200   Berlin-Kalender 1945-1949  Voriges BlattNächstes Blatt
KALENDER
1945-1949

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2. Mai
Um 6.30 Uhr begibt sich der Berliner Kampfkommandant, General Weidling, in den Gefechtsstand von Generaloberst Tschuikow in Berlin- Tempelhof, Schulenburgring 2, und bietet die Kapitulation seiner Truppen an. Gegen 15 Uhr sind die Kämpfe beendet. 134 000 deutsche Soldaten und Offiziere gehen in die Gefangenschaft.
     Die am 30. April aus Moskau gekommene »Gruppe Ulbricht«, eine im Auftrag des sowjetischen Frontkommandos handelnde Kadergruppe der KPD- Führung, beginnt mit der Einsetzung von Verwaltungsorganen und mit der Vorbereitung des politischen Lebens in Berlins.
8. Mai
In der Nacht zum 9. Mai unterzeichnet Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel als Vertreter der deutschen Wehrmacht im Kasino der Heerespionierschule I in Karlshorst (Postanschrift: Zwieseler Straße 2), die Urkunde der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands gegenüber den Alliierten.
13. Mai
Im Sendehaus Tegel nimmt der Berliner Rundfunk den Betrieb auf. Die ersten Omnibusse verkehren in Zehlendorf.

14. Mai
Die ersten U-Bahnen fahren in Neukölln zwischen Hermannplatz und Leinestraße.
15. Mai
Als erste Tageszeitung erscheint die vom sowjetischen Frontkommando herausgegebene »Tägliche Rundschau«. Sie verkündet eine nach vier Kategorien gestaffelte Lebensmittelversorgung der Berliner.
17. Mai
Die Bildung eines Magistrats der Stadt Berlin unter Oberbürgermeister Dr. Arthur Werner (parteilos) wird bekannt gegeben.
18. Mai
Im Sendesaal des Funkhauses in der Masurenallee findet das erste öffentliche Konzert des Orchesters des Deutschen Opernhauses nach dem Kriege statt.
19. Mai
Der Stadtkommandant von Berlin, Generaloberst Nikolai E. Bersarin,
führt den neuen Magistrat feierlich in sein Amt ein. Zentraler Verwaltungssitz wird das Gebäude der Städtischen Feuersozietät in der Parochialstraße 1-3 (»Neues Stadthaus«).
20. Mai
Im Stadion Lichtenberg findet das erste Fußballspiel seit Kriegsende statt.
21. Mai
Die erste Nummer der »Berliner Zeitung erscheint.
27. Mai
Als erstes Theater nach dem Kriege öffnet das Renaissance- Theater mit dem Schwank »Der Raub der Sabinerinnen«.
1. Juni
Aufgrund eines Befehl des Stadtkommandanten nehmen das Stadtgericht und die Amtsgerichte ihre Tätigkeit auf. In der grünen Dienstuniform von vor 1933 tritt die neue Polizei in Erscheinung.
     Das Kabarett der Komiker wird im Leon- Saal am Lehniner Platz wieder eröffnet.

Dokumentierte Eintracht der vier Alliierten
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   201   Berlin-Kalender 1945-1949  Voriges BlattNächstes Blatt
3. Juni
Zu Ehren der Opfer des Faschismus findet im Großen Sendesaal des Funkhauses in der Masurenallee eine feierliche Kundgebung statt.
5. Juni
In Wendenschloß (Köpenick) verkünden die Oberbefehlshaber der Vier Mächte die Übernahme der Obersten Regierungsgewalt in Deutschland und die Einteilung Deutschlands in Besatzungszonen auf der Grundlage der Londoner Protokolle von 1944. Danach soll Berlin von Truppen jeder der vier Mächte besetzt und gemeinsam verwaltet werden.
9. Juni
Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) wird mit Sitz Berlin- Karlshorst gebildet. Oberster Chef der SMAD ist Marschall Georgij K. Shukow.
10. Juni
Der Befehl Nr. 2 der SMAD gestattet auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone die Bildung und Tätigkeit antifaschistisch- demokratischer Parteien und Organisationen sowie freier Gewerkschaften.
11. Juni
Als erste Partei erläßt die KPD einen Aufruf zur Schaffung einer »antifaschistisch- demokratischen Ordnung«.
15. Juni
Ein Zentralausschuß (ZA) der SPD konstituiert sich in Berlin und tritt am 15. Juni mit einem Aufruf, der das KPD- Manifest begrüßt, an die Öffentlichkeit.

