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Karl Seidel
Zur Geschichte des Köllnischen Parks

Die Geschichte des Köllnischen Parks in seiner jetzigen Gestalt beginnt Ende der sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts. Seine Vorgeschichte reicht jedoch bis in die Festungszeit und noch weiter zurück.

Der Festungsbau

Die Gegend des heutigen Köllnischen Parks gehörte bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts zu den Cöllnischen Vorstädten, und zwar zur Köpenicker Vorstadt. Sie erstreckte sich jenseits des Schleusengrabens gegenüber von Cölln links und rechts des Köpenicker Tores an der Roßstrasse, an dem die einzige Brücke in Richtung Südosten über den Schleusengraben führte. Der heutige Köllnische Park war tiefliegendes sumpfiges Schwemmland der Spree bis zur Wassergasse (der heutigen Rungestraße), die sogenannte Bruchwiese des Magistrats von Cölln.
     Nach dem Beschluss des Kurfürsten Friedrich Wilhelm (1620-1688, Kurfürst ab 1640) zum Festungsbau vom März 1658 wurde das Gebiet trotz des außerordentlich schwierigen Baugrunds in den Bau einbezogen, da die Festung auf Cöllner Seite

auf die Vorstädte vorverlegt werden musste; einerseits wegen des Platzmangels in Alt-Cölln, andererseits um den einzigen Schifffahrtsweg, den Schleusengraben, in die Festung einzubeziehen und damit zu schützen.
     Der jetzige Köllnische Park bildete im wesentlichen die Bastion VII, das »Bollwerk im Morast«, da sie direkt in der erwähnten Spree-Niederung errichtet wurde. Es waren große Erdaufschüttungen erforderlich, die Bastion VII wurde als letzte 1683 fertiggestellt und erst 1687 völlig trockengelegt. Um die Bastion führte, etwa im Laufe der jetzigen Straße Am Köllnischen Park und etwas nördlich der jetzigen Rungestraße, der Festungsgraben. Zwischen Bastion VII und Bastion VI an der Neuen Rossstraße verlief der 8 m hohe und 6 m breite Festungswall (Courtine genannt) nördlich des Grabens und südlich der heutigen Wallstraße.
     Der östliche Teil des Geländes dieser Courtine wurde später Teil des Köllnischen Parks (etwa vom Bärenzwinger bis zum Köllnischen Gymnasium, der heutigen Berliner Musikschule). Durch den Festungsbau ergaben sich wesentliche Veränderungen. Der Festungsgraben (später »Grüner Graben« wegen der Entengrütze oder auch »Fauler Graben« wegen des geringen Gefälles genannt) legte das sumpfige Gelände trocken. Er trennte das Festungsgelände von den Cöllner Vorstädten. Der östliche Spreeausfluß verschwand.
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Das Märkische Museum am Köllnischen Park
Die nach der Waisenbrücke gelegenen Grundstücke wurden zum Teil erst durch den Graben trockengelegt oder sogar völlig der Spree abgewonnen. Durch Erdaufschüttungen wurde das Festungsgelände um 13 Fuß (ca. 4 m, 1 Fuß = 31 cm) aufgeschüttet.
     Den Wall entlang, zwischen den Bastionen VII und VI südlich der Wallstraße, wurden ab 1705 nach einem vorgeschriebenen Plan
massive Häuser in gerader Reihe angelegt. Und zwar so dicht am Wall, dass die Hinterwände auf dessen innerer Futtermauer standen. Die Kellergewölbe wurden direkt in den Wall getrieben. Die Häuser standen bis in die sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts. Sie wurden erst im Zusammenhang mit dem Bau des Köllnischen Gymnasiums und der Schaffung des Köllnischen Parks abgerissen.
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     1714 war die Bastion VII schon nicht mehr armiert. Im Grunde war die Festung schon bei Fertigstellung nach 25-jähriger Bauzeit militärisch veraltet. Die Festung diente schließlich nur noch der Akziseneintreibung, der Verhinderung von Fahnenflucht, dem Schutz der Garnison und der Kontrolle der Bewohner und Besucher. Die Festungswälle waren um 1700 mit Maulbeerbäumen bepflanzt worden und durften nur von Standespersonen zur Promenade benutzt werden. Die Festung wurde immer unbrauchbarer, das Glacis, das Schussfeld vor den Bastionen und Wällen, wurde zwar noch freigehalten, aber dicht daran begann die Bebauung der Vorstädte. Der Festungsgürtel beengte die Stadt und behinderte ihre Entwicklung. König Friedrich Wilhelm I. (1688-1740, König ab 1713), der »Soldatenkönig« - ausgerechnet -, beschloss die Abtragung der Festung, nachdem das vergrößerte Stadtgebiet weiträumig mit einer Zollmauer umgeben worden war.
