Berlin im Jahr 1938
01. 01. Dem Geologen August Stappenbeck wird das Ordinariat für Lagerstättenkunde an der Technischen Hochschule in Charlottenburg übertragen, das er bis 1945 innehatte.
01. 01. Die »Berliner Verkehrs-Aktiengesellschaft« (BVG) wird in einen stadteigenen Betrieb umgewandelt und heißt fortan »Berliner Verkehrs-Betriebe«. Die Kurzbezeichnung BVG blieb erhalten.
03. 01. Der »Riviera-Neapel-Expreß« tritt seine Jungfernfahrt um 12.53 Uhr ab Anhalter Bahnhof an. Der Expreß verkehrte dreimal wöchentlich.
07. 01. Der Polizei-Sport-Verein und das 12-Uhr-Blatt veranstalten internationale Amateur-Boxturniere im Sportpalast (Schöneberg). 10 000 Zuschauer füllten den Sportpalast bis zum letzten Platz.
10. 01. Jürgen Simon wird in Gera geboren. Der Radsportler gewann bei den Olympischen Spielen in Rom 1960 die Silbermedaille im Tandem. Er war DDR-Meister im Tandem 1960.
25. 01. Major a. D. Alexander Grau stirbt in Berlin. Grau war bis 1918 Pressechef im Preußischen Kriegsministerium, trat im selben Jahr auf Wunsch der Obersten Heeresleitung in den Vorstand der neugegründeten Ufa ein und baute dort die Abteilung Kulturfilm auf.
27. 01. Das Programm für die Neugestaltung Berlins wird bekanntgegeben. Es sah u.a. den Bau einer »Volkshalle« im Spreebogen (Tiergarten) und die Gestaltung einer auf dieses Bauwerk ausgerichteten Nord-Süd-Achse vor.
29. 01. In der Agfa-Wolfen-Zweigstelle in Lichtenberg gelingt unter Leitung des Chemikers Paul Schlack die erste Caprolactam-Polymerisation, was als Geburtsstunde des Perlon gilt.
30. 01. Der Theaterdichter Heinz (Heinrich) Bolten-Baeckers stirbt in Dresden. Bolten-Baeckers war lange Jahre Theaterdichter in Berlin und wurde vor allem bekannt als Textdichter für viele Operetten Paul Linckes.
01. 02. Der Ingenieur Hans Ebner, Wissenschaftler an der Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL), wird zum außerordentlichen Forschungsprofessor ernannt.
04. 02. Reichskanzler Adolf Hitler übernimmt die Befehlsgewalt über die gesamte Wehrmacht. Das bisherige Wehrmachtsamt im Reichskriegsministerium, das seinen Sitz am Tirpitzufer 72-76 (Reichpietschufer, Kreuzberg) hatte, wurde Oberkommando der Wehrmacht.
04. 02. Reichskanzler Adolf Hitler verkündet in Berlin, daß Generaloberst Hermann Göring zum Generalfeldmarschall ernannt wird.
04. 02. Reichskanzler Adolf Hitler setzt einen »Geheimen Kabinettsrat« zu seiner Beratung in der Führung der Außenpolitik ein. Präsident wurde Konstantin Freiherr von Neurath.
05. 02. Die erste Hallenhandball-Weltmeisterschaft (Männer) wird in der Deutschlandhalle am Funkturm eröffnet. Weltmeister wurde Deutschland.
07. 02. Vor dem Sondergericht II in Berlin-Moabit beginnt der bis zum 2. März dauernde Prozeß gegen den Pfarrer Martin Niemöller. Niemöller wurde zu sieben Monaten Festungshaft sowie 2 000 Reichsmark Geldstrafe verurteilt und kam in das KZ Sachsenhausen.
19. 02. In der Deutschlandhalle (Charlottenburg) beginnt die Schau »Menschen - Tiere - Sensationen«, in welcher die Testfliegerin Hanna Reitsch erstmalig einen Hubschrauber (FW 61) in einer Halle fliegen läßt.
21. 02. Der Theologe Prof. Dr. Wilhelm Lütgert stirbt in Berlin. Lütgert kam 1929 als Nachfolger Reinhold Seebergs an die Berliner Universität. Sein Hauptgebiet war Religionsgeschichte Deutschlands im 19. Jahrhundert und besonders im Zeitalter des Idealismus.