Ab 3. August: »Bären«- Briefmarken des Magistrats
 
     In Berlin erscheint ein Aufruf zur Bildung neuer freier Gewerkschaften. Er wird zum Ausgangspunkt für die Bildung des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB).
16. Juni
Stadtkommandant Generaloberst N. E. Bersarin verunglückt mit seinem Motorrad an der Kreuzung Alt- Friedrichsfelde/ Schloßstraße tödlich.
18. Juni
Auf einer Teilstrecke des Südringes verkehren erstmals wieder Züge der S-Bahn.
19. Juni
Das ZK der KPD und der ZA der SPD vereinbaren eine enge Zusammenarbeit (Aktionseinheit).
25. Juni
Die Gründung eines »Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands« unter Leitung des Dichters Johannes R. Becher wird bekannt gegeben.
26. Juni
Die Christlich- Demokratische Union Deutschlands (CDU) tritt mit einem Gründungsaufruf hervor.
30. Juni
Die Deutsche Staatsoper, deren Haus Unter den Linden zerstört ist, wird im Deutschen Theater feierlich wiedereröffnet. Ihre künftige Heimstatt wird der Admiralspalast am Bahnhof Friedrichstraße sein.
1. Juli
Aufgrund einer Vereinbarung vom Vortag treffen die ersten Kontingente der US- Truppen in Berlin ein. Es folgen in den nächsten Tagen britische und im August französische Verbände.
     Der vom Krieg schwer in Mitleidenschaft gezogene Zoologische Gartens wird wiedereröffnet. Zu den verbliebenen rund 100 Tieren zählen ein Elefant, ein Schimpanse, ein Flußpferd, ein Braunbär und ein Damhirsch.
     Auf der Rennbahn Karlshorst wird das erste Berliner Nachkriegs- Traberrennen durchgeführt.
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   202   Berlin-Kalender 1945-1949  Voriges BlattNächstes Blatt
4. Juli
Amerikanische und britische Militärkommandanten übernehmen die Kontrolle der von ihnen besetzten Sektoren von Berlin, aus denen sich die sowjetischen Truppen zurückgezogen haben.
5. Juli
Die Liberal- Demokratische Partei Deutschlands (LDPD) tritt mit einem Gründungsaufruf hervor.
11. Juli
Die Interalliierte Militärkommandantur (künftig: Alliierte Kommandantur) der Stadt Berlin, die nach alliierten Abkommen die gemeinsame Kontrolle der Verwaltung von Groß- Berlin ausübt, tritt erstmalig zusammen.
14. Juli
Die Führungen von KPD, SPD, CDU und LDPD vereinbaren in Berlin eine Einheitsfront (Block). Daraufhin kommt es auch in den Berliner Verwaltungsbezirken zur Bildung von Blockausschüssen.

 

