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Horst Helas
Der Invalidenfriedhof in Berlin

Die Toten der Zivilgemeinde des Jahres 1846

Historiker leben von Jubiläen. Diese sind sogar langfristig berechenbar, was die Arbeitsplanung erleichtert. Dies gilt auch für Höhepunkte in der Geschichte Preußens.
     Friedrich II. (1712 -1786, König ab 1740) erließ am 19. Dezember 1746 das Edikt, für seine mittellosen ehemaligen Soldaten und Offiziere ein Invalidenhaus zu errichten und sie dort auf des Königs Kosten bis an ihr Lebensende rundum zu versorgen. Knapp zwei Jahre später, am 15. November 1748 zogen die ersten Invaliden in ihr neues Heim. Es ist bis heute in der Scharnhorststraße zu finden; ein Teil der alten Gebäude steht noch. Der 15. November 1748 gilt auch als Datum für die Begründung des Invalidenfriedhofes, gleich neben dem Invalidenhaus gelegen.
     Zum Gelände des Invalidenhauses gehörten eine evangelische und eine katholische Kirche, die wohl auch für Totenfeiern genutzt wurden; eine eigene Kapelle hat es auf dem Invalidenfriedhof nie gegeben. Erst vor kurzem wurde bei technischen Grabungen auf dem Friedhof eine Entdeckung gemacht, die einer Sensation gleichkommt: Es wurden fünf große Sarkophag- Grabplatten

aus Sandstein zutage gefördert, die aus der Zeit um 1775 stammen. Sie gehören zu den ältesten am ursprünglichen Aufstellungsort erhaltenen Grabmalen auf Berliner Friedhöfen.

Begräbnisstätte bedeutender preußischer Militärs

Im Laufe der Jahrzehnte rückte der Invalidenfriedhof als bevorzugter Begräbnisplatz von Preußens bekanntesten Militärs und Staatsdienern in das Zentrum des gesellschaftlichen Interesses - wegen der Namen der hier bestatteten Persönlichkeiten, aber auch wegen der formvollendeten Zeugnisse preußischer Grabmalkunst. Zwei auch heute noch zu bewunderndende Beispiele seien erwähnt.
     In den Jahren 1826 bis 1834 wurde das Grabdenkmal für Gerhard David von Scharnhorst (1753-1813), der an einer bei Großgörschen empfangenen Wunde in Prag gestorben und erst 1826 nach Berlin überführt worden war, errichtet. Die Anlage geht auf einen Entwurf von Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) zurück. Der auf einem marmornen Hochsarkophag ruhende monumentale Löwe aus Bronze wurde in der Königlichen Eisengießerei nach einem Modell von Christian Daniel Rauch (1777-1857) von dessen Schüler Theodor Kalide (1801-1863) gefertigt. Seit 1998 ist auch das restaurierte gußeiserne Tabernakelgrabmal für Job von Witzleben (1783-1837) wieder zu bewundern, das

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König Friedrich Wilhelm III. (1770-1840, König ab 1797) für diesen General und preußischen Kriegsminister errichten ließ.
     Etwa ein Jahrhundert nach seiner Begründung geriet der Invalidenfriedhof in die Schlagzeilen der sich entfaltenden Berliner Presselandschaft. Nachdem Soldaten und Offiziere, die in den Barrikadenkämpfen des Jahres 1848 in Berlin zu Tode gekommen waren, auf dem Invalidenfriedhof feierlich bestattet worden waren, reifte nach der blutigen Niederschlagung der Revolution von 1848/49 eine Idee, die der Macht Preußens und insbesondere der Hervorhebung der herausragenden Rolle des Militärs in der Gesellschaft öffentlich auf beeindruckende Weise Ausdruck geben sollte.
     Am 24. November 1854 wurde in dem neu geschaffenen Invalidenpark - gegenüber dem Invalidenhaus und dem Invalidenfriedhof - die Invalidensäule errichtet, die begehbar war und eine Aussichtsplattform hatte, die von den Berlinern eifrig genutzt wurde. Neben der Säule wurde im Halbrund eine steinerne Mauer aus schlesischem Granit errichtet, in die die 475 Namen der in den Jahren 1848/49 gefallenen Militärs eingemeißelt wurden. Die Invalidensäule galt fortan, bis zum Ende des Zweiten Weltkrieg, als »Nationalkriegerdenkmal« Preußens.
     Mit dieser neuen Sinngebung eines historischen Ortes erfuhr auch der Invalidenfriedhof eine herausragende Stellung gegenüber allen anderen Berliner Friedhöfen.
Die Bestattung vieler im Ersten Weltkrieg gefallener Offiziere, insbesondere der damals im Entstehen begriffenen Luftwaffe, erhöhten die Anziehungskraft für Besucher des Friedhofs wie für Antragsteller für einen Begräbnisplatz weiter. Letztere hatten oft einen klangvollen Namen, fast alle preußischen Adelsgeschlechter sind vertreten. Auch im nationalsozialistischen Deutschland blieb der Invalidenfriedhof ein besonderer Ort für die Beisetzung von Militärs und Politikern.

