Berlin im Jahr 1895
01. 01. Die Grundgebühr für Glühlampen beträgt eine Mark pro Jahr und für Bogenlampen 7,5 Mark pro Jahr. Die Installation auf Kosten der »Berliner Elektricitäts-Werke« (BEW) wurde gegen eine jährliche Miete (Beisteuer-Installation) eingeführt.
01. 01. Im Haus der Volks-, Kaffee- und Speisehallen-Gesellschaft in der Neuen Schönhauser Straße 13 (Mitte) wird die erste private Volkslesehalle eröffnet. Zwei Zimmer mit 80 Plätzen standen zur Verfügung, in denen 53 Journale und 43 Zeitungen ausgelegt waren.
03. 01. Der Redakteur der großen Berliner Mode- und Familienzeitschrift »Der Bazar«, Ludwig Ziemssen, stirbt in seiner »Villa Ziemssen« in Friedenau bei Berlin.
14. 01. Emil Gabriel Warburg, Professor der Physik und Direktor des physikalischen Instituts der Universität Freiburg im Breisgau, wird zum Direktor des physikalischen Instituts der Berliner Universität ernannt.
15. 01. Friedrich Seewald wird in Odenkirchen (Rheinland) geboren. Der Ingenieur arbeitete ab 1925 in der Berliner Versuchsanstalt für Luftfahrt, übernahm ab 1936 die wissenschaftliche und später die Gesamtleitung der Anstalt.
27. 01. Kaiser Wilhelm II. verfügt, auf der Siegesallee (Tiergarten) Denkmäler für alle bisherigen Landesherren der Mark Brandenburg zu errichten. Die Kosten übernahm der Kaiser selbst.
09. 02. Max Valier wird in Bozen geboren. Der Techniker wurde durch theoretische und praktische Arbeiten zur Antriebsproblematik der Raketentechnik bekannt.
10. 02. Der Apotheker Adolf Kobligk, von 1859 bis 1893 Inhaber der Apotheke zum Schwan, stirbt in Berlin.
15. 02. Der Bahnhof Mariendorf wird eröffnet und der Bahnhof Südende an der Dresdener Bahn geschlossen.
20. 02. Heinz Hentschke wird in Berlin geboren. Er war als Schauspieler an den Staatstheatern von Berlin, Bremen und Hannover engagiert. In Berlin war er 1933 Direktor des Lessing-Theaters und 1934-1944 Intendant des Metropol-Theaters.
20. 02. Die Bevernstraße (Kreuzberg) erhält ihren Namen.
28. 02. Das Aktienkapital der »Berliner Elektricitäts-Werke« (BEW) erhöht sich um 3,6 auf 12,6 Millionen Mark.
04. 03. Der Straßenbahn-Betrieb der Strecke Lichterfelde - Mariendorf durch den Kreis Teltow wird eröffnet.
04. 03. Der Philologe und Berliner Schulrat Friedrich Hofmann, der von 1870 bis 1876 Mitglied des Hauses der Abgeordneten und von 1875 bis 1893 Direktor des Gymnasiums zum Grauen Kloster war, stirbt in Berlin.
14. 03. Die Stadtverordnetenversammlung lehnt es ab, Otto Fürst von Bismarck zu dessen 80. Geburtstag am 1. April eine Glückwunschadresse zu übermitteln.
16. 03. Das Kaiserliche Post-Zeitungsamt in Berlin bezieht die »Räume des Prachthauses Dessauer Straße 4/5« (Kreuzberg). Der frühere Sitz dieser Institution war in gemieteten Räumen in der Mauerstraße (Mitte).
22. 03. Die Gnaden-Kirche im Invalidenpark (Invalidenstraße, Mitte) wird eingeweiht.
01. 04. Der Student Willy Eckert, Mitglied der »Berliner Burschenschaft Germania«, wird zu den Feierlichkeiten des 80. Geburtstags des Fürsten von Bismarck als offizieller Vertreter der Universität Berlin nach Hamburg-Friedrichsruhe gesandt.
01. 04. Der Physiker Friedrich Kohlrausch tritt seine Stelle als Präsident der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin an.
04. 04. Die Pfuelstraße (Kreuzberg) erhält ihren Namen.
04. 04. Das Gröbenufer (Kreuzberg) erhält seinen Namen.
30. 04. Die »Grunderwerbs- und Baugesellschaft« stellt ihren Omnibusbetrieb ein.