Das Brandenburger Tor im August 1945

3. August
Der Magistrat gibt die ersten Nachkriegs- Briefmarken mit dem Motiv des Berliner Bären heraus. Sie gelten ab 28. Oktober auch in der Provinz Brandenburg.
12. August
Frankreich übernimmt den ihm während der Potsdamer Konferenz zugewiesenen Besatzungssektor.
9. September
Im Stadion Neukölln findet eine zentrale Kundgebung für die Opfer des Faschismus statt.
27. September
Der von der US- Militärregierung lizenzierte »Tagesspiegel« erscheint zum ersten Mal.
15. Oktober
In ganz Berlin beginnt der reguläre Schulunterricht nach dem Kriege mit neuen Lehrbüchern und ohne NS- belastete Lehrer. Für alle Schulkinder im Alter von 9 bis 17 Jahren beginnt die Schulspeisung, die tägliche Ausgabe einer warmen Mahlzeit.
11. November
Das Denkmal der Sowjetarmee an der Charlottenburger Chaussee (Straße des 17. Juni/ Tiergarten) wird unter Teilnahme von westalliierten Truppen eingeweiht.
12. November
Als erste Berliner Abendzeitung seit Kriegsende erscheint mit französischer Lizenz »Der Kurier«.
15. November
Mit der Inbetriebnahme des Streckenabschnitts von Alexanderplatz bis Schlesischer Bahnhof (Ostbahnhof) ist die Stadtbahn wieder befahrbar.
19. November
Aus Anlass seines halbjährigen Bestehens legt der Magistrat in der Deutschen Staatsoper (Admiralspalast) Rechenschaft über seine bisherige Tätigkeit ab.
7. Dezember
Im sowjetischen Sektor erscheint der »Nacht- Express«. Damit werden in Berlin wieder 12 Tageszeitungen mit einer Gesamtauflage von knapp 2 Millionen Exemplaren herausgegeben.
9. Dezember
Im Lustgarten wird der erste Weihnachtsmarkt nach dem Kriege eröffnet.
20. Dezember
Je 30 Vertreter der SPD und der KPD (Sechzigerkonferenz) beraten in Berlin über die Vereinigung beider Parteien.

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29. Januar
Die frühere Friedrich- Wilhelms- Universität wird als »Universität Berlin« mit einem Festakt in der Deutschen Staatsoper (Admiralspalast) wieder eröffnet.
26. Februar
Die US- Militärregierung eröffnet in der Kleiststraße (Schöneberg) eine öffentliche Bibliothek. Sie ist Vorläufer des Amerika- Hauses, ab 1949 am Nollendorfplatz und seit 1957 in der Hardenbergstraße.

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   203   Berlin-Kalender 1945-1949  Voriges BlattNächstes Blatt
22. März
Im britischen Sektor erscheint die Tageszeitung »Telegraf«.
31. März
In einer Urabstimmung der Berliner SPD lehnt eine Mehrheit eine sofortige Vereinigung mit der KPD ab. Die Abstimmung hatte die sowjetische Besatzungsmacht in ihrem Sektor verhindert.
1. April
Die amerikanische Militärregierung verlegt ihren Hauptsitz von Frankfurt am Main nach Berlin- Dahlem.
7. April
Die Berliner SPD- Mitglieder, die gegen eine Vereinigung mit der KPD sind, treten in der Zinnowwald- Schule (Zehlendorf) zu einem eigenen Parteitag zusammen.
9. April
Die Technische Hochschule in Charlottenburg wird als Technische Universität wiedereröffnet.
14. April
Im Friedrichstadtpalast findet der Vereinigungsparteitag der Berliner KPD und SPD statt. Von den 66 000 Mitgliedern der SPD- Bezirksorganisation schließen sich nur rund 29 000 der Einheitspartei an.
21./22. April
In der Deutschen Staatsoper (Admiralspalast) findet der Vereinigungsparteitag von KPD und SPD in der SBZ zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) statt.
1. Mai
Im Lustgarten findet die erste Mai- Kundgebung seit 1932 statt.
17. Mai
Die Deutsche Film AG (DEFA) erhält von der SMAD die Drehlizenz. Am 15. Oktober wird der erste DEFA- Film »Die Mörder sind unter uns« (Regisseur Wolfgang Staudte, Wilhelm Borchert und Hildegard Knef in den Hauptrollen) uraufgeführt.
4. Juli
Die Deutsche Akademie der Wissenschaften (vormals Preußische Akademie der Wissenschaft) gedenkt auf ihrer ersten wissenschaftlichen Sitzung des 300. Geburtstages ihres Gründers Gottfried Wilhelm v. Leibniz. Sie wird am 1. August feierlich eröffnet.
12. Juli
Das im Krieg stark zerstörte Märkische Museum am Märkischen Ufer (Mitte) wird wiedereröffnet.
1. August
Die Berliner Stadtbibliothek im Marstall- Gebäude in der Breiten Straße (Mitte) wird wiedereröffnet.
13. August
Die Alliierte Kommandantur übermittelt dem Oberbürgermeister das Statut der vorläufigen Verfassung von Groß- Berlin, die am 20. Oktober in Kraft tritt.
14. August
Die ersten CARE- Lebensmittelpakete aus den USA werden an bedürftige Berliner ausgegeben.

