Berlin im Jahr 1969
01. 01. Die BVG (West) nimmt eine Tarifvereinheitlichung vor. Die Fahrscheinsorten wurden reduziert. Ein allgemeiner Umsteigefahrschein wurde eingeführt.
14. 01. In Berlin stirbt der Chemiker Jean D'Ans. D'Ans war von 1919 bis 1945 in der Berliner Industrie tätig und bekleidete danach bis zu seiner Emeritierung verschiedene Funktionen an der Technischen Universität Berlin, deren Rektor er 1947/48 war.
20. 01. Das Gebäude der Alten Bibliothek (Kommode«) am Bebelplatz (Mitte) wird nach Abschluß des Wiederaufbaus der Humboldt- Universität zu Berlin übergeben.
07. 02. Im Zusammenhang mit der für den 5. März 1969 geplanten Bundesversammlung in West-Berlin richtet der Minister des Inneren der DDR an den Regierenden Bürgermeister Klaus Schütz ein Protestschreiben.
09. 02. Der Kieler Professor für Englische Philologie, Gerhard Nickel, lehnt einen Ruf an die Freie Universität Berlin (FU) ab und gibt als einen der Gründe dafür die studentischen Unruhen an der FU an.
15. 02. Auf einem Sonderparteitag in der Hasenheide (Neukölln) benennt sich die Westberliner SED in Sozialistische Einheitspartei Westberlin (SEW) um.
18. 02. Die Schwimmerin Gisela Arendt stirbt. Sie gewann bei den XI. Olympischen Spielen in Berlin 1936 die Silbermedaille über 4 x 100 m Freistil und die Bronzemedaille über 100 m Freistil. Sie war Deutsche Meisterin über 100 m Freistil von 1933 bis 1939.
22. 02. Der DDR-Volkskammerpräsident Johannes Dieckmann (LDPD) stirbt in Berlin.
24. 02. Stefan Steinweg wird in Dortmund geboren. Der Radsportler bei Opel Schüler Derby Berlin errang bei den Olympischen Spielen in Barcelona 1992 die Goldmedaille im 4000-m-Mannschaftsverfolgungsrennen. Er gewann 1989 und 1990 das Berliner Sechstagerennen.
26. 02. Der Architekt Prof. Hans Bernhard Scharoun wird Berliner Ehrenbürger.
05. 03. Trotz scharfer Proteste der Sowjetunon und der DDR tritt die Bundesversammlung in West-Berlin zusammen und wählt Bundesjustizminister Gustav Heinemann (SPD) zum neuen Bundespräsidenten. Heinemann wurde Nachfolger von Heinrich Lübke (CDU).
14. 03. In West-Berlin wird der Dutschke-Attentäter Josef Bachmann, der am 11. April 1968 drei Schüsse auf den Soziologiestudenten abgefeuert hatte, zu einer siebenjährigen Zuchthausstrafe verurteilt.
20. 03. Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus legt ihren endgültigen Vorschlag für das Westberliner Hochschulgesetz vor. Danach sollte an der Spitze der Universität ein Präsident stehen und der Allgemeine Studentenausschuß (AStA) abgeschafft werden.
01. 04. Prof. Erich E. Hofmann, Ordinarius für Eisenhüttenkunde an der Technischen Universität Berlin, wird emeritiert.
01. 04. Franz Pawlak, Professor für Metallhüttenkunde an der Technischen Universität Berlin, wird auf eigenen Wunsch emeritiert.
12. 04. Der Ruderer Horst Hoeck stirbt. Der Athlet des Berliner Ruder-Clubs gewann bei den Olympischen Spielen in Los Angeles 1932 die Goldmedaille im Vierer mit Steuermann. Deutscher Meister war er 1926 im Achter, 1928 im Doppelzweier und 1931 im »Vierer mit«.
17. 04. Der Wissenschaftliche Rat der Humboldt-Universität zu Berlin wählt Karl-Heinz Wirzberger für eine weitere Amtsperiode zum Rektor der Universität.
05. 05. An den Westberliner Ingenieur-Akademien beginnt ein Streik gegen den Entwurf des Senats für ein neues Fachhochschulgesetz. 56,7 % der Ingenieurstudenten hatten sich bei einer Urabstimmung für den Streik ausgesprochen.
