Erinnerung an 38 Juden Berlins von 1510

Inschrift:
obere Tafel: in hebräischer Schrift
untere Tafel:
IM JAHRE 1510 WURDEN 38 BERLINER JUDEN WEGEN /
ANGEBLICHER HOSTIENSCHÄNDUNG VERBRANNT. /
IHRE GEBEINE SIND HIER BESTATTET.

Technische Daten:
obere schwarze Steintafel, 90 cm x 60 cm,
untere Metalltafel, 90 cm x 27 cm

Standort:
Mollstraße 8-11 (Mitte)
Besondere Ortsangabe: auf einer Rasenfläche ein Stein mit der Gedenktafel
Verkehrsanbindung U 5 bis Schillingstraße; Bus 100, 340, 257 bis Moll-/Ecke Otto-Braun-Straße

Erinnerung an 38 Juden Berlins von 1510 Unweit des Standortes dieser Gedenktafel befand sich im 16. Jahrhundert der Rabenstein - die damalige Hinrichtungsstätte. Hier wurden am 20.7.1510 36 unschuldige Juden aus Berlin verbrannt. Die "Berlinischen Nachrichten" berichteten von einem Autodafé des Jahres 1510. Die Juden waren beschuldigt worden, eine Monstranz und ein Gefäß mit geweihten Hostien aus einer Kirche im havelländischen Knoblauch gestohlen zu haben. Obwohl der wahre Täter, der Kesselflicker Paul Frohm (†1510) aus Bernau, ermittelt worden und auch geständig war, hielt man die Beschuldigung gegen die Juden aufrecht. Einhundert jüdische Bürger wurden verhaftet. Vor der St.-Marienkirche auf dem Neuen Markt wurde ein Schauprozeß gegen die Juden und den wahren Täter veranstaltet. 38 wurden zum Tode durch das Feuer verurteilt. Das "Chronicon Berolinense" berichtete, daß 1510 der Bürgermeister Hans Brachower (auch Brackow, †1517), der zugleich Richter war, alle Juden zu Folter und Tod verurteilt hatte. Am Margarethentag, dem 20.7., wurden 36 Juden und der Kesselflicker dem Scheiterhaufen übergeben. Zwei der Juden hatten sich taufen lassen und wurden einen Tag später auf dem Rabenstein enthauptet. Die Hingerichteten vergrub man dann auf einem Begräbnisplatz in der späteren Gerlachstraße. Kurfürst Jochaim I. Nestor (1484-1535) verwies nun alle Juden aus den märkischen Landen.

Einweihung Oktober 1988

Bemerkungen:
Zur Erinnerung an diese Opfer der jüdischen Gemeinde ließ Rabbiner Martin Salomonski im Jahre 1935 durch seinen Sohn Meier eine Gedenktafel am Haus Lietzmannstraße 19-21 mit folgender Inschrift anbringen: "Hier ruhen die heiligen Gebeine der Mitglieder unserer ersten Gemeinde in Berlin. Sie wurden als Märtyrer ermordet und verbrannt am 12. Aw 5270." Diese Tafel wurde 1988 mit der oben zitierten Gedenktafel an einem Stein angebracht und in der Mollstraße aufgestellt.

Literaturhinweise
Neues Deutschland vom Oktober 1988
Schneider, Louis: Berlinische Nachrichten. XVI. Jahrhundert, a. a. O.
Chronicon Berolinense, a. a. O.
Wegweiser durch das jüdische Berlin, a. a. O.


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