Sozialgeschichte in Totenbüchern

Trotzdem war der Invalidenfriedhof immer auch eine ganz normale Begräbnisstätte, was in der Geschichtsdarstellung oft zu kurz kommt. Hier wurden auch Bewohner der Umgebung, Metallarbeiter und Handwerker, Gastwirte und Geschäftsinhaber sowie deren Frauen und Kinder beigesetzt. Wie die folgenden Untersuchungen für das Jahr 1846 zeigen, wurden jährlich wesentlich mehr Zivilisten als Militärs in die Bestattungslisten eingetragen.
     Dies hat eine ganz natürliche Ursache. Seit 1806 hatten die für die Invaliden zuständigen Militärseelsorger zusätzlich eine Zivilgemeinde zu betreuen, die als Invalidenhaus-Zivilgemeinde bezeichnet wurde. Die separaten Gottesdienste für die Zivilisten fanden ebenfalls in der kleinen evangelischen Kapelle des Invalidenhauses statt.

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Die Invalidensäule an der Scharnhorststraße vor 1918
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Seit 1816 führte die Zivilgemeinde auch eigene Register. 1843 gehörten zu ihr 5000 Seelen. Im August 1892 wurde die Gnadenkirchgemeinde selbständig. Mit der am 22. März 1895 eingeweihten Gnadenkirche am Rande des Invalidenparkes erhielt die Gemeinde schließlich ein eigenes repräsentatives Gotteshaus.1)
     Zur Parochie der Invalidenhaus- Zivilgemeinde gehörten Straßen rings um das Invalidenhaus, die heute zu den Stadtbezirken Mitte, Tiergarten und Wedding gehören. Im Sterbebuch für 1846 werden die Chausseestraße und die Invalidenstraße besonders häufig genannt. Aber auch der Platz vor dem neuen Tor, die Kirschallee (heute Scharnhorststraße), die Kesselstraße und die Müllerstraße, die Heidestraße und die Luisenstraße werden als Adresse der Verstorbenen angegeben.2)
     Laurenz Demps hat in seinem Buch über den Invalidenfriedhof Vergleiche zur Zahl der jährlichen Bestattungen präsentiert, die er anhand der Militärkirchenbücher für die Insassen des Invalidenhauses und der Bestattungsunterlagen für die Toten der Zivilgemeinde ermittelt hat.3)
     Ich möchte für das Jahr 1846 einen sozialgeschichtlichen Exkurs für die nicht zum Invalidenhause gehörenden Verstorbenen unterbreiten.4)
     Zuvor ein Wort zu den Quellen: Im Bestattungswesen war in vergangenen Jahrhunderten - und ist wohl auch zum Teil
heute noch - eine doppelte Buchführung üblich.
     1. Über das Leben einer Kirchgemeinde geben die im jeweiligen Pfarramt geführten Kirchenbücher Einblick in den religiösen wie profanen Alltag der Gemeindeglieder. Insbesondere ermöglichen die überlieferten Kirchenbücher einen Einblick in den Lebensweg ganzer Familien zwischen den drei großen T, die auch die wichtigsten Rubriken jener Bücher sind: Taufe, Trauung und Tod. Von letzterem soll hier hauptsächlich die Rede sein.
     2. Auch der Friedhofsinspektor war angehalten, genau Buch zu führen, und dies über den Tod der Verstorbenen hinaus. In den Bestattungsbüchern und in Einnahmebüchern der zuständigen Friedhofsverwaltungen, die über Grabstellengebühren, die Bezahlung von Grabpflege oder über die Genehmigung der Zusammenführung Verstorbener in eine Familiengrabstätte Auskunft geben, finden sich interessante Informationen. Für den Invalidenfriedhof befinden sich Unterlagen im Naturschutz- und Grünflächenamt Mitte. Leider sind sie für die 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts recht lückenhaft. Für das Jahr 1846 fanden sich nur für drei Personen parallele Hinweise. Ich stütze mich deshalb vor allem auf die Kirchenbücher und hier auf jene, die über die im Jahre 1846 verstorbenen Personen Auskunft geben.
     Im Totenbuch der Gnadengemeinde (Invalidenhaus-Zivilgemeinde) sind für das
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Jahr 1846 Eintragungen zu 216 Personen zu finden.5) Im Militärkirchenbuch für das Invalidenhaus sind für das gleiche Jahr 27 Tote verzeichnet. Es sind zumeist Invaliden genannt, die in der Regel deutlich über 50 bis 70 Jahre alt wurden. Außerdem finden sich dort die Namen einiger Angehöriger von Invaliden.6)