08. 05. Das im Dezember 1967 bei einer westdeutschen Werft in Auftrag gegebene und dann im Rohbau nach West-Berlin überführte Motorschiff »Havelstern« erlebt seine Jungfernfahrt.
08. 05. Polizeibeamte gehen an den Westberliner Ingenieur-Akademien gegen dort aufgestellte Streikposten vor, um den Studierwilligen den Zugang zu den Gebäuden zu ermöglichen.
13. 05. Dem belgischen Holzschneider, Zeichner und Maler Frans Masereel wird im Senatssaal der Humboldt-Universität zu Berlin (Mitte) von Rektor Karl-Heinz Wirzberger die Urkunde über die Würde eines Ehrendoktors der Philosophie überreicht.
16. 05. Das Musical »Für fünf Groschen Urlaub« von Günter Stahnke wird im Metropol-Theater in der Friedrichstraße (Mitte) uraufgeführt.
18. 05. Studenten der Technischen Universität Berlin (TU) protestieren während der Parade der Alliierten Streitkräfte auf der Straße des 17. Juni (Charlottenburg) auf dem Vordach des TU-Hauptgebäudes mit Transparenten und dem Abspielen von Revolutionsliedern.
20. 05. Der Staatsrechtler Prof. Dr. Roman Herzog wird bei einer Vorlesung an der Juristischen Fakultät der Freien Universität Berlin von Studenten mit Farbeiern beworfen und bricht daraufhin seine Lehrveranstaltung ab.
21. 05. Der Konvent der Freien Universität Berlin beschließt, zu einer Solidaritätsaktion der Westberliner Hoch- und Fachschulen mit den streikenden Ingenieurstudenten aufzurufen.
24. 05. Die Westberliner Hochschulen erklären sich auf einer Demonstration von etwa 5 000 Personen, die vom Lehniner Platz zur Technischen Universität (Charlottenburg) führte, mit dem Streik der Ingenieurstudenten solidarisch.
31. 05. Die Staatsschauspielerin und Theaterpädagogin Hilde Körber stirbt in Berlin. Sie kam 1924 zu Max Reinhardt nach Berlin und spielte an fast allen Bühnen. 1951 übernahm sie bis 1968 die Leitung der neugegründeten Max-Reinhardt-Schule.
10. 06. Der Staatsrechtler Prof. Dr. Roman Herzog erklärt, daß er wegen der Unruhen an der Freien Universität Berlin und des geplanten Hochschulgesetzes Berlin verlassen und einem Ruf nach Speyer folgen werde.
12. 06. Es erfolgt der erste Spatenstich für den Ausbau der neuen Flughafenanlage in Tegel Süd.
12. 06. Professor Dr. Hans Hörmann vom Psychologischen Institut der Freien Universität (FU) erklärt, daß er einem Ruf nach Bochum folgen werde, da sich die Möglichkeiten, an der FU wissenschaftlich zu arbeiten, in der letzten Zeit stark verschlechtert hätten.
14. 06. Stefanie Graf wird in Brühl geboren. Die Tennisspielerin des LTTC Rot-Weiß Berlin gewann bei den Olympischen Spielen in Seoul 1988 die Goldmedaille im Einzel und Doppel, in Barcelona 1992 Silber im Einzel, 1996 in Berlin zum achtenmal die German Open.
21. 06. Die BVG (Ost) stellt den ersten fahrfähigen Nachbau des Triebwagens 10 der Köpenicker Straßenbahn als Museumswagen vor.
21. 06. Eröffnung des »Berlin Museum«. Das Museum war 1962 infolge der Teilung der Stadt aus einer Bürgerinitiative mit dem Ziel entstanden, neben dem traditionellen Märkischen Museum im Ostteil der Stadt eine eigene berlingeschichtliche Sammlung aufzubauen.
24. 06. Der Entwurf der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus für ein neues Westberliner Hochschulgesetz wird von 25 Professoren der Freien Universität Berlin in einer Erklärung grundsätzlich unterstützt.
02. 07. Im Zoologischen Garten zu Berlin tagt bis zum 5. Juli der »Verband Deutscher Zoodirektoren«. Zum Präsidenten des Verbandes war der Direktor des Zoologischen Garten zu Berlin, Dr. Heinz-Georg Klös 1968 gewählt worden.