Holzbeschaffung im Tiergarten

5. September
Der von der US- Militärregierung eingerichtete »Rundfunk im amerikanischen Sektor (RIAS)« nimmt seine Sendungen auf.
20. Oktober
Bei den ersten freien Wahlen seit 1933 zur Stadtverordneten- Versammlung und zu den 20 Bezirksverordneten- Versammlungen erhalten die SPD 48,7 %, die CDU 22,2 %, die SED 19,8 % und die LDP 9,3 % der gültigen Stimmen. Von den 130 Sitzen in der Stadtverordneten- Versammlung erhalten die SPD 63, die CDU 29, die SED 26 und die LDP 12 Sitze.
5. Dezember
Dr. Otto Ostrowski (SPD) wird von der Stadtverordneten- Versammlung zum Oberbürgermeister gewählt.

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   204   Berlin-Kalender 1945-1949  Voriges BlattNächstes Blatt
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Januar
Die im Dezember 1946 hereingebrochene Kältewelle erreicht ihren Höhepunkt und dauert bis Ende Februar an. Kohleknappheit führt zur Stillegung vieler Betriebe, zur Einschränkung des Haushaltsstroms und zu einer allgemeinen Notlage. Mehr als 130 Menschen erfrieren.
13. Februar
Die Stadtverordneten- Versammlung nimmt mit den Stimmen der SPD, der SED und der CDU, gegen die Stimmen der LDP ein Gesetz zur Überführung von Konzernen und sonstigen wirtschaftlichen Unternehmungen in Gemeineigentum (Konzern- Enteignungsgesetz) an.
25. Februar
Der Alliierte Kontrollrat beschließt durch Gesetz Nr. 46 die Auflösung des Staates Preußen. Damit erlischt die Funktion Berlins als Hauptstadt Preußens.
28. Februar
Die SMAD eröffnet das »Haus der Kultur der Sowjetunion« am Festungsgraben (Mitte).
1. März
Der Jüdischen Gemeinde gehören zur Zeit etwa 7000 Personen an, von denen 1400 aus dem KZ zurückkehrten und 1600 illegal bis Kriegsende in Berlin lebten.


Camilla Mayers Hochseilartisten vor dem ausgebrannten Schloss

 
17. April
Oberbürgermeister Dr. Otto Ostrowski (SPD) wird von seiner Partei zum Rücktritt gezwungen, weil er eigenmächtig Verhandlungen mit der SED führte.
27. April
Mit der Aufnahme des U-Bahn- Verkehrs auf der Strecke Hallesches Tor - Gleisdreieck ist das gesamte Berliner U-Bahn- Netz wieder in Betrieb.
1. Mai
Im sowjetischen Sektor findet die Maikundgebung erstmals in Form eines Vorbeimarsches der Teilnehmer an führenden Persönlichkeiten der SED und des FDGB im Lustgarten statt.

