Berlin im Jahr 1964
01. 01. Das Chemieunternehmen Riedel-De Haën besteht 150 Jahre (Hauptsitz Seelze/Hannover, Zweigwerk in Britz). Das Unternehmen hatte seinen Ursprung in der Schweizer Apotheke in der Friedrichstraße, die seit 1814 dem Apotheker Johann Daniel Riedel gehörte.
02. 01. In der DDR und in Ost-Berlin wird mit der Ausgabe neuer Personalausweise begonnen. In den Ausweisen wurde »Deutsch« als Nationalität angegeben, als Staatsangehörigkeit jedoch »DDR« vermerkt.
05. 01. Am letzten Tag der 19 Tage gültigen Passierscheinvereinbarung besuchen noch einmal fast 280 000 Westberliner Ost-Berlin. Insgesamt wurden für diese Zeit 1,24 Millionen Passierscheine ausgestellt.
06. 01. Ost-Berlins BVG-Hauptdirektor Herbert Zimmermann und der stellvertretende Oberbürgermeister Max Reutter bedanken sich bei 46 Busfahrern aus DDR-Bezirken, die mit 41 Bussen die BVG-Kollegen in den Tagen der Passierscheinvereinbarung unterstützt hatten.
07. 01. Reinhold Franz Kabisch (Krücke«), der das Pfeifen und Klatschen des Publikums zur Melodie »Wiener Praterleben« bei den Sechstagerennen im Sportpalast (Potsdamer Straße, Schöneberg) eingeführt hatte, stirbt in Berlin.
09. 01. Infolge von matschigem Schnee auf den Straßen kommt es im Westteil der Stadt bis 20.00 Uhr zu 237 Verkehrsunfällen.
09. 01. Das Tiefdruckgebiet »Floriana« verursacht in Berlin einen 20stündigen Schneefall, der zu einer Schneedecke von 14 cm Höhe führte.
16. 01. Im Spandauer Johannesstift beginnt eine zweitägige Zusammenkunft, auf der der Rat der EKD den neuen Text der Luther-Übersetzung des Alten Testaments billigt. Die revidierte Fassung beruht u.a. auf Vorschlägen von Bibelgesellschaften und Kirchenleitungen.
10. 02. Prof. Eugen Sänger, einer der namhaftesten deutschen Raketen- und Raumfahrttechniker, stirbt in Berlin.
16. 02. Der Regierende Bürgermeister Willy Brandt wird als Nachfolger von Erich Ollenhauer zum SPD-Vorsitzenden und zum Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahlen 1965 gewählt.
21. 02. Dem Physiker Wilhelm Westphal wird vom akademischen Senat der Technischen Universität Berlin die Würde eines Ehrensenators verliehen.
28. 02. Der Chemiker Leo Ubbelohde stirbt in München. Ubbelohde war von 1933 bis 1940 Professor der Technischen Chemie an der Technischen Hochschule zu Berlin. Er gründete 1933 die Deutsche Gesellschaft für Mineralölforschung.
06. 03. In den Messehallen am Funkturm wird die »Internationale Bootsschau und Wasserausstellung - Camping-Reisen-Freizeit 1964« eröffnet.
10. 03. Das Berliner Institut für Publizistik der Entwicklungsländer, eine von privater Hand getragene Einrichtung, wird in West-Berlin eröffnet.
10. 03. Der Bühnen- und Filmautor Robert Lüthge (bekannt unter dem Namen Bobby E. Lüthge) stirbt in Berlin. Lüthge war Schriftleiter der Zeitschrift »Bühne und Film«, Mitbegründer des »Film-Kurier« und Mitarbeiter am »Roland von Berlin«.
11. 03. Verstärkt durch eine ungünstige Wetterlage bildet sich über der Stadt eine außergewöhnliche Dunst- und Schmutzwolke, die auch in den Messungen des Meteorologischen Institutes in Dahlem erfaßt wurde.
13. 03. Robert Havemann, Professor für Physikalische Chemie an der Humboldt-Universität zu Berlin, wird wegen kritischer Äußerungen zur Politik der DDR-Regierung aus dem Lehrkörper ausgeschlossen.
19. 03. Im Forschungszentrum Berlin-Adlershof (Treptow) beginnt die zweitägige wissenschaftliche Vortragsveranstaltung »Grundlagen des Festigkeitsverhaltens von Metallen«.
