Berlin im Jahr 1890
01. 01. Im Berliner Stadtbahnverkehr wird der fünf-Stationen-Tarif eingeführt.
04. 01. Im Hotel Kaiserhof gibt Werner von Siemens zu Ehren seines ausscheidenden Hauptkonstrukteurs Friedrich von Hefner-Alteneck eine Abschiedsfeier, an der mehr als hundert Personen teilnehmen. 1904 erhielt in Siemensstadt eine Straße den Namen »Hefnersteig«.
07. 01. Kaiserin Augusta, die Witwe Kaiser Wilhelms I., stirbt an den Folgen einer Grippeerkrankung im 79. Lebensjahr in Berlin. Im Mausoleum zu Charlottenburg fand sie an der Seite ihres Gemahls ihre letzte Ruhestätte.
09. 01. Kurt Tucholsky wird in Berlin als Sohn des Direktors einer Handelsgesellschaft geboren. Tucholsky war ab 1913 Mitarbeiter an Jacobsohns »Schaubühne« (seit 1918 »Weltbühne«) und war nach 1924 Korrespondent der »Weltbühne« und der »Vossischen Zeitung«.
10. 01. Elf Arbeiter gründen den Leseklub »Karl Marx«. Er bestand fast zehn Jahre. Durch Lektüre und wissenschaftliche Vorträge sollten und konnten sich die Mitglieder Kenntnisse auf den verschiedensten Gebieten von Natur und Gesellschaft aneignen.
25. 01. Das »Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie« (Sozialistengesetz) wird nicht verlängert. Mit 169 gegen 98 Stimmen lehnte der Reichstag in Berlin die vom Reichskanzler von Bismarck eingebrachte Vorlage zur Verlängerung ab.
01. 02. Die Große Berliner Pferde-Eisenbahn-Gesellschaft eröffnet die Linie Weddingplatz - Reinickendorf, Marktstraße.
11. 02. Der langjährige Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung, Friedrich Heinrich Eduard Kochhann, Ehrenbürger der Stadt, stirbt in Berlin. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Alten Luisenstadt-Kirchhof, Südstern 8-12 (Kreuzberg).
20. 02. Die Wähler des VI. Berliner Reichstagswahlkreises entsenden erneut Wilhelm Liebknecht in das höchste deutsche Parlament. Liebknecht war bereits am 30. August 1887 bei der Ersatzwahl in den Reichstag gewählt worden.
20. 02. Bei den Reichstagswahlen gewinnen die Sozialdemokraten die Mehrheit der in Berlin abgegebenen Stimmen. Der Reichstag hatte am 25. Januar eine Verlängerung des bis zum 30. September geltenden Sozialistengesetzes abgelehnt.
21. 02. Der Ingenieur Rudolf Diesel zieht nach Berlin (Kurfürstendamm 113, dann Brückenallee 15, später Kantstraße), wo er die Vertretung der Lindeschen Eismaschinen für das nördliche und östliche Deutschland übernimmt.
21. 02. In Berlin wird die Aktiengesellschaft für Markt- und Kühlhallen gegründet, in deren Vorstand der Ingenieur Rudolf Diesel gewählt wird.
24. 02. Die »Berlinische Bodengesellschaft« wird von Salomon Haberland, Arthur Booth und dem Bankhaus Delbrück gegründet. Sie engagierte sich auf dem bis dahin brachliegenden feuchten Wiesengelände im Westen Schönebergs.
01. 03. Eine Erhebung für Lebensmittelpreise ergibt (Kilopreise): Brot 22 Pfennig, Roggenmehl 26 Pfennig, Kaffee 2,40 Mark, Butter 2,15 Mark, Reis 33 Pfennig, Schmalz 1,23 Mark, Wurst 1,54 Mark, Zucker 80 Pfennig.
10. 03. Die Brüder Anton und Donat Herrnfeld gründen am Bahnhof Alexanderplatz in einer umgebauten Riesenhalle ihr »Gebrüder- Herrnfeld-Theater«.
11. 03. Im Berliner Rathaus findet zu Ehren des Chemikers August Kekulé und anläßlich des 25jährigen Jubiläums der Aufstellung der Benzolformel das »Benzolfest« statt.
15. 03. Auf Einladung von Kaiser Wilhelm II. findet in Berlin unter Teilnahme von 15 Staaten die erste internationale Arbeiterschutzkonferenz statt, auf der man sich mit Arbeitszeit, Frauen- und Kinderarbeit, Nacht- und Feiertagsschichten befaßte.
