Berlin im Jahr 1809
24. 01. Im Englischen Haus (Mohrenstraße, Mitte) findet das Stiftungsfest der »Liedertafel« statt. 24 Mitglieder der Singakademie hatten am 28. Dezember 1808 die Liedertafel gegründet und das 25. Mitglied, Carl Friedrich Zelter, zum Tafelmeister gewählt.
11. 02. Der Berliner Mediziner und Philantrop Nicolaus Heinrich Julius promoviert in Würzburg zum Dr. med. et chir.
20. 02. Wilhelm von Humboldt übernimmt als Geheimer Staatsrat die Leitung der Sektion für Cultus und öffentlichen Unterricht im Ministerium des Inneren.
09. 03. 402 wahlberechtigte männliche Spandauer Bürger mit Haus- und Grundbesitz sowie einem jährlichen Mindesteinkommen von 150 Talern wählen aus ihrer Mitte 36 Stadtverordnete und zwölf Stellvertreter. Die Wahlbeteiligung betrug fast 90 %.
19. 03. Moritz Ludwig Seyffert wird in Wittenberg geboren. Ab 1846 lehrte der Philologe als Professor am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin.
25. 03. König Friedrich Wilhelm III. ernennt Karl Justus Gruner zum ersten Berliner Polizeipräsidenten.
18. 04. Aufgrund der am 19. November 1808 erlassenen Städteordnung beginnen in der Hauptstadt Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung, die bis zum 22. April andauern. Insgesamt wählte die Berliner Bürgerschaft 102 Stadtverordnete.
25. 04. Leopold von Gerlach wird auf der konstituierenden Sitzung der Stadtverordneten zum Vorsitzenden und wenig später, am 1. Mai, auch zum ersten Oberbürgermeister nach Einführung der neuen Städteordnung von 1808 gewählt.
28. 04. Husarenmajor Ferdinand Baptista von Schill verläßt eigenmächtig mit 550 Reitern Berlin, um in Norddeutschland den Aufstand gegen die napoleonische Fremdherrschaft zu entfachen. Am 31. Mai fiel er in Stralsund im Straßenkampf.
01. 05. Zum ersten Oberbürgermeister Berlins nach Erlaß der Städteordnung in Preußen wird Leopold von Gerlach gewählt, zu seinem Stellvertreter als Bürgermeister der Stadtpräsident Johann Büsching.
08. 05. König Friedrich Wilhelm III. bestätigt die am 1. Mai 1809 erfolgte Wahl Leopold von Gerlachs zum Oberbürgermeister von Berlin.
17. 05. Friedrich Wilhelm III. weist seinen Staatsminister Graf von Dohna an, «... in Berlin bey der dortigen Akademie der Künste [eine besondere Musikbehörde und] eine Professur der Musik [zu] errichte[n] und solche dem Zelter [zu] übertragen ...«.
19. 05. 42 Bilder nebst zugehörigen Kupferplatten von Husarenmajor Ferdinand von Schill, der am 28. April eigenmächtig mit 550 Reitern die Stadt verlassen hatte, werden bei Karl Gottfried Lüderitz, Königstr. 37, durch Polizeiinspektor Falkenberg beschlagnahmt.
22. 05. Der Berliner Mediziner und Philantrop Nicolaus Heinrich Julius tritt in Würzburg zur römisch-katholischen Kirche über.
25. 05. Nach der am 1. Mai erfolgten Wahl des Oberbürgermeisters und seines Stellvertreters werden die übrigen Mitglieder des Berliner Magistrats gewählt, und zwar die zehn besoldeten und die 15 unbesoldeten Stadträte.
31. 05. Der Freiheitskämpfer, preußische Major und Kommandeur des 2. Brandenburgischen Husaren-Regiments in Berlin, Ferdinand Baptista von Schill, der die Bevölkerung zum Befreiungskampf gegen Napoleon mitzureißen suchte, fällt bei Straßenkämpfen in Stralsund.
02. 06. Ein heftiger Hagelschlag zerstört eine Vielzahl von Pflanzen des Königlich Botanischen Gartens in Schöneberg und richtet selbst in den Gewächshäusern größte Verwüstungen an.
03. 06. Das eröffnete Testament der Wilhelmine Reichwaldt bestimmt ihre zwei Häuser in der Schützenstraße 58 und 59 (Mitte) zur Unterstützung von sechs armen, kinderlosen und über 50 Jahre alten Frauen, die dort mietfrei wohnen sollen.
11. 06. Der Theologe Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher tritt sein Predigeramt an der Berliner Dreifaltigkeitskirche an.
25. 06. Auf königlichen Spezialbefehl werden die Bürgerrechtsgelder neu festgelegt. Für große Städte, wie Berlin, kam danach der Satz von zehn Reichstalern für den Erwerb des Bürgerrechts zur Anwendung.