     Nur einige wenige Bemerkungen zu den verstorbenen Angehörigen der militärischen Invalidenhaus- Zivilgemeinde: Für zwei der 27 verzeichneten Personen ist keine Konfession angegeben. Die Tochter des Leutnants von Grabowski stirbt noch vor der Taufe. Für den Sohn des Unteroffiziers Mesge, der nur drei Jahre alt wird, fehlen die Angaben. Vier Katholiken und 21 Personen evangelischen Glaubens benennt das Totenbuch. Unter diesen 25 Personen sind drei Frauen.
     Die in Halberstadt geborene Sabine Dorothea Brand, geborene Spilke, starb mit 57 Jahren am 28. März 1846 an Lungen- und Halsschwindsucht. Diese Form von Tuberkulose war im vorigen Jahrhundert weit verbreitet. Das Militärkirchenbuch für das Invalidenhaus für 1846 bietet uns noch weitere Informationen. Sabine Dorothea Brand war die Frau eines Feldwebels und hinterließ eine majorenne Tochter und vier minorenne Kinder.
     Bei den militärischen Rängen der Verstorbenen ist im Totenbuch schlicht von Invalide die Rede, wenn es sich um Soldaten handelt. Mehrere Unteroffiziere und ein Feldwebel
finden sich sowie zwei Offiziere. Hauptmann Friedrich August von Heintze aus Dresden wurde 77 Jahre alt und starb an Altersschwäche. Gewohnt hat er wohl nicht im Invalidenhaus, denn als letzte Adresse wird Invalidenstraße 57 angegeben.
     Gleich aus vier Gründen springt beim Studium des Totenbuches der Militär- Gemeinde auf das Jahr 1846 für das Invalidenhaus der Name Jakob Bogislav von Puttkamer ins Auge: Er ist erstens einer von drei Adligen in dieser Übersicht, er hat zweitens als Generalleutnant den höchsten hier verzeichneten Rang erreicht, drittens ist er mit über 92 Jahren der Älteste.
     Schließlich die vierte Besonderheit: Von Puttkamer war seit 1828 Kommandeur des Invalidenhauses, 18 Jahre lang hatte er diese Stellung inne!
     Im Lebensweg Jakob Bogislav von Puttkamers spiegeln sich wesentliche Perioden preußischer Militärgeschichte. Als Page Friedrichs II. begann er seine Laufbahn, bevor er 1773 als Fähnrich in das Regiment Garde eintrat. Im Bayerischen Erbfolgekrieg und in den antinapoleonischen Kriegen zeichnete er sich aus. König Friedrich Wilhelm III. war ihm sehr zugetan, wofür Kurt von Priesdorff folgendes Beispiel gibt: »So wurde der alte General in jedem Jahr zu dem Schrippenfest des Lehrbataillons in Potsdam von einem Wagen aus dem königlichen Marstall abgeholt und auch wieder nach Berlin zurückgebracht.«7)
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Friedrich Wilhelm III. feierte seit 1820 anläßlich des Jahrestages der Schlacht von Großgörschen am 2. Mai 1813 dieses Fest mit dem Potsdamer Lehrbataillon als ein Familienfest des Herrscherhauses mit seinen Soldaten und Veteranen der preußischen Armee. Unter einer Schrippe darf man sich ein für Soldaten besonderes Festmahl vorstellen: Am Großgörschentage gab es nach getaner Arbeit für jeden Erbsen mit Speck, Schmorfleisch mit Reis, Bier und Schnaps. Die Schrippe war ein Weißbrotlaib von stattlichen 500 Gramm Gewicht!8)
     Leider ist das Grabmal für Jakob Bogislav von Puttkamer nicht erhalten.
     Gleich zu Beginn seiner Amtszeit als Invalidenhauskommandant bereitete von Puttkamer den ihm Anempfohlenen eine besondere Freude, die jeder, der einmal eine Kaserne von innen gesehen hat, auch heute nachempfinden kann: Von Puttkamer verminderte die Zahl der Wachen innerhalb des Hauses, die von den Invaliden nach Maßgabe der Kräfte zu besetzen waren: Nur noch ein Unteroffizier oder Gefreiter und drei Mann mußten aufziehen.9)

Das städtische Umfeld des 19. Jahrhunderts im Wandel

Noch im Jahre 1846 befand sich das Umfeld von Invalidenhaus und Invalidenfriedhof, in dem die Mitglieder der Invalidenhaus- Zivilgemeinde wohnten, im Umbruch von einer