10. Mai
Zum Gedenken an die Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933 auf dem Opernplatz (Bebelplatz) findet vor der Universität eine Kundgebung zum »Tag des freien Buches« statt.
14. Mai
Der 1865 gegründete Verein für die Geschichte Berlins nimmt seine Tätigkeit wieder auf.
24. Juni
Die Stadtverordneten- Versammlung wählt gegen die Stimmen der SED Ernst Reuter (SPD) zum Oberbürgermeister. Da die Sowjetunion in der Alliierten Kommandantur ihr Veto gegen die Wahl einlegt, wird Louise Schroeder (SPD) amtierender Oberbürgermeister.
26. August
Das Konzern- Enteignungsgesetz wird in der Alliierten Kommandantur durch Veto der drei Westmächte an die Stadtverordneten- Versammlung zurückverwiesen.
7. Oktober
Die »Freie Deutsche Jugend« (FDJ) und »Die Falken« werden von der Alliierten Kommandantur in ganz Berlin zugelassen.
8. Oktober
Der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung wird im US- Sektor verboten, weil er eine politische Organisation sei. Am 8. November folgt die britische Militärregierung mit einem Verbot.
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   205   Berlin-Kalender 1945-1949  Voriges BlattNächstes Blatt
23. Oktober
In Pankow führt ein sowjetisches Militärgericht gemäß Kontrollratsgesetz Nr. 10 einen öffentlichen Prozess gegen ehemalige SS- Wachmannschaften des KZ Sachsenhausen. Der Prozess endet am 31. Oktober mit der Verurteilung von 14 Angeklagten zu lebenslänglicher Zwangsarbeit.
31. Oktober
Die französische Militärregierung eröffnet am Kurfürstendamm das »Maison de France« als »Centre Culturel Français«.
13. November
Die Stadtverordneten- Versammlung nimmt mehrheitlich das Schulgesetz für Groß- Berlin ab, das eine achtklassige Einheitsschule vorsieht und Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach sowie Privatschulen ablehnt.
16. November
Mit Inbetriebnahme der Teilstrecke Friedrichstraße - Stettiner Bahnhof (Nordbahnhof) ist die Nord-Süd- S-Bahn wieder durchgehend befahrbar.
31. Dezember
Die Alliierte Kommandantur ordnet an, daß die Höchstgeschwindigkeiten für Pkw und Motorräder auf offenen Landstraßen 80 km/h und in der Stadt 40 km/h betragen.

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21. Januar
Der Magistrat verabschiedet eine Verordnung über Wappen und Flagge von Groß- Berlin.

10. Februar
Innerhalb des FDGB Groß- Berlin konstituiert sich eine Arbeitsgemeinschaft der Unabhängigen Gewerkschaftsopposition (UGO), die den kommunistischen Vorstand ausschalten will.
17./18. März
In der Deutschen Staatsoper (Admiralspalast) tagt der II. Deutsche Volkskongreß für Einheit und gerechten Frieden. Er beschließt die Durchführung eines Volksbegehrens für einen Volksentscheid über die Einheit Deutschlands und wählt den aus 400 Mitgliedern bestehenden Deutschen Volksrat.
18. März
Anläßlich des 100. Jahrestages der Revolution von 1848 finden auf dem Friedhof der Märzgefallenen im Friedrichshain und vor dem Reichstag im britischen Sektor getrennte Kundgebungen statt.
20. März
Aus Protest gegen die westalliierte Absicht, die Westzonen zu einem Weststaat zusammenzuschließen, verlässt der sowjetische Vertreter die Sitzung des Alliierten Kontrollrates in Berlin. Die Westmächte bewerten diese Reaktion als Ende des Kontrollrates.
1. April
Die SMAD ordnet Einschränkungen im Tansitverkehr zwischen Westdeutschland und den Berliner Westsektoren an. Die USA reagieren mit einer Kleinen Luftbrücke (Baby airlift) nach Westberlin.
9. April
Die britische Militärregierung eröffnet das »British Center« am Lehniner Platz (Wilmersdorf).
22. April
Gegen die Stimmen der SED verabschiedet die Stadtverordneten- Versammlung die neue Verfassung von Groß- Berlin.


Szenenfoto aus dem Film »Berliner Ballade«, Hauptdarsteller Gert Fröbe vor dem neuen sowjetischen Ehrenmal in Tiergarten
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   206   Berlin-Kalender 1945-1949  Voriges BlattNächstes Blatt
1. Mai
Zum erstenmal nach dem Kriege finden getrennte Mai- Kundgebungen statt. Während der FDGB seine Feier im Lustgarten durchführt, veranstaltet die UGO eine Kundgebung vorm Reichstag.
11. Mai
Gegen die Stimmen der SED beschließt die Stadtverordneten- Versammlung die Einrichtung einer »freien Universität« in den Westsektoren. Der Senat der Berliner Universität protestiert gegen diesen Beschluss.
14. Mai
Der französische Stadtkommandant verbietet die Durchführung des Volksbegehrens über die Einheit Deutschlands. Der amerikanische und der britische Kommandant schließen sich dem an.


