Berlin im Jahr 1870
01. 01. In Berlin wird das Geodätische Institut gegründet.
01. 01. Das Schulgeld an den Berliner Gemeindeschulen wird aufgehoben.
05. 01. Moritz Lazarus und Israel Marcus Salomon gründen in Berlin die »Hochschule für die Wissenschaft des Judentums«.
06. 01. Die Stadtverordnetenversammlung hält in dem zwischen 1861 und 1869 erbauten Roten Rathaus ihre erste Sitzung ab.
08. 01. Die Firma »Ludwig Loewe & Co. KG a. A. für Fabrikation von Nähmaschinen« wird mit einem Kapital von einer Million Talern, von dem 25 Prozent eingezahlt waren, in das Berliner Handelsregister eingetragen.
08. 01. Die Deutsche Chemische Gesellschaft gibt ein Festessen zu Ehren des Chemikers August Wilhelm Hofmann, Rektor der Berliner Universität in den Jahren 1880 und 1881, im »Müllerschen Restaurant« am Hegelplatz.
22. 01. In einer konstituierenden Versammlung findet die Gründung der Deutschen Bank statt.
06. 02. Die Simeonstraße (Kreuzberg) erhält ihren Namen. Diese Straße existiert nicht mehr.
10. 02. Der »Eisenbahnkönig« Bethel Henry Strousberg richtet in der Dorotheenstraße und in seiner Markthalle am Schiffbauerdamm Volksküchen ein.
10. 02. Fritz Klimsch wird in Frankfurt/Main geboren. Klimsch studierte von 1886 bis 1894 an der Akademie der Künste in Berlin. Der Bildhauer erhielt 1894 den Staatspreis, gewann 1906 den Wettbewerb für das Virchow-Denkmal und wurde 1912 Akademiemitglied.
14. 02. Der Baumeister, Lehrer und Gewerbepolitiker Adolph Ferdinand Wenceslaus Brix stirbt in Charlottenburg.
19. 02. Der Mathematische Verein an der Berliner Universität veranstaltet den zweiten Mathematikerball. 400 Personen folgten der Einladung des Festkomitees.
20. 02. Der Maler Carl Wilhelm Gropius, seit 1822 Mitglied der Kunstakademie, stirbt in Berlin.
01. 03. Die Militärgemeinde des Invalidenhauses sperrt der Zivilgemeinde die Felder A bis D des Invalidenfriedhofes für weitere Beisetzungen.
11. 03. Edmund Parow wird in Cleven bei Mandel (Norwegen) geboren. Parow war seit 1897 Mitarbeiter des Instituts für Gärungsgewerbe und Stärkefabrikation an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin.
20. 03. Der Physiker Dr. Emil Warburg habilitiert sich in Berlin. In seiner Habilitationsarbeit beschäftigte er sich mit dem Ausfluß des Quecksilbers aus gläsernen Kapillaren.
21. 03. Die Zeichner des ersten Grundkapitals in Höhe von fünf Millionen Talern treffen sich zur ersten Generalversammlung der Deutschen Bank, die am 10. März gegründet worden war.
21. 03. Auf der ersten Generalversammlung der Deutschen Bank wird die Verwaltung eingesetzt. Dr. Georg Siemens und Herrmann Wallich aus dem Gründerkonsortium wurden die Direktoren.
26. 03. Dem Tiermediziner Friedrich Heinrich Julius Wilhelm Dieckerhoff wird eine Lehrerstelle an der Tierarzneischule in Berlin zunächst provisorisch übertragen.
01. 04. Der 1869 in Berlin gegründete Verband deutscher Frauenbildungs- und Erwerbsvereine gibt von diesem Tag an ein eigenes Verbandsorgan unter dem Namen »Der Frauenanwalt« heraus. Es wurde von der Schriftführerin des Lette-Vereins, Jenny Hirsch, redigiert.
01. 04. In Berlin erscheint die erste Nummer des Wochenblatts »Agitator«. Es war nach dem »Social-Demokrat« die zweite Arbeiterzeitung Berlins.
01. 04. Der Tiermediziner Werner Theodor Johann Spinola wird pensioniert. Spinola war seit 1833 an der Tierarzneischule in Berlin tätig und seit 1836 Lehrer für innere Veterinärmedizin.
