Berlin im Jahr 1942
04. 01. Der Bauingenieur Gottwalt Schaper stirbt in Berlin. Schaper war im Brückenbau tätig und gab u.a. die Lehrbücher »Eiserne Brücken« (1908) und »Stählerne Brücken« (1934) heraus.
11. 01. In Berlin wird eine Sammlung von Wintersachen für die Soldaten an der Ostfront beendet. Der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Dr. Joseph Goebbels gab bekannt, daß mehr als 67 Millionen Stück abgeliefert wurden.
11. 01. Die Auslagerung von Beständen der Gemäldegalerie, der Nationalgalerie, des Ägyptischen Museums, des Museums für Völkerkunde und des Kupferstichkabinetts in den Flakturm im Park Friedrichshain beginnt.
12. 01. In den Berliner Gaststätten wird ein »Feldküchenessen« eingeführt, das die »symbolische Anpassung« an das Essen der Frontsoldaten »vertiefen« soll.
13. 01. Ein weiterer Transport mit etwa 1 000 Juden - vorgesehen zur Deportation in ein Vernichtungslager - wird von der Rampe des Güterbahnhofs Grunewald aus abgefertigt.
13. 01. Egbert Hirschfelder wird in Berlin geboren. Der Ruderer gewann bei den Olympischen Spielen in Tokio 1964 die Goldmedaille im Vierer mit Steuermann, in Mexiko-Stadt 1968 die Goldmedaille im deutschen Achter.
20. 01. Der Vorsitzende der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, Prof. Carl Ramsauer, richtet eine Eingabe an den Reichsminister Rust, in der er auf die Situation der Physik in Deutschland hinweist.
20. 01. In der Villa Am Großen Wannsee 56-58 findet die geheime »Wannsee-Konferenz« statt, auf der der Chef des Sicherheitshauptamtes, Reinhard Heydrich, die »Endlösung der Judenfrage« verkündet.
30. 01. Im Jüdischen Nachrichtenblatt erscheint ein Aufruf zum Erlernen des Schwesternberufs am Jüdischen Krankenhaus.
04. 02. Der Ringer und Antifaschist Werner Seelenbinder, Mitglied der Widerstandsgruppe Robert Uhrig, wird wie weitere Mitglieder der Gruppe von der Gestapo verhaftet.
04. 02. Robert Uhrig und Mitglieder der von ihm geleiteten Widerstandsgruppe werden von der Gestapo verhaftet. Uhrig war Mitglied der KPD und arbeitete bei der Firma Osram in Berlin. Er wurde im Juni 1944 zum Tode verurteilt und in Brandeburg hingerichtet.
05. 02. Otto Fräßdorf wird in Magdeburg geboren. Der Fußballer des ASK Vorwärts Berlin gewann bei den XVIII. Olympischen Spielen in Tokio 1964 mit der DDR-Mannschaft die Bronzemedaille.
09. 02. Vor der »Berliner Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie« spricht der Psychiater Wilke über »Das Verhalten Schwachsinniger in militärischer Umgebung und ihre Kriegsbrauchbarkeit«.
10. 02. Der Chemiker Otto Hahn hält im Harnack-Haus in Berlin-Dahlem einen Vortrag zum Thema »Die Transmutation chemischer Elemente«.
15. 02. Die Reichsraucherkarte wird in Berlin eingeführt. Frauen erhielten nur die halbe Männerration, was viele Berlinerinnen zu Protesten bei den Amts- und Parteistellen veranlaßte.
21. 02. Margarethe von Trotta wird in Berlin geboren. Die Schauspielerin etablierte sich mit eigenen Regiearbeiten (Das zweite Erwachen der Christa Klages«, 1977; »Die bleierne Zeit«, 1981) als eine der wenigen bedeutenden deutschen Filmregisseurinnen.
22. 02. Der Techniker August von Parseval stirbt in Berlin. Er baute u.a. einen Drachen-Fesselballon, das erste halbstarre Luftschiff (1906) und war seit 1911 Professor für Luftschiffahrt an der Technischen Hochschule.
26. 02. Auf einer Sitzung des Reichsforschungsrates und des Heereswaffenamtes im Haus der Deutschen Forschung referiert der Physiker Werner Heisenberg über die »Energiegewinnung aus der Uranspaltung«.