     Schon vorher waren die Bastionen allmählich bebaut worden. So entstanden in der Bastion VI eine kurfürstliche Heubinderei, ein Stall und ein Garten des Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg-Schwedt. Auch in der benachbarten Bastion VII, dem Hauptgegenstand unserer Betrachtung, entstanden zivile Bauten.
Im Oktober 1723 verlangte Friedrich Wilhelm I. den Bau von zwei Holländer-Mühlen mit je zwei Mahlgängen, eine im Ravelin, der Vorfestung der Bastion am Spandauer Tor, eine in der Bastion VII.
     In einer Spezialorder vom 14. Juli 1724 wurde dem Rentmeister Albrecht befohlen, für jede Mühle 2 699 Taler sowie Holz und Material anzuweisen. Den Bauauftrag erhielt der Ober-Mühleninspektor Eger. Am 19. November 1725 war die Mühle auf der Bastion VII samt Müllerhaus fertig, am 18. Dezember 1725 erfolgte die Abnahme. Dabei wurde festgestellt: »Gebäude und das gehende Werk tüchtig gebauet und angerichtet.«
     Im Sommer 1970 fand man bei den Ausgrabungsarbeiten zur Anlage des jetzigen Lapidariums hinter dem Märkischen Museum ein rundes Feldsteinmauerwerk als Überrest aus der Zeit der Festungsanlage. Es wurde zunächst als Fundament der Holländer-Mühle angesehen. Andere glaubten, es sei der Rest eines durch Windkraft betriebenen Wasser-Hebewerkes zum Abpumpen des Grundwassers in der Bastion, die ja tatsächlich in die Spree-Niederung hineingebaut worden war. Später, nach Verlagerung der Mühle, sei der Hügel um das Mauerwerk aufgeschüttet worden, um die Temperatur niedrig zu halten. Es sei dann als eine Art Eiskeller benutzt worden.
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     Es ist das Verdienst von Heinrich Herzberg, in seinem Buch »Mühlen und Müller in Berlin« anhand von alten Plänen und Beschreibungen Standort und wirklichen Zweck der Bauten in der Bastion VII nachgewiesen zu haben, so auch des aus der Erde aufgetauchten Rundbaus aus Feldsteinmauerwerk, der heute noch im Köllnischen Park zu besichtigen ist. Was war der Mauerwerkstumpf nun wirklich? Um durch Heben und Senken des Wasserspiegels ein Gefrieren des Wassers im Graben verzögern zu können, benötigte man keine durch Windkraft betriebenen Hebewerke. Dafür reichten die Wehre aus. Auch ein Abpumpen von Grundwasser scheint kaum nötig gewesen zu sein, da sich durch die Anlage des Festungsgrabens der Wasserspiegel der Spree gesenkt hatte. Gegen den Rest einer alten Windmühle sprechen die leichte Bauweise sowie das Fehlen eines Eingangs und der Luken. Die 1725 fertiggestellte Holländer-Windmühle war ein Achtkantenständer aus gemauertem Fachwerk und im Durchmesser fast doppelt so groß wie der ausgegrabene Mauerstumpf. Nach Plänen von 1748 stand die Windmühle auf dem Gang des Bastion-Hauptwalls, direkt oberhalb der Bastionsspitze (heute: Herkules mit dem Löwen). Das zur Windmühle gehörige Müllerhaus lag im Bastionshof am Wall, war ein Stockwerk hoch mit einer Fläche von 48 × 16 Fuß (15 × 5 m), mit Ziegeln bedeckt, die Wände mit Steinen ausgefacht. Im Haus befanden sich zwei Wohnungen. Die Mühle bis 1748 stand in der Bastion VII, dann wurde sie, offenkundig im Zusammenhang mit der Abtragung der Bastion, auf den Windmühlenberg (Prenzlauer Berg) verlegt. Das Müllerhaus musste der Splittgerberschen Zuckersiederei weichen.
     Nach einem Plan von 1798 findet sich im Bereich des vermeintlichen Mühlenstumpfs eine aus massiven Wänden bestehende Eisgrube eingezeichnet. Darum handelt es sich bei dem heute noch vorhandenen Mauerrest.
     Anfang 1700 stand nach Angaben von Ernst Fidicin (1802-1883) auf der Bastion ein kurfürstliches Waschhaus, dessen nächste Umgebung der Holzgarten hieß. Aus diesem Waschhaus ging später das »v. Meyeringsche Lazarett« hervor, das dann an den Hofbuchdrucker Christian Albrecht Gaebert verkauft wurde.