26. 02. Im Haus der Kunst, Königsplatz 4 (Platz der Republik, Tiergarten) beginnt die NSDAP-Propagandaausstellung »Entartete Kunst«, in der die Moderne (vorwiegend Expressionismus, Dadaismus, Verismus und die abstrakte Kunst) diffamiert wurde.
02. 03. Pastor Martin Niemöller wird in Berlin zu sieben Monaten Festungshaft und 2 000 Reichsmark Geldstrafe verurteilt. In der folgenden Nacht wurde er ins KZ Sachsenhausen eingeliefert.
04. 03. Der Beitrag Max von Laues »Zum dreihundertsten Geburtstag des ersten Lehrbuches der Physik (6. März 1938)« wird in der Zeitschrift »Naturwissenschaften« veröffentlicht.
18. 03. Im Berliner Sportpalast (Schöneberg) finden die Endkämpfe der Gaumeisterschaften von Berlin und Brandenburg der Amateur-Boxer statt.
22. 03. Der Gau Berlin der NSDAP führt zur Volksabstimmung über den Anschluß Österreichs und zur Wahl des »Großdeutschen Reichstags« am 10. April im Sportpalast (Schöneberg) eine Kundgebung durch. Der Anschluß Österreichs hatte bereits am 13. März stattgefunden.
25. 03. Der Techniker Otto Krell stirbt in Berlin. Krell hatte bei Schuckert Scheinwerfer und Luftschiffe konstruiert. Für ein von ihm konstruiertes schnelles halbstarres Luftschiff wurde in Berlin-Biesdorf eine drehbare Luftschiffhalle gebaut.
28. 03. Der Gau Berlin der NSDAP veranstaltet im Sportpalast (Schöneberg) eine »Führerkundgebung«, die durch Lautsprecher auf den Wilhelmplatz übertragen wird. Adolf Hitler sprach auf der Veranstaltung über den Anschluß Österreichs und zur Wahl am 10. April.
29. 03. Der Berliner Jüdischen Gemeinde wird die Rechtsstellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts entzogen. Am 1. Dezember 1939 wurde sie als »Jüdische Gemeinde zu Berlin« in das Vereinsregister eingetragen und hatte sich als »e.V.« zu kennzeichnen.
01. 04. Die Bibliothek der ehemaligen Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin (LH) wird der Universitätsbibliothek unterstellt. Sie nannte sich »Universitätsbibliothek, Landwirtschaftliche Abteilung«. Die LH wurde 1934 an die Universität angeschlossen.
01. 04. Im Zusammenhang mit den Plänen zur Umgestaltung der Reichshauptstadt zur »Welthauptstadt Germania« beginnt die Umsetzung der Siegessäule sowie der Denkmäler von Bismarck, Moltke und Roon vom Königsplatz (Platz der Republik, Tiergarten) zum Großen Stern.
01. 04. Ein Reichsgesetz tritt in Kraft, das die Grenzen zwischen den 20 Berliner Verwaltungsbezirken neu festlegt. Betroffen waren u.a. Pankow und Reinickendorf, Wedding und Prenzlauer Berg sowie Treptow und Köpenick.
08. 04. Der Gau Berlin der NSDAP veranstaltet im Sportpalast (Schöneberg) eine Kundgebung, die von allen deutschen Sendern übertragen wird. Zum Thema »Der Anschluß Österreichs« sprach Generalfeldmarschall Hermann Göring.
09. 04. Der Architekt Paul Mebes stirbt in Berlin. Seit 1918 Professor an der Technischen Hochschule, war Mebes an der Errichtung der Wohnsiedlungen Heidehof (Zehlendorf), Hainstraße (Schöneweide) und Große-Leege-Straße (Hohenschönhausen) maßgeblich beteiligt.
09. 04. Der Veterinär Carl Kronacher, von 1929 bis 1936 Direktor des Instituts für Tierzüchtung und Haustiergenetik der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin, stirbt in München.