sandreichen, wohl auch grünen Oase zu einem dichtbebauten Viertel nahe der königlichen Residenz. Während das Berliner Adreßbuch für die Chausseestraße, die Invalidenstraße oder den Platz vor dem neuen Tore schon Häuser mit fortlaufenden Hausnummern und mit mehreren Mietparteien ausweist, ist es in der unmittelbaren Nachbarschaft der Invaliden- Einrichtungen, in der Kirschallee, die erst 1860 den Namen Scharnhorsts erhält, wohl eher noch recht beschaulich und ruhig zugegangen. Der Straßenname Kirschallee ist im »Allgemeinen Wohnungsanzeiger für Berlin, Charlottenburg und Umgebung auf das Jahr 1846« lediglich in der Straßenübersicht vermerkt; die Kirschallee gehörte - wie die Invalidenstraße und Teile der Chausseestraße - zum Polizeibezirk 28. Da diese Kirschallee erst 1855 für würdig befunden wurde, als »richtige Straße« im Berliner Adreßbuch detailliert beschrieben zu werden, erhärtet sich die Vermutung über den anhaltend ländlichen Charakter rund um Invalidenhaus und -friedhof auch ein Jahrhundert nach Begründung dieser Institution. Übrigens lautete die Adresse für das Invalidenhaus im Jahre 1846 noch recht ungenau »Vor dem Oranienburger Thor, in der Invalidenstraße«.10)
     Während für andere Straßen Hausnummern die Adresse der Verstorbenen genau lokalisieren, lesen wir bei der Kirschallee: verstorben im Fritzschen Hause, Leppinschen Hause,
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Loosschen Hause, Krötzschen Hause, im Müllerhause, im Webernschen Hause, Wetzelschen Hause, Wolframschen Hause. In gleicher Weise werden die wenigen im Totenverzeichnis angegebenen Adressen in der Luisenstraße oder der Kesselstraße benannt.
     Eine historische Karte von 1840 gibt weiteren Aufschluß.11) Auf beiden Seiten der Kirschallee reihen sich neben Invalidenhaus und Invalidenfriedhof wie auch dem Invalidenpark, der als zum Invalidenhaus gehörig benannt ist, Villen oder kleinere Häuser mit ausgedehnten Gärten oder Wiesen. Wenn man von den Klagen mancher Bewohner des Invalidenhauses über Flugsand einerseits und für 1829 verbürgtes Hochwasser an Spree, Panke und Schönhauser Graben andererseits ausgeht,
Restauriertes Grabdenkmal des Generals G. v. Scharnhorst
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wird es in Berlin wohlfeilere Grundstücke gegeben haben. Ein großes Grundstück in der Invalidenstraße, gegenüber dem Platz vor dem neuen Tor, fällt beim Betrachten zeitgenössischer Karten auf. Es ist die 1804 errichtete Königliche Eisengießerei. Von hier bezog man die früher auf dem Invalidenfriedhof wie heute noch auf dem Alten Berliner Garnisonfriedhof zu bewundernden gußeisernen Grabkreuze oder das Material für die wieder im alten Glanz prunkenden Grabmale für die Gebrüder Pirch oder das Grabdenkmal für Job von Witzleben.12)
     Offenes Feuer, Kohlenruß und Ströme flüssigen Metalls gaben der unmittelbaren Nachbarschaft des Invalidenhausviertels den in ganz Berlin berühmten Namen »Feuerland«. Das Feuerland begann hier und reichte zu beiden Seiten der Chausseestraße bis zum Oranienburger Tor auf der einen und zur Liesenstraße auf der anderen Seite.
     Das Jahr 1846 meinte es nicht gut mit vielen Berlinern. In ganz Deutschland waren nach einer Mißernte die Lebensmittelpreise auf das Dreifache gestiegen. Zwar war von den kommenden Revolutionswirren im Alltag der Berliner Handwerker, Arbeiter und Gewerbetreibenden noch wenig zu spüren. Aber die soziale Not, die ein Jahr später, 1847, auch in unmittelbarer Nähe des Invalidenhausviertels - so am Rosenthaler Platz - zu Hungerunruhen führte (»Kartoffelrevolution« genannt)13) ist auch beim Studium des Totenbuches
für die Zivilgemeinde des Invalidenhauses zumindest indirekt zu erkennen.
     Berlins Bevölkerung hatte sich in 20 Jahren rasant entwickelt, die Stadt platzte aus allen Nähten und vielerorts wurde gebaut. Lebten 1825 in Berlin 220000 Menschen, so waren es im Jahre 1846 schon 408500.
     Wie der Historiker Rüdiger Hachtmann betont, gehörte die große Mehrheit der Berliner Bevölkerung (nämlich 80,8%) »unterbürgerlichen Sozialgruppen« an.14) Aus jenen »Unterschichten« rekrutierte sich wohl auch vorrangig die Invalidenhaus-Zivilgemeinde.