01. 04. Dr. Gerhard Krauß wird auf den Lehrstuhl für Brauereitechnologie der Fakultät Landbau der Technischen Universität Berlin berufen.
17. 04. Die Bezirksverordnetenversammlung von Charlottenburg wählt den 56jährigen Regierungsdirektor Günter Spruch (SPD) einstimmig zum neuen Bezirksbürgermeister als Nachfolger des verstorbenen Kurt Wegener.
18. 04. Das Touristenhotel »Berolina« an der Karl-Marx-Allee (Mitte) nimmt seinen Betrieb auf. Das Hotel wurde Anfang 1996 abgerissen.
25. 04. Am »Tag der Alliierten Streitkräfte« halten die drei in Berlin stationierten westalliierten Garnisonen ihre erste gemeinsame Militärparade nach dem Zweiten Weltkrieg auf der Straße des 17. Juni ab, an der etwa 5 000 Soldaten teilnehmen.
25. 04. In der Werner-Seelenbinder-Halle (Prenzlauer Berg) beginnen die zweitägigen Judo-Europameisterschaften.
07. 05. In West-Berlin beginnt die 63. Hauptversammlung der Deutschen Bunsen-Gesellschaft. Hauptthema war die »Molekularbiologie«. Die wissenschaftliche Vorbereitung lag in den Händen von Manfred Eigen, Ernst Ulrich Franck und Horst Tobias Witt.
07. 05. In der Freien Universität Berlin findet anläßlich des 100. Geburtstages des Physiko-Chemikers Walther Nernst eine Nernst- Gedächtnisfeier statt. Den Festvortrag hielt Prof. J. Eggert (Schweiz).
16. 05. An dem Deutschlandtreffen der Freien Deutschen Jugend (FDJ) zu Pfingsten in Ost-Berlin nehmen rund eine halbe Million Jugendliche aus der DDR teil.
17. 05. Bei einem Schwimmvergleichskampf zwischen der DDR und der Sowjetunion in Ost-Berlin werden zwei Welt- und fünf Europarekorde erreicht.
21. 05. Der Physiker Prof. James Franck, der von 1906 bis 1920 am Kaiser-Wilhelm-Institut für physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin-Dahlem arbeitete, stirbt in Göttingen. Franck hatte 1925 zusammen mit Gustav Hertz den Nobelpreis für Physik erhalten.
09. 06. Der Senat beschließt den von der Bauverwaltung ausgearbeiteten ersten Bericht zur Stadterneuerung. Darin wurden die bis 1920 erbauten Wohnungen als sanierungsbedürftig bezeichnet und ihr Abriß oder ihre Erneuerung empfohlen.
11. 06. Auf dem Kurfürstendamm demonstrieren etwa 20 Personen - meist Studenten - gegen die erneute Kandidatur von Bundespräsident Heinrich Lübke. Vier Personen wurden von der Polizei verhaftet.
12. 06. Vor dem Hause Kirchnerpfad 1 (Charlottenburg) wird einer dreiköpfigen Familie der Schlüssel für die 250 000. Wohnung übergeben, die seit dem Ende der Blockade im Mai 1949 aus öffentlichen Mitteln errichtet worden war.
12. 06. Die Sowjetunion und die DDR schließen einen Freundschafts- und Beistandspakt. Im Artikel 6 wurde West-Berlin als »selbständige politische Einheit« bezeichnet. In einer »Deutschlanderklärung« protestierten die drei Westmächte gegen diese Formulierung.
19. 06. Der Geologe und Paläontologe Heinrich Quiring, der seit 1920 an der Geologischen Landesanstalt und der Technischen Hochschule zu Berlin wissenschaftlich tätig war, stirbt in Berlin.
27. 06. Die Ausstellung »Anklage und Aufruf! Deutsche Kunst zwischen den Kriegen« wird in der Nationalgalerie auf der Musumsinsel (Mitte) eröffnet.
27. 06. Der Biologe und Genetiker Herbert Luers wird von den Ordinarien der Freien Universität Berlin als Rektor der Universität für das akademische Jahr 1964/65 bestätigt.
27. 06. Am »Siebenschläfer-Tag« kommt es in Berlin zu einem Unwetter, bei dem auf dem Flughafen Tempelhof innerhalb von etwa zwei Stunden 81 mm Niederschlag (81 Liter pro Quadratmeter) fielen.