01. 05. Die Bahnhöfe Landsberger Allee (Prenzlauer Berg) und Karlshorst (Lichtenberg) werden eröffnet.
25. 05. Der Landrat des Kreises Niederbarnim, Wilhelm von Waldow, genehmigt die Gründung der »Colonie Carlshorst«. Das als Prinzenviertel bekannte Gebiet zwischen Wandlitzstraße, Traberweg, Treskowallee und Trautenauer Straße ist der älteste Teil Karlshorsts.
25. 05. Die Mitglieder des 1884 gegründeten Berliner Zweigvereins der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft unternehmen einen Ausflug zum Lehnitzsee und nach Oranienburg.
11. 06. Das Lutherdenkmal auf dem Neuen Markt (Mitte) wird enthüllt. Zwischenzeitlich hatte man das Denkmal in die Anlagen des Stephanus-Stiftes in Weißensee umgesetzt. Seit Frühjahr 1989 steht es wieder an der Nordseite der Marienkirche.
13. 06. Der Mathematiker Fritz Kötter übernimmt die Professur für höhere Mathematik an der Bergakademie in der Invalidenstraße (Mitte).
15. 06. Eine Löwengruppe, von Albert Wolff modelliert und in Lauchhammer in Bronze gegossen, wird vor dem Kriminalgericht in Moabit aufgestellt.
15. 06. Der Berliner Geologe Hermann Ernst Louis Beushausen wird zum Bezirksgeologen ernannt.
15. 06. Der polnische Schriftsteller Boleslaw Prus, der sich als Journalist in Berlin aufhält, schreibt in einem Brief: »Die Stadt ist schön, zu schön, aber eisigkalt.« Die Wohnungen seien herrlich und preiswert, das Essen jedoch nicht schmackhaft.
04. 07. Emil du Bois-Reymond hält in der Preußischen Akademie der Wissenschaften die Gedächtnisrede für Hermann von Helmholtz.
07. 07. Die dampfgetriebene Kettenfähre für Personen und Fahrzeuge von Friedrichshagen über die Spree zum gegenüberliegenden Restaurant »Müggelschlößchen« geht in Betrieb.
22. 07. Der Jurist Rudolf Gneist, der als Professor der Rechte an der Berliner Universität gelehrt und sich als langjähriges Mitglied der Stadtverordnetenversammlung für das Volksbibliothekswesen engagiert hatte, stirbt in Berlin.
02. 08. Curt Schimmelbusch, der 1802 mit seinem Buch »Anleitung zur aseptischen Wundbehandlung« Weltruf erlangte, stirbt in Berlin.
08. 08. Wladimir Iljitsch Uljanow, der sich später Lenin nannte, besucht die Aufführung von Gerhart Hauptmanns Drama »Die Weber« am Deutschen Theater in der Schumannstraße (Mitte).
18. 08. Für das Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf der Schloßfreiheit (Schloßplatz, Mitte) erfolgt die Grundsteinlegung.
01. 09. Der Bahnhof Mahlsdorf wird eröffnet.
01. 09. Anläßlich des 25. Jahrestages der Schlacht von Sedan wird die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche auf dem Auguste-Viktoria-Platz (Breitscheidplatz) in Charlottenburg eingeweiht.
12. 09. Die Landgemeinde Rixdorf (Neukölln) nennt ihre Straße 12 b und 12 c - zwischen Maybachufer und der Sonnenallee - nach dem langjährigen Stadtrat Ernst August Friedel in Friedelstraße um.
17. 09. Die Firma Kniese eröffnet die erste Nachtomnibuslinie (Pferdebetrieb).
24. 09. Heinrich Adolf von Bardeleben, langjähriger Direktor der Chirurgischen Klinik der Charité und Pionier der Leberoperation, stirbt in Berlin. Beigesetzt wurde er auf dem Alten Kirchhof der St.-Matthäus-Gemeinde, Großgörschenstraße 12-14 (Schöneberg).
30. 09. Der Fuhrunternehmer Emil Thien kauft den Omnibusbetrieb des Berliner Dampfstraßenbahn Consortiums.
30. 09. Der 1866 in Berlin gegründete Lette-Verein beschließt, dem »allgemeinen deutschen Verband gemeinnütziger Anstalten für die wissenschaftlichen und technischen Lehrerinnen« beizutreten.