Fakten aus dem Totenbuch der Gnadengemeinde

Im »Totenbuch der Gnadengemeinde (Invaliden-Zivilgemeinde«) sind für das Jahr 1846 Eintragungen zu 216 Personen enthalten. Das Totenbuch läßt erkennen, daß es unter den 216 Toten des Jahres 1846 viele, in verschiedener Hinsicht arme Menschen gegeben hat. Von den 216 verzeichneten Personen wurden zwölf auf dem städtischen Armenkirchhof am Koppenplatz beigesetzt.
     Andere, in armen Verhältnissen lebende Familien durften ihre Angehörigen auf dem Invalidenfriedhof unentgeltlich bestatten; das sind 16 Personen. Überwiegend betrifft dies Bestattungen von Kindern. Für den Beruf der Eltern dieser Kinder wie auch bei Erwachsenen taucht in diesem Zusammenhang

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die Berufsbezeichnung »Arbeitsmann« bzw. »Arbeitsmannswitwe« besonders häufig auf. Im Jahre 1846 starben 23 Kinder lediger Mütter. Neun dieser Frauen haben eine eigene Adresse, 14 wohnen zur Untermiete, beispielsweise in den nach dem Besitzer genannten Häusern in der Kirschallee. Einige dieser Frauen befanden sich nachweislich »in Stellung« bei begüterteren Familien.
     Über Christine Bertha Rothe, deren Tochter drei Monate und 27 Tage alt wird, ist vermerkt: »Die Mutter dient im Thiergarten auf Moritzhof bei Moritz«.
     Caroline Schirrmeister, deren Tochter nur 24 Tage lebt, hat es von ihrer Wohnung in der Invalidenstraße 47 a nicht weit; sie dient bei Familie Hartung, Karlstraße 5b. Marie Klein ist in der Friedrichstraße Amme, die eigene Tochter wird nur sieben Monate alt. Christiane Eckardts Sohn wird drei Jahre drei Monate und 18 Tage alt; auch sie dient als Amme, in der verlängerten Jacobstraße 11. Auguste Baum, ebenfalls Amme, dient in der Landsberger Straße 36. Über die Väter schweigen sich die Bücher aus.
     Bei der Adressenangabe taucht insgesamt 37 mal ein Vermerk auf, daß man zur Untermiete wohnt. Die Namen dieser Menschen stehen deshalb auch nicht im Adreßbuch.
     Johann Paul Wilhelm Bruch wird 13 Jahre alt, der Vater war Gärtner, er hatte als Waisenkind im Großen Friedrichstadt- Waisenhaus, das sich in der Stralauer Straße 58 befand, seinen letzten Wohnort.
Berufe und Beschäftigungsverhältnisse

Einige Bemerkungen zur Berufsstruktur der 216 Toten.
     (In die Übersicht wurden die Berufsangaben bei den verstorbenen Männern sowie alle Hinweise bei verstorbenen Ehefrauen und Kindern über den Beruf des »Haushaltsvorstandes« summiert.)
     Aus dem Blickwinkel einer kleinen Wohngegend, die sich in den folgenden Jahren der Industrialisierung Berlins weiter rasch veränderte, läßt sich sagen, daß 1846 die Handwerker und kleinen Gewerbetreibenden das Bild noch wesentlich prägten. Neue Berufe, die mit der aufstrebenden Industrie im »Feuerland« aufkamen, wie Former oder Eisengießer, sind aber deutlich erkennbar auf dem Vormarsch. Rechnet man einen Teil jener, für die als Beruf »Schlosser« oder »Arbeitsmann« angegeben wird hinzu, so erhärtet sich dieser Trend.
     Von der Gedenktafelkommission der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin wurde in der Chausseestraße eine Erinnerungstafel an das »Feuerland« aufgestellt, um ein weiteres in Vergessenheit geratenes Stück Geschichte im Straßenbild zu verdeutlichen.
     Zu beachten ist auch, daß manche Holz-Berufe wie Tischler oder Zimmerer mit dem Bau der Formen für den Eisenguß zu tun haben können. Außerdem wechselten manche Berliner Textilarbeiter in der 2. Hälfte des

