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baus in das Ambiente der architektonischen
Umgebung, die nicht ohne Grund mit Schloßbezirk beschrieben wird, wirft doch schon bei der
bloßen Vorstellung die Frage auf, ob nicht spätere
Generationen dann auf die heutigen Zeitgenossen als Barbaren herabschauen würden, die mit dem
ihnen anvertrauten Platz barbarisch umgegangen
sind. Dennoch scheinen die wesentlichen Messen
schon gelesen zu sein: Nachdem die angesprochenen Experten anderthalb Tage lang ihre Standpunkte vorgetragen, ausgetauscht und diskutiert
hatten (übrigens gar nicht so kontrovers, wie man es
anfänglich hätte vermuten können: daß der
gegenwärtig leere Raum architektonisch gefüllt
werden müsse, wurde grundsätzlich nicht bestritten!), erschien Wilhelm von Boddien als Vorsitzender des »Fördervereins Berliner Stadtschloß«, legte vehement seinen bekannten Standpunkt vom Wiederaufbau des gesprengten und
abgeräumten Bauwerks als modern zu nutzendem Gebäude
mit getreuer oder fast getreuer Fassade des Barockschlosses dar und ließ recht deutlich
durchblicken, daß ein Investor (oder nicht nur einer?) bereits
in den Startlöchern säße. Die dabei wieder
einmal sichtbar gewordene Fixierung auf die
Wiedererrichtung der Schloßkuppel muß eigentlich
Erstaunen hervorrufen, denn die Kuppel war ja eine spätere Zutat des 19. Jahrhunderts und könnte
angesichts der wachsenden Zahl von Wolkenkratzern in der Mitte Berlins anders als zur Zeit des »Romantikers auf dem Thron«, der die Kuppel befahl gar keine Funktion mehr haben.
Wenn das ursprüngliche Anliegen der Tagung sicherlich auch nicht erreicht wurde, war sie für die Aufhellung der Geschichte des Schlosses als Repräsentations- wie als Nutzbau doch von erheblichem Wert. Erstmals wurde klargelegt, daß das Schloß im 18. Jahrhundert nach Friedrichs I. Tod sehr vordergründig immer mehr in die Funktion eines Behördensitzes hineinwuchs, was erst Friedrich Wilhelm IV. bis zu einem hohen Grade wieder | |||||||
Um Stadtschloß und Schloßbezirk
Die Historische Kommission zu Berlin
veranstaltete an ihrem herrlich gelegenen Sitz dem
»Mittelhof« in Berlin-Nikolassee am 12./13. Februar eine Tagung, die man wohl am besten als Mittelding zwischen wissenschaftlichem Colloquium und Hearing charakterisieren kann. Die
Veranstaltung sollte nach den einleitenden Worten des
Kommissionspräsidenten, Wolfgang Ribbe, dem
Meinungsaustausch zwischen Historikern,
Kunsthistorikern und Architekturhistorikern für einen
Standpunkt hinsichtlich der weiteren Gestaltung des
Schloßplatzes in Berlin dienen. Anlaß zu der
Überlegung, daß auch von dieser Seite her eine Position
formuliert werden könnte, war das vor kurzem eingeleitete amtliche
»Interessenbekundungsverfahren« für investitionsträchtige Bewerber um die
Nutzung des gegenwärtig noch von Palast der Republik, gähnender Leere, archäologischen Aufbrüchen und der Estrade des einstigen
»Nationaldenkmals« gekennzeichneten Areals in der historischen
Mitte Berlins.