Warnplakat der US-Army gegen Geschlechtskrankheiten

20. Mai
Ernst Reuter und Gustav Klingelhöfer (SPD) fordern im Bizonen- Wirtschaftsrat die Einbeziehung von ganz Berlin in die für die nächsten Wochen geplante westdeutsche Währungsreform.
10. Juni
Der Magistrat verbietet die körperliche Züchtigung in den Schulen und Erziehungsstätten.
13. Juni
Die britische Militärregierung gibt den Funkturm wieder für deutsche Besucher frei.
16. Juni
Der US- Stadtkommandant Oberst Frank L. Howley verlässt demonstrativ die 93.Sitzung der Alliierten Kommandantur der Stadt Berlin. Die Sowjetunion erklärt daraufhin das Ende dieses Viermächteorgans.
18. Juni
Zur Abwehr der an diesem Tage verkündeten Währungsreform in den Westzonen ordnet die SMAD die Sperrung aller Arten des Güter- und Kraftfahrzeugverkehrs aus den Westzonen einschließlich des Verkehrs auf der Autobahn Berlin- Helmstedt an.
     Die US- Militärregierung erkennt die UGO als rechtmäßige Leitung der Gewerkschaften in ihrem Sektor an. Die britische Militärregierung folgt am 9. Juli und die französische Militärregierung am 18. Februar 1949. Damit ist der FDGB in den Westsektoren verboten.
23. Juni
Die SMAD erläßt Befehl Nr. 111 über die Durchführung einer Währungsreform in der SBZ einschließlich Groß- Berlin. Die Stadtverordneten- Versammlung verweigert mehrheitlich die Durchführung dieses Befehls in den Westsektoren.
24. Juni
In Zurückweisung des SMAD- Befehls ordnen die Westmächte die schon am 19. Juni auf dem Luftweg hereingebrachte »B«-Mark als gesetzliches Zahlungsmittel in den drei Westsektoren an. Gleichzeitig wird die neue DM (Ost) als Zahlungsmittel für das »alltägliche Leben« erlaubt (»Doppelwährung«). Damit ist die Währungsspaltung Berlins vollzogen. Die SMAD unterbricht den Eisenbahnverkehr von und nach West-Berlin total und weitete diese Sperrung in der Folge auf den Schiffsverkehr aus (Blockade).
25. Juni
Die US- Militärregierung beginnt mit der regelmäßigen Luftversorgung ihres Sektors (Luftbrücke - »Operation Vittles«). Die Briten folgen am 5. Juli. Zwei Drittel der Transportleistungen machen Kohle aus. An erster Stelle steht die Versorgung der alliierten Militärgarnisonen; für die Westberliner Bevölkerung werden ebenfalls Kohle und Lebensmittel eingeflogen.
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   207   Berlin-Kalender 1945-1949  Voriges BlattNächstes Blatt
20. Juli
Die Sowjetunion bietet West- Berlin die Versorgung mit Lebensmitteln im Ostsektor an. Davon machen rund 100 000 Westberliner Gebrauch.
25. Juli
Ein Luftbrücke- Flugzeug stürzt beim Anflug auf den Flughafen Tempelhof in ein Wohnhaus in der Handjerystraße in Friedenau.
26. Juli
Bürgermeister Dr. Ferdinand Friedensburg (CDU) entläßt den Polizeipräsidenten Oberst Paul Markgraf (SED) und ernennt Dr. Johannes Stumm (SPD) zum Nachfolger. Da der sowjetische Stadtkommandant diese Maßnahme nicht anerkennt, ist die Berliner Polizei gespalten.
2. August
In West- Berlin eröffnet die erste Wechselstube. Sie verkauft 1 DM (West) für 2,20 DM (Ost).