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19. Jahrhunderts in einen »Eisenberuf«, als sich der Schwerpunkt der Textilindustrie in Preußen nach Schlesien und in die Lausitz verlagerte.
     - Die Begriffe »Arbeitsmann« oder »Arbeiter« tauchen besonders häufig auf: 23 mal.
     - Metallberufe: 40 mal
Zwölf Schlosser, neun Former, je ein Eisenarbeiter, Eisengießer, Hüttenfactor15), Maschinenmeister und zwei Maschinenbauer, ein Massenschmied, zwei Mechanicusse, ein Oberfeuerwerker, ein Werkführer
     - Baugewerbe: zwölfmal
drei Bauaufseher, je ein Bauhofswächter, Bauschreiber, Maurer, sechs Zimmerleute
     - Traditionelles Handwerk: 63 mal
zwei Barbiere, ein Blumenmaler, zwei Buchbinder, ein Buchdrucker, fünf Drechsler, ein Feinwirker, zwei Fischer, ein Staaker sowie ein Fischereipächter; drei Gärtner, ein Klempner, zwei Konditoren, zwei Malergesellen, je ein Mühlen- und Bäckermeister, Musikus, Pantinenmacher, zwei Porzellanarbeiter, ein Putzmacher, zwei Raschmacher; damit ist eine bestimmte Sparte von Webern gemeint,16) zwei Sattler, ein Scharfrichter, zwei Schlächter, zehn Schneider, zwei Schuhmacher, zwei Seidenwirker, je ein Stellmacher, Stubenmaler, Tapetendrucker, zwei Tapezierer, neun Tischler, ein Vergolder
     - Dienstleistende Transportarbeiter mit ein oder zwei PS oder gar schon Maschinenkraft: neunmal
fünf Kutscher und ein Fuhrmann - je ein Eisenbahnbeamter, Locomotivführer, Wagenmeister
     - Händler verschiedener Art: siebenmal
je ein Grünkramhändler, Handlungsdiener, Kirchenhändler, Victualienhändler, eine Posamentierwarenhändlerin, sowie zwei Kaufleute
     - Leute, die für die Genüsse zuständig waren: Essen und Trinken, Kaffee und Tabak: zehnmal
Je ein Gastwirt, Kaffeediener und Kaffeetier, Restaurateursfrau, Speisewirt; Tabackhändler, Tabackspinner, zwei Tabagisten, ein Zigarrenfabrikant
Man beachte: bis 1848 war das Rauchen auf der Straße bei polizeilicher Strafe verboten; ein Grund mehr, im Wirtshaus oder in einer der ersten Berliner Zeitungshallen zu verweilen!
     - Berufe im Haushalt: einmal
eine Tageskinderfau,
     - Angestellte oder Beamte: elfmal
ein Briefträger und ein geheimer Postamtsregistrator, ein Königlicher Polizeisergeant, zwei Lehrer und ein Königlicher Lakai, ein Geheimer Kanzlei- Sekretair und ein Geheimer Kanzleidirektor im Königlichen Kriegsministerium, eine Geheimsekretärswitwe je ein Dr. phil und Dr. med.
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     - Außerdem:
zwei Rentiers, zwei Eigentümer
     - Militärstand : drei Militärpersonen und fünf Angehörige
ein Adjutant beim Königlichen Generalleutnant der Festung, ein Gardekanonier (Sohn eines Gardekanoniers), ein Generalleutnant a. D.
      ein Generalmajor (Witwe des Generalmajors v. Pritzelwitz)
eine Leutnantswitwe
zwei Majore a. D. Bei den Miltärangehörigen höherer Chargen bestätigt sich ein bekannter Trend, der im 19. Jahrhundert einsetzte und bis in das 20. Jahrhundert anhielt. Egal wo man in Berlin wohnte, Militärs höherer Ränge wie deren Angehörige bevorzugten den Invalidenfriedhof als letzte Ruhestätte. Angenommen werden kann dabei auch, daß diese Personen in keiner engen Bindung zur Berliner Garnison standen, sonst wäre bei der Wahl für den Begräbnisort der Garnisonfriedhof in der Kleinen Rosenthaler Straße 3 und später in der Hasenheide oder auf dem Wedding (Müllerstraße) für geeignet, ja traditionell als selbstverständlich angesehen worden. Möglich ist auch, daß früher verstorbene Angehörige auf dem Invalidenfriedhof eine Familiengrabstätte gekauft hatten, die dann für mehrere Generationen einer Familie zur letzten Ruhestätte wurde.
Auf vier Personen vom Militärstand aus dem Totenbuch der Zivil-Gemeinde sei kurz eingegangen.
     1. Valerie von Pritzelwitz, im Totenbuch der Zivilgemeinde für 1846 ist sie unter der fortlaufenden Nummer 70 verzeichnet, Witwe eines verstorbenen Generalmajors, wurde nur 31 Jahre alt. Sie wohnte in der Köpenicker Straße 93.
     Es war nicht genauer zu ermitteln, wessen Frau sie ist, der Blick in das Buch von Kurt von Priesdorff »Soldatisches Führertum« hilft diesmal nicht. Im einheitlichen Bestattungsbuch (nicht zu verwechseln mit dem Totenbuch!), das sowohl die Toten der zivilen wie der militärischen Gemeinde ausweist, taucht der Name Pritzelwitz siebenmal auf; Angaben zu Frau Valerie von Pritzelwitz fehlen dort.17) Im »Priesdorff« sind zwei Generalmajore von Pritzelwitz verzeichnet und beide waren 1846 schon tot und wurden auf dem Invalidenfriedhof beigesetzt. Generalmajor Karl Ernst Otto von Pritzelwitz wurde am 21. Mai 1844 auf dem Invalidenfriedhof beigesetzt.18) Generalmajor Karl Ludwig Heinrich Gottlob von Pritzelwitz starb schon 1839, am 4. April 1839 fand er seine letzte Ruhe auf dem Invalidenfriedhof. Anzunehmen ist, daß mindestens einer seiner Söhne an seiner Seite beigesetzt wurde.19)
     2. Ferdinand Leopold Ludwig Friedrich Franz von Pritzelwitz, Major a. D. aus dem Gardekürassier-Regiment, findet sich im Totenbuch der Zivil-Gemeinde für 1846
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unter der Nummer 73. Er war - so die Eintragung im Totenbuch - auch Adjutant des Königlichen Generalleutnants der Festungen. Er wurde 50 Jahre alt und 1846 extra aus Magdeburg nach Berlin überführt. Keines der Gräber von Pritzelwitz blieb erhalten.
     3. Die letzte Wohnadresse von Major a. D. Friedrich Louis von Spitznaß war die Große Frankfurter Straße 3. Er wurde 70 Jahre, hinterließ eine Witwe ohne Kinder und starb am 5. März 1846 Morgens halb vier - so genau ist jede Todeszeit vermerkt! - an Schlagfluß (heute als Schlaganfall bezeichnet).
     4. Hans Karl Adam von Gagern, geboren am 20. Dezember 1774 zu Moissewitz bei Bergen auf Rügen, hatte zu Berlin am 2. Juli 1786 als Kadett seine militärische Laufbahn begonnen. 72jährig hinterließ er eine Frau und einen majorennen Sohn. 1834 hatte er seine letzte Stellung als Kommandant von Minden/ Westfalen angetreten. 1837 beendete er die aktive Laufbahn »mit dem Charakter eines Generallieutenants«. Er zog nach Berlin, die letzte Adresse: Potsdamer Straße 141. Er starb an Unterleibsentzündung. Diesmal findet sich im Bestattungsbuch - das war damals durchaus nicht üblich - eine genaue Bezeichnung, »wohin er beerdigt« wurde: Invalidenfriedhof, Feld C, Reihe 10, Platz 21.20)
Altersstruktur und Todesursachen

