstationen in Berlin und Potsdam nun wieder an den originalen Schauplatz zurückgekehrt sind.
     Ergänzt werden die rund 160 im Schloss befindlichen Gemälde durch die recht kargfunktionalen Möbel und das nicht sehr königliche Tafelgeschirr, das dem Soldatenkönig und seiner Familie zur Verfügung stand.
Überliefert ist, dass der Herrscher seiner Gemahlin Sophie Dorothea etwas mehr Luxus gönnte. So sind in deren Räumen kostbare Möbel zu sehen, die aus dem ehemaligen Schloss Monbijou, der Berliner Residenz der Königin, stammen. Dass im 18. und 19. Jahrhundert von Königs Wusterhausen adelige Jagdgesellschaften ausschwärmten, zeigen die vielen Geweihtrophäen an den Wänden. Ebenso weist eine Waffensammlung auf die waidmännischen Vorlieben der Hohenzollern hin.

Nachfolger zeigten geringes Interesse

Nach dem Tod des Soldatenkönigs im Jahre 1740, zeigte dessen Sohn und Nachfolger Friedrich II. (1712-1786, König ab 1740) an dem Schloss Königs Wusterhausen kein Interesse, hatte er hier doch an den vom Vater als Tabakskollegium zelebrierten Saufgelagen teilnehmen müssen. Außerdem war in dem düsteren Jagdschloss das Todesurteil gegen den Freund und Mitflüchtling des jungen Friedrich, Hans Hermann von Katte (1704-1730), unterzeichnet worden. Für die Nebenresidenz begann eine Periode des Verfalls, die auch den ehemals prächtigen Barockgarten betraf. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts möbelten die Hohenzollern den noch aus der Renaissance stammenden Bau mit auffälligem Treppenturm und spitzen Dächern wieder auf und nutzten ihn für Jagdausflüge.

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Das Schloss Königs Wusterhausen war lange Zeit Sommersitz der hohenzollernschen Königsfamilie
Nach dem Ende der Monarchie 1918 richtete hier die Schlösserverwaltung ein Museum ein. Die Nutzung der ehemaligen Wasserburg nach 1945 als sowjetische Kommandantur, Finanzschule und bis 1990 Sitz des Rates des Kreises hat viel Schaden angerichtet. Als die Preußische Schlösserstiftung 1998 Schloss und Park übernahm, musste die Frage entschieden werden, welcher Zustand rekonstruiert werden soll - der des frühen 18. oder der des späten 19. Jahrhunderts, als hier kaiserliches Halali geblasen wurde.
     Da sich bei Rückbau- und Freilegungsarbeiten sowie bauarchäologischen Untersuchungen erfreulich viele Zeugnisse aus dem Barock fanden und die historische Raumausstattung unter Wilhelm I. aus der Zeit nach 1863 weitgehend verloren ist, entschied sich die Stiftung für die barocke Fassung.
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Wassergraben nur noch angedeutet

Dass das Schloss Königs Wusterhausen auch einen barocken Garten mit reich ornamentierten Broderien und üppigem Skulpturenschmuck besessen hat, ist nur aus spärlichen Bildquellen zu ersehen. Auch dass der düstere Bau mit charakteristischem Treppenturm von einem Graben mit zwei Brücken geschützt war, ist schon lange Geschichte. Schon im frühen 19. Jahrhundert war der mit Faulschlamm gefüllte Graben zugeschüttet worden.
     Der Barockgarten, ein Werk des Kunstgärtners Simon Godeau, eines Schülers des Gartenarchitekten von Versailles André Le Nôtre (1613-1700), war zu diesem Zeitpunkt zum Teil schon an Privatleute verkauft und als königliches Refugium nicht mehr zu erkennen.
     Zu Beginn der Arbeiten im Schlossgarten wurden meterdicke Schuttschichten abgetragen, Baracken abgerissen und Mauern beseitigt. Todkranke Linden sind durch neue Bäume ersetzt worden, Wege geebnet und Rasen gesät. Da das Aussehen des von einer Lindenallee flankierten Parterres nördlich vom Schloss nicht bekannt ist, lässt man hier nur Gras wachsen. Ein Brunnen, den es an dieser Stelle gegeben haben mag, wird nicht rekonstruiert, weil Grabungen keine Hinweise auf den Standort ergaben. Jedoch soll am Ende einer repräsentativen Sichtachse ein im Besitz der Schlösserstiftung befindliches Denkmal König Friedrichs I. wieder aufgestellt werden.

     Eine der wichtigsten Neuerungen ist die Rekonstruktion des ehemals drei Meter tiefen Schlossgrabens. Hier wurden Reste der lange verschütteten Spundwände gefunden, sodass der genaue Verlauf festgestellt werden konnte. Da es keine Verbindung zu einem nahe gelegenen Flüsschen gibt, hat die Stiftung auf eine Bewässerung verzichtet. Der Graben wird nur durch eine flache, mit Rasen bewachsene Mulde angedeutet. Dessen ungeachtet ist der Effekt verblüffend. Das Schloss steht nach Absenkung des Bodenniveaus da, als ob es auf einem Denkmalsockel thronte, bedrohlich und einladend zugleich.
     Das Schloss Königs Wusterhausen ist von April bis Oktober Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr, von November bis März von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Es erscheint ein kleiner amtlicher Führer und eine Sonderausgabe der Zeitschrift der Schlösserstiftung »Porticus«.
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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 4/2001
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