87 Geschichte und Geschichten | Zeughaus |
Helmut Caspar
Zeughaus ganz in Rosé Das Zeughaus Unter den Linden, Sitz des Deutschen Historischen Museums, erlebt zur Zeit eine Verjüngungskur. Aus Kostengründen bleibt es allerdings vorerst bei der Generalsanierung des Außenbaues einschließlich der Erneuerung der waffenstarrenden Figurengruppen auf der Attika. Der Innenausbau muß noch warten. |
In ungewöhnlichem, von einigen Zeitgenossen heftig attackiertem Rosé zeigen sich hier bereits die Mauern des berühmten Barockbaues. Diese Farbe löst das gewohnte Ocker ab.
»Bei unseren Untersuchungen haben wir Spuren vom Originalputz aus der Erbauungszeit gefunden. Vor 300 Jahren wurde ein durch und durch rot gefärbter Mörtel verwendet. Als Pigment wurde dem Mörtel Ziegelmehl beigemischt. Es sorgt für eine dauerhafte Färbung«, sagt der leitende Restaurator im Berliner Landesdenkmalamt, Heinrich Schlotmann. |
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Das Zeughaus |
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Nürnberger Geschütz | ||
Erst unter Karl Friedrich Schinkel, der das Zeughaus zu den bedeutendsten Bauten Berlins zählte, bekam das Waffenarsenal der Hohenzollern von oben bis unten einen ockerfarbigen Anstrich.1) Seither werden barocke Gebäude immer in dieser gelblichen Farbe gesehen, und was anders ausschaut, gerät in den Verdacht, »Kitsch« zu sein. Bei den jetzt zu Ende gehenden Restaurierungsmaßnahmen habe die seltene Möglichkeit bestanden, so Schlotmann, den ursprünglichen Zustand des Bauwerks festzustellen und zum Teil auch wiederherzustellen.
Viel Geduld und Fingerspitzengefühl waren bei den Restaurierungsarbeiten an den vollplastischen Figuren, Reliefs, Ornamenten, Gesimsen und anderen Sandsteingliederungen nötig. |
Ihr Zustand wird in Richtung Spree, zur Wetterseite hin, immer schlechter, bemerken die Restauratoren Petra Oldenburg und Rolf Kristen. Sie hatten die Schmutzschichten auf den riesigen Sandsteinhelmen, die die militärische Bestimmung des Bauwerks symbolisieren, ohne Zusatz von Wasser abgetragen. Dazu wurde durch ein Gebläse Korund in feinster Korngröße auf den Stein gestrahlt. Unter den schwarzen Ablagerungen fanden sich noch Spuren virtuoser Verwendung von Schlägel und Eisen durch barocke Bildhauer, die unter Andreas Schlüters Leitung arbeiteten, sowie Reste der ursprünglichen Bemalung. Die Farbspuren bestehen aus haltbarem Bleiweiß, das wahrscheinlich Marmor imitieren sollte. |
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Diese helle Farbfassung wurde nicht erneuert, die plastischen Elemente nur aufgehellt. Wo originale Details gegenüber Ergänzungen zu sehr kontrastierten, erfolgte eine vorsichtige graue Retusche. Alle plastischen Details erhielten einen konservierenden Überzug. Der flüssige Festiger dringt einige Millimeter in den Stein ein und verbindet die Kristalle miteinander. Regenwasser und Schnee perlen ab, und dennoch kann der Stein atmen.
Fest im Stein sitzen die Metallbuchstaben der lateinischen Widmung zu Ehren des Bauherren. Die Inschrift über dem Eingangsportal lautet in der Übersetzung: »Den Waffentaten zur Anerkennung, den Feinden zum Schrecken, seinen Völkern und Bundesgenossen zum Schutz, hat Friedrich I., der erhabene und unbesiegte König der Preußen, dieses Zeughaus zur Bergung aller Kriegswerkzeuge sowie kriegerischer Beute und Trophäen von Grund aus erbauen lassen im Jahre 1706.«2) Hier hatten sich Spuren einer alten Vergoldung erhalten, die mittlerweile wiederhergestellt wurde. Ebenso wird das ovale Brustbild des perückenbewehrten Herrschers mit Blattgold überzogen. Kurfürst Friedrich III., ab 1701 König Friedrich I. »in« Preußen, hatte das Zeughaus zwischen 1695 und 1706 von den Architekten Nering und Grünberg bauen und von seinem Hofbildhauer Schlüter schmücken lassen. Berühmt wurden Andreas Schlüters »Masken sterbender Krieger« im Hof des Zeughauses. Da das 1950 abgerissene Hohenzollernschloß nicht mehr existiert, ist das einstige Kriegsmagazin neben dem jetzt gerade 300 Jahre alten Schloß Charlottenburg der wichtigste Barockbau in Berlin. |
Daher sei hier, so Heinrich Schlotmann, »allergrößte Vorsicht im Umgang mit der historischen Substanz« notwendig. Viele verlorengegangenen Details seien »Stein in Stein« ergänzt beziehungsweise mit einer künstlichen Steinmasse modelliert worden. Oberstes Prinzip sei gewesen, so viel wie möglich von der barocken Fassung zu erhalten. Denn keine Kopie reiche an das Original heran.
Zu seiner Überraschung sei noch »sehr viel« aus der Erbauungszeit erhalten. Wo überall Bildhauer der Zeit um 1700 am Werke waren, könne man an den Meißelhieben und an der Art feststellen, feinste Linien und Rundungen auszuarbeiten. Zwar sei die Beteiligung von Andreas Schlüter an der Ausformung der Bauplastik nicht direkt nachzuweisen. Aber man spüre überall seine schöpferische Hand. Nach Abschluß der Untersuchungen werde man der Biographie dieses Künstlers weitere Details hinzufügen können. Quelle:
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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 11/1996
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