01. 03. Adolf Hitler unterzeichnet in Berlin einen Erlaß zur Bekämpfung der Juden, Freimaurer und »der mit ihnen verbündeten weltanschaulichen Gegner des Nationalsozialismus«.
09. 03. Maximilian de Crinis, einer der führenden Köpfe der nationalsozialistischen Psychiatrie, spricht vor der »Berliner Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie« über »Das neue großdeutsche Eherecht«.
16. 03. Die Versuchsanstalt für Luftfahrt in Berlin kauft ein Grundstück in Mittenwalde, um zwei neue Funkmasten zu errichten, nachdem jene bei Ahlimbsmühle in der Schorfheide niedergelegt werden mußten.
21. 03. Der Chemiker Arthur Rosenheim stirbt in Berlin. Seit 1921 war Rosenheim ordentlicher Professor an der Berliner Universität. Außerdem lehrte er am »Wissenschaftlich-chemischen Laboratorium Berlin N«. 1933 war ihm die Lehrbefugnis entzogen worden.
21. 03. Der Ingenieur Conrad Matschoß, der sich um die Darstellung der Technikgeschichte verdient machte, stirbt in Berlin. 1909 gab er die »Beiträge zur Geschichte der Technik und Industrie« heraus; seit 1909 war er Professor an der Technischen Hochschule.
22. 03. Arnold Berliner, der Begründer der Zeitschrift »Die Naturwissenschaften«, stirbt in Berlin.
26. 03. Der Polizeipräsident von Berlin Wolf Graf von Helldorf gibt bekannt, daß alle jüdischen Wohnungen öffentlich gekennzeichnet sein müssen.
01. 04. Die preußische Landesanstalt für Wasser-, Boden- und Lufthygiene, die 1935 dem Reichsgesundheitsministerium als Abteilung unterstellt worden war, wird in eine selbständige »Reichsanstalt für Wasser- und Luftgüte« umgewandelt.
17. 04. Prof. Dr. Hermann Schröder stirbt in Berlin. Als Leiter der prothetischen Abteilung des zahnärztlichen Instituts der Berliner Universität war er führend in der Forschung auf den Gebieten Zahnerhaltung, Prothetik und Chirurgie.
21. 04. Der Turner Fritz Manteuffel stirbt. Manteuffel gewann bei den Olympischen Spielen in Athen 1896 als Berliner Vertreter im deutschen Aufgebot die Goldmedaillen an Barren und Reck mit der Mannschaft.
23. 04. Während Omnibuslinien wegen Treibstoffmangels z.T. eingestellt werden mußten, erweitert die BVG das Obusnetz auf drei Linien. Verstärkt kamen Obusanhänger zum Einsatz.
26. 04. Der Reichstag beschließt in Berlin, daß Reichskanzler Adolf Hitler »oberster Gerichtsherr« ist.
01. 05. Der Ingenieur Paul Freiherr von Handel, Wissenschaftler an der Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL), wird zum ordentlichen Forschungsprofessor ernannt.
09. 05. Im Lustgarten (Mitte) wird eine antisowjetische Ausstellung unter dem Titel »Das Sowjet-Paradies« eröffnet.
18. 05. Mitglieder der jüdischen Widerstandsgruppe um Herbert Baum legen Brandsätze in der antisowjetischen Propagandaausstellung »Das Sowjet-Paradies« im Lustgarten (Mitte). Elf Besucher wurden verletzt.
22. 05. Gegen den am 23.10.1941 verhafteten Dompropst zu St. Hedwig, Bernhard Lichtenberg, beginnt die Gerichtsverhandlung vor dem Sondergericht in Berlin, Turmstraße 91, Saal 57. Lichtenberg wurde zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren Gefängnis verurteilt.
27. 05. Im Rahmen einer Vergeltungsaktion auf den Anschlag der Widerstandsgruppe Baum vom 18. Mai werden über 400 Berliner Juden verhaftet.
04. 06. Das Heereswaffenamt übergibt das Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik wieder an die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft.
04. 06. Im Harnack-Haus (Dahlem) treffen sich auf Einladung des Reichsministers Alfred Speer deutsche Kernphysiker mit Vertretern der Reichsführung und des Militärs.
06. 06. In Berlin beginnen die sogenannten »Alterstransporte« in das Ghetto Theresienstadt. In 117 Transporten dieser Art wurden 14 797 jüdische Bürger deportiert.