Nach der Beseitigung der Festung

Die Abtragung der Festung auf Cöllner Seite begann 1734. 1741 war die Bastion VI von allen Festungswerken geräumt. Die halbe Bastion VII, und zwar der östliche Teil, blieb wegen der dort befindlichen Holländer-Windmühle zunächst noch bestehen. Von dort bis zum Köpenicker Tor wurde die Festung abgetragen, die Erde teilweise in den Grünen Graben geworfen, teilweise zur Aufhöhung der Wilhelmstraße benutzt.

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     1736 schenkte Friedrich Wilhelm I. dem General Friedrich Sebastian Winnibald Truchseß, Graf von Waldburg (1677-1745), den Grund und Boden der halben Bastion VII, den Wall zwischen den Bastionen VII und VI, die Bastion VI und das Gelände bis zum Köpenicker Tor, »die Reviere, so zur Fortifikation gehörig gewesen, längs dem Stadtgraben vorm Köpenicker Thore an bis an die Spitze der Bastion bei der Windmühle am Stralauer Thore«. Das Gelände am Köpenicker Tor musste der Truchseß wieder abgeben, da die Verbindung der Rossstraße mit der Köpenicker Vorstadt in ihrer früheren geraden Richtung wiederhergestellt werden sollte (heutige Neue Rossstraße).
     Truchseß baute in der Bastion VI ein großes Haus und legte auf dem gesamten Terrain einen Garten an. Der König erteilte ihm die Erlaubnis, dazu den Wall zu durchstechen. Die angrenzenden Hauseigentümer in der Wallstraße baten ihrerseits um Überlassung des Walles. 1743 entschied Friedrich II. (1712-1786, König ab 1740): »Was dem Gen. Maj. Graf Truchseß einmal geschenket, muß er behalten.« In diesem Garten wurde 1740 die Gründung der Freimaurerloge »Aux trois globes« beschlossen. Zu ihren ersten Mitgliedern gehörte auch Truchseß von Waldburg.
     In der noch bestehenden östlichen Hälfte der Bastion befanden sich, wie bereits gesagt, bis 1748 die Holländer-Windmühle und das Müllerhaus, ferner eine Kattunbleiche des Kaufmanns Simon. Der Bastionshof diente als königlicher Holzplatz, außerdem standen
in der Kehle der Bastion noch zwei Holzremisen, die dann von Splittgerber in den Tiergarten versetzt werden mussten.
     1748 kaufte der Berliner Großkaufmann, Industrielle und Bankier David Splittgeber (1683-1764) von den Truchseß-Erben das gesamte Grundstück. Truchseß von Waldburg war 1745 in der Schlacht bei Hohenfriedberg als Generaladjutant Friedrichs II. gefallen. Im gleichen Jahr schenkte Friedrich II. Splittgerber den Rest der Bastion VII dazu. Splittgerber baute an der östlichen Seite des Bastionswalles im Bereich des ehemaligen Waschhauses und Lazaretts 1749/50 die erste Berliner Zuckersiederei. Und er verschönerte den Garten weiter. Friedrich Nicolai (1733-1811) schrieb 1779:
     »Bey der Wallstraße. Der große und schöne Splittgerbersche Garten. Er ist etwas schmal, aber sehr lang, da er bis in die Cöllnische Vorstadt gehet. Er hat sehr reizende Partien, dazu gehört besonders ein offenes Lusthaus, auf einer kleinen, aber mit hohen Bäumen bewachsenen Anhöhe.«
     Auf einem Plan um 1766 ist dieses Lusthaus südlich der Zuckersiederei als Pagode erkennbar. Es war ein zweigeschossiger Bau. Über dem Erdgeschoss befand sich eine Umgangsgalerie um das Obergeschoss, darüber ein Gesims mit einer Laterne.
     Um 1793 verkauften die Splittgerberschen Erben das Grundstück bis auf das Gebäude der Zuckersiederei an einen Herrn von Gräbe. Die Zuckersiederei war bereits 1788, nach Aufhebung des früheren Zuckerprivilegs für die Splittgerberschen Erben, eingegangen.
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Bärenzwinger, dahinter die Rungestraße und das AOK-Gebäude
Von 1800 bis zur Errichtung des Köllnischen Parks