03. 04. Der Geschichtsforscher und Meister in mittelalterlicher Philologie Philipp Jaffé erschießt sich aus ungeklärten Gründen. Jaffé war der erste Jude in Preußen, der zum außerordentlichen Professor für Geschichte an der Berliner Universität ernannt wurde.
04. 04. Der Physiker, Chemiker und Technologe Heinrich Gustav Magnus stirbt in Berlin. Er war Gründer der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Beigesetzt wurde er auf dem Kirchhof der Dorotheenstädtischen und der Friedrichswerderschen Gemeinde, Chausseestraße 126.
09. 04. In der Französischen Straße (Mitte) wird ein Bankinstitut eröffnet, das am 22. Januar von 21 Privatbankiers aus allen deutschen Staaten als erste nationale Aktienbank in Deutschland unter dem Firmennamen »Deutsche Bank AG« gegründet worden war.
13. 04. In einem Allerhöchsten Erlaß wird die Errichtung der Kaiserpassage in der Friedrichstraße (Mitte) verfügt. Die Bauarbeiten begannen im Frühjahr 1871.
16. 04. Wilhelm Foerster unterbreitet den kommunalen Behörden in Berlin den Vorschlag, in Berlin ein Netz von elektrisch regulierten Uhren aufzustellen. Die Aufstellung einer solchen Uhr vor dem Kammergericht hatte sich bewährt.
18. 04. In Berlin stirbt der Wirkliche Geheime Rat Johann Friedrich von Pommer-Esche, der in seinen Funktionen an der Spitze des Finanzministeriums und im Staatsrat wesentlich zur Vereinheitlichung der Zollbestimmungen in Deutschland beigetragen hatte.
29. 04. Der Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes und preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck ernennt Heinrich Stephan zum Generalpostmeister der Norddeutschen Bundespostverwaltung. Auf Initiative Stephans erhielt Berlin 1874 das erste Postmuseum.
28. 05. Der »Direktor der gesamten Musik des Gardekorps«, Wilhelm Wieprecht, dirigiert ab 17.00 Uhr das erste Militärkonzert im Zoologischen Garten zu Berlin. Die Direktion hatte mit dem Kapellmeister einen Vertrag über 16 sommerliche Konzerte abgeschlossen.
05. 06. Friedrich Wilhelm Gubitz, der künstlerische Wiedererwecker des Holzschnittes in Deutschland, für dessen weite Verbreitung er selbst durch seinen »Deutschen Volkskalender« wirkte, stirbt in Berlin.
15. 06. In einem Erlaß des Handelsministeriums wird angeordnet, daß die vom Maschinenmeister August Wöhler in Frankfurt (Oder) ausgeführten Festigkeitsversuche in der Gewerbeakademie, Versuchsstation zur Prüfung von Stahl und Eisen, in Berlin durchzuführen sind.
20. 06. In seiner Privatklinik in der Karlstraße hält der an Tuberkulose erkrankte Augenarzt Friedrich Wilhelm Ernst Albrecht von Graefe seine letzten Sprechstunden. Er verließ die Klinik in der Gewißheit seines nahen Todes.
25. 06. In Berlin kommen erstmals Postkarten in den Handel.
01. 07. Der Hofgärtner Gustav Meyer wird zum ersten Gartendirektor Berlins berufen. Damit begann die eigentliche Geschichte der Berliner Gartenverwaltung.
02. 07. Vier studentische Vereine an der Berliner Gewerbeakademie, die Hütte, der chemische, der literarische und der Gesangsverein, beschließen, sich zu einem gemeinsamen Bund unter dem alten Namen »Hütte« zusammenzuschließen.
19. 07. Im Weißen Saal des Berliner Schlosses wird der Norddeutsche Reichstag eröffnet. Die Abgeordneten waren einberufen worden, um die Mitteilung über die französische Kriegserklärung an Preußen entgegenzunehmen.
20. 07. Der Augenarzt Friedrich Wilhelm Ernst Albrecht von Graefe, 1856 erster erfolgreicher Operateur des grünen Stars, stirbt in Berlin. Als seine bedeutendste Leistung gilt die Heilung des akuten Glaukoms durch Iridektomie.