01. 10. Der Tiermediziner Eugen Fröhner übernimmt die Chirurgische Klinik an der Tierärztlichen Hochschule in Berlin.
10. 10. Der Königliche Garteninspektor Heinrich Fintelmann, der u.a. im Botanischen Garten zu Berlin, im Charlottenburger Schloßgarten und als akademischer Gärtner an der Akademie Eldena bei Greifswald tätig gewesen war, stirbt in Potsdam.
14. 10. Arthur Nikisch dirigiert zum erstenmal das Berliner Philharmonische Orchester. Nikisch war bis 1922 Orchesterleiter.
19. 10. In Castans Panoptikum in der Friedrichstraße (Mitte) tritt die Schlangenkönigin von Salamo auf.
21. 10. Das von Fritz Schaper geschaffene Marmordenkmal der Kaiserin Augusta auf dem Opernplatz (Mitte) wird enthüllt.
23. 10. Für den Bebauungsplan der Landgemeinde Deutsch-Wilmersdorf wird die Allerhöchste Genehmigung erteilt.
24. 10. Paul Busch eröffnet am Bahnhof Börse (Hackescher Markt, Mitte) seinen zwischen der Kleinen Präsidentenstraße und der Spree erbauten Zirkus Busch.
24. 10. In Hohenschönhausen wird als erstes Industrieunternehmen eine Aktienbrauerei gegründet. Gleichzeitig entstand der Obersee (zur Sicherung des Wasserumlaufs und -verbrauchs), der künstlich angelegt wurde.
01. 11. Max und Emil Skladanowsky führen im Varieté »Wintergarten« am Bahnhof Friedrichsstraße »lebende Bilder«, eine Vorstufe zum Film, vor. Mit einem »Bioskop« wurden lebensgroße Darstellungen und Serienaufnahmen projeziert.
18. 11. In einer Denkschrift der Kaufmannschaft von Berlin wird die Notwendigkeit neuer Hafenanlagen begründet und der Bau des Ost- und Westhafens konzipiert.
30. 11. Die Neue Berliner Omnibus AG wird gegründet. Das 1893 gegründete Fuhrunternehmen Emil Thien G.m.b.H. ging darin auf.
01. 12. Die Strecke Alexanderplatz - Prenzlauer Straße - Prenzlauer Allee/Ecke Gustav-Adolf-Straße der Großen Berliner Pferdebahngesellschaft wird in Betrieb genommen.
01. 12. Der Bahnhof Lankwitz-Viktoriastraße (Steglitz) an der Anhalter Bahn wird eröffnet. Er wurde am 30. September 1899 in Lankwitz umbenannt.
05. 12. Die Baupolizeiordnung für die Vororte Berlins wird veröffentlicht.
08. 12. Dem Maler Adolph Friedrich Erdmann von Menzel wird anläßlich seines 80. Geburtstages die Ehrenbürgerwürde verliehen.
13. 12. Die Zweite Sinfonie von Gustav Mahler wird vom Berliner Philharmonischen Orchester in vollständiger Fassung unter Leitung des Komponisten zur Uraufführung gebracht.
13. 12. Das Komitee für die Beteiligung Deutschlands an den Olympischen Spielen 1896 wird in Berlin gegründet. Das war der Vorläufer des Nationalen Olympischen Komitees.
16. 12. Paul Hindemith wird in Hanau geboren. Der Komponist wurde 1927 vom preußischen Kultusminister Carl Heinrich Becker als Kompositionslehrer an die Berliner Hochschule für Musik berufen. 1938 emigrierte er in die Schweiz.
16. 12. In einem Erlaß des evangelischen Oberkirchenrats werden die Geistlichen vor sozialpolitischem Engagement gewarnt und aufgefordert, sich auf ihre seelsorgerischen Aufgaben zu konzentrieren.
17. 12. Die kupferne Ausführung der Berolina-Statue des Architekten und Bildhauers Emil Hundrieser wird auf dem Alexanderplatz (Mitte) aufgestellt. Eine provisorische Gipsstatue der Berolina hatte Hundrieser bereits 1889 auf dem Leipziger Platz errichtet.
21. 12. Mit 72 Einwohnern je Grundstück ist Berlin das dichtbesiedeltste Wohnzentrum der Welt. Nach einer amtlichen Volkszählung lebten 1 666 304 Einwohner in den Verwaltungsgrenzen der Stadt.

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