05. 07. Der Berliner Industrie-Architekt Walter Gropius, der 1926 das Bauhaus in Weimar gründete, stirbt in Boston (USA).
09. 07. Das neue Westberliner Universitätsgesetz wird vom Abgeordnetenhaus nach über zehnstündiger Debatte mit 72:2 Stimmen verabschiedet.
10. 07. Die erste Herztransplantation von Mensch zu Mensch in West-Berlin findet im Klinikum Westend der Freien Universität Berlin statt. Neun Stunden nach der Operation verstarb der Patient.
12. 07. Prof. Albert Defant, langjähriger Direktor des Institutes für Meereskunde an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin und Ritter der Friedensklasse des Ordens Pour le mérite, begeht seinen 85. Geburtstag.
14. 07. Der Akademische Senat der Freien Universität Berlin nimmt den Antrag der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät, am Institut für Meteorologie und Geophysik eine Abteilung »Wetterdienst« zu schaffen, zustimmend zur Kenntnis.
17. 07. Dem Kurator der Freien Universität Berlin (FU), Dr. Fritz von Bergmann, wird »in Würdigung seiner großen Verdienste um Gründung und Aufbau der Veterinärmedizinischen Fakultät an der FU« die Ehrendoktorwürde dieser Fakultät verliehen.
27. 07. Vom Flughafen Tegel aus werden elf Bundeswehrdeserteure mit einer Chartermaschine in die Bundesrepublik ausgeflogen. Zuvor hatten die Westalliierten die Rechtmäßigkeit der Auslieferung bestätigt.
30. 07. Zwei Räume der Abgeordnetenbibliothek im Schöneberger Rathaus werden in den frühen Morgenstunden durch Molotow-Cocktails in Brand gesetzt. Es entstand hoher Sachschaden.
31. 07. Das Große Tropenhaus des Botanischen Gartens in Steglitz wird durch einen Brand schwer beschädigt. Mehr als die Hälfte des Pflanzenbestandes wurde vernichtet.
01. 08. Das »Gesetz über die Universitäten des Landes Berlin« tritt in Kraft.
01. 08. Das Universitätsgesetz der Technischen Universität Berlin vom 16. Juli tritt in Kraft. Das neue Gesetz sah eine Präsidialverfassung und die Einführung eines hauptamtlichen Managements neben der herkömmlichen Verwaltung vor.
14. 08. Der Dekan der Juristischen Fakultät der Freien Universität Berlin (FU) und Ordinarius für bürgerliches Recht, Arbeits- und Wirtschaftsrecht, Prof. Klemens Pleyer, nimmt wegen der »Atmosphäre des Hasses« an der FU einen Ruf an die Universität Köln an.
22. 08. Die Regierung der DDR protestiert in Noten an die drei Westmächte gegen den Abtransport von Bundeswehrdeserteuren aus West-Berlin, da die Übertragung der westdeutschen Militärgesetzgebung auf Berlin den Status der Stadt verletze.
25. 08. Die 33. Kleine Strafkammer in Moabit verurteilt im Berufungsverfahren die französische Journalistin Beate Klarsfeld zu vier Monaten Gefängnis auf Bewährung wegen einer Ohrfeige, die sie Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger versetzt hatte.
29. 08. In Berlin setzt gegen 7.00 Uhr ein 30 Stunden andauernder Regen ein. Es traten Niederschlagshöhen zwischen 70 und 100 mm auf.
05. 09. Bei einem Sportfest im Stadion des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks (Prenzlauer Berg) verbessert die DDR-Leichtathletin Karin Balzer den eigenen 100-Meter-Weltrekord um 0,1 Sekunden auf 12,9 Sekunden.
08. 09. Das katholische Studentenwohnheim »Wilhelm-Weskamm-Haus« in der Suarezstraße (Charlottenburg), das seit Juni des Jahres von einem provisorischen Verwaltungsrat in eigener Regie geleitet wurde, wird von 300 Polizeibeamten geräumt.
10. 09. Das Institut für Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften in Berlin veranstaltet aus Anlaß des 200. Geburtstages von Alexander von Humboldt ein wissenschaftsgeschichtliches Kolloquium.
19. 09. Prof. Dr. Peter Christian Ludz vom Otto-Suhr-Institut (OSI) der Freien Universität Berlin verläßt Berlin und folgt einem Ruf nach Bielefeld. Als Begründung gab er ein Nachlassen der Lehr- und Forschungstätigkeit infolge der OSI-Reform an.
