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ten und Brüderstraße. Jener Dom war aus der mittelalterlichen Kirche des Dominikanerklosters hervorgegangen. Als 1536 Kurfürst Joachim II. (1535–1571) kurz vor Einführung der Reformation den Dominikanerkonvent aufgelöst hatte, versetzte er kurzerhand die Mönche in das Kloster Brandenburg, verlegte das seit 1469 bei der Erasmuskapelle des Schlosses bestehende Domstift in die alte Dominikanerkirche und weihte sie zum ersten Dom Berlins. 1545 bestimmte der Kurfürst die Domkirche für sich und seine Familie als Begräbnisstätte. Nachdem 1716 die letzten Gebäude des ehemaligen Klosters abgebrochen worden waren, wurde die älteste Domkirche, eine dreischiffige gotische Hallenkirche, zwar 1717/18 durch Martin Böhme (1676–1725) instand gesetzt und 1726 nochmals neu abgeputzt, aber der Verfall der alten Dom und Hofkirche, so hieß es, sei nicht mehr aufzuhalten gewesen. Merkwürdig indes ist, daß der Abbruch einige Mühe bereitete. »Die alten Mauern zeigten eine bewundernswerthe Festigkeit, die Steine zersprangen eher, als der Kalk nachgab«, staunte der Berliner Schriftsteller und Historiker Adolf Streckfuß (1823–1895). Und im übrigen habe die alte Domkirche zunehmend eine »störende Wirkung auf die Schloßansicht« gehabt. Sollte aber dies allein den plötzlichen Abbruch von 1747 erklären?
     Der Neubau des Domes am Lustgarten geht vor allem auf ein verändertes
Herbert Schwenk
6. September 1750:

Einweihung des Doms am Lustgarten

Am 6. September 1750 weihte Hofprediger August Friedrich Wilhelm Sack ein Bauwerk ein, das eines der bekanntesten städtebaulichen Ensembles der Königsstadt Berlin maßgeblich mitprägen sollte: den alten Dom am Lustgarten. Über drei Jahre zuvor, am 9. Juli 1747, war der christlichen Gemeinde in ihrem bisherigen Gotteshaus bekanntgegeben worden, daß in wenigen Tagen an diesem Ort die letzte Communion gehalten und zum letzten Male gepredigt werde: »Nachdem Seine Majestät der König allergnädigst beschlossen haben, die etwas baufällige Schloß- und Domkirche völlig abbrechen zu lassen, um dagegen auf einem anderen bequemen Platz eine ganz neue und prächtigere zu erbauen, so wird Solches der christlichen Gemeinde hiermit kund gethan ...« Der Abbruch begann, die Grundsteinlegung des neuen Doms erfolgte am 8. Oktober 1747 – an jener Stelle, an der sich heute ein in Architektur und Dimension ganz anderer Dom befindet.
     Der älteste Dom Berlins stand einige hundert Meter südlich des 1750 geweihten auf dem Schloßplatz an den Eingängen zur Brei-

