65 Porträt | Ehrenbürger Friedrich August von Staegemann |
Eberhard Fromm
Ein Mann von »Geist und Tätigkeit« Ehrenbürger Friedrich von Staegemann (17631840) Für einen guten Teil der Beamten, die nach 1807 in leitenden Stellen der Verwaltung tätig waren, war Königsberg die Stätte
ihrer wissenschaftlichen Ausbildung. Friedrich von Staegemann hatte zwar nicht in
Königsberg seine Ausbildung genossen, wohl
aber dort seit 1785 gelebt und ist mit den
aufklärerischen Ideen Kants ebenso bekannt geworden wie mit der ökonomischen
Lehre von Adam Smith. Zugleich hat das rückständige Ostpreußen wie wohl keine
andere Provinz auf die Notwendigkeit einer Reform des preußischen Staatswesens
verwiesen. Staegemann erwarb sich den Ruf eines hochgebildeten und kundigen
Geschäftsmannes, den auch großer Fleiß und
Bescheidenheit auszeichnen.
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Friedrich August von Staegemann | |||||
Halle Rechtswissenschaften. 1785 trat er in Königsberg in den preußischen Staatsdienst, wo er verschiedene Aufgaben übernahm. Seit 1806 wieder in Berlin tätig, wirkte er hier anfänglich im Finanzwesen, bis er als Vortragender Rat in den Dienst Hardenbergs trat, der seine »sehr große Leichtigkeit in der Erledigung schwieriger Sachen« lobte. Nach 1807 gehörte er der Immediatkommission zur Neugestaltung des preußi- | |||||
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schen Regierungsapparates an. Zwischen 1807 und 1808 arbeitete er besonders eng mit dem Freiherrn vom und zum Stein zusammen, der ihn als einen Mann »von Geist, Kenntnis, Tätigkeit und Geschäftserfahrung« bezeichnete. Steins reformerische Ansichten unterstützend, entwarf er das Edikt über die preußische Bauernbefreiung (Oktoberedikt 1807). Er gehörte aber auch der »Christlich-Deutschen Tischgesellschaft« (Tugendbund) an, in der sich auf Anregung Achim von Arnims Intellektuelle und Militärs vorwiegend konservativer Auffassung zusammengefunden hatten. Nach der Entlassung Steins diente Staegemann ab 1810 erneut unter Hardenberg, den er auch 1814 nach Paris und London sowie zum Wiener Kongreß 1814/15 begleitete, auf dem er sich neben Humboldt durch sein Geschick und seine Leistungsfähigkeit während der Verhandlungen auszeichnete. 1816 wurde er für seine Verdienste geadelt. Von 1819 bis 1820 leitete er die »Staatszeitung«, deren zum Teil reaktionären Tendenzen dem toleranten Staegemann zuwider waren. So kam es ihm nicht ungelegen, daß er nach kurzer Zeit von diesem Amte entbunden wurde. In den zwanziger Jahren war er unter Lottum in der Staatsregierung tätig, wo er die wichtigsten Kabinettsordres entwarf und sich um die Sicherung der Stein-Hardenbergschen Reformen bemühte. Als Staegemann am 4. Februar 1835 sein 50jähriges | Dienstjubiläum beging, erhielt er vom
Magistrat und der Stadtverordnetenversammlung die Ehrenbürgerwürde.
Staegemann trat auch als Verfasser von Liebesgedichten, Epigrammen und patriotischen Liedern hervor. Als Hardenberg am 26. November 1822 starb, würdigte er dessen Leistung und erinnerte die Preußen (Brennen nannte er sie in seinen Liedern) daran, was sie dem bedeutenden Reformer zu danken haben: Du aber schweigst, Posaune der Klio, nicht. Du legst dich purpurn über die stille Gruft, Der Brennen-Zukunft reicher Teppich Dran er, ein Meister, gewoben immer. Während der zwanziger und dreißiger Jahre, in denen Berlin kaum Stätten
großstädtischer Geselligkeit besaß, schuf
Staegemann mit seinem bescheidenen Salon eine der wenigen Gesellschaften, wo
Menschen unterschiedlicher Gesinnung ihre Gedanken ungezwungen austauschen konnten.
Hier verkehrten namhafte Künstler, so zum Beispiel Heinrich von Kleist, den er noch aus Königsberger Zeiten kannte. Aus einem geselligen Liederspiel in seinem Salon
entstand bei Wilhelm Müller die Idee für
seinen Gedichtzyklus »Die schöne
Müllerin«, der in der Vertonung von Schubert
Weltruhm erlangte.
Zeichnung: H. Peters | |||||
© Edition Luisenstadt, 1998
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