01. 10. Der Lehrstuhlinhaber für Chemisch-technische Analyse an der Fakultät Landbau der Technischen Universität Berlin, Prof. Karl Silbereisen, wird emeritiert.
02. 10. Die von Erich John geschaffene URANIA-Weltzeituhr wird auf dem Alexanderplatz (Mitte) der Öffentlichkeit übergeben.
03. 10. Der Berliner Fernsehturm (Mitte) wird in Dienst gestellt. Gleichzeitig wurde das zweite Programm des Deutschen Fernsehfunks der DDR eröffnet, das zum Teil in Farbe sendete.
04. 10. Die Vergnügungsstätte »Kulturpark« mit einem über 40 Meter hohen Riesenrad wird im Plänterwald (Treptow) eröffnet.
06. 10. Das Kuratorium der Freien Universität Berlin (FU) beschließt die Errichtung eines »Instituts für Perinatale Medizin der FU Berlin im städtischen Krankenhaus Moabit«.
07. 10. Nach vierjähriger Bauzeit wird der Fernsehturm in der Panoramastraße nahe dem Alexanderplatz (Mitte) zum 20. Jahrestag der DDR der Öffentlichkeit übergeben.
08. 10. Der Zeitungswissenschaftler Prof. Emil Dovifat, der von 1928 bis 1947 das Institut für Zeitungswissenschaft in Berlin leitete, stirbt im Alter von 78 Jahren in West-Berlin. Dovifat war von 1948 bis 1961 Professor an der Freien Universität.
11. 10. Im Berliner Stadtgebiet kommt es am Morgen zu Nebel, welcher - in mehreren Wellen einsetzende - Dunkelheit mit sich brachte und die Bevölkerung beunruhigte. Danach waren die Straßen voll von frisch gefallenem Laub.
13. 10. Die drei amerikanischen Apollo-11-Astronauten E. E. Aldrin, Neil Alden Armstrong und Michael Collins statten West-Berlin einen knapp 24stündigen Besuch ab.
27. 10. Im Parlamentsausschuß für Wissenschaft und Kunst sprechen sich die Vertreter aller drei Fraktionen des Abgeordnetenhauses für die Abschaffung der Studiengebühren an den Westberliner Universitäten aus.
29. 10. Der Paläontologe Werner Jaensch stirbt in Berlin. Jaensch war von 1906 bis 1949 Kustos des Geologisch-Paläontologischen Instituts der Berliner Universität. Sein Spezialgebiet waren die ostafrikanischen Dinosaurier.
24. 11. Das Wahlkonzil der Freien Universität Berlin (FU) wählt den 31jährigen Rolf Kreibich, Diplomphysiker und Assistent am Institut für Soziologie der FU, zum FU-Präsidenten. Damit gelangte erstmals ein Assistent an die Spitze einer deutschen Universität.
27. 11. Das Gesetz zum Schutz des Röhrichtbestandes wird erlassen. Es galt für die Westberliner Havelgewässer sowie für den Prinz- Friedrich-Leopold-Kanal mit Kleinem Wannsee, Pohle- und Stölpchensee und für den Griebnitzsee.
06. 12. Kerstin Kielgaß wird in Berlin geboren. Die Schwimmerin des SC Dynamo Berlin und der SV Preußen gewann bei den Olympischen Spielen in Barcelona 1992 die Bronzemedaille über 200 m Freistil, in Atlanta 1996 Silber über 4 x 200 m Freistil.
12. 12. An der Technischen Universität Berlin wird das Institut für Hochschuldidaktik gegründet.
19. 12. Die Oper »Lanzelot« von Paul Dessau wird an der Staatsoper Unter den Linden (Mitte) uraufgeführt.
21. 12. Die Schauspielerin Ilse Steppat, Gattin des Filmregisseurs Max Nosseck, stirbt in Berlin. Sie stand seit 1932 in vielen klassischen Rollen auf der Bühne und begann nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Film »Ehe im Schatten« ihre Filmkarriere.
26. 12. Im Alter von 63 Jahren stirbt Prof. Fritz Werner, seit 1958 Präsident des Bundesverwaltungsgerichts in Berlin und seit 1964 Lehrstuhlinhaber an der Freien Universität Berlin.

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