13. 07. Das mit der Wahrung der Tradition des Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster betraute Evangelische Gymnasium zum Grauen Kloster in Grunewald feiert in einem Festakt die 390. Wiederkehr des Schulgründungstages.
15. 07. Zwischen 19.00 und 20.00 Uhr bildet sich ein starker Schauer über dem Berliner Stadtkern, während in der Umgebung (bis zu 100 km Entfernung) mit dem Wetterradar der Freien Universität Berlin kein Niederschlag festgestellt wurde.
15. 07. Der Akademische Senat der Freien Universität Berlin lehnt den Antrag der »Berliner Burschenschaft Obotritia« auf Zulassung als studentische Vereinigung an der Universität ab, da es sich um eine schlagende Korporation mit Pflichtmensur handelte.
17. 07. Der Landesverband Berlin des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) protestiert in einem Schreiben an den Rektor der Freien Universität, Prof. Ernst Heinitz, gegen den Empfang des südvietnamesischen Erziehungsministers Prof. Bui Tuong Huan.
18. 07. Der 212 Meter hohe Fernmeldeturm auf dem Schäferberg in Wannsee (Zehlendorf), mit dessen Hilfe West-Berlin an das Fernwählnetz der Bundesrepublik Anschluß erhielt, wird in Betrieb genommen.
 
12. 09. Der amerikanische Bürgerrechtler und Baptistenpfarrer Martin Luther King trifft auf dem Flughafen Tempelhof zu einem 48stündigen Aufenthalt in Berlin ein.
15. 09. Aus dem Funkhaus in der Nalepastraße (Köpenick) beginnen Stereo-Rundfunk-Versuchssendungen.
21. 09. Otto Grotewohl, Ministerpräsident der DDR seit 1949, stirbt in Berlin. Beigesetzt wurde er an der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde (Lichtenberg).
01. 10. Das dreitägige »Walther-Nernst-Gedächtnissymposium« beginnt im Chemischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin in der Hessischen Straße (Mitte).
02. 10. Das Musical »Mein Freund Bunbury« von Gerd Natschinski wird im Metropol-Theater (Friedrichstraße, Mitte) uraufgeführt.
03. 10. Die Kunstausstellung »Unser Zeitgenosse« wird anläßlich des 15. Jahrestages der DDR eröffnet.
03. 10. Der neuerbaute Amtssitz des Staatsrates der DDR am Marx-Engels-Platz (ab 1994 Schloßplatz, Mitte) wird offiziell seiner Bestimmung übergeben. Endgültig fertiggestellt wurde das Gebäude erst im Dezember.
03. 10. Während des Walther-Nernst-Symposiums wird zum Gedenken an den Physoko-Chemiker im Physikalisch-Chemischen Institut der Humboldt- Universität zu Berlin, Bunsenstraße (Mitte), eine Bronzetafel enthüllt und der Hörsaal als »Walther-Nernst-Hörsaal« benannt.
05. 10. Der Unteroffizier der DDR-Grenztruppen Egon Schultz wird bei einem Schußwechsel mit Fluchthelfern aus West-Berlin getötet. Nahe der Bernauer Straße (Prenzlauer Berg) waren 57 Personen bei der Flucht aus Ost-Berlin durch einen Tunnel entdeckt worden.
05. 10. Der Senat erläßt eine Verordnung über die Reinhaltung oberirdischer Gewässer (Reinhalteordnung - RhO).
06. 10. Das von einer Architektengruppe mit dem Ostberliner Chefarchitekten Hermann Henselmann entworfene Haus des Lehrers sowie die Kongreßhalle werden eröffnet. Damit nahm die Neugestaltung der kriegszerstörten Gegend um den Alexanderplatz Form an.
07. 10. In den Räumen der Freien Universität Berlin beginnt der 26. Deutsche Historikertag - erstmals nach Kriegsende wieder in Berlin - zum Thema »Koexistenz als historisches Problem«. Er dauerte bis zum 11. Oktober.
08. 10. Der neue französische Stadtkommandant, General François Binoche, stattet dem Regierenden Bürgermeister Willy Brandt im Schöneberger Rathaus seinen Antrittsbesuch ab.
10. 10. Maxi Gnauck wird in Berlin geboren. Die Turnerin des SC Dynamo Berlin gewann bei den Olympischen Spielen in Moskau 1980 die Goldmedaille am Stufenbarren, Silber im Mehrkampf-Einzel, Bronze am Boden und im Mannschafts-Mehrkampf.