Zur Alterspyramide der 216 zivilen Toten von 1846.
     Erschreckend ist die hohe Kindersterblichkeit. 16 Kinder werden tot geboren. 89 erreichen nicht das erste Lebensjahr. Ein bis 14 Jahre alt werden 53 Jungen und Mädchen.
     Auch vielen der 58 Erwachsenen im Alter von 16 bis 85 Jahren , die in das Totenbuch für 1846 aufgenommen wurden, war kein langes Leben beschieden. 27 von ihnen erreichten nicht einmal das 40. Lebensjahr. Darunter sind neun verheiratete Frauen, die alle mehrere minderjährige Kinder hinterlassen.
     Was die Todesursache betrifft, so werden innere Krankheiten besonders häufig genannt, natürlich mit der damals üblichen Bezeichnung. Viele Kleinstkinder sterben an Abzehrung oder Auszehrung, einer allgemeinen Körperschwäche, die mit Ernährungsmängeln verbunden ist oder direkt der alte Begriff für Tuberkulose ist. Manchmal heißt es auch lapidar: Schwäche, zumeist sind dann Kinder gemeint und selten alte Menschen. Auf den Hintergrund von Infektionskrankheiten wie Tuberkulose weisen die Bezeichnungen für verschiedene Arten von Schwindsucht (Lunge, Gehirn, Brust) oder Abzehrung hin.21)
     Erst 1882 wird Robert Koch (1843-1910) das Tuberkelbakterium entdecken und so

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eine viel bessere Voraussetzung schaffen, um diese verheerende Krankheit wirksam zu bekämpfen. Auch der »Durchbruch der Zähne« wird bei Kindern oft in der Spalte »woran gestorben« vermerkt.
     »Bräune« verschiedener Körperteile (z. B. »Halsbräune« oder »häutige Bräune«) würde man heute Diphtherie nennen. Hinter »Schlagfluß« oder »Gehirnschlag« verbirgt sich ein Schlaganfall. »Blausucht« steht für einen angeborenen Herzfehler. Viele Menschen überlebten auch aus unserer Sicht weniger komplizierte Erkrankungen wie Masern, eine Gastritis oder eine normale Lungenentzündung nicht. Bei Erwachsenen wie Kindern wird häufig Nervenfieber diagnostiziert.

Der Beitrag basiert auf einem Vortrag des Autors zum 250. Jahrestag des Invalidenfriedhofs.

Quellen und Anmerkungen:
1 Vgl. Laurenz Demps, Der Invalidenfriedhof. Denkmal preußisch-deutscher Geschichte in Berlin, Berlin 1996, S. 35ff; Festschrift zum hundertjährigen Bestehen der Gnadenkirchgemeinde (Invalidenhaus-Civilgemeinde), Berlin 1992
2 Totenbuch der Gnadengemeinde (Invaliden-Zivilgemeinde), 1846. Evangelisches Zentralarchiv Berlin (im weiteren: EZA), 19/29
3 Vgl. Laurenz Demps: Der Invalidenfriedhof, a. a. O., S. 58ff
4 Für Teilrecherchen zu diesem Beitrag danke ich Sabine Geßner, Vera Lehmann, Birgit Stumpp und Ilona Weiß
5 Vgl: EZA 19/29.