18. 03. Reichskanzler Otto Fürst von Bismarck reicht sein vom Kaiser gefordertes Entlassungsgesuch ein.
18. 03. Der Mechaniker und Industrielle Johann Georg Halske, Mitbegründer der »Telegraphen Bau-Anstalt Siemens & Halske«, stirbt in Berlin. Beigesetzt wurde er auf dem Kirchhof der Dreifaltigkeitsgemeinde, Bergmannstraße 39-41 (Kreuzberg).
20. 03. Kaiser Wilhelm II. genehmigt das von Reichskanzler Otto Fürst von Bismarck am 18. März eingereichte Entlassungsgesuch und entbindet ihn von sämtlichen Reichs- und Staatsämtern.
24. 03. Rudolf Reichelt wird geboren. Der Ruderer der Berliner Ruder-Gesellschaft gewann bei den Olympischen Spielen in Stockholm 1912 mit dem deutschen Achter die Bronzemedaille.
29. 03. Otto Fürst von Bismarck verläßt nach seiner Entlassung mit seiner Familie seinen langjährigen Wohnsitz im Reichskanzlerpalais in der Wilhelmstraße und reist vom Lehrter Bahnhof (Tiergarten) nach Friedrichsruh im Sachsenwald.
01. 04. Der Bibliothekar und kommissarische Leiter der Universitätsbibliothek Berlin, Wilhelm Erman, übernimmt die endgültige Leitung dieser Bibliothek und scheidet damit aus der Königlichen Bibliothek aus.
01. 04. Die Eisenbahnregimenter Nr. 1 und 2 werden gegründet.
17. 04. Der Müggelturm mit seinen 90 Stufen kann laut polizeilicher Genehmigung als Aussichtsturm genutzt werden. Bereits im Eröffnungsjahr besuchten 25 000 Gäste den von Carl Spindler erbauten hölzernen Turm.
18. 04. In der Sitzung der Berliner Physikalischen Gesellschaft hält Max Planck seinen Einführungsvortrag »Über die Potentialdifferenz zwischen zwei verdünnten Lösungen binärer Elektrolyten«.
24. 04. Die Fidicinstraße (Kreuzberg) erhält ihren Namen.
24. 04. Der Chamissoplatz (Kreuzberg) erhält seinen Namen.
24. 04. Im Gartenpavillon des Berliner Architektenhauses (Wilhelmstraße 92, Mitte) beginnt eine Ausstellung von dünnwandigen nahtlosen Mannesmann-Röhren, die mittels patentierter Walzen erstmalig aus dickwandigen Rohren hergestellt worden waren.
24. 04. Die Kopischstraße (Kreuzberg) erhält ihren Namen.
27. 04. Im Architektenhaus in der Wilhelmstraße 92/93 (Mitte) wird ein Verein ehemaliger Schüler der Gärtnerlehranstalt Wildpark gestiftet, der sich nach der Verlegung der Anstalt nach Dahlem (1903) »Vereinigung ehemaliger Wildpark-Dahlemer« nannte.
27. 04. In sämtlichen Militärwerkstätten wird den Arbeitern angekündigt, daß jeder, der am 1. Mai ohne bewilligten Urlaub oder andere triftige Gründe der Arbeit fernbleibt, entlassen wird.
01. 05. Die ersten Berliner Feiern zum 1. Mai finden in der Schönholzer Heide statt. Nach dem Vereinsgesetz von 1850 mußten alle Veranstaltungen der Obrigkeit angezeigt und der Sperrkreis von 15 km um das Schloß beachtet werden.
04. 05. Kaiserin Auguste Viktoria, wegen der vielen von ihr eingeweihten Kirchen »Kirchenjuste« genannt, nimmt die Grundsteinlegung für die Erlöserkirche in Rummelsburg (Lichtenberg) vor. Es war die erste von 52 neuen Kirchen im Rahmen des Kirchenbauprogramms.
08. 05. Der Techniker Carl Frischen, jahrelang Chefingenieur bei der Fa. Siemens & Halske, stirbt in Berlin.
15. 05. Der praktische Arzt Dr. Siegmund Ephraim, Helfer der Armen, stirbt nach längerem Leiden. Er wurde auf dem Jüdischen Friedhof in der Schönhauser Allee beigesetzt.
16. 05. Ein Zusatzvertrag zum Vertrag vom 25. August 1888 zwischen dem Magistrat und den »Berliner Elektricitäts-Werken« (BEW) verbietet den Bau neuer Kraftwerke. Ausgenommen waren der Ausbau der drei vorhandenen Kraftwerke und ein im Bau befindliches Kraftwerk.
