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59 Porträt![]() | Der Kunstgießer Hermann Gladenbeck ![]() ![]() |
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Dietrich Nummert
Bronzene Kunstwerke aus Meisterhand Der Kunstgießer Hermann Gladenbeck (18271918) Mehrere Berliner Sehenswürdigkeiten sind Publikumslieblinge, der Neptunbrunnen
vor dem Roten Rathaus etwa oder die
»Goldelse« hoch über 'm Großen Stern. Das
Wasserspiel schuf Reinhold Begas (18311911; BM
11/96), die 125 Jahre alte Viktoria gestaltete
Friedrich Drake (18051882) wer aber hat die Skulpturen gegossen?
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Hermann Gladenbeck | |||||||
Fabrik ihrer Art, der Eisengießerei & Maschinenbauanstalt Egells (Franz Anton Egells, 17881854; BM 3/96), deren Schlote gleich um die heimatliche Ecke am Oranienburger Tor qualmten. Später lernte und arbeitete er bei Christoph Heinrich Fischer, dem seinerzeit bedeutendsten Gießer, »Bronceur und acad. Künstler«, der 1824 die Gießereischule in Berlin begründet hatte und im Königlichen Gießhaus seine Kunst betrieb. In dessen Werkstatt war er am Guß der stolzen Amazone von August Kiss (18021865) beteiligt, die vor dem Alten Museum bis heute anmutig eine Wildkatze spießt. | |||||||
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60 Porträt![]() | Der Kunstgießer Hermann Gladenbeck ![]() ![]() |
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Das Jahr 1851 sieht den
Vierundzwanzigjährigen selbständig. Er richtete in der
Werkstatt des Schlossers Noack seine erste
Gießerei ein, in der Johannisstraße 3, wo man
die Kommandos vom nahen Kasernenhof des 2. Garde- Regiments hören konnte. Im Berliner Adreßbuch von 1851 steht unter
obiger Anschrift: Gladenbeck, J. K.,
Kunstgießer. Das gibt Rätsel auf. Wer ist
J. K.? Gladenbecks Vater hieß Christian, und er war
Heilgehilfe. In der Broschüre zu der Ausstellung:
»Bildgießerei Gladenbeck ...« von 1994 ist zu
lesen, daß Hermann »nach dem frühen
Tod seines Vaters schnell lernen (mußte), auf
eigenen Füßen zu stehen«. Folglich kann
nur er gemeint sein, und die Initialen J. K.
dürfen wir dem Druckfehlerteufel zuschreiben.
Hermann Gladenbeck hatte inzwischen mit Emilie Auguste Pauline Schirrmann (18261903), der Tochter eines Schuhmachermeisters, die Ehe geschlossen. Als seriöser Handwerker und Familienvater strebte er gediegene Aufträge an. Und da in den Kreisen der Berliner Bildhauer sein Talent und sein Fleiß schon bemerkt worden waren, fehlte es daran nicht. Der bereits über siebzigjährige Christian Daniel Rauch (17771857) ließ ihn drei verkleinerte Kopien des seit 1851 Unter den Linden reitenden Großen Friedrich anfertigen. Rauch beauftragte Gladenbeck auch, die Skulptur Immanuel Kants für dessen Geburtsstadt Königsberg zu gießen. Das Denkmal brachte dem jungen Unternehmer weiteres An- | sehen. Und da Rauchs Gießer Friebel
verstorben und die Königliche Gießerei in der Münzstraße 10 ohne Hausherren war, konnte Gladenbeck die große Werkstatt
1857 übernehmen rechtzeitig.