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bereinigte. Ingo Materna räumte aufgrund von Akten des Preußischen Finanzministeriums mit der Zwecklegende auf, das Schloß sei nach dem 9. November 1918 von den Matrosen der Volksmarinedivision in beträchtlichem Maße ausgeplündert worden. (Gerd Heinrich, Vizepräsident der Historischen Kommission, konnte sich, gewiß von eigener Befindlichkeit motiviert, in einer Bemerkung zum 1925 ausgehandelten Entschädigungskompromiß zwischen der Preußen-Regierung und dem Hohenzollernhaus nicht enthalten, darauf hinzuweisen, daß die Weimarer Republik die Alteigentümer besser entschädigt habe als das heutzutage die Bundesregierung tue so spielten auch in diese wissenschaftliche Veranstaltung häßliche Querelen der Gegenwart hinein. Ihm wurde wenigstens in Erinnerung gerufen, daß in einem demokratischen Verfahren, das dem Grundgesetz allerdings unbekannt ist, 92 Prozent aller Wähler und 60 Prozent aller Wahlberechtigten Berlins den damaligen Alteigentümern deutlich die Ablehnung sowohl von Restitution wie auch von Entschädigung signalisiert hatten.) Mit großem Interesse und einigem Erstaunen wurde der Bericht von Laurenz Demps entgegengenommen, daß der Abriß der Schloßruine zunächst gar nicht von den SED-Politikern ins Kalkül gezogen, sondern von Stadtplanern und Architekten der ersten Nachkriegsjahre ins Gespräch gebracht wurde. So sehr verwunderlich ist solche Aktenlage jedoch nicht: Die allgemein verbreitete Stinkwut auf die Hohenzollern, die nach 1945 quer durch alle Parteien in Berlin ging (und die u.a. zu dem einstimmigen Beschluß der Stadtverordnetenversammlung führte, als Berliner Beitrag zum 100. Jahrestag der Märzrevolution die Invalidensäule auf dem Kesselplatz abzureißen; BM 3/93), wird heutzutage in der Debatte um das Schloß ohnehin gern verdrängt. In diesem Zusammenhang war es gewiß angebracht, daß einer der Teilnehmer am zweiten Tag der Tagung darauf hinwies, daß die Feststellung von Landesdenkmal- | pfleger Helmut Engel in seinem einleitenden
Referat, der Schloßbezirk zwischen Spree und
Friedrich-Denkmal wäre ja in großen Teilen noch
erhalten, dahingehend zu präzisieren sei, daß davon
kaum etwas erhalten, sondern fast alles
wiederhergestellt sei wie in der gesamten Diskussion die
unumstößliche Tatsache immer wieder zu kurz käme, daß die Ruinierung des Schlosses schließlich auf
den Bombenangriff vom 3. Februar 1945 zurückgehe, der nach dem Kommuniqué des Alliierten
Hauptquartiers dem Ostgüterbahnhof gegolten haben sollte welch letzterer allerdings überhaupt keine Bombe zu sehen bekommen hatte! Nicht ohne gewisse Berechtigung schlußfolgerte Wilhelm von Boddien aus ebendieser Bemerkung sofort, daß die logische Konsequenz dann doch auf
der Hand liege, eben auch das Schloß wiederherzustellen.
Staatssekretär Hans Stimmann hatte zum letzten Punkt der Tagesordnung (»Neue Entwürfe für die Gestaltung der Mitte Berlins«) sein Erscheinen zugesagt, mußte dann aber wegen dringender Termine kurzfristig absagen. So wurde die Hoffnung auf eine abschließende spannende Diskussion gegenwärtig höchst umstrittener neuer Konzepte enttäuscht. Der von der Historischen Kommission versprochenen Publizierung der während der Tagung vorgelegten Beiträge in einem Sammelband kann man jedenfalls voller Erwartung entgegensehen. Kurt Wernicke | ||||||
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dies auch ausdrücklich nicht. Es ist bildender
Spaziergang durch ein wichtiges Stück
Geschichte, durch Jahre, die das Gesicht dieser Stadt bis
heute geprägt haben, und zugleich genußreiche
Lektüre, unterhaltsam, sprachlich geschliffen. Die
Illustrationen zeichnen sich durch sorgfältige Auswahl
und einwandfreien Druck aus. Eine üppige
Bibliographie und ein noch umfangreicheres
Namensregister sind Handreichungen.