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städtebauliches Kalkül der Hohenzollern. Lagen kurfürstliches Schloß und Lustgarten bis Mitte des 17. Jahrhunderts am Rande der Stadt, so rückten sie unter dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm (1620–1688, Kurfürst seit 1640) mit dem Bau seiner Festungswerke und mit den Stadterweiterungen Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Neucölln am Wasser stärker in die Mitte.
     Die Nachfolger des Großen Kurfürsten waren bemüht, in der weiteren Stadtentwicklung dem Schloß auch baulich-räumlich und architektonisch mehr Gewicht zu verleihen, zumal Berlin und sein Schloß seit der Krönung Friedrichs I. (1657–1713, Kurfürst seit 1688) zum König in Preußen im Jahre 1701 als Königsstadt bedeutende Aufwertung erfuhren. Die weitere barocke Ausdehnung der Stadt nach Westen sollte städtebaulich stärker mit dem Schloßbereich verbunden werden. Dazu ließ König Friedrich I. gen Westen die Friedrichstadt als neue große absolutistische Stadterweiterung anlegen, Schloß Charlottenburg und das Zeughaus bauen, die Straße Unter den Linden zur Prachtallee ausbauen, das Berliner Schloß durch Andreas Schlüter (?1659–1714) und Eosander von Göthe (1669–1728) zum Barockschloß umbauen sowie die zersplitterten Residenzstädte 1709 zur einheitlichen »Königlichen Haupt- und Residenzstadt« vereinen. In dieses Konzept gehörten auch die Pläne zum Neubau eines Domes, der sowohl in Höhe als auch Ausstattung die Dominanz
des Schloßbereichs und seine stärkere Anbindung an die Westerweiterung der Stadt entlang der Straße Unter den Linden unterstreichen sollte.
     Das 1702 von Jean Baptist Broebes (um 1660 bis nach 1720, seit 1696 Lehrer für Baukunst an der Akademie der Künste) angefertigte berühmte Schaubild Berlins als barocke Residenz (»Place Royale de Berlin«) zeigt auch den Neubau einer Domkirche mit einer stattlichen Kuppel von etwa 63 Meter Höhe – mit Laterne (dem turmartigen, von Fenstern durchbrochenen Aufsatz über einer Kuppel) sogar etwa 87 Meter Höhe – unmittelbar an einem neuen repräsentativen Schloßplatz. Zehn Jahre später entwarf Jean de Bodt (1670–1745), Schöpfer zahlreicher Barockbauten Berlins, einen Domneubau als Zentralkuppelbau von 100 Meter Höhe. Alle diese Pläne versanken jedoch 1713 mit dem Tod König Friedrichs I. Seinem Nachfolger Friedrich Wilhelm I. (1688–1740, König seit 1713) waren Soldaten, Manufakturen und Wohnbauten wichtiger als barocke Prachtbauten zur Demonstration absolutistischer Macht. »Dieses Schloß ist zu vermieten und diese Residenz Berlin zu verkaufen«, soll es damals in einer an das Schloß gehefteten Inschrift geheißen haben. Erst unter seinem Sohn Friedrich II. (1712–1786, König seit 1740) wurde der Domneubau wieder zur »Chefsache«. König Friedrich plante sogar einen großzügigen Schloßneubau im Schnittpunkt
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Lindenallee–Markgrafenstraße an einem großen repräsentativen Platz: dem Forum Fridericianum. Nach dem Scheitern des Schloßneubaus blieb von der ursprünglichen Idee des Forums nur noch wenig übrig. Die Schlesischen Kriege (1740–1745) verschlangen das Geld, und der König setzte zunehmend auf Potsdam-Sanssouci als Hauptresidenz. Zudem überwarf er sich mit seinem Chefarchitekten, dem fast fünfzehn Jahre älteren Hans Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff (1699–1753), seinem Vertrauten und Ratgeber in Baufragen aus alten Rheinsberger Tagen. An der Stelle des geplanten neuen Schlosses entstand seit 1748 »nur« das Palais des Prinzen Heinrich von Preußen, das erst 1764 vollendet wurde, und das 1810 die Berliner Universität bezog. Aus dem großen Forum wurde ein kleineres Forum mit Opernhaus (1741–1743), St.-Hedwigs-Kirche (1747–1778) und Königlicher (oder Alter) Bibliothek (1775–1780). Knobelsdorff, von dem noch das Opernhaus stammt, hatte

bei diesem Bau erstmals in Europa den französisch dominierten Rokoko- und Zopfstil verlassen und auf die klaren, vornehmen Linien der Antike zurückgegriffen. Das wurde bahnbrechend für den »Preußenstil« in Berlin, eine besondere friderizianische Variante des Spätbarock. In dem stark reduzierten Projekt der Gestaltung des Schloß- und Forumbereichs sollte wenigsten der Domneubau, wenn auch nicht in jenem Format, das 50 Jahre zuvor Broebes und de Bodt vorgesehen hatten, zügig im Sinne des städtebaulichen Konzepts einer stärkeren Anbindung des Schloß und Lustgartenbereichs an die nach Westen gerichtete Stadtentwicklung realisiert werden.Vor allem deshalb hatte es der König eilig, als er im Sommer und Herbst 1747 die alte Dom- und Hofkirche abbrechen ließ. Den Auftrag des Neubaus eines Doms mit Kuppelturm führte von 1747 bis 1750 Johann Boumann d. Ä. (1706–1776) nach Ideen und Plänen Friedrichs II. und Knobelsdorffs aus. Der gebürti-