20. 05. Der Bahnhof Baumschulenweg wird eröffnet.
05. 06. Vom Gelände hinter der Charlottenburger Gasanstalt wird ein Fesselballon aufgelassen. Selbstregistrierende Instrumente ermöglichten genaue meteorologische Beobachtungen in den oberen Luftschichten.
06. 06. Paul Kellner wird geboren. Der Schwimmer gewann bei den Olympischen Spielen in Stockholm 1912 als Berliner Teilnehmer in der deutschen Mannschaft die Bronzemedaille über 100 m Rücken.
07. 06. Anläßlich des 25jährigen Jubiläums der Rückkehr des Chemikers August Wilhelm von Hofmann nach Deutschland findet im Hotel Kaiserhof am Wilhelmsplatz das »Anilinfest« statt.
09. 06. Die Stadt Berlin übergibt den Neubau des städtischen Krankenhauses am Urban mit einer Kapazität von 500 Betten an die Krankenhausverwaltung.
11. 06. Für die Gnaden-Kirche am Invalidenpark (Invalidenstraße/Ecke Scharnhorststraße, Mitte) wird der Grundstein gelegt. Sie wurde dem Andenken Kaiserin Augustas, der Gemahlin Wilhelms I., geweiht und war eine Nachbildung des alten Doms zu Gelnhausen.
13. 06. Hans Nachtsheim wird in Koblenz geboren. Nachtsheim war seit 1923 Professor an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin, später Mitglied der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und lehrte von 1949 bis 1955 an der Freien Universität Berlin.
26. 06. Um die Versorgung der Stadt Berlin mit ausreichend Wasser zu gewährleisten, wird von den Kommunalbehörden der Entwurf von zwei neuen Anlagen genehmigt.
28. 06. Der Vorstand des »Evangelischen Kirchenbau-Vereins« schreibt einen Wettbewerb zur Errichtung einer Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche auf dem Wittenbergplatz (Charlottenburg) aus. Die Charlottenburger Stadtversammlung lehnte diesen Standort am 24. Juli ab.
03. 07. 70 Berliner Gewerkschaftsorganisationen gründen die »Berliner Gewerkschaftskommission« als koordinierende Leitung der Gewerkschaftsbewegung in Berlin.
04. 07. Der Mineraloge Christian Ernst Weiß, seit 1868 Mitarbeiter der Geologischen Landesanstalt in Berlin und seit 1872 Professor für Mineralogie an der Bergakademie, stirbt in Schkeuditz bei Leipzig.
06. 07. Zur Eröffnung des 10. Deutschen Bundesschießens bewegt sich ein Festzug mit mehreren hundert Schützen und vielen Ehrengästen von der Straße Unter den Linden zum Festplatz gegenüber dem Pankower Mühlenweg durch die reich geschmückte Schönhauser Allee.
16. 07. Die Deutsch-Österreichische Mannesmannröhren-Werke AG mit Sitz in Berlin wird gegründet. Das Stammkapital betrug 36 Millionen Mark.
17. 07. In seinem Testament vererbt der Hypotheken- und Grundstücksmakler Heinrich Fridberg der Stadtgemeinde zu Berlin 5 000 Mark, aus deren Zinsen die Armendirektion Bedürftige jährlich unterstützen soll.
23. 07. In der Wildwestshow von William F. Cody (Buffalo Bill«) zeigen 200 Indianer, Cowboys und Artisten mit 200 Tieren »in einem umzäunten, mit Gehölz bedeckten großen Parke« auf dem Kurfürstendamm/Ecke Augsburger Straße (Charlottenburg) ihre Kunststücke.
23. 07. Das Berliner Dampfstraßenbahn Consortium eröffnet die Strecke Bahnhof Zoologischer Garten - Kaiserallee - Steglitz, Schloßstraße.
24. 07. Die Charlottenburger Stadtversammlung lehnt die Bereitstellung des Geländes am Wittenbergplatz als Standort für den Bau der Kaiser- Wilhelm-Gedächtniskirche ab, da sie die parochiale Abtrennung eines steuerkräftigen Gebiets befürchtete.
29. 07. Auf Anregung des Schriftstellers Bruno Wille wird im Böhmischen Brauhaus in der Landsberger Allee (Friedrichshain) der Theaterverein »Freie Volksbühne« gegründet. Mit Pfennigpreisen ermöglichte er auch Vertretern der Arbeiterschaft Theaterbesuche.