08. 06. Vor der »Berliner Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie« spricht der Erbbiologe Fritz Lenz über »Die Erbbedingtheit der Epilepsien«.
12. 06. Der Ufa-Film »Die große Liebe« mit Zarah Leander wird uraufgeführt.
22. 06. Der Geologe Carl Friedrich Hermann Rauff, von 1904 bis 1922 Professor der Geologie an der Bergakademie und der Technischen Hochschule zu Berlin, stirbt im Alter von 89 Jahren in Berlin.
23. 06. Dieter Below wird in Rostock geboren. Der Segler des SC Berlin-Grünau errang bei den Olympischen Spielen in Montreal 1976 die Bronzemedaille im Soling. In dieser Bootsklasse war er 1973 und 1976 Europameister.
30. 06. Die noch bestehenden jüdischen Schulen werden per Erlaß geschlossen.
30. 06. Um alle Luftfahrtforschungsaktivitäten zusammenzufassen, wird die Bildung der Forschungsstelle »Forschungsführung des Reichsministers der Luftfahrt und Oberbefehlshabers der Luftwaffe« angeordnet. Zum Vorsitzenden wurde L. Prandtl berufen.
15. 07. In seinem Vortrag »Hochsitzende halbseitige Halsmarkschußverletzungen« vor der »Berliner Gesellschaft für Neurologie und Psychiatrie« geht H. Rosenhagen auf die neurologische Auswertung kriegsbedingter Schäden ein.
01. 08. Rainer Tscharke wird in Babelsberg geboren. Der Volleyballer des TSC Berlin gewann bei den Olympischen Spielen in München 1972 mit der DDR-Mannschaft die Silbermedaille. Tscharke war Mitglied der Mannschaft, die 1970 Weltmeister wurde.
28. 08. Der Mediziner Arthur Nicolaier, für den Transport nach Theresienstadt vorgesehen, geht in seiner letzten Wohnung, Kurfürstenstraße 33 (Tiergarten), in den Freitod.
30. 08. In Berlin beginnt eine mehrtägige Verhaftungswelle. Weit über einhundert Mitglieder der Widerstandsorganisation von Harro Schulze- Boysen und Arvid Harnack (Rote Kapelle) wurden verhaftet. Viele von ihnen wurden in Plötzensee hingerichtet.
06. 09. In der Deutschlandhalle (Charlottenburg) finden die Deutschen Meisterschaften im Schwergewichtsboxen vor 15 000 Zuschauern statt. Walter Neusel (Bochum) besiegt den Titelverteidiger Adolf Heuser (Bonn).
24. 09. Der jüdische Arzt und sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Julius Moses stirbt im Konzentrationslager Theresienstadt.
28. 09. Der Chemiker Wilhelm Traube wird von der SS in Berlin ermordet. Traube war von 1911 bis 1933 Leiter der anorganischen Abteilung am I. Chemischen Institut in der Hessischen Straße (Mitte).
01. 10. Der Ingenieur Walter Bungardt, Wissenschaftler an der Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL), wird zum außerordentlichen Forschungsprofessor ernannt.
01. 10. Der Physiker Prof. Werner Heisenberg wird zum Direktor am Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik ernannt. Der bisherige Direktor, der Physiker Prof. Peter Joseph Debye, wurde formal beurlaubt. Heisenberg war auch Leiter des deutschen Kernenergieprojekts.
06. 10. In Berlin wird der Bismarck-Film »Die Entlassung« mit Emil Jannings in der Hauptrolle uraufgeführt.
19. 10. Das jüdische Waisenhaus »Baruch Auerbach« wird geschlossen. Eine Gruppe von Kindern wurde in die Kinderabteilung des Jüdischen Krankenhauses verlegt.
20. 10. Auf Anordnung der Gestapo müssen sich die jüdischen Mitarbeiter des Jüdischen Krankenhauses melden. 91 von ihnen sollten deportiert werden, darunter der Direktor Julius Schönfeld. Er ging daraufhin in den Freitod.
20. 10. Die Gestapo bestimmt Dr. Walter Lustig zum neuen Ärztlichen Direktor des Jüdischen Krankenhauses. Zum direkten Vorgesetzten des Krankenhauses wurde in der Abteilung IV B des Reichssicherheitshauptamtes Fritz Wöhrn ernannt.