Die Splittgerberschen Erben verkauften 1797 auch das Gebäude der Zuckersiederei, und zwar an den Fiskus. Es diente bis 1798 als Blätter-Magazin der Tabakadministration. 1798 schenkte Friedrich Wilhelm III. (1770-1840, König ab 1797) das Gebäude dem Neuen Hospital, Wallstraße 55, »eine Stiftung seiner Majestät des Königs, zur Aufnahme unverheirateter, arbeitsunfähiger und hilfloser Personen bestimmt«. Das Neue Hospital hatte 200 bis 300 Insassen und war der Armendirektion unterstellt. 1820 wurde das Hospital von der Stadt Berlin übernommen. Ab 1851 wurde es eine Zweiganstalt des Arbeitshauses und schließlich ab 1862 Irrenanstalt für Männer.
     Der gesamte frühere Spittgerbersche Garten (ohne das nun wieder dem Fiskus gehörende Grundstück des Neuen Hospitals)

mit dem Grundstück Splittgerbergasse 3 wurde schließlich am 5. September 1799 von der »Großen National-Mutterloge zu den drei Weltkugeln« erworben, die dort ihr neu ein gerichtetes Logenhaus am 19. Dezember 1800 eröffnete.
     Die Freimaurerloge gestaltete den Garten zu einem der schönsten Gärten Berlins. Von 1823 gibt es einen Plan der Grundbesitzung der »Großen National-Mutterloge zu den drei Weltkugeln«, gezeichnet von dem Mitglied der Loge »Zu den drei Seraphinen im Orient« Berlin, Kühne. Der Garten bestand aus den Grundflächen der ehemaligen Bastionen VI und VII und dem dazwischen liegenden Wall. In der ehemaligen Bastion VII ist inmitten der Bastion im Bereich des Mauerstumpfs ein als Tempel bezeichneter Bau eingezeichnet. Von diesem Tempel, der von den Resten des Walls umgeben war, führte ein breiter Weg zum Logengebäude.
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Die Errichtung des Köllnischen Parks

Die eigentliche Entstehung des heutigen Köllnischen Parks ist mit dem Durchbruch der Inselstraße durch den Logengarten 1858/59 verbunden, der auf Drängen des Polizeipräsidenten erfolgte, um eine durchgehende Verbindung der Köpenicker Straße mit dem Stadtzentrum zu schaffen. Die Loge musste deshalb 1857 die größere östliche Hälfte des Logengartens an die Stadtgemeinde verkaufen. Zunächst entstand in dem Geviert zwischen Inselstraße, Wallstraße und Festungsgraben (spätere Rungestraße) von 1865 bis 1868 der Neubau des Köllnischen Gymnasiums auf dem Gelände des Logengartens.
     Es blieb die Frage, was mit dem restlichen Teil des Logengartens geschehen solle. Darüber begann nun eine langjährige Diskussion. Die Restfläche wurde der städtischen Forst- und Ökonomiedeputation zur Verwaltung übergeben. Am 27. August 1866 schlug diese vor, das Gelände der Baudeputation zu übertragen. Sie begründete dies wie folgt: es gehe um das Terrain des ehemaligen Logengartens von ca. 1 050 Ruthen ( ca. 15 000 m²), das die Kommune käuflich erworben habe. Nach Abzug derjenigen Fläche, welche zur Verlängerung der Inselstraße verwendet worden

