Berlin im Jahr 1875
01. 01. In Berlin tritt wie in ganz Preußen und Sachsen das Reichsmünzgesetz in Kraft, das als einzige Münzeinheit die Goldmark zu 100 Pfennig festlegt. Für die übrigen Landesteile des Deutschen Reiches wurde das Reichsmünzgesetz am 1. Januar 1876 verbindlich.
04. 01. Der Chemiker Carl Theodor Goldschmidt, Gründer einer chemischen Fabrik zur Herstellung von Präparaten für die Textilindustrie, stirbt in Berlin. Besonders Zinnpräparate waren ein spezielles Produkt des Unternehmens.
07. 01. Gustav Felix Flatow wird in Berent (Westpreußen) geboren. Der Turner des Berliner Turnvereins 1850 gewann bei den Olympischen Spielen in Athen 1896 die Goldmedaillen an Barren und Reck mit der Mannschaft.
11. 01. Fritz Manteuffel wird geboren. Der Turner gewann bei den Olympischen Spielen in Athen 1896 die Goldmedaille an Barren und Reck mit der Mannschaft.
14. 01. Der langjährige Stadtverordnetenvorsteher Friedrich Heinrich Kochhann wird Ehrenbürger der Stadt.
23. 01. Der Astronom Wilhelm Julius Foerster, seit 1865 Direktor der Berliner Sternwarte, hält im »Wissenschaftlichen Verein« in der Singakademie einen Vortrag zum Thema »Wahrheit und Wahrscheinlichkeit«.
23. 01. Der Mediziner Siegmund Radziejewski stirbt in Berlin. Radziejewski beschäftigte sich mit Problemen des Protein- und Fettstoffwechsels sowie mit toxikologischen Fragen.
01. 02. Die Bahnhöfe Weißensee (Greifswalder Straße) und Treptow (Treptower Park) werden eröffnet.
03. 02. Vahan Totomianz wird in Astrachan geboren. Totomianz hielt ab 1925 Vorlesungen über das Genossenschaftswesen an der Handels-Hochschule Berlin. Während seiner Berliner Zeit war er Mitarbeiter an wirtschaftlichen und genossenschaftlichen Zeitschriften.
22. 03. Es ergeht eine Königliche Order betreffend den Umbau des Zeughauses in Berlin zu einer Ruhmeshalle der preußischen Armee.
24. 03. Der Berliner Lette-Verein beschließt die Ausbildung von Handarbeitslehrerinnen durch den Verein.
10. 04. Der Astronom Wilhelm Julius Foerster wird zum ordentlichen Professor der Berliner Universität berufen.
15. 04. In den zu diesem Zweck angemieteten Räumen des Hauses Ritterstraße 47 (Kreuzberg) wird die »Setzerinnen-Schule« des Lette-Vereins mit 25 Setzerinnen eröffnet.
22. 04. Ein provisorisches Reglement für das Juristische Seminar der Berliner Universität tritt in Kraft.
10. 05. Zwischen Spandau und Tegel wird eine Dampferlinie mit Anschluß an die Eisenbahn von Berlin eröffnet.
12. 05. Mit einer Schenkung von 15 Mark von einem ungenannten Geber wird der Schülerstipendienfonds des Luisenstädtischen Gymnasiums gestiftet, dessen Grundkapital sich bald auf über 1 000 Mark erhöhte.
13. 05. Die Köpenicker Bank - später eine der größten deutschen Genossenschaftsbanken - wird gegründet.
17. 05. Der Magistrat beantragt bei der Stadtverordnetenversammlung die Übernahme des »Kleinen Tiergartens«, da dessen Gestaltung und Pflege die Möglichkeiten des Stadtteils Moabit überstiegen.
24. 05. Georg Stauber wird in Nürnberg geboren. Der Ingenieur war von 1908 bis 1937 Professor für Hüttenmaschinenkunde an der Technischen Hochschule zu Berlin.
24. 05. Der Mineraloge Martin Websky, seit 1873 Professor für Mineralogie an der Berliner Universität, wird als ordentliches Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften bestätigt.
02. 06. Kaiser Wilhelm I. erläßt eine Kabinettsorder, in der die Breite des zukünftigen Kurfürstendamms auf vierzehn Ruthen (53 Meter) festgelegt wird.