21. 10. Die Gestapo ernennt Selmar Neumann zum neuen administrativen Direktor des Jüdischen Krankenhauses, einen Tag nach dem Freitod seines Vorgängers, Julius Schönfeld, der zur Deportation bestimmt war.
05. 11. In Berlin wird eine streng geheime Konferenz der Deutschen Akademie für Luftfahrtforschung zum Thema »Sonderprobleme der Fernlenkung« (fernsehgesteuerte fernlenkbare Waffen) abgehalten.
07. 11. Jörg Lucke wird geboren. Der Ruderer des TSC Berlin gewann die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Mexiko-Stadt 1968 im Zweier ohne Steuermann und in München 1972 im Zweier mit Steuermann. In dieser Bootsklasse war er 1975 Weltmeister.
14. 11. Klaus Beer wird in Liegnitz geboren. Der Leichtathlet des SC Dynamo Berlin errang bei den Olympischen Spielen in Mexiko-Stadt 1968 die Silbermedaille im Weitsprung. Beer war achtmal DDR-Meister.
15. 11. Die Fakultät für Bauwesen der Technischen Hochschule zu Berlin beschließt, eine selbständige Fakultät für Architektur einzurichten.
17. 11. Der Gestapo-Mann Alois Brunner, der von Wien nach Berlin kam, um die Deportation der Juden voranzutreiben, fordert eine Liste aller in Berlin zugelassenen jüdischen Ärzte an. Sie sollte als Grundlage zur Reduzierung jüdischer Wohlfahrtspflege dienen.
21. 11. Beim ersten systematischen britischen Luftangriff auf Berlin gehen in der Nacht u.a. Gebäude der Deutschen Bank in Flammen auf.
30. 11. Das Jüdische Krankenhaus wird zwangsweise an die »Akademie für Jugendmedizin« verkauft, jedoch auf Anweisung des Reichssicherheitshauptamtes weiter als jüdisches Krankenhaus genutzt.
03. 12. Der Stratosphärenforscher Joseph Arthur Stanislaus Berson, der zu wissenschaftlichen Zwecken 91 Ballonfahrten durchführte, stirbt in Berlin. Sein Grab befindet sich auf dem Landeseigenen Parkfriedhof Lichterfelde.
04. 12. Im Hofmann-Haus in der Sigismundstraße 4 (Tiergarten) findet eine Robert-Mayer-Gedenkstunde der Bunsen-Gesellschaft statt.
05. 12. Die 75-Jahr-Feier der Deutschen Chemischen Gesellschaft findet im Hofmann-Haus in der Sigismundstraße 4 (Tiergarten) statt. Staatsrat W. Schieber hielt den einführenden Vortrag über Wesen und Wirken der Deutschen Chemischen Gesellschaft.
07. 12. Wilhelm Furtwängler dirigiert in Berlin die Erstaufführung des »Hymnischen Konzerts« von Heinz Schubert.
09. 12. Die Forschungsführung des Reichsministeriums für Luftfahrt verfügt die Ausgliederung des Instituts für Elektrophysik aus der Versuchsanstalt für Luftfahrt und die Angliederung an die Forschungsanstalt für Segelflug.
10. 12. Der Schriftsteller und Theologe Jochen Klepper, seit 1931 in Berlin tätig, 1937 aus der Reichsschriftumskammer ausgeschlossen, geht mit seiner jüdischen Frau und seiner Stieftochter, um diese vor dem KZ zu bewahren, in den Freitod.
22. 12. Die Widerstandskämpfer Harro Schulze-Boysen, seine Ehefrau Libertas Schulze-Boysen, Arvid Harnack und Kurt Schumacher, alle von der Widerstandsgruppe »Rote Kapelle«, werden in Plötzensee hingerichtet.
28. 12. Der Turner Alfred Flatow kommt in Theresienstadt um. Der Sportler der Berliner Turnerschaft gewann bei den Olympischen Spielen in Athen 1896 die Goldmedaille Barren- und Reck-Mannschaft, die Goldmedaille Barren-Einzel und die Silbermedaille Reck-Einzel.
30. 12. 66 Kinder, darunter vier Säuglinge, werden auf der Kinderstation des Jüdischen Krankenhauses untergebracht. Die jüdischen Kinderheime waren geschlossen worden.
31. 12. Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda erläßt eine Verordnung, nach der Berliner Privattheater geschlossen werden sollen.

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