Der Verfasser meint im Nachwort, sein Buch handele nicht von »Berlin, wie es war«, sondern »von dem unzerstörbaren, ewigen Berlin«. Er habe »an einem Stück Vergangenheit aufzeigen wollen, was an Berlin ewig und nicht zerstörbar ist«. Eben dazu habe er jenen Abschnitt der Geschichte gewählt, »der Berlin als Reichshauptstadt zeigt, die Zeit zwischen 1871 und 1933«. Auch wer diesem Auswahlprinzip nicht zuneigt, weil in ebenjener Zeit die Saat der Vergänglichkeit gelegt worden ist und der Begriff »Ewige Stadt« schon einmalig besetzt ist, wird dennoch mit dem Buch hoch einverstanden sein. Es bietet in 21 Kapiteln eine Auswahl von Bildern und Segmenten aus rund sechs Jahrzehnten, die insgesamt faszinierend ist. Das beginnt psychologisierend mit dem »Seelenreiz der Großstadt«, genau beobachtet, spritzig geschrieben, leicht ironisch (wiewohl der Autor um die Gefahren der unverstandenen Ironie weiß, wie er ausdrücklich bezeugt) und immer wieder verblüffend. Da werden die Fremden und die Einheimischen gefragt, wonach Berlin riecht es müßte doch nach etwas riechen, da andere Großstädte durchaus ihren eigenen Geruch haben, der denn auch an einigen Beispielen beschrieben wird. Die Gefragten also »heben die Nase und schnuppern ihren Erinnerungen nach, blicken vor sich hin und sagen: >Ja wonach riecht eigentlich Berlin?< Die Wahrheit ist, Berlin riecht nach nichts.« Und der Autor fügt wahrlich treffend hinzu: Das Fehlen von Geruch ist »etwas anderes als der Beweis von Sauberkeit«. Das Buch ist durchaus aktuell. | ||||||
Walther Kiaulehn
Berlin-Schicksal einer Weltstadt Verlag C. H. Beck, München 1997 Nun ist dieses Standardwerk in einer Neuauflage erschienen. Sie umfaßt das 91.93. Tausend der
Gesamtauflage, erreicht seit 1958, als das Buch
das Licht der Lesewelt erblickte, damals noch im Münchner Biederstein Verlag. Ein beachtlicher,
in vier Jahrzehnten erzielter Erfolg, der für den Inhalt spricht. Ein gültiger Text, an dem nichts
geändert zu werden brauchte. Er interessiert heute mehr denn je: Berlin ist wieder einmal im Werden mit den neunziger Jahren hat ein neues
Schicksal begonnen.
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genommen der lehrreiche Beitrag von
Kraft-Eike Wrede über das Wilmersdorfer
Stadttheaterprojekt, der durch Publikation in unserer Monatsschrift 12/96 bereits in die berlinhistorische Literatur
eingegangen ist). Der Berlin-Historiker freut sich
über jeden Interessenkreis, der sich der Geschichte
»vor Ort« annimmt ohne den aus solchen Quellen
sprudelnden Erkenntniszuwachs über den
konkreten Ablauf von Geschichte im lokalen Rahmen
bleibt das »große Geschehen« letztlich blaß und bis zu einem gewissen Grade auch inhaltsleer, will
heißen: bloße Hülle für das Abspulen von im
nachhinein von Historikern konstruierten Entwicklungslinien.