 

Der Luftbrücken- Zusatz- Poststempel

30. August
Die Vier Mächte verabschieden in Moskau eine Währungsdirektive: Einführung der Währung der SBZ unter Vierer- Kontrolle in ganz Berlin bei gleichzeitiger Aufhebung aller Verkehrssperren. Über die praktische Durchführung sollen sich die vier Oberbefehlshaber in Berlin verständigen.
1. September
In Bonn konstituiert sich ein Parlamentarischer Rat zur Ausarbeitung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Die Berliner Delegation verfügt über kein Mandat der Stadtverordneten- Versammlung, wo die SED eine Beteiligung hätte verhindern können.
6. September
Von der SED organisierte Demonstrationen vor dem Neuen Stadthaus nimmt der Stadtverordnetenvorsteher Dr. Otto Suhr (SPD) zum Anlass, die Sitzung des Stadtparlaments ins Studentenhaus am Steinplatz (britischer Sektor) zu verlegen. Hier finden sich am Abend die Fraktionen von SPD, CDU und LDP ein. Sie wählen die Berliner Delegation für den Parlamentarischen Rat und beschließen Neuwahlen für den 5. Dezember 1948. Der Auszug aus dem Neuen Stadthaus legt die Verwaltungsspaltung Berlins offen.

Der Pharus- Stadtplan

 
7. September
Die vier Oberbefehlshaber teilen das Scheitern der Verhandlungen über die Durchführung der Moskauer Währungsdirektive mit. Der Berliner Währungskonflikt, der die Blockade der Westsektoren auslöste, findet somit keine Regelung.
9. September
Vor dem Reichstag findet eine Kundgebung statt, die zum antikommunistischen Kampf und zum Anschluss Groß- Berlins an den kommenden Weststaat aufruft. Ernst Reuter appelliert: »Ihr Völker der Welt ... Schaut auf diese Stadt!«
13. Oktober
Der Magistrat verlegt seinen Amtssitz in das Landesgesundheitsamt, Invalidenstraße (britischer Sektor). Die zwei SED- Stadträte verbleiben im Neuen Stadthaus.

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   208   Berlin-Kalender 1945-1949  Voriges BlattNächstes Blatt
22. Oktober
Bertolt Brecht und Helene Weigel kehren nach fünfzehnjähriger Emigration nach Berlin zurück.
5. November
Nach einer Bauzeit von nur 85 Tagen wird die erste Landebahn auf dem neuen Flughafen Tegel in Betrieb genommen. Neben Tempelhof und Gatow verfügt die Luftbrücke nunmehr über einen dritten Flughafen in Berlin.
15. November
In der Frankfurter Allee (Friedrichshain) eröffnet der erste »Freie Laden« der volkseigenen Handelsorganisation (HO, wo Waren ohne Lebensmittelkarte und Bezugsschein zu allerdings sehr hohen Preisen verkauft werden).
30. November
Eine von der SED einberufene außerordentliche Stadtverordneten- Versammlung in der Deutschen Staatsoper (Admiralspalast) erklärt den Magistrat für abgesetzt und wählt einen »provisorischen demokratischen Magistrat« unter Oberbürgermeister Friedrich Ebert (SED). Die Westmächte erkennen diesen Akt nicht an, so daß der Ebert- Magistrat nur im sowjetischen Sektor amtiert.
5. Dezember
In den Westsektoren finden Wahlen zur Stadtverordneten- Versammlung statt. Die SED hatte zum Boykott der Wahlen aufgerufen. Die SPD erhält 64,5 %, die CDU 19,4 % und die LDP 16,1% der gültigen Stimmen. Die drei Parteien bilden am 7. Dezember einen Koalitionsmagistrat unter Oberbürgermeister Ernst Reuter (SPD). Von nun an existieren zwei voneinander getrennte Stadtverwaltungen in Berlin.
21. Dezember
Die Stadtkommandanten der drei Westmächte bilden eine Alliierte Kommandantur mit neuen Geschäftsgrundlagen.

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1. Februar
Die Alliierte Kommandantur genehmigt die Umbenennung der Westberliner LDP in »Freie Demokratische Partei (FDP)«.
8. Februar
Der Ostberliner Magistrat beschließt die Durchführung des Konzern- Enteignungsgesetzes von 1947 einschließlich der Enteignung des Besitzes von Kriegsverbrechern und Naziaktivisten zu Gunsten eines »volkseigenen Sektors«.