15. 10. Der Ruderer Achim Hill vom SC Berlin-Grünau gewinnt bei den Olympischen Spielen in Tokio 1964 die Silbermedaille im Einer.
15. 10. Die Berliner Ruderer Bernhard Britting, Egbert Hirschfelder, Peter Neusel, Jürgen Oelke und Joachim Werner gewinnen bei den Olympischen Spielen in Tokio 1964 die Goldmedaille im Vierer mit Steuermann.
19. 10. Der Berliner Pferdesportler Gerhard Schulz gewinnt bei den Olympischen Spielen in Tokio 1964 die Bronzemedaille im Military mit der Mannschaft.
20. 10. Der Berliner Turner Peter Weber gewinnt bei den Olympischen Spielen in Tokio 1964 die Bronzemedaille im Mehrkampf mit der Mannschaft .
21. 10. Wilhelm Kuhweide, Segelsportler des Vereins Seglerhaus am Wannsee, gewinnt bei den Olympischen Spielen in Tokio 1964 die Goldmedaille im Finn-Dingi. Kuhweide nahm an fünf Olympischen Spielen teil.
22. 10. Der Kanurennsportler Jürgen Eschert gewinnt bei den Olympischen Spielen in Tokio 1964 die Goldmedaille im Einer-Kanadier über 1 000 m.
22. 10. Die Turnerin Birgit Radochla gewinnt bei den Olympischen Spielen in Tokio 1964 die Silbermedaille im Pferdsprung. Sie war 1995 Vize- Europameisterin im Bodenturnen.
23. 10. Die Berliner Fußballer Otto Fräßdorf, Gerhard Körner und Jürgen Nöldner vom ASK Vorwärts Berlin sowie Werner Unger gewinnen bei den Olympischen Spielen in Tokio 1964 mit der DDR-Mannschaft die Bronzemedaille.
23. 10. Der Boxer Heinz Schulz gewinnt bei den Olympischen Spielen in Tokio 1964 die Bronzemedaille im Federgewicht. Schulz war Dritter der Europameisterschaft 1961.
01. 11. Die Berliner Wetterkarte, herausgegeben vom Institut für Meteorologie und Geophysik der Freien Universität Berlin, beginnt mit der Veröffentlichung von Werten des Staubgehaltes in der Atmosphäre.
05. 11. Die längste terrestrische Fernsehweitverbindung über Kabel (Moskau - Prag - Berlin) wird in Betrieb genommen.
05. 11. Das Plenum der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin veranstaltet eine wissenschaftliche Konferenz über »Nicolaus von Cues«.
20. 11. Nach elfjähriger Tätigkeit wird der Ostberliner Polizeipräsident Fritz Eikemeier aus gesundheitlichen Gründen verabschiedet und der Nachfolger, der 37jährige Oberst Horst Ende, in sein Amt eingeführt.
21. 11. Der Berliner Arbeitskreis Dokumentation (BAK) wird als erste regionale Gliederorganisation in die Deutsche Gesellschaft für Dokumentation aufgenommen.
28. 11. Der Gerhart-Hauptmann-Preis 1964 der Freien Volksbühne wird an die beiden Dramatiker Heinar Kipphardt und Tankred Dorst verliehen.
30. 11. Das DDR-Verkehrsministerium gibt bekannt, daß ab 1. Dezember 1964 alle in West-Berlin beschäftigten und wohnenden Bediensteten der Reichsbahn Löhne und Gehälter voll in D-Mark (West-Mark) erhalten.
02. 12. Der Vizepräsident von PanAm David Miller erklärt vor der Presse, daß seine Gesellschaft im Frühjahr 1966 ihren Berlinverkehr auf den Düsenmaschinentyp Boeing 727 umstellen wird. Das Flugzeug konnte 131 statt bisher 90 Passagiere befördern.
11. 12. Im Stadtzentrum beginnen die Arbeiten für den Neubau des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der DDR (Mitte).
18. 12. Der Vorstand des Berliner Arbeitskreises für Dokumentation (BAK) legt dem Senat eine Denkschrift »Über den notwendigen Ausbau der Dokumentation in Berlin im Interesse der Wissenschaft und Wirtschaft« vor.
30. 12. Die Neue Berliner Galerie wird im ehemaligen Marstallgebäude (Rathausstraße, Mitte) eröffnet.

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