02. 06. In einem Brief an den Akademieastronomen Arthur Auwers teilt der Astronom Wilhelm Julius Foerster mit, daß er eine Mitgliedschaft in der Preußischen Akademie der Wissenschaften ablehnt.
04. 06. Das Preußische Abgeordnetenhaus genehmigt den Gesetzentwurf, welcher die preußische Regierung ermächtigt, die Nordbahn (Berlin - Neubrandenburg - Stralsund) für sechs Millionen Mark anzukaufen.
17. 06. Die Berlin-Dresdener Bahn ab Dresdener Bahnhof (Luckenwalder Straße, Kreuzberg) über Zossen wird für den Personen-, Eilgut- und Güterverkehr eröffnet. An der Bahnstrecke gingen die Bahnhöfe Südende, Marienfelde, Mahlow und Rangsdorf in Betrieb.
02. 07. Fritz Ullmann wird in Fürth geboren. Ullmann hatte sich 1906 für die Technologie der Farbstoffe habilitiert und wurde 1922 zum Professor an der Technischen Hochschule zu Berlin ernannt.
03. 07. Die Pferdebahnlinie, die von der Dorotheenstraße über den Großen Stern bis zum Zoologischen Garten zu Berlin führt, wird eröffnet. Für 2 1/2 Sgr. wurden die Besucher von Berlin zum Zoo befördert.
09. 07. Durch Gesetz wird der Kauf der Nordbahn (Berlin - Neubrandenburg - Stralsund) durch die preußische Regierung abgeschlossen.
15. 07. Nach dem Einigungskongreß des Allgemeinen deutschen Arbeitervereins und der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Gotha bilden Sozialdemokraten den Sozialistischen Arbeiterwahlverein für Berlin, der im Oktober bereits 1 000 Mitglieder zählte.
28. 07. Die Städtische Flußbadeanstalt Schäferstraße 1b - das spätere Freibad Oberhavel, Havelschanze 27-31 (Spandau) - wird vom Magistrat der Stadt Spandau als unentgeltlich zu benutzender Badeplatz für Männer in Betrieb genommen.
03. 08. Alfred Grund wird in Prag geboren. Grund trat 1907 die Nachfolge des Geographen Erich von Drygalsky am Institut für Meereskunde an der Berliner Universität an.
03. 08. Der Rektor der Berliner Universität, Theodor Mommsen, ehrt die im Krieg von 1870/71 gefallenen Studenten und enthüllt eine Gedenktafel.
12. 08. Der General der Infanterie Heinrich Adolf von Zastrow stirbt in der Heilanstalt zu Schöneberg. Als Mitglied der Landesverteidigungskommission verbrachte er seine letzten Lebensjahre in Berlin.
14. 08. Im Berliner Prater in der Kastanienallee bereiten Arbeiter dem Vorsitzenden des Allgemeinen Deutschen Maurer- und Steinhauervereins, Paul Grottkau, nach Verbüßung einer zehnmonatigen Strafe in Stettin, einen überwältigenden Empfang.
08. 09. Der Mediziner Johann Christian Jüngken verstirbt. Jüngken war seit 1828 Direktor der Augenklinik der Charité und seit 1841 Direktor der Chirurgie. Er wandte als erster in Deutschland das Chloroform bei Augenoperationen an.
25. 09. Der Architekt Ludwig Lohde, Lehrer an der Gewerbeakademie in der Klosterstraße (Mitte), stirbt in Berlin.
30. 09. Die Stadtverordnetenversammlung bewilligt die Übernahme des »Kleinen Tiergartens« (Stadtteil Moabit) durch den Magistrat und genehmigt 75 000 Mark für die Umgestaltung.
01. 10. Das »Deutsche Schulmuseum« (die spätere Deutsche Lehrer-Bücherei) wird gegründet. Es war zunächst mit einer ständigen Ausstellung von Lehr- und Lernmitteln in der 49. Gemeindeschule in der Blumenstraße (Friedrichshain) untergebracht.
01. 10. Auf Beschluß des Magistrats wird das schon 1839 geänderte Berliner Stadtwappen vom 6. Februar 1710 erneut verändert. Der Bär trug kein Halsband mehr, das als Zeichen der Knechtschaft gewertet wurde.