30. 07. Zur Hundertjahrfeier der Tierärztlichen Hochschule in Berlin wird im Vorgarten des Hauptgebäudes in der Luisenstraße ein Denkmal des verdienstvollen Tiermediziners Andreas Christian Gerlach feierlich enthüllt.
30. 07. Der Jugendschriftsteller Ferdinand Schmidt stirbt in Berlin.
31. 07. Anläßlich des 100jährigen Bestehens der Tierärztlichen Hochschule Berlin (1790 gegründet als Tierarzneischule) findet in der Aula der Hochschule ein Festakt statt und die Studentenschaft veranstaltet in den Räumen der Philharmonie einen Kommers.
01. 08. Den Abschluß der Feierlichkeiten anläßlich des 100jährigen Bestehens der Tierärztlichen Hochschule Berlin bildet eine farbenprächtige Wagenfahrt der Studentenschaft durch die Hauptstraßen Berlins.
04. 08. Zweihundert Zuschauer verfolgen anläßlich des X. Internationalen Medizinischen Kongresses im Kaiserpavillon der Chirurgischen Universitätsklinik die Demonstration der neuen aseptischen Operationsmethoden des Berliners Ernst von Bergmann.
04. 08. Im Zirkus Renz eröffnet der Mediziner Prof. Rudolf Virchow den X. Internationalen Medizinischen Kongreß, zu dem 5 000 Ärzte aus aller Welt nach Berlin kamen.
04. 08. Robert Koch berichtet auf dem X. Internationalen Medizinischen Kongreß in Berlin in einem Vortrag, »daß ihm die Auffindung eines Mittels gelungen sei, mit dem er bei Versuchstieren ausgesprochen antituberkulöse Wirkungen ... hatte erzielen können«.
04. 08. Erich Weinert wird in Magdeburg geboren. In Berlin wirkte der politisch-satirische Dichter an Piscators Revue »Roter Rummel« mit und trug seine Satiren im »Küka« und bei den »Wespen« vor. 1933 ging Weinert ins Exil und kehrte 1946 nach Berlin zurück.
08. 08. Der Verein »Freie Volksbühne« beschließt sein Statut. Zum Vereinsvorsitzenden wurde Bruno Wille gewählt, dem ein mehrköpfiger künstlerischer Ausschuß zur Seite stand.
12. 08. Die erste elektrische Straßenbahn in Lichterfelde wird bis Bahnhof Groß-Lichterfelde verlängert. Dies war die erste Strecke mit Bügelstromabnehmer im späteren Stadtbereich von Berlin.
25. 08. Im Großen Saal der Brauerei Friedrichshain spricht August Bebel zu rund 4 000 Menschen über die Politik der Sozialdemokratie nach dem Fall des Sozialistengesetzes. Der von Max Schilling projektierte Saalbau war im Oktober 1888 eröffnet worden.
04. 09. In Berlin treffen sich Dr. Thoms, Dr. Goeldner, Apotheker Gützkow, Dr. Holfert und Dr. Ritsert zu einer Vorbesprechung zur Gründung der Pharmazeutischen Gesellschaft und beschließen, zu einer Besprechung im Konventgarten einzuladen.
11. 09. Theodor Fontane bekundet in einem Brief an seinen Sohn Friedel seine Freude über die Nachricht, daß zum erstenmal eine Straße nach ihm benannt ist. Straßennamen lebten meist länger als ein Nachruf in einer Literaturgeschichte.
30. 09. Die Sozialdemokraten des V. Reichstagswahlkreises feiern in der Brauerei Königstadt in der Schönhauser Allee, die Sozialdemokraten des VI. Reichstagswahlkreises im Restaurant Eiskeller in der Chausseestraße das Ende des Sozialistengesetzes.
30. 09. Die Wirkung des Sozialistengesetzes erlischt, nachdem der Reichstag in Berlin am 25. Januar 1890 der Verlängerung nicht zugestimmt hatte. Aus diesem Anlaß fanden in der Nacht vom 30. September zum 1. Oktober in Berlin zahlreiche Feiern statt.
01. 10. Professor J. Pernet beendet seine Tätigkeit in der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt Berlin. Pernet war dort auf dem Gebiet der Thermometrie tätig.
01. 10. Das vierte Kraftwerk, Schiffbauerdamm 22 (Mitte), nimmt mit einer Anfangsleistung von 840 kW seinen Gleichstrombetrieb im Dreileitersystem 2 x 110 V auf. Das Dreileitersystem wurde allgemein eingeführt.
