Berlin im Jahr 1867
01. 01. Rudolf Mosse gründet im Hause Friedrichstraße 60 (Mitte) eine Annoncen-Expedition, welche die Vermittlung von Anzeigen aus allen Teilen Deutschlands an die verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften übernimmt.
01. 01. In Berlin erscheint die erste Nummer der Tageszeitung »Die Zukunft«. Sie führte den Untertitel »Demokratische Zeitung« und war den Aussagen von Zeitgenossen zufolge die »geistreichste« Berliner Tageszeitung.
03. 01. Erland Koch wird geboren. Der Sportschütze gewann bei den Olympischen Spielen in Stockholm 1912 die Bronzemedaille im Wurftaubenschießen in der Mannschaft.
06. 01. Die Grabenstraße (Kreuzberg) wird in Königin-Augusta-Straße umbenannt. Am 31. Juli 1947 wurde die Straße, die von 1933 bis 1947 Tirpitzufer hieß, in Reichpietschufer umbenannt.
08. 01. Wilhelm Stolze, der mit seinem 1841 veröffentlichten Kurzschriftsystem als Erfinder der deutschen Stenographie gilt, stirbt in Berlin. Beigesetzt wurde er auf dem Kirchhof der St.-Hedwigs-Gemeinde, Liesenstraße 8 (Mitte).
12. 01. Wilhelm Dieck wird in Würzburg geboren. Dieck, Ordinarius für Zahnheilkunde an der Berliner Universität und Direktor des zahnärztlichen Institutes der Charité, gehörte zu den führenden Forschern auf den Gebieten Zahnerhaltung, Prothetik und Chirurgie.
17. 01. In der Berliner Akademie der Wissenschaften verliest der Physiker Gustav Magnus die Arbeit von Werner Siemens »Über die Umwandlung von Arbeitskraft in elektrischen Strom ohne permanente Magnete«. Damit wurde die Dynamomaschinen-Erfindung bekannt gemacht.
21. 01. Johann Friedrich Adolph Kalbo, Bierausschankinhaber in der Kastanienallee, beantragt eine Konzession zur Aufführung von Operetten, Lustspielen und Possen, um das »Café chantant« als singendes Café zu etablieren. Das Lokal wurde »Berliner Prater« genannt.
23. 01. Hermann Helmholtz schreibt an den Minister und regt den Bau eines neuen Institutsgebäudes für das Physikalische Institut an, das das Laboratorium, zwei Hörsale nebst Vorbereitungszimmer und die Amtswohnung des Direktors enthalten soll.
29. 01. Unter dem Vorsitz des Neurologen Wilhelm Griesinger tritt die »Berliner Medizinisch-Psychologische Gesellschaft« (ab 9. Dezember 1878 »Berliner Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie«) erstmals zusammen.
08. 02. Max Dessoir wird als Sohn des Hofschauspielers Ludwig Dessoir in Berlin geboren. Dessoir studierte in Berlin Medizin und Philosophie und lehrte später an der Berliner Universität sowie an der Handels-Hochschule Berlin.
12. 02. Bei den Wahlen zum Konstituierenden Reichstag des Norddeutschen Bundes gewinnen die Kandidaten der Deutschen Fortschrittspartei in allen sechs Berliner Wahlkreisen. Die konservativen Kandidaten, darunter Bismarck und Roon, erhielten kein Berliner Mandat.
14. 02. Karl Adolf Windisch wird in Bommersheim (Hessen) geboren. Windisch studierte in Berlin Naturwissenschaften und arbeitete als Lebensmittelchemiker bis 1904 in verschiedenen Institutionen der Stadt.
24. 02. Der 1. Reichstag des Norddeutschen Bundes wird im Weißen Saal des Berliner Schlosses eröffnet.
25. 02. Der 1. Reichstag des Norddeutschen Bundes tritt zu seiner ersten Arbeitssitzung im Gebäude des Herrenhauses des Preußischen Landtages, Leipziger Straße 3, zusammen.
02. 03. Die Berliner Borsigwerke feiern die Fertigstellung der zweitausendsten Lokomotive.
09. 03. Die Mittel zum Bau der Ringbahn von Moabit über Stralau bis nach Schöneberg werden durch Gesetz bewilligt.
16. 03. Der preußischen Regierung wird eine »Denkschrift zur Errichtung eines Instituts für höhere Meßkunde«, an deren Ausarbeitung der Berliner Astronom Wilhelm Julius Foerster maßgeblich beteiligt war, vorgelegt.
21. 03. König Wilhelm I. beauftragt den Kultusminister in einem Handschreiben, Vorschläge zur Erbauung eines neuen Domes in Berlin zu unterbreiten.