06. 07. Der Oberbürgermeister, ein Bürgermeister, neun besoldete und 15 unbesoldete Stadträte, von den Stadtverordneten gewählt, werden in der Nikolaikirche zu Berlin mit einem Gottesdienst in ihr Amt eingeführt. Damit begann die städtische Selbstverwaltung.
24. 07. Wilhelm von Humboldt richtet als Direktor für Cultus und Unterricht an den König den Antrag auf Errichtung einer Universität in Berlin, mit der sich »der deutschen Wissenschaft eine vielleicht kaum jetzt noch gehoffte Freistatt eröffnen« werde.
29. 07. Julie Holzbecher (Julie von Holtei) wird in Berlin geboren. Die Schauspielerin und Sängerin wirkte vorrangig am Königstädtischen Theater.
16. 08. König Friedrich Wilhelm III. verfügt per Kabinettsorder die Einrichtung einer allgemeinen Lehranstalt mit dem Namen einer Universität. Er bestimmt das Palais des Prinzen Heinrich zum Sitz der Berliner Universität.
16. 08. In einer Kabinettsorder verfügt König Friedrich Wilhelm III., daß bei der Berufung von Gelehrten an die Berliner Universität der Grundsatz der »Erhaltung und Gewinnung der ersten Männer jeden Fachs« eingehalten wird.
19. 09. In der Nacht zum 20. September zerstört ein Brand die Cöllner Petrikirche und Häuser des Marktes. Es verbrannten viele Bücher der Spenerschen, der Nicolaischen sowie der Pauli-Buchhandlung. Der Brand griff sogar auf Kähne und Pfähle in der Spree über.
15. 10. Friedrich Adolph Philippi wird als Sohn eines jüdischen Bankiers in Berlin geboren. Philippi sah in seinem späteren Wirken seine Lebensaufgabe in der Stärkung der lutherischen Kirche.
17. 10. Hermann Hendrichs wird in Köln geboren. Der »letzte große Romantiker der deutschen Bühne« gehörte viele Jahre dem Berliner Hoftheater an.
30. 10. Mit einer Kabinettsorder setzt König Friedrich Wilhelm III. der Sonderstellung der Französischen Gemeinde zu Berlin ein Ende. Das französische Koloniedepartement, das französische Oberdirektorium und das französische Bürgerrecht wurden abgeschafft.
02. 11. In einem provisorisch hergerichteten Raum an der Gartenseite des ersten Obergeschosses beginnt in der Berliner Universität der vorläufige Lehrbetrieb. Die offizielle Eröffnung und die rechtskräftige Übereignung des Grundstücks erfolgte erst Ende 1810.
04. 11. Die »Gesetzlose Gesellschaft zu Berlin« wird gegründet. Sie sah sich als »Trägerin der Tradition, der Kultur und der Wissenschaft in enger Verbindung der Mitglieder untereinander« und zählte bei ihrer Gründung 14 Personen.
01. 12. Wilhelm von Humboldt berichtet dem König Friedrich Wilhelm III. in einem Kabinettsbericht über die Anfänge universitären Lebens im Prinz-Heinrich-Palais.
03. 12. Die königliche Familie begibt sich in Begleitung des Arztes Christoph Wilhelm Hufeland von Ostpreußen auf die Rückreise nach Berlin. König Friedrich Wilhelm III. war 1806, vor Ausbruch des Vierten Koalitionskrieges, nach Königsberg geflohen.
05. 12. Adolf Friedrich Riedel wird als Sohn eines mecklenburgischen Landpredigers in Biendorf bei Doberan geboren. Der märkische Geschichtsforscher wurde 1868 durch Kaiser Wilhelm I. zum »Historiographen der Brandenburgischen Geschichte« ernannt.
10. 12. Polizeipräsident Karl Justus Gruner erläßt eine Polizeiverordnung zur Reinigung der Berliner Straßen.
23. 12. Christoph Wilhelm Hufeland, der als Leibarzt die königliche Familie nach Ostpreußen begleitet hatte, kommt gemeinsam mit dem Hof nach Berlin zurück.
23. 12. König Friedrich Wilhelm III., Königin Luise und der königliche Hof werden bei ihrer Rückkehr aus Königsberg, wohin sie 1806 vor Ausbruch des Vierten Koalitionskrieges geflohen waren, in Berlin feierlich empfangen.
26. 12. König Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise wohnen einem Gottesdienst in der Werderschen Kirche bei, um die Rede des französisch-reformierten Predigers Frédéric Ancillon zu hören. Ancillon wurde 1810 zum Erzieher des Kronprinzen und Staatsrat ernannt.

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