Einen herrlichen Überblick über wesentliche Momente der »guten alten Zeit« liefert Horst Hoppe mit der Zusammenstellung von Quellen, die er vorrangig dem »Teltower Kreisblatt« entnommen hat eine köstliche Anregung auch für die Heimatforscher in anderen Berliner Stadtgebieten, die je nach einstiger Zugehörigkeit zum Kreis Teltow oder zum Kreis Niederbarnim in diesem Kreisblatt oder in der »Niederbarnimer Zeitung« das frühere Alltagsleben ihres Kiezes entdecken können. Sehr instruktiv auch Wolfgang Hornfelds »Lokal«-Studie »Von vollberäuschten Ausflüglern und Schiebern mit Lackschuhen«, die schon vorliegenden Arbeiten zum Thema mit Bezug auf Ostberliner Ausflugsgaststätten eine überzeugende Ergänzung hinsichtlich der näheren und weiteren Umgebung des Grunewaldes zur Seite stellt. Ingo Materna (»Mit papiernen roten Käppis«) legt mit der Geschichte des Arbeiter- und Soldatenrats Wilmersdorf 1918/19 ein sicher bisher unbekanntes Kapitel lokaler Geschichte vor, das als Frucht lang andauernder Archivstudien zum Vollzugsausschuß der Arbeiter- und Soldatenräte Groß-Berlins entstanden ist. Beispielsetzend sind die Beiträge von Hans Gräfer »Die Slaven sollen für uns arbeiten. Zwangsarbeiter in Wilmersdorf« und von Matthias Burchardt | »Jeder Mensch hat einen Namen«; sie
berichten über Forschungsprojekte zu Ereignissen, die »nebenan« abgelaufen und nur allzu gern schon von den Zeitgenossen verdrängt worden sind,
von den Nachgeborenen aber gar nicht mehr in ihr tägliches Umfeld eingepaßt werden.
Wie katastrophal ein an sich erfolgreiches Forschungsprojekt durch Verkettung von Personalwechsel, Unachtsamkeit und Schlamperei danebengehen kann, schildert nüchtern Fritz Kraatz am Fall der verschwundenen archäologischen Belegstücke aus der 1954er Grabung in der Auenkirche ein Vorgang, der sich eben nicht abspielen kann, wenn ein Arbeitskreis Geschichte (wie auch immer er am konkreten Ort heißen möge) vorhanden ist. Auch die übrigen Beiträge (Knut Müßig, »Die Ludwig- Windthorst- Gedächtniskirche«; Elke Jürgens über die Wilmersdorfer Hanns-Fechner-Schule) sind lesenswert. Man wünscht dem Arbeitskreis weitere Erfolge in seiner Arbeit und weitere Bände an »Bruchstücken«. Kurt Wernicke | ||||||
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An die Redaktion
Zum Beitrag von H. Lange »Auf den Spuren der schwarzen Brüder«, BM 12/97 Als um das Jahr 1747 die Hofkirche der Hohenzollern in Berlin, die aus der Kirche des
Dominikanerklosters hervorgegangen war, abgerissen wurde und die kurfürstlichen Gruftgewölbe geräumt wurden, sind offensichtlich die Särge
nachstehend genannter Kurfürsten der Mark Brandenburg
aus dem Haus Hohenzollern nicht mehr vorhanden gewesen oder so beschädigt, daß eine
Überführung in den neuen Dom am Lustgarten nicht mehr
erfolgte: Johann Cicero (geb. 1455, Regierungszeit 14861499), Joachim I. (geb. 1484,
Regierungszeit 14991535), Joachim II. (geb. 13. 1. 1505,
Regierungszeit 15353. 1. 1571, verstorben in Cöpenick b. Berlin).
| ehemaligen Kloster Lehnin blieb jedoch
vermauert bis heute bestehen.
Das damals regierende Haus Hohenzollern hatte kein Interesse daran, auch die Gebeine der askanischen Markgrafen nach Berlin zu überführen. Abschließend wäre noch darauf hinzuweisen, daß die ersten drei Kurfürsten in der Mark Brandenburg aus dem Haus Hohenzollern, Friedrich I. (14151440), Friedrich II. (Eisenzahn / 14401470, gestorben 1471), Albrecht (Achilles / 14711486) in der mittelalterlichen Grablege der fränkischen Hohenzollern im Kloster Heilsbronn in der Nähe von Nürnberg beigesetzt wurden. Es handelt sich wohlgemerkt nicht um das besser bekannte Heilbronn. Im Gegensatz zu anderen Dynastien haben die regierenden Hohenzollern ihre verstorbenen Herrscher nicht an einem Ort beigesetzt. Die jeweiligen Zeitläufe und Bedingungen führten zu Beisetzungen an verschiedenen Orten. Gerhard Kelm | ||||||
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© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de