25. 03. In einer Versammlung des Komitees zur Gründung eines Kunst- und Gewerbemuseums in Berlin wird die Satzung der neuen Institution vorgelegt. Sie sollte den Namen »Deutsches Gewerbemuseum zu Berlin« führen.
09. 04. Wilhelm Lütgert wird in Heiligengrabe geboren. Der Theologe kam 1929 nach Berlin. Sein Hauptarbeitsgebiet war die Religionsgeschichte Deutschlands im 19. Jahrhundert und besonders im Zeitalter des Idealismus.
11. 04. In Berlin schließt Preußen mit dem Großherzogtum Hessen ein Schutz- und Trutzbündnis.
22. 04. Der Geologe Justus Roth, der seit 1868 als Professor für Geologie an der Berliner Universität wirkte, wird als ordentliches Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften bestätigt.
27. 04. Robert von Regel wird in St. Petersburg geboren. Regel, Mitglied des wissenschaftlichen Komitees des Landwirtschaftsministeriums in Rußland, war von 1888 bis 1890 Hospitant an der Gärtnerlehranstalt Wildpark und verließ sie als »Garteningenieur«.
06. 05. Der Bildhauer Friedrich Anton Hermann Schievelbein stirbt in Berlin. Schievelbein arbeitete u.a. an der Figurengruppe an der Schloßbrücke, an den Plastiken am Alten Museum und dem Pompeji-Fries des Neuen Museums mit.
12. 05. Bernhard Ludwig Prager wird in Berlin geboren. Prager studierte Chemie bei August Wilhelm Hofmann, Siegmund Gabriel und Karl Friedrich Rammelsberg. Nach seiner Promotion im Jahre 1890 war er in der chemischen Industrie tätig.
16. 05. Richard Loewenherz wird in Berlin geboren. Der Chemiker kam 1914 als Privatdozent an die Technische Hochschule in Charlottenburg und war dort Kustos des Chemischen Museums.
24. 05. Das späteste Schneefallereignis in der Berliner Innenstadt im Zeitraum 1848 bis 1887 wird beobachtet. Im Mittel erwartete man Schneefälle bis zum 7. April.
30. 05. Julius Ephraim wird in Berlin geboren. Ephraim studierte Naturwissenschaften und promovierte am Chemischen Institut der Berliner Universität bei Siegmund Gabriel. Später arbeitete er als Patentanwalt.
06. 06. Friedrich von Raumer teilt den städtischen Behörden mit, daß er seinen umfangreichen ungedruckten literarischen Nachlaß den Berliner Volksbibliotheken schenken wolle. Raumer hatte 1846 die ersten Vorschläge zur Einrichtung von Volksbibliotheken gemacht.
15. 06. Der »Psychiatrische Verein zu Berlin« wird als Interessenvertretung der Anstaltsärzte gegenüber der klinisch orientierten, von Wilhelm Griesinger initiierten »Medizinisch-Psychologischen Gesellschaft« gegründet.
17. 06. Leo Jogiches-Tyska wird in Wilna geboren. Der Mitbegründer des Spartakusbundes und der KPD wurde am 10. März 1919 von Mitgliedern der Brigade Reinhard in Neukölln verhaftet und noch am selben Tag in der Untersuchungshaft ermordet.
01. 07. Die Verfassung des Norddeutschen Bundes tritt in Kraft. Berlin war damit de facto Bundeshauptstadt.
04. 07. Der Astronom Arthur Auwers hält in einer öffentlichen Sitzung der Berliner Akademie seine Antrittsrede.
05. 07. Emil Heyn wird in Annaberg (Sachsen) geboren. Heyn war Professor für allgemeine mechanische Technologie an der Technischen Hochschule, Gründer der Deutschen Gesellschaft für Metallkunde (1919) und Leiter des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Metallforschung.
08. 07. Käthe Schmidt (Käthe Kollwitz) wird in Königsberg (Ostpreußen) geboren. Die Graphikerin, Bildhauerin und Zeichnerin heiratete 1891 den Arzt Dr. Karl Kollwitz und zog mit ihm nach Berlin. Ihre Pietà war Vorbild für die Skulptur in der Neuen Wache.
14. 07. Otto von Bismarck wird Kanzler des Norddeutschen Bundes.
20. 07. Gustav Schwalbe wird in Berlin geboren. Der Meteorologe war von 1892 bis 1934 Mitarbeiter am Preußischen Meteorologischen Institut.
03. 08. Der Sprachwissenschaftler und Altertumsforscher August Boeckh, Ehrenbürger der Stadt, stirbt in Berlin. Er wurde auf dem Kirchhof der Dorotheenstädtischen und der Friedrichswerderschen Gemeinde, Chaussestraße 126 (Mitte) beigesetzt.