27. 07. Der Dramendichter Hermann Hersch stirbt in Berlin. 1854 erschien sein erstes einaktiges Drama »Alfonso Guzmann der Getreue«, das mit viel Beifall aufgenommen wurde. Von seinen Dramen hatte keines eine Bühnenwirkung erreicht.
03. 08. In Berlin wird, zwanzig Jahre nach Gründung der ersten vier Volksbibliotheken, die elfte Bibliothek dieser Art eröffnet.
05. 08. Friedrich Wilhelm Paul Fürst Radziwill, preußischer General der Infanterie und Teilnehmer an den Befreiungskriegen sowie am dänischen Krieg von 1864, stirbt in Berlin.
02. 09. Die Nachricht von der Schlacht bei Sedan, bei der die französischen Truppen im Deutsch-Französischen Krieg eine vernichtende Niederlage erlitten, trifft in Berlin ein.
03. 09. In Berlin wird am frühen Morgen die Depesche veröffentlicht, in der König Wilhelm I. seiner Gemahlin, Königin Augusta, die Nachricht von der Kapitulation des französischen Heeres nach der Schlacht bei Sedan am 2. September 1870 übermittelte.
05. 09. Victor Auburtin wird in Berlin geboren. Der Feuilletonist war Redaktionsmitglied am »Berliner Tageblatt«.
01. 10. Gustav Bode wird in Langenselbold/Kreis Hanau geboren. Bode war seit 1900 Mitarbeiter im Institut für Gärungsgewerbe und Stärkeproduktion an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin.
10. 10. Arnold Reimann wird in Bütow (Pommern) geboren. Reimann studierte u.a. Geschichte in Berlin, promovierte 1901 und bestand 1903 das Staatsexamen. Ostern 1904 wurde er als Oberlehrer am Luisenstädtischen Gymnasium angestellt.
27. 10. In Berlin fällt die überdurchschnittliche Regenmenge von 39,5 l/mē. Gleichzeitig begann eine zehntägige Regenperiode.
05. 11. Otto Neumann wird in Eydtkuhnen geboren. Der Technologe war ab 1898 Mitarbeiter im Institut für Gärungsgewerbe und Stärkefabrikation an der Landwirtschsftlichen Hochschule Berlin.
28. 11. Georg Klingenberg wird in Hamburg geboren. Der Ingenieur begründete eine eigenständige Theorie des Kraftwerksbaus, die er beim Bau von mehr als 70 Elektrizitätswerken in die Praxis umsetzte. Sein letztes Kraftwerk war das Großkraftwerk Rummelsburg.
28. 11. Gustav Fischer wird in Berlin geboren. Der Maschinenbauingenieur übernahm 1902 den Lehrstuhl für landwirtschaftliches Maschinenwesen an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin.
02. 12. Die Kleinbeerenstraße (Kreuzberg) erhält ihren Namen.
12. 12. In Berlin beginnt die erste katholische Tageszeitung »Germania« ihr Erscheinen. Sie führte den Untertitel »Zeitung für das deutsche Volk« und verstand sich als Interessenvertreterin der Berliner Katholiken gegenüber der antiklerikalen Berliner Presse.
14. 12. August Wilhelm Hofmann hält in der Generalversammlung der Deutschen Chemischen Gesellschaft zu Berlin die Gedächtnisrede auf den Physiker Gustav Magnus.
15. 12. Der wissenschaftliche Kunstverein tritt in Berlin zu einer Sitzung zum Gedächtnis Ludwig van Beethovens aus Anlaß der Säkularfeier (Hundertjahrfeier) seiner Geburt zusammen.
17. 12. In Berlin erscheint die erste Nummer des Zentralorgans der Deutschen Zentrumspartei »Germania«.
31. 12. Da strenger Frost die Postbeförderung erschwert, wird bekanntgegeben, daß bis auf weiteres nach Dänemark und Schweden nur noch solche Pakete zur Postbeförderung angenommen werden, deren Gewicht 60 Pfund und deren Umfang 2 1/2 Fuß nicht übersteigen.

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