(ca. 67 Ruthen = 938 m²) und zur Errichtung des Köllnischen Gymnasiums bestimmt sei (ca. 270 Ruthen = 3.825 m²), verblieben somit 710 bis 715 Ruthen = ca. 10 000 m². (1 Ruthe =14,17 m²). Sie würden von der Baudeputation als Steindepot (Pflastersteine) benutzt. Die mit Gras bewachsenen Reste des Grundstückes seien wegen des geringen Umfangs nicht zur Verpachtung geeignet. Deshalb sollte die Verwaltung des gesamten Grundstückes der Baudeputation übertragen werden. Dem Antrag wurde aber offenkundig nicht stattgegeben.
     Die Stadtverordnetenversammlung hatte schon am 28. November 1861 eine einstweilige Verpachtung abgelehnt. Ebenso lehnte sie am 21. November 1867 den Antrag auf Verpachtung einer Parzelle des ehemaligen Logengartens an eine Witwe Lüty zur Benutzung als Holz-, Stein- und Kieslager wegen der möglichen Beschädigung der dortigen Bäume ab. Sie forderte den Magistrat auf, alles Mögliche zum Schutz der Bäume zu tun.
     Am 15.  April 1869 fasste die Stadtverordnetenversammlung den Beschluss, einen öffentlichen Kinderspiel- und Promenaden-Platz einzurichten. Das war die eigentliche Geburtsurkunde des Köllnischen Parks.
     Der Beschluss lautete:
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»Die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, dass das zwischen dem Cöllnischen Gymnasium und der Irrenanstalt einerseits sowie dem Grünen Graben und der Wallstraße andererseits belegene ehemalige Logengarten-Terrain nicht bebaut, sondern zu einem öffentlichen Kinder-, Spiel- und Promenaden-Platz verwendet werde, dass die Begrenzung dieses Platzes nach dem Grünen Graben und der Spree zu durch ein einfaches Gitter, wie solches auf den übrigen Teilen des Grundstückes bereits ausgeführt ist, erfolge, nach der Wallstraße aber keinerlei Umwehrung stattfinde. Durch diesen Beschluss soll jedoch eine künftige anderweitige Disposition über das Areal nicht ausgeschlossen sein. Zugleich genehmigt die Versammlung, dass die Kosten für die Erhöhung der massiven Ufereinschälung und für das Gitter aus dem nach den Vorlagen verbliebenen Resten der früher zur Verschälung des ehemaligen Logengarten-Grundstückes zur Disposition gestellte Summe entnommen werde. In Betreff der Einrichtung des Platzes hält die Versammlung es für genügend und angemessen, dass unter Abstandnahme von Rasenanlegen usw. eine doppelte Baumreihe längs der Wallstraße und in der übrigen Umgrenzung des Terrains, wie solche auf dem Plan des Hofgärtners projektiert, hergestellt werde. Für zehn Ruhebänke werden die Kosten mit 180,00 M bewilligt. Schließlich ersucht die Versammlung den Magistrat, insofern es die Witterung noch zulässt, sofort ohne vorherige Kosten-Vorlage mit der Pflanzung der Allee vorzugehen und schleunigst den Platz von den daselbst lagernden Steinen räumen und soweit ebnen zu lassen, dass derselbe baldigst als Spielplatz benutzt werden kann.