10. 04. Auch in den beiden Berliner Reichstagswahlkreisen finden Neuwahlen zum »Großdeutschen Reichstag« statt, die mit der Frage nach der Zustimmung zum Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich verbunden sind.
20. 04. Die Olympia-Filme von Leni Riefenstahl werden im Ufa-Palast am Zoo in Anwesenheit des Reichskanzlers Adolf Hitler, der an diesem Tag seinen 49. Geburtstag feiert, uraufgeführt.
23. 04. Anläßlich des 80. Geburtstages von Max Planck findet in der Deutschen Physikalischen Gesellschaft zu Berlin eine Festsitzung statt. Die Begrüßungsansprache hielt der Vorsitzende der Gesellschaft Carl Ramsauer.
04. 05. Der Publizist Carl von Ossietzky, Friedensnobelpreisträger 1936, der nach der KZ-Internierung seit Dezember 1936 Patient im Berliner Nordend-Krankenhaus ist, stirbt dort an den Folgen der Haft. Beigesetzt wurde er auf dem Städtischen Friedhof Pankow.
05. 05. Durch eine Verordnung wird der Sacrower See zusammen mit dem sich bis zum Krampnitzsee erstreckenden Königswald (Potsdam und Spandau) unter Naturschutz gestellt.
11. 05. Der Kaiser-Friedrich-Platz im Bezirk Kreuzberg wird in Gardepionierplatz umbenannt. Am 31. Juli 1947 erhielt er den Namen Südstern.
15. 05. Die BVG übernimmt mit der Linie Teltow (S-Bahnhof) - Ruhlsdorf die letzte Kraftpostlinie der Reichspost im Berliner Umland.
19. 05. Der Jurist Eduard Heilfron stirbt in Berlin. Heilfron arbeitete seit 1901 als Amtsrichter am Berliner Amtsgericht Mitte. Er gehörte zu den ersten Dozenten der Handels-Hochschule Berlin und betreute dort die juristischen Fächer.
20. 05. Carl Bosch, Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, wendet sich an den Reichsminister, um für die Physikerin Lise Meitner eine legale Ausreise zu ermöglichen.
30. 05. Für den Neubau des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik in Berlin-Dahlem erfolgt die offizielle Schlüsselübergabe an die Physiker Prof. Peter Debye als Direktor und Prof. Max von Laue als stellvertretender Direktor des Instituts.
31. 05. Auf der Hauptversammlung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft hält Peter Adolf Thießen den Vortrag mit dem Thema »Vom Wesen und Wirkung der chemischen Forschung«.
31. 05. Die Reichsregierung beschließt das Gesetz über die »Einziehung von Erzeugnissen der entarteten Kunst«.
12. 06. Die neuerrichtete Kathedrale der russisch-orthodoxen Kirche in Wilmersdorf wird geweiht.
13. 06. In der Sitzung der »Berliner Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie« geht Rosenhagen in seinem Vortrag über »Huntingtonsche Chorea« auf fortpflanzungsverhindernde Maßnahmen in betroffenen Familien ein.
14. 06. Mit dem ersten Spatenstich für den Spreedurchstich in der Sehne des Spreebogens beginnen die wasserbaulichen Vorarbeiten für den von Adolf Hitler und Albert Speer geplanten Bau der »Volkshalle«, die jedoch bei Kriegsausbruch steckenblieben.
14. 06. Im Zuge der Realisierung des Gesamtbauplans von Albert Speer wird begonnen, den Teltowkanal und andere Berliner Wasserstraßen für den Verkehr von 1000-Tonnen-Schiffen umzubauen.
14. 06. Für das Verwaltungsgebäude des Deutschen Städtetages in der Berliner Straße (Straße des 17. Juni, Tiergarten) erfolgt die Grundsteinlegung.
20. 06. Liselotte Herrmann wird als erste deutsche Antifaschistin in Plötzensee (Wedding) hingerichtet.
12. 07. Die Fernseh-Sprechstrecke Berlin - München wird eröffnet. Diese Strecke ging aus einer zweimaligen Verlängerung der 1936 fertiggestellten Strecke nach Leipzig hervor (1937: nach Nürnberg).
