Kontext: Hirschfeld, MagnusHirschfeld, Magnus
Wohnhaus und Wirkungsstätte

Inschrift am Oberteil des säulenförmigen Denkmals:

HIRSCHFELD-SÄULE

Inschrift unter einem nach links blickenden Profilrelief:

IN DEM HIER EHEMALS STEHENDEN /
HAUS LEBTE VON 1896 BIS 1910 DER /
ARZT UND SEXUALWISSENSCHAFTLER /
DR. MAGNUS HIRSCHFELD /
GEB. 1868 IN KOLBERG /
GEST. 1935 IN NIZZA IM EXIL

Inschrift unmittelbar darunter:

IN CHARLOTTENBURG BEGANN /
DR. HIRSCHFELD AM 15. MAI 1897 /
MIT DEM AUFBAU DER ERSTEN /
DEUTSCHEN HOMOSEXUELLEN- /
BEWEGUNG ALS GRÜNDER UND /
VORSITZENDER DES WISSEN- /
SCHAFTLICH-HUMANITÄREN /
KOMITEES (WHK). FERNER /
ENTSTANDEN HIER DIE PLÄNE /
FÜR DAS SPÄTERE BERLINER /
"INSTITUT FÜR SEXUALWISSEN- /
SCHAFT". /
NACH DER MACHTÜBERNAHME /
DER NATIONALSOZIALISTEN SAH /
SICH DAS •WHK• 1933 GEZWUN- /
GEN SICH SELBST AUFZULÖSEN. /
DAS ENGAGIERTE WIRKEN VON /
MAGNUS HIRSCHFELD MAHNT /
BIS HEUTE ZU TOLERANZ UND /
AKZEPTANZ GEGENÜBER MIN- /
DERHEITEN IN UNSERER GESELL- /
SCHAFT.

Inschrift vertikal:

IDEE AUGUST JAKEL NEUGESTALTUNG EMANUEL SCHARFENBERG

Inschrift auf einer Tafel am Fuß des Denkmals:

Die - HIRSCHFELD-SÄULE - wurde gestiftet von: /
Bezirksamt Charlottenburg, Abt. Volksbildung - Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg /
Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft-Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HUK) /
Landesarbeitsgemeinschft schwuler Sozialdemokraten (Schwusos) - Gruppe schwuler Lehrer in der GEW /
Hannchen-Mehrzweck-Stiftung (HMS) - Jaap Hartel Schriftsteller u. Oskar Lens Maler, Den Haag /
Völklinger Kreis (Gay-Manager-Verband) - Lothar Neugebauer, Karlsruhe - und vielen Ungenannten.

Technische Details: Bronzedenkmal, 47,5 cm, Höhe: ca. 220 cm, die oberen Tafeln jede ca. 50 cm x 100 cm, Tafel am Fuß des Denkmals ca. 50 cm x 10 cm

Standort:
Otto-Suhr-Allee 93
Ortsteil Charlottenburg
Verkehrsanbindung U 7 bis Richard-Wagner-Platz

Einweihung 14.05.1995
Künstler August Jakel, neugestaltet von Emanuel Scharfenberg
Herausgeber der Tafel BVV Charlottenburg und Schwules Museum
Spender Bezirksamt Charlottenburg, Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche, Schwusos, Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, Hannchen-Mehrzweck-Stiftung, Völklinger Kreis/Gay Manager Verband

Bemerkungen:
Auf Vorschlag der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft sollte die Tafel folgenden Text tragen: "Hier lebte von 1896 bis 1910 der Arzt und /
Sexualwissenschaftler Dr. Magnus Hirschfeld /
geb. 1868 in Kolberg gest. 1935 im Exil in Nizza /
Hier entstand die erste Idee des späteren Berliner /
Instituts für Sexualwissenschaft (1919-1933). /
In Hirschfelds Wohnung wurde am 15. Mai 1897 /
die erste deutsche Schwulenorganisation gegründet, /
das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee (WhK), /
dessen Vorsitz Hirschfeld bis 1929 führte." Der Text fand beim Bezirksamt Charlottenburg keine Zustimmung. Deshalb und wegen eines Fehlers auf der bereits gefertigten Tafel wurde das für Dezember 1987 geplante Anbringen verschoben und der Text erneut beraten. Der neue, von der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft wegen Verschweigens des Engagements Hirschfelds für die Homosexuellen kritisierte Text, lautete wie folgt: "In dem hier vormals stehenden Hause /
lebte und praktizierte /
von 1896 bis 1910 /
MAGNUS HIRSCHFELD /
14.5.1868-14.5.1935 /
Arzt und Sexualwissenschaftler /
Gründer und Direktor des Instituts /
für Sexualwissenschaft (1919-1933)". Das Nichterwähnen der ersten deutschen Homosexuellen-Organisation ist der Comet-Abschreibungsgesellschaft zuzuschreiben, der Besitzerin des Neubaus auf dem Grundstück Otto-Suhr-Allee 93, die "mit Rücksicht auf die Interessen unserer westdeutschen Kapitalanleger" (so zitiert von der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft) entschieden habe. Später wurde dasAnbringen einer zweiten Tafel auf öffentlichem Straßenland erwogen, um das Wirken Hirschfelds vollständig zu würdigen. Schließlich wurde dort am 14.5.1995 die Gedenksäule eingeweiht. Sie wurde aus öffentlichen Mitteln und aus Spendengeldern finanziert und steht vor dem Grundstück der früheren Berliner Straße 104, ab Ende 1906 Nr. 121, der Wohnungs- und Praxisadresse Hirschfelds in Charlottenburg von Ende 1896 bis 1910. Die Tafel wurde nach den Querelen mit den Eigentümern des Hauses Otto-Suhr-Allee 93 um den Tafeltext dem Schwulen Museum als Dauerleihgabe übergeben. Dieser Schritt wurde mit der Sparkasse Berlin abgesprochen. Im Tiergarten, Spreeuferweg/In den Zelten 8-10, befindet sich ebenfalls eine Gedenktafel, die an das Wirken von Magnus Hirschfeld erinnert.

Literaturhinweise
Gedenktafel-Liste des Bezirksamtes Charlottenburg, Stand Dezember 1995
Bezirksamt Charlottenburg, Pressestelle, Mitteilung vom 29.9.1999
Berliner jüdische Ärzte in der Weimarer Republik. Hrsg. v. Bernhard Meyer und Hans-Jürgen Mende. Edition Luisenstadt, Berlin 1990
NDB
Kürschner's Deutscher Gelehrten-Kalender auf das Jahr 1926
Stümke, Hans-Georg/Finkler, Rudi: Rosa Winkel, Rosa Listen. Homosexuelle und "Gesundes Volksempfinden" von Auschwitz bis heute, Rohwolt, Reinbeck bei Hamburg, November 1981
Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band I, a. a. O.
Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft Nr.22/23, 1995/96
Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, Heft 10
Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, Heft 11, 5. Jahrgang 1988; Juni 1988
Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, Heft 12, 5. Jahrgang 1988; Oktober 1988
Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, Heft 15, 7. Jahrgang 1991; Mai 1991
Herzer, Manfred: Magnus Hirschfeld, Leben und Werk eines jüdischen, schwulen und sozialistischen Sexologen, Frankfurt/Main, New York, Campus Verlag 1992


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