01. 10. Am Wilhelmplatz (Mitte) - inmitten des Regierungsviertels - wird nach zweijähriger Bauzeit das Luxushotel »Kaiserhof« eröffnet, das rasch zum Treffpunkt des vornehmen Berlins wurde. Es verfügte über 262 Gästebetten und einen Speisesaal für 350 Personen.
10. 10. Das gerade erst am 1. Oktober eröffnete Hotel »Kaiserhof« brennt ab. Bis zum Jahresende wurde es wiederhergestellt und neu eröffnet.
11. 10. In der Halleschen Straße (Kreuzberg) wird zur Erinnerung an das Herrschergeschlecht der Askanier das Askanische Gymnasium eröffnet.
15. 10. Der Maler und Zeichner Theodor Hosemann, der ab 1828 in Berlin als Illustrator tätig war, stirbt in Berlin. Beigesetzt wurde er auf dem Kirchhof der Sophiengemeinde, Bergstraße 29 (Mitte).
15. 10. Die Militäreisenbahn vom Berliner Militärbahnhof (Kolonnenstraße, Schöneberg) zum Schießplatz Cummersdorf (Nähe Zossen) wird eröffnet.
18. 10. Der Stadtbahnbau beginnt mit dem ersten Abschnitt vom Schlesischen Bahnhof nach Charlottenburg. Insgesamt mußten 597 Bogen und 64 Brücken gebaut werden.
18. 10. Der Techniker Friedrich Wilhelm Nottebusch stirbt in Berlin. Nottebusch hatte sich um die Einführung des Morsetelegraphen in Preußen verdient gemacht.
22. 10. Harry Walden (Schauspieler) wird in Berlin geboren.
26. 10. Das Berliner Denkmal für Heinrich Friedrich Karl Freiherr von und zum Stein wird im Beisein des Kronprinzen Friedrich Wilhelm auf dem Dönhoffplatz (Mitte) enthüllt. Es wurde später Unter den Linden aufgestellt.
03. 11. In der Sitzung der Geologischen Gesellschaft entwickelt der schwedische Geologe Otto Torell zum erstenmal vor Berliner Fachkollegen seine Inlandeistheorie für Norddeutschland.
10. 11. Die Berliner Bauakademie erhält, nachdem sie aus der Technischen Oberbaudirektion herausgelöst wurde, eine kollegialische Verfassung nach dem Vorbild der Gewerbeakademie. Direktor, Senat und Lehrerkollegium verwalteten die Akademie selbst.
14. 11. Bruno Hans Bürgel wird in einer Mietskaserne im Berliner Scheunenviertel geboren. Der Schriftsteller und Publizist war Verfasser vor allem astronomischer populärwissenschaftlicher Schriften.
25. 11. Karl Fehrmann wird in Potsdam geboren. Der Ingenieur war Mitarbeiter des Instituts für Gärungsgewerbe und Stärkefabrikation an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin.
01. 12. Die Boppstraße (Kreuzberg) erhält ihren Namen.
01. 12. In Berlin findet eine Bevölkerungs-, Gewerbe- und Wohnungsaufnahme statt.
01. 12. Die Graefestraße (Kreuzberg) erhält ihren Namen.
03. 12. Bernhard Lichtenberg wird im schlesischen Ohlau geboren. Der Theologe wurde 1899 im Breslauer Dom zum Priester geweiht. 1900 kam er an die St.-Mauritius-Kirche in Lichtenberg, von 1932 bis zu seiner Verhaftung 1941 war er Dompropst von St. Hedwig.
05. 12. Der Mediziner Eduard Arnold Martin stirbt in Berlin. 1858 nach Berlin berufen, war er Dekan der medizinischen Fakultät und Direktor der von ihm gegründeten gynäkologischen Abteilung der Charité (Mitte).
09. 12. Der Fabrikant Heinrich Ferdinand Eckert stirbt in Berlin. Eckert hatte 1848 die erste deutsche Pflugfabrik gegründet. 1871 wurde die Fabrik in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und Eckert war bis zum Übertritt in den Aufsichtsrat 1873 deren Direktor.
22. 12. Der Marheinekeplatz (Kreuzberg) erhält seinen Namen.
22. 12. Die Dieffenbachstraße (Kreuzberg) erhält ihren Namen.
22. 12. Die Schleiermacherstraße (Kreuzberg) erhält ihren Namen.
22. 12. Die Schönleinstraße (Kreuzberg) erhält ihren Namen.

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