12. 07. Unter Nr. 736575 wird dem Berliner Techniker Werner Flechsig ein Patent zum Aufbau einer »Kathodenstrahlröhre zum Erzeugen mehrfarbiger Bilder auf einem Leuchtschirm« erteilt. Dieses Patent gilt als Grundform aller modernen Dreistrahl-Farbbildröhren.
16. 07. Ludwig Beck, der Generalstabschef des Heeres, unterschreibt in Berlin seine dritte Denkschrift, in der er vor einer Katastrophe warnt. Er wollte Reichskanzler Adolf Hitler wegen ungenügender deutscher Rüstung von militärischen Aktionen abbringen.
17. 07. Die Physikerin Lise Meitner reist mit Hilfe von Freunden illegal aus Deutschland nach Holland aus. Die Physikerin lebte und arbeitete seit 1907 in Berlin. Ab 1918 war sie Leiterin der Physikabteilung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Chemie.
22. 07. In der Zeitschrift »Naturwissenschaften« erscheint eine wissenschaftliche Mitteilung von Otto Hahn, Lise Meitner und Fritz Straßmann mit dem Titel »Ein neues langlebiges Umwandlungprodukt in den Trans-Uranreihen«.
05. 08. Die 15. Deutsche Funkausstellung wird eröffnet. Sie ging bis zum 21. August.
05. 08. In Berlin wird ein neuer Rundfunk-Volksempfänger angeboten. Er kostete 35 Reichsmark.
10. 08. Die Fernseh-Forschungsgesellschaft der Deutschen Reichspost beginnt, zusammen mit fünf deutschen Fachfirmen, mit der Entwicklung des deutschen »Fernseh-Einheits-Empfängers«.
10. 08. Flugkapitän Alfred Henke startet mit einer viermotorigen Maschine vom Typ »Focke-Wulf Fw 200 Condor« zum ersten Nonstopflug von Berlin nach New York. Die Maschine benötigte für den Flug 24 Stunden, 36 Minuten und 12 Sekunden.
12. 08. Der in Berlin geborene Ägyptologe Prof. Dr. Ludwig Borchardt stirbt in Paris. Bei Ausgrabungen fand er die Büste der Nofretete. Borchardt erforschte die altägyptische Baugeschichte und leitete von 1906 bis 1929 das Deutsche Institut in Kairo.
13. 08. Die viermotorige Maschine vom »Typ Focke-Wulf FW 200 Condor« mit dem Kennzeichen »D-ACON« kehrt vom Nonstopflug von New York nach Berlin-Tempelhof zurück. Sie bewältigte den Flug in 19 Stunden und 55 Minuten.
18. 08. Heeresgeneralstabschef Ludwig Beck bittet um seinen Abschied, weil er die Angriffspolitik Hitlers nicht mittragen wollte. Seine Wohnung wurde zum Berliner Treffpunkt des militärischen Widerstandes, der das Attentat vom 20. Juli 1944 ausführte.
29. 08. Am Tage des Arbeitsbeginns nach den Sommerferien im Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie informiert Otto Hahn die Institutsmitglieder über den Weggang der Mitarbeiterin Lise Meitner.
19. 09. Der Techniker Eugen Brodhun stirbt in Berlin. Brodhun wurde durch die Entwicklung und den Bau von Meßinstrumenten und durch Versuche zur Wärmestrahlung bekannt.
23. 09. Das Festspiel »100 Jahre Eisenbahn Berlin - Potsdam« hat in der Deutschlandhalle Premiere. Eine historische Lok und Eisenbahnwagen fuhren dabei durch die Halle.
26. 09. Der Gau Berlin der NSDAP veranstaltet im Sportpalast (Schöneberg) eine Kundgebung zu »Deutschlands Plan über die Abtretung des Sudetenlandes«. Die Kundgebung, auf der Hitler und Goebbels sprachen, wurde von allen deutschen Sendern übertragen.
28. 09. Die Halder-Witzleben-Oster-Aktion, die zur Festnahme Adolf Hitlers führen sollte, scheitert. Sie war infolge des Münchner Abkommens unausführbar.