Denn die Jahre der »Denkmalwuth« hatten begonnen, die Ära der Statuen, Siegesmäler, Brunnen, Monumente und Grabkunstwerke. Meister Gladenbeck war geboren für diese Zeit: Er war ein exzellenter Handwerker, er vermochte die künstlerischen Absichten der Bildhauer zu »gießen«, er konnte mit Behörden umgehen, und überdies war er ein ordentlicher Kaufmann. Alle vier Eigenschaften brauchte er. Damals zum Beispiel mußte ein Bildgießer dem Bildhauer vor dem Guß seiner Skulptur eine Kaution zahlen falls ein Fehlguß das Modell verdarb. Bei Gladenbeck kam Ausschuß kaum vor, er legte nicht bloß Wert auf Qualität, er lieferte sie. Der florierende Betrieb, dessen Produktion umfangreicher und vielfältiger geworden war und die weiter wuchs wie auch die Belegschaft, litt erneut bald unter Platzmangel. Gladenbeck fand geeignetes Bauland vor den Toren der Stadt. Eine neue Gießereien entstand, und 1887 konnte die Firma nach Friedrichshagen in die Wilhelmstraße 62 (Peter-Hille- Straße) und die Seestraße 9 (Müggelseedamm) umziehen. Der Firmengründer bezog ein Haus in der Ahornallee, Sohn Oskar (18501921) das seine in der Seestraße, wo noch heute das geborstene | |||
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marmorne Namensschild an der
Gartenpforte (Nr. 132) zu sehen ist. Oskar, Chef
der am 6. April 1888 gegründeten
Aktien- Gesellschaft H. Gladenbeck & Sohn, brauchte
nur den Damm zu überqueren schon war er in der Fabrik. Alfred (18581912), der bislang den firmeneigenen Laden in der
Leipziger Straße 111 geleitet hatte, wurde
gleichfalls Direktor. Die jüngeren Söhne
Walter (18661945) und Paul (18691947) nahmen andere Plätze ein.
Der Weg der Gießerei, inzwischen groß und weltberühmt, schien unaufhaltsam nach oben zu führen. Genügend Aufträge gab es und zahlreiche Ehrungen. Der Kaiser, seit 1888 Wilhelm II., war spendabel. Senior Gladenbeck erhielt den Roten Adlerorden IV. Klasse und den Kronenorden III. Klasse. Die von Ausstellungen und Messen des In- und Auslands mitgebrachten Preise und Anerkennungen füllten Vitrinen. Sie galten echten Leistungen, sowohl den zahlreichen verkleinerten Kopien (Laden- oder Tischbronzen genannt) wie den großen Denkmälern. Nicht zuletzt jener, die die Firma mit dem Guß (1889 1891) des großen Brunnens von Begas in Berlin bot. Wilhelm II. hatte sich gewünscht, das Wasserspiel möge stand es doch neben dem Schloß den Namen Schloßbrunnen erhalten. Daraus wurde nichts. Die Berliner hatten schon immer ihre Vorstellungen von Namen. Seinerzeit war Maximilian (Max) Forckenbeck (18211892) Oberbürgermeister der Stadt, und da Nep- | tun, Hauptfigur des Brunnens, den
Dreizack geschultert hält, kam, zum Ärger
Wilhelms, der Name Forckenbecken in Mode.
Der Brunnen gilt als letzte große Arbeit der AG Gladenbeck & Sohn. Eine Bank mischte sich in die Produktion, in die Familie zog Zwietracht ein. Oskar gründete 1892 eine Firma für Handelswaren, die später Konkurs anmelden mußte. Alfred leitete das Gladenbeck- Institut für Denkmalpflege. Walter gründete mit Bruder Paul Gladenbecks Bronzegießerei, deren Liquidation 1911 erfolgte. Und der alte Gladenbeck? Er erlebte den Niedergang seines Werkes. Hochbetagt starb er am 11. November 1918. Sein letzter Weg führte ihn von der Wohnung Viktoriastraße 11 (Dreiserstraße) zu dem evangelischen Friedhof in Friedrichshagen, wo nun seit langem schon neben ihm auch seine Söhne ruhen. Übrigens, das nach Sanierung seit dem 16. Dezember 1996 wieder auf der Freitreppe vor der Nationalgalerie auf hohem Sockel postierte und von Alexander Calandrelli (18341903) geformte Standbild Friedrich Wilhems IV. gossen ebenfalls die Gladenbecks (1886). Berliner, die ihren Monarchen kannten, sollen angesichts des hoch zu Roß sitzenden Königs gewarnt haben: Vorsicht, Majestät, der Abgrund ist nah! Nun, ob König, Meergott oder Goldelse sie bleiben bronzene Meisterstücke eines meisterlichen Kunstgießers. | ||||
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© Edition Luisenstadt, 1998
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