     Die 1946 wieder eröffnete Berliner Universität erhält den Namen »Humboldt- Universität zu Berlin« zum Gedenken an die Gebrüder Wilhelm und Alexander von Humboldt, die wesentlich zur Gründung der Universität bzw. zur Entwicklung der Wissenschaften in Berlin beitrugen.
17. März
Im Tiergarten, der nach dem Kriege fast völlig abgeholzt worden war, pflanzt Oberbürgermeister Ernst Reuter die erste junge Linde.
20. März
Die drei westlichen Stadtkommandanten erlassen eine Dritte Verordnung zur Neuordnung des Geldswesens, wonach anstelle der bisherigen »Doppelwährung« die DM (West) einziges Zahlungsmittel in Westberlin wird.
8. Mai
Der sowjetische Stadtkommandant, Generalmajor Alexander G. Kotikow, weiht im Treptower Park ein Ehrenmal für die im Frühjahr 1945 im Kampf um Berlin gefallenen Sowjetsoldaten ein.
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   209   Berlin-Kalender 1945-1949  Voriges BlattArtikelanfang
12. Mai
Gemäß dem New Yorker Abkommen vom 4. Mai werden ab 0.01 Uhr die seit dem 1. März 1948 wechselseitig verhängten Verkehrsbeschränkungen aufgehoben. Nach 322 Tagen endet die sowjetische Blockade gegenüber Westberlin.
14. Mai
Die drei westlichen Stadtkommandanten verkünden das »Kleine Besatzungsstatut«, das den besatzungsrechtlichen entmilitarisierten Status West- Berlins bestimmt.
21. Mai - 28. Juni
Die UGO organisiert einen Streik der Westberliner Eisenbahner, die eine Entlohnung in DM (West) fordern. Es kommt anfangs zu bürgerkriegsähnlichen Zwischenfällen auf dem Gelände der S- und Reichsbahn in West- Berlin. Politisches Ziel des Streiks ist die Eliminierung des FGDB als Tarifpartner und die Übernahme der Reichsbahn in West- Berlin. Schließlich verfügen die Westmächte den Abbruch des Streiks.
23. Mai
In Bonn wird das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland verkündet. Alle Bestimmungen über den Status von »Groß- Berlin« als Bundesland werden von den drei Westmächten unter Hinweis auf die internationale Lage suspendiert. Jedoch wird die Möglichkeit eingeräumt, Vertreter mit beratender Stimme in den Bundestag und Bundesrat zu entsenden.
23. Mai - 20. Juni
Die VI. Tagung des Rates der Außenminister der Vier Mächte kann sich über eine Regelung der deutschen Frage nicht einigen. Doch werden die vier Stadtkommandanten in Berlin aufgefordert, Gespräche über die Normalisierung des Lebens in der geteilten Stadt zu führen. Sie werden am 28. September 1949 ergebnislos eingestellt.
3. Juni
Die Volkspolizei macht die Gladow- Bande, die seit einem Jahr durch Raubüberfälle mit tödlichem Ausgang die Bevölkerung in beiden Teilen der Stadt terrorisiert, dingfest. Der 18- jährige Bandenchef Werner Gladow wird in seiner Wohnung in Friedrichshain nach einem Schusswechsel festgenommen.
1. August
Die Verwaltungstrennung zwischen der BVG (Ost) und der BVG (West) ist definitiv vollzogen.
12. August
Die USA- Regierung teilt mit, daß West- Berlin in die Marshallplanhilfe (European Recovery Program - ERP) einbezogen wird.

Plakat der ersten »Grünen Woche« nach Kriegsende

 
28. August
Zur 200. Wiederkehr des Geburtstages von Johann Wolfgang von Goethe finden getrennte Feiern in Ost- und Westberlin statt.
1. September
Die am 5. Dezember 1948 gewählte Stadtverordneten- Versammlung wählt die Vertreter Berlins zur Konstituierung des Deutschen Bundestages und des Bundesrates in Bonn.
17. September
Die erste »Grüne Woche« nach dem Kriege wird in den Messehallen am Funkturm (Charlottenburg) eröffnet.
30. September
Die am 25. Juni 1948 eingerichtete amerikanisch- britische Luftbrücke nach West- Berlin wird offiziell beendet.

Bildquellen: Repros LBV

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 12/2000
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