Barocker Dom von 1750
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ge Holländer, der seit 1732 in Potsdam das Holländische Viertel und zahlreiche Wohnhäuser und öffentliche Bauten errichtet hatte, wirkte in Berlin zunächst als Bauleiter der meisten Bauten Knobelsdorffs. Nachdem Knobelsdorff etwa 1745 beim König in Ungnade gefallen war, wurde J. Boumann Friedrichs Favorit in Baufragen und 1748 zum Oberbaudirektor berufen. Gleichzeitig mit dem Domneubau am Lustgarten führte er Bauten am Forum Fridericianum nach Plänen Friedrichs und Knobelsdorffs aus (St.-Hedwigs-Kathedrale, Palais des Prinzen Heinrich von Preußen).
     Boumanns Dom wurde ein schlichter Bau im Stile des friderizianischen Spätbarock. Der längliche Saalbau im Inneren mit rings umlaufenden Emporen (galerieartigen Einbauten in Kirchenräumen) hatte die eher bescheidenen Maße von 68 Meter Länge, 20 Meter Breite und 12 Meter Höhe. Die prächtige Kuppel des Doms wurde von einem portalartigen Vorbau getragen, der nach der Lustgartenseite hin aus dem Dom heraustrat. Auf jeder Seite dieser Fassade befanden sich vier Fenster. Durch den mit sechs ionischen Säulen geschmückten Vorbau betrat man wie durch ein Portal die drei Haupteingänge zum Dom, nachdem man eine breite niedrige Freitreppe emporgestiegen war. Der Dom trug reichen Schmuck: Auf der Attika (dem Wandaufbau über dem Hauptgesims) standen Vasen und auf dem Vorbau sowie auf dem Kuppelrand allegorische Fi-
guren. Die Kuppel ruhte auf einem mit korinthischen Säulen geschmückten Glockenturm und wurde von einer Laterne gekrönt. Die dem Lustgarten zugewandte Figurengruppe der Domkuppel umschloß eine Uhr.
     Wie wichtig König Friedrich II. der Domneubau war, geht auch daraus hervor, daß er schon vor der Einweihung einen großen Auftritt zelebrierte. Im Januar 1750, ein Dreivierteljahr vor der Einweihung, ließ er die Gebeine der Hohenzollernherrscher aus der Gruft der alten Domkirche in das Grabgewölbe der neuen überführen. Anläßlich der Beisetzung ließ er im Gewölbe des neuen Doms den Sarg des Großen Kurfürsten, über sechs Jahrzehnte nach dessen Tod, öffnen. Die Leiche sei noch trefflich erhalten gewesen, habe im Kurmantel, mit einer großen Perücke, einer gewaltigen Halskrause, gelben Stiefeln und einem Paar Handschuhen im Sarg gelegen. Und auch das Gesicht sei noch kenntlich gewesen. Der König habe lange gedankenvoll auf den Leichnam seines ruhmvollen Urgroßvaters geschaut und sogar dessen Hand ergriffen. Und während ihm die Tränen in die Augen getreten seien, habe Friedrich II. zu seinen Begleitern gesagt: »Messieurs, der hat viel gethan!« Dann habe er den Sarg wieder schließen lassen und sich schweigend entfernt ...
     Der 1750 geweihte spätbarocke Dom wurde zwischen 1817 und 1822 erneut umgebaut. Kein geringerer als Karl Friedrich Schinkel (1781–1841) verlieh ihm klassizistisches Ge-
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Dom am Lustgarten nach klassizistischer Umgestaltung

präge, das weniger die äußere Form als vielmehr die innere Gestaltung betraf. Kaum war Schinkels Umgestaltung beendet, forderte ein baubesessener Kronprinz, der spätere König Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861, König seit 1840), einen erneuten Dombau, größer und prächtiger als alle bisherigen. Ein 1845 begonnenes drittes Vorhaben für einen Domneubau nach Plänen von Friedrich August Stüler (1800–1865) wurde 1848 infolge der Revolutionsereignisse wieder abgebrochen. Erneute Diskussionen für den Bau eines größeren Domes, die im Zusammenhang mit den Kriegen vor der Reichseinigung einsetzten, führten schließlich nach langwierigen Planungen unter Kaiser Wilhelm II. (1859–1941, Kaiser 1888–1918) zur Aufführung eines Domneubaus nach Entwürfen von Julius Raschdorff (1823–1914). Mit dem Abriß des alten Doms von Boumann und Schinkel wurde 1893 begonnen; die Übergabe des neuen war am 27. Februar 1905. Dieser vierte Dom wurde die Hauptkirche des preußischen Protestantismus sowie Hof- und Denkmalskirche der hohenzollerschen Landesherren. Nach schweren Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg wurde der Berliner Dom von 1975 bis 1981 vereinfacht wiederhergestellt und erhielt die Gestalt, mit der er heute wieder die Mitte Berlins ziert.

Bildquelle:
Max Ring, Die Deutsche Kaiserstadt Berlin und ihre Umgebung, Leipzig 1883

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