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96 Geschichte und Geschichten![]() | Brand im Freibad Müggelsee ![]() ![]() |
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und drei Verkaufsstände übersprang«. In einer nahe gelegenen Gastwirtschaft, so hob die »Tante Voss« hervor, sei das Feuer
zuerst bemerkt und Alarm gegeben worden. Das »Tageblatt« erwähnte als Erstinformanten einen Villenbesitzer in Friedrichshagen, der »am Eingang des Freibades einen hellen Feuerschein bemerkte«. Fest steht, es
war die Freiwillige Feuerwehr Friedrichshagen, die zuerst den Kampf mit den Flammen
aufnahm. Der weithin sichtbare Feuerschein die Gebäude des Freibades hatten
Schilfdächer rief alsbald auch, so weiter im
»Tageblatt«, »die Feuerwehren von Rahnsdorf, Köpenick, Fichtenau, Wilhelmshagen, Niederschöneweide, Adlershof und
Woltersdorf« herbei. »Mit fünfzehn
Schlauchleitungen größten Kalibers wurde das Feuer von
allen Seiten angegriffen.« Der
»Lokalanzeiger« verwies darauf, daß die Zufuhr des
Wassers Schwierigkeiten bereitete, »da nur
eine ziemlich entfernt liegende Stelle des Sees zur Anlegung der Rohre geeignet war«.
Auch das im Osthafen stationierte
Feuerlöschboot wurde alarmiert. »Es konnte jedoch
nicht mehr in die Löscharbeiten eingreifen, da es nicht an das flache Seeufer heranfahren konnte.«
Als gegen 7 Uhr morgens das Feuer weitgehend lokalisiert war und ein Teil der Feuerwehren die Brandstelle verließ, ergab die Bilanz, daß das Verwaltungsgebäude, zwei Garderobenhallen und eine ganze Anzahl von Verkaufsständen vollständig niederge- | ||||||
Horst Wagner
Großfeuer im Freibad Müggelsee Es war in Berlin ungewöhnlich heiß an
diesem zweiten Septemberwochenende des Jahres 1928. 31,2 Grad im Schatten
registrierten die Meteorologen. Ȇberall in der
Umgebung von Berlin herrschte ein Ausflugsverkehr, wie er sonst nur an Hochsommer-Sonntagen erreicht wird«, vermerkte der »Lokalanzeiger« in seiner
Montagsausgabe. Im Freibad Wannsee wurden bei einer Wassertemperatur von 20 Grad 22 000 Besucher gezählt. Auch in den
anderen Sommerbädern der Hauptstadt war
Hochbetrieb. Berlins zweitgrößtes Freibad, das
am Müggelsee, blieb allerdings an diesem und den folgenden Tagen geschlossen. Dort
wurde an der Beseitigung der Brandschäden gearbeitet, und die Kriminalpolizei war zugange, um die Spuren der
vermuteten Brandstiftung zu sichern.
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BerlinerTagesblatt, Abend-Ausgabe, Sonnabend 8. September 1928 | ||||||
brannt waren. Der Sachschaden wurde auf rund 10 000 Mark geschätzt. Menschenleben waren nicht zu beklagen. Glücklicherweise war es gelungen, ein Übergreifen des Feuers auf das neben dem Strandbad gelegene sogenannte Negerdorf eine engbebaute Sommersiedlung zahlreicher Berliner Familien zu verhindern. Die Bewohner wurden nur etwas unsanft aus dem Schlaf gerissen und mußten ihre Häuschen zeitweilig verlassen. Von Anfang an überwog die Vermutung, daß Brandstiftung das Strandbadfeuer verursacht hatte. Das »Tageblatt« wußte zu berichten, daß »die Täter« wahrscheinlich »die dicht an der Straße gelegenen Kassenräume | angezündet haben«. Von hier aus sei das
Feuer durch den Wind auf die anderen Baulichkeiten übertragen worden. Es verwies in
diesem Zusammenhang darauf, daß einige Tage zuvor auf der anderen Seite des
Müggelsees an zwei Stellen im Wald Feuer
angezündet worden war, »wodurch fünfzehn Morgen
guten Waldbestandes vernichtet wurden. Es besteht der Verdacht, daß diese
entkommenen Brandstifter nunmehr auch das Feuer im
Freibad Müggelsee angelegt haben«. Trotz
der ausgesetzten hohen Belohnung konnten die Täter offenbar nicht ermittelt werden.