01. 10. Der Lehrter Personenbahnhof in Spandau wird geschlossen. Die Züge der Lehrter Bahn fuhren auf den Gleisen der Hamburger Bahn weiter und endeten fortan am Berliner Lehrter Bahnhof (Invalidenstraße, Tiergarten).
01. 10. Rudolf Weber, Professor für chemische Technologie an der Technischen Hochschule in Charlottenburg, tritt in den Ruhestand.
02. 10. Im Konventgarten zu Berlin treffen sich 20 Herren, um die Gründung der Pharmazeutischen Gesellschaft zu planen. Die geplante Vereinigung sollte einen neutralen wissenschaftlichen Charakter haben.
06. 10. In Charlottenburg werden erste Abwasserkanalisationsanlagen in Betrieb genommen.
11. 10. Der Physiker Karl Scheel promoviert an der Berliner Universität mit einer Arbeit über die Ausdehnung des Wassers.
14. 10. Das Lessing-Denkmal im Tiergarten in der Nähe der Lennéstraße wird eingeweiht.
15. 10. Das Stadtpostamt Berlin wird in Briefpostamt Berlin umbenannt.
19. 10. Im Ostend-Theater in der Großen Frankfurter Straße 132 (Frankfurter Allee, Friedrichshain) findet mit Henrik Ibsens Schauspiel »Die Stützen der Gesellschaft« die Eröffnungsvorstellung des Vereins »Freie Volksbühne« statt.
27. 10. Kaiser Wilhelm II. bestimmt, daß der von der Jury auf den ersten Platz gesetzte Entwurf des Architekten Franz Heinrich Schwechten für eine Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ausgeführt werden soll.
30. 10. Der erste allgemeine Kraftstromtarif von rund 50 Pfennig/kWh wird eingeführt. Die Berechnung erfolgte nach Amperestunden mit Gewährung eines Staffelrabatts von 15,5 bis 45 % entsprechend einer Benutzungsdauer von 1 200 bis 3 600 Stunden/Jahr.
03. 11. An der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin beginnt der erste Winterkurs.
06. 11. Auf Anweisung des Kultusministeriums beginnt auf dem Gelände der Charité der Bau des Instituts für Infektionskrankheiten mit einem wissenschaftlichen und einem klinischen Bereich nach den Vorstellungen von Robert Koch.
06. 11. Im Konventgarten zu Berlin findet die konstituierende Versammlung der »Pharmazeutischen Gesellschaft« mit Sitz in Berlin statt.
10. 11. Der literarische Verein »Schiller« veranstaltet seine Feier anläßlich des Schillergeburtstages in den Buggenhagenschen Festsälen. Die Festrede hielt der Vorsitzende Waldeck-Manasse über das Thema »Ist Schiller noch modern?«.
21. 11. Dem Mediziner Robert Koch verleihen Magistrat und Stadtverordnetenversammlung die Ehrenbürgerwürde der Stadt. Koch hatte auf dem X. Internationalen Mediziner-Kongreß erklärt, daß er mit dem Tuberkulin ein Heilmittel gegen die Tuberkulose entdeckt habe.
29. 11. Im Preußischen Abgeordnetenhaus wird eine Interpellation beraten, welche Schritte die Staatsregierung zur Förderung und Nutzbarmachung der Kochschen Entdeckung, dem Tuberkulin, zu unternehmen gedenke.
29. 11. Ein »Kongreß der Dickleibigen« wird im großen Restaurationssaal des Passage-Panoptikums (Eingang Unter den Linden, Mitte) eröffnet. Als Prämie für den Dicksten und Schwersten war ein lebendes Mastschwein ausgesetzt.
01. 12. Am Stichtag der Volkszählung beträgt die Zahl der Berliner, die in Berlin geboren sind, »306 308 männliche und 336 325 weibliche Personen gegenüber 453 315 männlichen und 482 846 weiblichen außerhalb Geborenen«.
01. 12. In Berlin zählt man 52,64 Personen pro bewohntes Haus. Im Reichsdurchschnitt waren es dagegen nur 8,45 Personen pro bewohntes Haus.
31. 12. Der Gewerberat beaufsichtigt 5 186 Berliner Fabriken, die rund 160 000 Beschäftigte, davon 8 480 unter 16 Jahren, haben. In den nächsten zehn Jahren kam es zur »Randwanderung« der Berliner Industrie, die an die Peripherie der Stadt verlagert wurde.

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