01. 10. Die Ingenieurschule Beuth wird in »Ingenieurschule Beuth der Reichshauptstadt Berlin« umbenannt. Sie gliederte sich in vier Abteilungen: Maschinenbau, Fertigung und Werkzeugmaschinen, Elektrotechnik, Leichtbau und Kraftfahrzeuge.
05. 10. Die Präsidenten des Gustav-Adolf-Vereins und des Evangelischen Bundes senden an Adolf Hitler ein Telegramm, in dem sie ihm in »unbeschreiblicher Freude« danken, daß er die sudetendeutschen Glaubensbrüder an die »Stunde der Freiheit« herangeführt hat.
08. 10. Der Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung ersucht die Preußische Akademie der Wissenschaften, ihre Satzungen nach den nationalsozialistischen Grundanschauungen des staatlichen und geistigen Lebens in Deutschland umzugestalten.
12. 10. Die Tagung der internationalen »Lilienthal-Gesellschaft für Luftfahrtforschung« beginnt in Berlin. Carl August Freiherr von Gablenz, technischer Vorstand der Lufthansa, sprach über Stillegezeitenverkürzung und Wartungsmethoden im Flugwesen.
24. 10. Die Gaufilmstelle der NSDAP zeigt bis zum 2. November im Berliner Sportpalast (Schöneberg) den Film »Der Sieg des Volkswillens«. Gezeigt wurden Bilder, die die Angliederung Österreichs beschrieben.
25. 10. Zu Ehren des 80. Geburtstages von Friedrich Karl Albrecht Penck, dem langjährigen Vorsitzenden der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin, wird dessen Büste in den Räumen der Gesellschaft aufgestellt.
27. 10. In Berlin wird mit der Deportation der in der Stadt lebenden polnischen Juden begonnen.
30. 10. Erstmalig erreichen Schiffe aus dem Stromgebiet des Rheins die Reichshauptstadt. Mit Inbetriebnahme des Hebewerkes Rothensee war Berlin nun über den Mittellandkanal, die Elbe und den Elbe-Havel-Kanal mit dem Rhein, dem Ruhrgebiet und der Weser verbunden.
04. 11. Eugen Klöpfer, Intendant der Volksbühne am Bülowplatz (Rosa-Luxemburg-Platz), stellt an das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda den Antrag, den Verein »Volksbühne« aufzulösen.
05. 11. Die Reichsautobahn Berlin - München über 522 km wird endgültig und vollständig nutzbar dem Verkehr übergeben.
09. 11. In der Nacht zum 10. November (Reichskristallnacht«) werden von SA-Angehörigen und NSDAP-Mitgliedern Synagogen, u.a. in der Fasanenstraße (Charlottenburg), niedergebrannt. Jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden verwüstet.
09. 11. Die Neue Synagoge in der Oranienburger Straße (Mitte) wird in der Pogromnacht verwüstet und in Brand gesetzt. Dank des Eingreifens von Wachtmeister Wilhelm Krützfeld wurde weiterer Schaden abgewendet. 1943 wurde die Synagoge durch Bomben zerstört.
10. 11. Die Poliklinik der Jüdischen Gemeinde am Alexanderplatz wird demoliert und die Patientenkartei zerstört. Das Personal der Poliklinik wurde in das Jüdische Krankenhaus integriert.
10. 11. Dompropst Bernhard Lichtenberg weist von der Kanzel von St. Hedwig auf die brennenden jüdischen Gotteshäuser hin und schließt in sein Gebet die rassisch Verfolgten ein.
12. 11. In Berlin wird eine Verordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan über die Sühneleistung der Juden deutscher Staatsangehörigkeit veröffentlicht. Danach sollten sie eine Milliarde Reichsmark Kontribution zahlen.
12. 11. In Berlin wird eine Verordnung erlassen, nach der sich alle Juden ein J in Pässe und Kennkarten eintragen lassen müssen. Theater-, Kino- und Konzertbesuche waren für Juden untersagt.
22. 11. In einem Schreiben des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung werden der Preußischen Akademie der Wissenschaften Richtlinien zur Änderung ihrer Statuten übermittelt.
24. 11. Unter der Leitung des Komponisten Werner Egk findet die Uraufführung seiner Oper »Peer Gynt« nach dem gleichnamigen Schauspiel von Henrik Ibsen statt.