Als sich der Brand ereignete, war das Freibad Müggelsee knapp sechzehneinhalb Jah- | |||||
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re alt. Es war am 26. Mai 1912 eröffnet
worden. Schon Jahre zuvor waren die Berliner an Sonn- und auch Werktagen in Scharen
an den Müggelsee gezogen und hatten sich trotz der Warntafeln »Baden verboten«
und polizeilicher Strafmandate in dessen Fluten gestürzt. Wegen der mit dem »wilden Baden« verbundenen Gefahren, vor allem aber »mit Rücksicht auf das am See
gelegene Wasserwerk«, wurde es, wie es in
einem zeitgenössischen Bericht hieß, »vom
Standpunkt der Gesundheitshygiene aus gesehen dringend notwendig, eine geschlossene Badeanlage zu schaffen«. Die Initiative
ging vom damaligen Landrat des Kreises Niederbarnim, dem Geheimen
Oberregierungsrat Busch aus. Gemeinsam mit den
Bürgermeistern der Vorortgemeinden Friedrichshagen und Rahnsdorf und einem Forstmeister gründete er am 20. März 1912 die
»Freibad Müggelsee GmbH«, die ihrerseits
den Regierungsbaumeister Kleemann mit dem Bau des Bades beauftragte. Bereits im
Eröffnungsjahr 1912 wurden dort 177 365 Besucher gezählt. 1927 waren es 181 560
Erwachsene und 53 681 Kinder.
Nach dem Brand vom 8. September 1928 wurde in den Jahren 1929/30 nach einem Entwurf des Stadtbaurates Wagner von der »Städtischen Hochbaudeputation« der Wiederaufbau des beliebten Freibades durchgeführt und es in »Strandbad Müggelsee« umbenannt. In einem nach Abschluß des ersten Bauabschnittes (Kostensumme: 706 000 | Reichsmark) herausgegebenen
Mitteilungsblatt wurde es als »Die Riviera des
Berliner Ostens« gewürdigt. »Sobald man den
Haupteingang passiert hat«, hieß es dort über
das Mitte Mai 1929 wiedereröffnete Bad,
»betritt man die 160 Meter lange Terrasse, die
sich sechs Meter über dem Wasserspiegel am Rande der Böschung entlangzieht.«
Hervorgehoben wurden die »rechts und links
der großen Freitreppe massiv erbauten Pilze
in einer Höhe von sechs Meter und einem Durchmesser von zehn Meter ... Unter
dem einen Pilz wird ein japanischer Teeausschank eingerichtet werden und der
andere soll der Ausgabe sämtlicher Brunnen
aller führenden Bäder- und Kurorte dienen«.
Lobende Erwähnung fanden auch die mit automatischen Fußwaschbecken ausgerüstete neue Umkleidehalle, der im Bad neu eingerichtete Herren- und Damenfriseur, das Fotoatelier, der Delikatessen-, Konfitüren-, Speiseeis-, Obst-, Backwaren- und Zeitungsverkauf sowie eine dem Mittelbau vorgelagerte Wandelhalle, »die den Besuchern bei plötzlich einsetzendem Regen und schnell heraufkommendem Unwetter Schutz bietet«. Seit Mitte Juli 1929 gab es mit der Straßenbahnlinie 87 auch eine direkte Verbindung von der Berliner Behrenstraße zum Strandbad Müggelsee, das bereits im ersten Jahr nach dem verheerenden Brand mit 214 890 Erwachsenen und 68 209 Kindern einen neuen Besucherrekord verzeichnete. Bildquelle: Archiv Autor
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© Edition Luisenstadt, 1998
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