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74 Berlin im Detail![]() | Restaurierung des Pergamonaltars ![]() ![]() |
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besitz seit 1997 für den Hauptaltar bereit.
Auf der Südseite sind die Arbeiten bereits abgeschlossen. Die sorgsam gereinigten Teile strahlen wieder hell vor dem neuen Hintergrund aus glatten Kalksteinplatten aus dem norditalienischen Friaul. Deren Wirkung ist bereits beim Telephosfries erprobt worden, erklärt der Direktor der Antikensammlung, Wolf-Dieter Heilmeyer. Die Fragmente vom Großen Altar seien bisher »sehr unschön« von grau gestrichenem Mörtel eingefaßt gewesen, durch den sogar noch Ziegelsteine hindurchschienen. »Der antike Marmor und der Kalkstein vertragen sich in der Farbe und Struktur besser als der bisherige Untergrund, der zudem noch die unangenehme Eigenschaft hatte, daß er Feuchtigkeit anzieht.« Auf den Treppenstufen sitzend, kann man jetzt beobachten, wie weitere Platten der Gigantomachie abgebaut werden. Die bis zu 1,8 Tonnen schweren Reliefs verschwinden hinter dem Altar im Restaurierungsatelier, um nach einigen Wochen gereinigt, gefestigt und aufgehellt an alter Stelle wieder eingefügt zu werden. Dann zeigt sich der Marmor in seiner ursprünglich lichten, leicht ins Bläuliche gehenden Farbe. Nach Beseitigung der hundertjährigen Staubschicht treten auch die Feinheiten deutlicher denn je hervor. Mitarbeiter der auf antike Steinmonumente und Skulpturen spezialisierten Restaurierungswerkstatt Silvano Bertolin (München) befreien den Marmor von alten | ||||||
Helmut Caspar
Wenn Eisen Marmor bricht Berliner Pergamonaltar bereits zu großen Teilen restauriert Der Große Altar von Pergamon wurde im Altertum zu den Weltwundern gezählt. Dessenungeachtet haben jahrhundertelang
die Bewohner von Bergama an der türkischen Ägäisküste die marmornen Figuren
und Architekturglieder verbrannt, um Kalk zu gewinnen. Der Berliner Archäologe
Carl Humann (18391896) grub die Trümmer aus und brachte sie nach Berlin. Sie wurden »die« Attraktion der Museumsinsel. Bis
zu einer Million Besucher im Jahr betrachtet die Darstellung des dramatischen
Kampfes der Götter und Giganten, und sie
schauen neugierig auch den Restauratoren zu, die
sich an den Marmorgestalten zu schaffen machen.
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Eisendübeln und Messingklammern.
Verklebungen sowie Ergänzungen und Kitt aus
Zement, Gips und Mörtel werden vorsichtig mit dem Skalpell und Ultraschallgeräten abgetragen. »Wir entfernen den Schmutz der letzten hundert Jahre unter klarem Leitungswasser, aber ohne Chemikalien.
Wichtig ist, daß die historische, je nach
Fundort leicht braun gefärbte Patina erhalten
bleibt, eine Erinnerung an über 2 000 Jahre
Ruhe im Boden von Pergamon«, sagt Steinrestaurator Bertolin. Leider könnten die tief in den Marmor eingedrungenen braunen Verfärbungen durch rostende
Eisenklammern nicht beseitigt werden. »Wir verwenden jetzt nichtrostenden Stahl, und außerdem brauchen wir weitaus weniger
Klammern als früher. Sie werden so im Stein
verklebt, daß man sie jederzeit herausnehmen kann.«
Da es über frühere Restaurierungen kaum Aufzeichnungen gibt, muß vieles aus den Steinen »herausgelesen« werden. Jetzt wird jeder Arbeitsgang akribisch in Bild und Schrift festgehalten. Die Popularität des Pergamonaltars erfreut und betrübt Museumsdirektor Heilmeyer gleichermaßen, denn jeder Besucher bringt Feuchtigkeit, den Feind Nummer eins, in den Raum. »Bei der Restaurierung erfahren wir jeden Tag aufs neue, welche Sprengkraft rostendes Eisen gegenüber Marmor hat. Viele Bruchstellen und Risse gehen auf Korrosion als Folge von Feuchtigkeit zurück.« Als die zwischen 1874 und 1885 nach Berlin gebrachten | pergamenischen Marmorfragmente
zunächst im Alten Museum, zwischen 1901 und 1908 im wenig stabilen »Interimsbau«
auf der Museumsinsel und schließlich ab 1927 im heutigen Pergamonmuseum
aufgestellt wurden, habe man nicht die Gefahren bedacht, die von eisernen Klammern,
aber auch von Zement, Gips und Mörtel als Ergänzungs- und Ausgleichsmasse
ausgehen. Die Abdeckung der Platten mit feuchten Sandsäcken zu Beginn des Zweiten
Weltkriegs, ihre Demontage und Einlagerung im Berliner Zoobunker, der Abtransport
durch die Rote Armee mit der Eisenbahn nach Leningrad, heute wieder Sankt Petersburg, und schließlich die Unterbringung in
der Eremitage hätten dem empfindlichen Material ebenfalls arg zugesetzt.
Als die Reliefteile 1958 mit unzähligen weiteren Beutestücken in die DDR zurückgebracht wurden, fand aus Kostengründen die dringend notwendige Restaurierung und Konservierung nicht statt. Eine umfassende Restaurierung ist erst nach der Vereinigung der Staatlichen Museen unter dem Dach der Stiftung Preußischer Kulturbesitz möglich geworden. Wenn die Arbeiten nach der Jahrtausendwende abgeschlossen sein werden, sollen andere Monumente wie das berühmte Markttor von Milet auseinandergenommen und restauriert werden. Die jetzt gesammelten Erfahrungen werden bei dieser neuen Herausforderung nützlich sein. | |||||
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© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de