25. 11. Die Berliner Eissportgemeinschaft veranstaltet zur Erinnerung an das erste »kanadische« Eishockeyspiel in Deutschland, das am 2. Dezember 1908 im Eispalast in der Lutherstraße (Ch'burg) stattfand, eine Jubiläumsveranstaltung im Sportpalast (Schöneberg).
28. 11. Ein viermotoriges Flugzeug vom Typ »Focke-Wulf Fw 200 Condor« mit dem Kennzeichen »D-ACON« startet mit dem Berliner Direktor der Focke-Wulf GmbH als Passagier vom Flughafen Tempelhof zu einem Rekordflug nach Hanoi und Tokio.
28. 11. Auf Anordnung des Polizeipräsidenten dürfen sich Juden nur noch zu bestimmten Zeiten in der Öffentlichkeit aufhalten.
03. 12. In Berlin wird ein »Judenbann« verkündet. Gleichzeitig wurden alle Führerscheine von Juden eingezogen.
04. 12. Die Friseur-Innung Berlin veranstaltet im Berliner Sportpalast (Schöneberg) das 5. Große Lehrlings-Schaufrisieren an dem sich 1 000 Lehrlinge beteiligen.
05. 12. Laut Anweisung des Polizeipräsidiums dürfen Juden nicht mehr in der Nähe von Regierungsgebäuden wohnen.
06. 12. Ministerpräsident Hermann Göring spricht im Sitzungssaal des Reichsluftfahrtministeriums vor Gauleitern, Oberpräsidenten und Reichsstatthaltern zur »Lösung der Judenfrage«.
09. 12. Das Jüdische Krankenhaus darf nur noch Patienten aufnehmen, die Juden im Sinne der nationalsozialistischen Gesetzgebung sind.
15. 12. Von den Chemikern Fritz Straßmann und Otto Hahn wird im Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie der berühmte »Indikatorversuch« angesetzt, bei dem Uran mit Neutronen bestrahlt und die entstandenen Produkte (Erdalkalimetalle) sorgfältig analysiert wurden.
19. 12. Der Chemiker Otto Hahn schreibt in einem Brief an seine am 17. Juli emigrierte Mitarbeiterin, die Physikerin Lise Meitner, »über seine Beobachtungen beim Neutronenbeschuß von Uran« (Urankernspaltung).
22. 12. Otto Hahn reicht den Aufsatz »Über den Nachweis und das Verhalten der bei der Bestrahlung des Urans mittels Neutronen entstehenden Erdalkalimetalle« bei der Zeitschrift »Naturwissenschaften« ein. Der Aufsatz erschien im ersten Heft des Jahrgangs 1939.
22. 12. Peter Weber wird in Finsterwalde geboren. Der Berliner Turner gewann bei den Olympischen Spielen in Tokio 1964 und Mexiko-Stadt 1968 die Bronzemedaille im Mehrkampf mit der Mannschaft.
22. 12. Die vier Sekretare der Preußischen Akademie der Wissenschaften mit Max Planck an der Spitze treten aus Protest gegen die vom Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung angeordnete Neufassung der Statuten zurück.
24. 12. Der Maler und Architekt Bruno Taut stirbt in Ankara. Als Professor lehrte er 1930 bis 1932 an der Technischen Hochschule zu Berlin. Er war Mitglied des Deutschen Werkbundes und hinterließ in Berlin zukunftsweisende Siedlungsbauten (Britz, Zehlendorf).
28. 12. Der Chemiker Otto Hahn schreibt in einem Brief an die Physikerin Lise Meitner über die Versuche mit Uran unter Neutronenbeschuß: »Wäre es möglich, daß Uran zerplatzt in ein Barium und ein Lanthen? ... Wenn etwas dran ist, würden die Transurane sterben.
31. 12. In der Großgaststätte »Haus Vaterland«, 1911 von Franz Schwechten gebaut, jährlich ca. zehn Mill. Gäste, feiern über 3 000 Gäste bei einem Service von 500 Kellnern, das letzte Friedens-Silvester. Das Haus brannte 1944 aus, die Ruine wurde 1974 gesprengt.

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