Deportation der jüdischen Bevölkerung

Inschrift:

<hebräische Schrift> /
ZUM GEDENKEN AN ZEHNTAUSENDE JÜDISCHER /
BÜRGER BERLINS, DIE AB OKTOBER 1941 /
BIS FEBRUAR 1945 VON HIER AUS DURCH /
DIE NAZI-HENKER IN DIE TODESLAGER /
DEPORTIERT UND ERMORDET WURDEN

Technische Details: Messingtafel, 96 cm x 61 cm

Ehemaliger Standort:
S- und Güterbahnhof Grunewald*
Ortsteil Grunewald
Besondere Ortsangabe:n: einst am Gebäude der Güterabfertigung
Verkehrsanbindung S 3, S 7 bis Grunewald, Bus 186 bis S Grunewald

Deportation der jüdischen Bevölkerung 1941 begannen vom Moabiter Bahnhof die Deportationen jüdischer Mitmenschen in die Todeslager. Der erste Transport verließ am 18.10.1941 in Richtung Litzmannstadt (heute Lodz). In ihm befanden sich 1.013 Männer, Frauen und Kinder. Ihm folgten bis Ende 1942 noch 25 Transporte in die Vernichtungslager. Ab November 1941 hießen die Ziele solcher Transporte auch Minsk, Riga, Warschau, Majdanek/Sobibor und Auschwitz. In ungeheizten Viehwaggons, kaum mit Nahrungsmitteln versehen und bei völlig unzureichenden sanitären Möglichkeiten wurden die Menschen tage- und nächtelang transportiert. Viele von ihnen überlebten schon die Fahrt nicht. Wer noch lebend ankam, erlebte die zynische Selektion, in deren Ergebnis die nicht arbeitsfähigen, die alten Menschen, Mütter mit ihren Kindern ins Gas geschickt wurden. Vom 18.10.1941 bis zum Frühjahr 1945 wurden auf diese Weise über 35.000 Menschen in den Tod transportiert. 1933 lebten in Berlin 160.564 jüdische Mitbürger. Im Mai 1945 befanden sich in Berlin nur noch 5990 jüdische Bürger, die zum Teil durch die Hilfe anderer Berliner vor der Deportation bewahrt werden konnten. Die Transporte gingen von den Bahnhöfen Grunewald und Putlitzstraße in Tiergarten ab.

Einweihung 3.4.1987

Bemerkungen:
Diese Tafel wurde im Februar 1997 demontiert, da das Gebäude abgerissen wurde. Sie befindet sich in Aufbewahrung bei der Deutschen Bahn AG, am Schöneberger Ufer. Die erste Gedenktafel wurde hier am 9.11.1953 angebracht. Sie wurde zwei Jahre später mit Hakenkreuzen verunstaltet. Am 4.2.1973 wurde auf Initiative des "Bundes politisch, rassisch und religiös Verfolgter" die von der Familie Braun gespendete Gedenktafel eingeweiht. Sie befand sich am Signalhaus des S-Bahnhofs und hatte folgende Inschrift: "<Hebräische Schriftzeichen in der ersten Zeile> /
Zum Gedenken an die Zehntausende jüdischer Mitbürger Berlins, die seit Februar 1943 von hier aus von den Nazihenkern in die Todeslager deportiert und ermordet wurden." In hebräischer Sprache kam der Satz "Zum Gedenken an die Opfer der Vernichtung" hinzu. Sie wurde in der Nacht vom 2. zum 3.6.1986 von unbekannten Tätern demontiert. Auch die Ersatztafel wurde im September 1986 entfernt. Der Senat veranlaßte nun das Anbringen einer neuen Tafel. Heinz Galinski (1912-1992) weihte sie mit einer Rede am 3.4.1987 ein. Die Tafel hatte folgende Inschrift:"ZUM GEDENKEN AN ZEHNTAUSENDE JÜDISCHER /
BÜRGER BERLINS, DIE AB OKTOBER 1941 /
BIS FEBRUAR 1945 VON HIER AUS DURCH /
DIE NAZI-HENKER IN DIE TODESLAGER /
DEPORTIERT UND ERMORDET WURDEN." In hebräischer Sprache kam der Satz "Zum Gedenken an die Opfer der Vernichtung" hinzu. Es wurde auf dem Bahnhofsvorplatz von den Künstlern Karol Broniatowski und Ralf Sroka ein Denkmal zur Erinnerung an die deportierten Opfer gestaltet. Mit der Einweihung dieses Mahnmals am 18.10.1991 wurde auch die Gedenktafel am Denkmal enthüllt. Die Bronzetafel hat folgende Inschrift: "Zum Gedenken an die /
mehr als 50 000 Juden Berlins, /
die zwischen Oktober 1941 und /
Februar 1945 vorwiegend /
vom Güterbahnhof Grunewald aus /
durch den nationalsozialistischen /
Staat in seine /
Vernichtungslager deportiert /
und ermordet wurden. /
Zur Mahnung an uns, /
jeder Mißachtung des Lebens /
und der Würde des Menschen /
mutig und ohne Zögern /
entgegenzutreten." Weitere Gedenktafeln, die an diese Verbrechen erinnern, befinden sich im Bezirk Tiergarten, an der Putlitzbrücke und in der Levetzowstraße. Heute befindet sich ein Mahnmal an der Stätte der Deportationen. 186 Eisenroste auf Gleis 17 tragen als Aufschrift das Datum, die Zahl der Verschleppten und das Ziel des jeweiligen Transports. Im Aufgang zum Bahnsteig weist eine Tafel mit der Aufschrift "GLEIS 17 /
Zum Gedenken an die 1941-1945 /
durch Züge der Deutschen Reichsbahn /
in die Todeslager Deportierten /
27. Januar 1998 /
Errichtet durch die Deutsche Bahn AG" auf die Gedenkstätte hin.

Literaturhinweise
Verfolgung, Vertreibung, Vernichtung. Dokumente des faschistischen Antisemitismus 1933-1945. Hrsg. v. Kurt Pätzold. Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig, 2. Aufl., Leipzig 1983
Die Wahrheit vom 22.9.1986
Der Tagesspiegel vom 24.8.1986
TAZ 3.12.1988
Berliner Zeitung vom 28.05.1997
Berliner Zeitung vom 28.01.1998
100 Jahre Villenkolonie Grunewald 1889-1989, a. a. O.
"Wer sich nicht erinnern will...", a. a. O.
Gedenken und Lernen an historischen Orten, a. a. O.
Wegweiser durch das jüdische Berlin, a. a. O.
Jüdische Geschichte in Berlin, a. a. O.


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