     Berlin, 15. April 1869

Der Kostenvoranschlag, betreffend die Anlage eines Parkes mit Spielplatz auf dem Terrain des ehemaligen Logengartens, sah 1 187 Reichstaler vor (LAB, Forst- und Ökonomiedeputation. Rep. 07, Nr. 68). Den Akten lag der Plan zur Anlage eines Spielplatzes (Lustwäldchen) auf dem Terrain des ehemaligen Logengartens bei.
     Aus dem Jahre 1870 liegt ein Plan des ersten Berliner Gartendirektors Gustav Meyer (1818-1877) vor, der einen Kinderspielplatz, wohl einen der ersten Berlins, auf dem ehemaligen Tempelhügel des Logengartens zeigt. Offenkundig muss es noch ein früheres Projekt von Meyer geben, auf das sich der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 15. April 1869 bezieht.
     1883 wurde der Grüne Graben zugeschüttet. Auf dem östlichen Teil wurde die Straße Am Köllnischen Park angelegt (1893 durch Verordnung so benannt), der südliche Teil kam zum Köllnischen Park, der damit seine heutige Größe erreichte. 1911 fanden sich beim Bau der U-Bahn am Alexanderplatz Sockelquader von den Befestigungswerken, die man am Aufgang zum Spielplatz in die Böschung einfügte.
     Von 1969 bis 1971 wurde der Köllnische Park nach Plänen von Eberhard Jaenisch, Stefan Rauner und Roswitha Schulz umgestaltet. Dabei entstand ein Freilichtmuseum (Lapidarium).

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Zu besichtigen sind:

- am östlichen Parkeingang eine Kolossalgruppe »Herkules den Numeischen Löwen bezwingend«, Sandstein; 1787 von Gottfried Schadow (1764-1850) entworfen und 1791 von Conrad Boy ausgeführt, 1969/71 restauriert, ehemals Brückenfigur auf der von Langhans (1732-1808) erbauten Brücke über den Königsgraben (Nähe S-Bahnhof Hackescher Markt); nach Beseitigung des Grabens und der Brücke versetzt auf eine Brücke des Landwehrkanals, 1934 deponiert (die andere Gruppe »Herkules mit dem Zentauren Nesseus« ist seit 1945 verschollen);

- auf der nach 1969 neu geschaffenen Terrasse zwei Puttengruppen, Sandstein, 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts von der Attika der Spittelkolonnaden; daneben eine Sandsteinvase, um 1800 aus Schönholz; am westlichen Ende der Terrasse ein Terrakotta-Brunnen in Formen der italienischen Renaissance, Mitte des 19. Jahrhunderts aus einem Villengarten in Hirschgarten;

- in die Begrenzungsmauern der Terrasse eingelassen plastische Fragmente von verlorenen Bauten: fünf Fensterschlusssteinköpfe, wahrscheinlich vom Nehringschen Rathausflügel an der Spandauer Straße, 1689-1695 vermutlich von Georg Gottfried Weiyhenmeyer; zwei Reliefs allegorischen Inhalts; spätgotischer Gewölbeschlussstein aus dem 1516-1519

erbauten Nordflügel des Franziskanerklosters; Hauszeichen einer Ausspanne in der Oranienburger Straße 13/14; Sandsteinrelief mit Pfeil und Haken, Kopie nach dem Original des 18./19. Jahrhunderts; weitere Hauszeichen des 17. und 18. Jahrhunderts; Sandsteinrelief des 16. Jahrhunderts aus dem Berliner Schloss;

- am Weg vor der Terrasse zwei eiserne Vasen um 1870, vielleicht aus dem Garten der Villa Kameke in der Dorotheenstadt; am Ostende des Weges ein Puttenpaar aus Sandstein von der Balkonbrüstung des Ephraim-Palais; weiter westlich eine barocke Puttenfigur;

- vor dem Chorpolygon des Märkischen Museums eine Puttengruppe aus drei Figuren, moderne Sandsteinkopie nach dem Original von der Balustrade des Neuen Palais in Potsdam; davor Vase aus Sandstein, 18. Jahrhundert, unbekannter Herkunft; Kapitell, Sandstein, vom Portal III des Berliner Schlosses, 1706/13 von Eosander von Göthe (1696-1728); Vase, Kopie von der Attika der Kolonnaden von Sanssouci, Potsdam 1745-1747, Werkstatt v. Fr. Ch. Glumes;

- am Parkausgang zur Wallstraße ein Denkmal für Heinrich Zille, Bronzestandbild von Heinrich Drake 1965.
     Leider wurde bei der Umgestaltung der letzte Rest der Bastion VII, der Hügel, auf dem sich der ursprüngliche Spielplatz befand, abgetragen. Dabei kam das schon früher erwähnte Mauerwerk der Eisgrube zu Tage.