6 Vgl: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (im weiteren: GStPK), VIII. Hauptabteilung, Militärkirchenbücher, Mikrofish 698.
7 Kurt von Priesdorff, Soldatisches Führertum, Hamburg 1957, Bd. 4, Nr. 1386, S. 456.
8 Potsdamer Jahresschau, Havelland/ Kalender, 1930, Anhang, zwischen S. 40 u. 41; Detlef Kotsch, Potsdam. Die preußische Garnisonstadt, Braunschweig 1992, S. 161f. Für Informationen zum Potsdamer »Schrippenfest« wie auch zum Beruf eines »Raschmachers« danke ich Edeltraud Volkmann-Block, Potsdam-Museum
9 Rudolf von Ollech, Geschichte des Invalidenhauses von 1748 bis 1884, Berlin 1884, S. 67
10 Allgemeiner Wohnungsanzeiger für Berlin, Charlottenburg und Umgebung auf das Jahr 1846, Berlin 1846
11 Situationsplan von dem Laufe der Panke von oberhalb des Wehres in der Gegend des Gastwirtes Liese bis zu deren Ausmündung in die Spree mit den Grundstücken des Adjuncten und des Freigrabens bis zur Spree, ca. 1840, Landesarchiv Berlin, Kartensammlung, Sign. A 854
12 Eva Schmidt, Der preußische Eisenkunstguß. Technik. Geschichte. Werke. Künstler, Berlin 1981, S. 46ff
13 Vgl. Rüdiger Hachtmann: Berlin 1848. Eine Politik- und Gesellschaftsgeschichte der Revolution, Bonn 1997, S. 81ff
14 Vgl. Ebenda, S. 71. Zur sozialen Situation in Berlin 1846 siehe auch zwei sehr informationsreiche zeitgenössische Darstellungen: Ernst Dronke: Berlin, ursprünglich 1846 in Berlin erschienen, Neudruck Berlin 1987; Friedrich Saß: Berlin in seiner neuesten Zeit und Entwicklung. 1846, ursprünglich 1846 in Berlin erschienen, Neudruck Berlin 1983.
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15 Einen Hüttenfactor würde man heute technischer Direktor nennen. Im Totenbuch der Invalidenhaus-Zivilgemeinde wird unter der fortlaufenden Nummer 102 der Tod des 2jährigen Sohnes von Eduard Heinrich Orth angezeigt, der seine Laufbahn in der Königlichen Eisengießerei als Eleve begonnen hatte und »seinem« Betrieb viele Jahrzehnte die Treue hielt. Die Familie wohnte wohl auch in einem der fabrikeigenen Wohnhäuser, in der Invalidenstraße 39. Siehe: EZA 19/29; Eva Schmidt: Der preußische Eisenkunstguß. Technik. Geschichte. Werke. Künstler, Berlin 1981, S. 13, 52, 59, 62, 215, 257ff, A 4, A 202.
16 Die Raschmacher bildeten zur Zeit der Zünfte eine besondere Gruppe der Weber. siehe: Meyers Konversationslexikon, Bd. 14, Leipzig und Wien 1896, 5. Aufl., S.467: »Rasch (franz. Ras, engl. Arras, nach der franz. Stadt Arras), leicht gearbeiteter, vierschäftiger Köper, meist aus grobem Kammgarn. Feinerer Stoff hieß ehedem Chalon (nach Chalons). Schwach gewalkter R. aus Tuchwolle heißt Tuchrasch. Raschmacher, Verfertiger von dergleichen Geweben.«
17 Vgl. Bestattungsbuch für den Invalidenfriedhof, Naturschutz- und Grünflächenamt Mitte von Berlin
18 Siehe: Kurt von Priesdorff, Soldatisches Führertum, Hamburg 1957, Bd. 5, Nr. 1614, S. 397f
19Ebenda, Nr. 1612, S. 393f
20 Bestattungsbuch für den Invalidenfriedhof, Naturschutz- und Grünflächenamt Mitte von Berlin
21Folgende Fachlexika waren zur »Übersetzung« heute nicht mehr üblicher Bezeichnungen für Krankheiten nützlich: Max Höfler: Deutsches Krankheitsnamen-Buch. Hildesheim/ New York 1970;
Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch, Berlin/ New York 1994, 257. Auflage; Wörterbuch der Medizin, 2 Bde., Berlin 1987, 13. Auflage; Das Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke, Mannheim/ Leipzig/ Wien/ Zürich 1992, 5. Auflage

Bildquelle: Archiv Autor, Karl Treuwerth, Der Invalidenfriedhof in Berlin. Eine Stätte preußisch-deutschen Ruhms, Berlin 1925

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 2/2000
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