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Harry Nehls
»Heitere Kinder des Augenblickes« Ein Soldat und dilettierender Zeichenkünstler Franz Xaver Eugen Karl von Garnier, das drittälteste Kind des Karl Friedrich
Theodor von Garnier (18111894) und seiner Frau Emilie (18141904), wurde am 28. April
1842 im schlesischen Nieder-Rosen geboren.
Über seine vier Geschwister, Anna
(18381908), Emil (18401847), Eugen (18451903)
und Maria (18501919), ist nichts näheres bekannt. Die Familie Garnier stammt aus
Savoyen und läßt sich bis ins 15.
Jahrhundert zurückverfolgen.1)
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Franz Xaver v. Garnier, Atelierphotographie, 1889 | ||||
war ihm noch der Charakter (Verleihung des Rangs ohne die entsprechenden Bezüge) als Generalleutnant verliehen worden.2) Am 14. Juli 1877 heiratete der damalige königlich preußische Hauptmann die bildschöne und sehr lebenslustige Gertrud Baath, die Tochter des Oberamtmanns Eduard Baath | ||||
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und seiner Frau Anna, geborene von
Gansauge. Aus dieser Ehe ging ein bemerkenswerter Sohn hervor, der spätere
Kunstmaler Hans Egon von Garnier (18941948). 1910 siedelte die Familie von Frankfurt an der Oder nach Berlin-Grunewald über, wo sie die westliche Hälfte der noch heute existierenden Doppelvilla in der Humboldtstraße
38 bezog. In dieser Villa starb Franz Xaver von Garnier am 14. März 1916. Nach der
Trauerfeier, die drei Tage später in der Grunewald-Villa stattfand, »wurde der kostbare Eichensarg, den der Generalshelm und
viele Kränze schmückten, auf einem
vierspännigen Leichenwagen nach dem Schlesischen Bahnhof übergeführt, um mit der Eisenbahn nach Eckersdorf in Schlesien, der Besitzung des Verstorbenen, gebracht zu werden,
wo am Sonntag die Beisetzung erfolgt«.3)
Als bewährter Offizier und Kriegsteilnehmer, aber auch als Musik- und Zeichentalent war Franz Xaver von Garnier ein gerngesehener Gast der berühmtberüchtigten Tafelrunde im Jagdschloß von Dreilinden, die auch Fontane so lebensvoll erlebte und schilderte. Hier verkündete der mit Garnier befreundete Friedrich Karl Prinz von Preußen (18281885) im Dezember 1882, daß er eine Reise in den Orient (Ägypten, Sinai-Halbinsel, Palästina, Syrien, Griechenland, Italien) unternehmen wolle. An dieser Orientreise sollten ein Zivilist und drei Militärs teilnehmen: der Ägyptologe Heinrich Brugsch-Pascha (BM 6 und 9/98), Oberst |
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Gertrud v. Garnier, Atelierphotographie, 1889 | |||||
Gneomar von Natzmer, Kommandeur des 28. Infanterieregiments zu Koblenz, Hauptmann Georg von Kalckstein, persönlicher Adjutant des Prinzen, und Franz Xaver von Garnier, damals Major im Infanterie-Regiment Nr.8 (Leibgrenadiere) in Frankfurt an der Oder. | |||||
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Vignette aus der Reisepublikation | |||||
Wer sich mit dieser Reise, die vom 27.
Dezember 1882 bis zum 11.März 1883 dauerte, näher beschäftigt, wird immer wieder
auf den Namen Garnier aufmerksam. Denn von ihm stammen die 68 Illustrationen, die
das über 240 Seiten zählende, 1885 in
Frankfurt an der Oder erschienene
großformatige Prachtwerk »Prinz Friedrich Karl im
Morgenlande« schmücken. Der Verfasser des Buches war Heinrich Brugsch. Zu den Garnierschen Zeichnungen bemerkt er
im Vorwort:
Ein treuer Freund und Reisegefährte, Major von Garnier, ging freudig auf die Bitte ein, aus seinen Mappen die Blumen in das Wortlaub | zu streuen. Kein Meister von Beruf und als Kriegsmann der ungetheilten Pflege der schönsten aller Künste entzogen, hat seine unbegrenzte Liebe zu ihr nur die Mussestunden ihrem friedlichen Dienste weihen können, um das Schwert mit dem Griffel zu vertauschen und der Natur die Farbendichtung abzulauschen. Die Bilder, welche als der werthvollste Schmuck des Werkes gelten dürfen, sind heitere Kinder des Augenblickes und der unmittelbarsten Anschauung während eines flüchtigen, unstäten Reiselebens. Häufig im Sattel entstanden, geben sie die ernsten und fröhlichen Eindrücke der Wandernden ohne die Vorbereitung skizzierender Studien in ihren Umrissen | ||||
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Garniers Titelblattzeichnung für »Prinz Friedrich Karl im Morgenlande« | ||||
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wieder. Wie sie dem Schriftsteller selbst
durch die Wahrheitsfrische der Auffassung die Erinnerung an das Erlebte in
ungeschminkter Treue zurückrufen, so werden sie dem
Kenner des Orients den gleichen Genuss nicht
versagen und dem Nichtkenner wie eine neue Quelle
der Sehnsucht nach dem wunderreichen Morgenlande und seinen wunderlichen Bewohnern
in munterer Fülle sprudeln.
Ein vergleichbares Urteil über den dilettierenden Zeichenkünstler lieferte Prinz Friedrich Karl in einem Brief vom 15.Januar 1883, geschrieben auf dem Nil zwischen Siut und Keneh: Ein Matrose sieht dem Rittmeister Dido von Krosigk der 91. Ulanen täuschend ähnlich, aber natürlich in Schwarz, einer etwas dem Egon Ratibor (Egon Prinz v. Ratibor, Major und Flügeladjutant des Herzogs von Sachsen-Coburg-Gotha, d. V.), den ersteren wird Garnier zeichnen, wie er denn schon eine Menge kleiner Gruppen und Dinge aufs Papier gebracht hat, die, wenn auch keinen großen künstlerischen, doch einen hohen Wert als liebe Reiseerinnerungen haben werden.4) In der Tat gehört Franz Xaver von Garnier nicht zu den großen Zeichenkünstlern wie beispielsweise die Brüder Ernst (18181882) und Max Weidenbach (um 18231892), die Karl Richard Lepsius als akademisch geschulte Expeditionszeichner von 1842 bis 1845 nach Ägypten begleitet hatten. Als ein solcher hat sich Garnier denn auch nie verstanden. Er war ein zeichnerisch talentierter | Reisebegleiter eines begüterten Prinzen
und Weltenbummlers, der sich seiner als Sehhilfe für pittoreske Anblicke
bediente.5) Obwohl etliche der Garnierschen
Zeichnungen durchaus
dokumentarisch- archäologiegeschichtlichen Wert besitzen, bleiben
sie primär wie Brugsch es so trefflich
formulierte »heitere Kinder des
Augenblickes«. Und genau das macht auch heute noch
ihren Charme aus.
Quellen und Anmerkungen:
Bildquellen
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© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de