18. 08. Dem »Deutschen Gewerbemuseum zu Berlin« werden die Rechte einer juristischen Person verliehen.
23. 08. Zwischen Johann Georg Halske, der aus der Firma Siemens & Halske ausscheiden will, und Werner Siemens wird ein Vertrag geschlossen, der die mit dem Austritt verbundenen Probleme regelt.
03. 09. Der Schriftsteller Heinrich Smidt stirbt in Berlin. Smidt wurde besonders durch seine Seeromane bekannt.
20. 09. J. Gené wird in Mühlenbeck bei Stettin geboren. Gené, der 1889 bis 1891 die Königliche Gärtnerlehranstalt in Wildpark besuchte, war von 1901 bis 1906 Lehrer an der Gärtnerlehranstalt in Oranienburg und danach Königlicher Tiergarten-Obergärtner zu Berlin.
25. 09. Der Gärtner Louis Mathieu - Nachfahre einer unter Ludwig XIV. aus Frankreich vertriebenen Familie - stirbt in Berlin. Er war Mitglied des Vorstandes der Gärtnerlehranstalt und verfaßte Pläne zur Einrichtung des Humboldthains und des Friedrichshains.
29. 09. Walther Rathenau, Sohn des AEG-Gründers Emil Rathenau, wird in Berlin geboren. Der Chemiker war u.a. AEG-Vorsitzender, nach 1918 zunächst Wiederaufbauminister, dann Außenminister. Er wurde am 24. Juni 1922 bei einem Attentat ermordet.
29. 09. Die erste Berliner Markthalle zwischen Karlstraße und Schiffbauerdamm (Am Zirkus, Mitte) wird eröffnet (nach anderen Quellen erst am 1. Oktober). Bereits am 18. April 1868 wurde sie wegen Unrentabilität wieder geschlossen und zum Zirkus umgebaut.
01. 10. Das letzte Teilstück der Königlichen Ostbahn Gusow - Berlin/Ostbahnhof am Küstriner Platz (Franz-Mehring-Platz) wird in Betrieb genommen. Sie führte von Berlin über Küstrin, Bromberg, Dirschau und Königsberg nach Eydtkuhnen an der russischen Grenze.
01. 10. Die Lehrer Scholz und Troschel gründen in Berlin das »Institut für höheren weiblichen Zeichenunterricht«, das sich auch »der Protektion der für die schönen Künste empfänglichen Kronprinzessin erfreute«.
16. 10. Aus der Schulgartenstraße bzw. Brandenburger Kommunikation (Ebertstraße, Tiergarten/Mitte) und der Hirschelstraße bzw. Potsdamer und Anhaltschen Kommunikation (Stresemannstraße, Kreuzberg) wird die Königgrätzer Straße gebildet.
27. 10. Eugen Wolff wird in Berlin geboren. Wolff studierte klassische Philologie und Theologie und promovierte 1896 in Berlin. Von 1900 bis 1913 war er am Luisenstädtischen Gymnasium tätig. Ostern 1909 erhielt er den Professorentitel.
11. 11. Auf Anregung des Chemikers August Wilhelm Hofmann wird von Vertretern der Wissenschaft und der Industrie die »Deutsche Chemische Gesellschaft« gegründet. Erster Präsident der Gesellschaft wurde August Wilhelm Hofmann.
25. 11. Der Historien- und Porträtmaler Karl Friedrich Sohn stirbt in Köln. Sohn hatte an der Berliner Akademie studiert und anschließend im Berliner Atelier von Johann Gottfried Schadow gearbeitet. Sohn schuf viele romantische Gemälde.
15. 12. In Berlin wird der Union-Club als ziviler Renn-Verein für Pferderennen gegründet.
28. 12. Die Stadtverordnetenversammlung beschließt die Errichtung eines ersten stadteigenen Krankenhauses mit 600 Betten, des späteren Krankenhauses Friedrichshain. Das am 8. Oktober 1874 eröffnete Krankenhaus wurde nach Plänen von Gropius und Schmieden gebaut.
31. 12. Johann Georg Halske zieht sich aus der Firma Siemens & Halske zurück. Mit zunehmender Größe des Unternehmens hatte er sich den Aufgaben nicht mehr gewachsen gefühlt.
31. 12. Die Görlitzer Bahn wird auf ihrer ganzen Strecke mit einer Gesamtlänge von 207,9 km in Betrieb genommen. Damit erfolgte eine günstigere Verkehrsanbindung der südöstlich gelegenen Vororte.

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