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Bauten auf dem Köllnischen Park

Das Märkische Museum (früher Wallstraße 52-54, jetzt am Köllnischen Park 5).
In der Nordostecke des Geländes befand sich seit 1862 die Städtische Irrenanstalt für Männer, 1880 noch mit 450 Insassen belegt. Die Irrenanstalt wurde nach Dalldorf verlegt und dort im Februar 1880 als 1. Städtische Irrenanstalt Dalldorf eröffnet, heute Karl-Bonhoeffer-Klinik Wittenau.
     Anstelle der Irrenanstalt wurde von 1899 bis 1907 nach Plänen und unter Leitung von Stadtbaurat Ludwig Hoffmann (1852-1932) das Märkische Museum erbaut. Am 1. Juni 1899 begann der Bau, am 10. Juni 1908 wurde das Museum mit einer Fläche von 5 000 m² eröffnet.
     Der Entwurf von Ludwig Hoffmann sah eine komplizierte Architektur vor, die schon äußerlich den Zusammenhang mit den Sammlungen zum Ausdruck bringen sollte. Der Baukörper wurde um zwei Innenhöfe angelegt. Der kleine Hof erinnert an eine Klosteranlage, der größere an eine Burganlage, der Eingang an ein Rathaus. Ludwig Hoffmann verwandte verschiedene Architekturstile und historisierende Formen, vom Mittelalter bis zur Renaissance, die sich besonders an die märkische Backsteingotik anlehnen: Haupteingang mit dem 53 m hohen Backsteinturm, der dem Bergfried der Bischofsburg zu Wittstock nachgebildet ist; Kopie des Giebels der Pfarrkirche St. Katharina in Brandenburg zum Park hin; 1905 Aufstellung des Brandenburger Rolands von 1474 neben der Treppenhalle.


Der Wusterhausische Bär, als Zeuge der alten Stadtmauer von Berlin

Einzelne Räume gestaltete Hoffmann für bestimmte Sammlungsstücke, so die Große Halle für kirchliche Großplastik, die Gotische Kapelle für Bildwerke des Mittelalters. Das Museum verfügt über die bedeutendste Sammlung mittelalterlicher Altarfiguren aus der Mark Brandenburg. Das Ziel Hoffmanns war ein Stimmungs- und Erlebnismuseum. 1938 war ein Erweiterungsbau geplant, der aber wegen des Krieges nicht zustande kam. 1945 wurde das Museum in die militärische Verteidigung einbezogen, die umliegenden Straßen erhielten Panzersperren.

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Das Museum wurde zu 80 Prozent zerstört, 20 Prozent der Bestände wurden vernichtet. Im Mai 1945 erfolgte die Arbeitsaufnahme mit vier Angestellten, am 12. Juli 1946 die Wiedereröffnung, 1990-1992 wurde der zerstörte Nordflügel wieder aufgebaut.
     Das Märkische Museum wurde am 9. Oktober 1874 durch Stadtrat Ernst August Friedel (1837-1877) gegründet. Es war zuerst im Roten Rathaus, seit 1875 im Podewilsschen Palais in der Klosterstraße, seit 1880 im Köllnischen Rathaus, Breite Straße, seit 1899 in der Städtischen Sparkasse Zimmerstraße untergebracht. 1898 erfolgte die Bewilligung der Mittel für den Neubau.
     Das Museum wurde als »Märkisches Provinzial-Museum« gegründet. Es war die erste museale Sammlung der Berliner Bürgerschaft. In kurzer Zeit wurden mehr als 90 000 Exponate zusammengetragen; sie kamen aus Spenden einzelner Bürger, als Sammlungen von Innungen und Zünften.
     Seit 1995 gehört das Märkische Museum zur »Stiftung Stadtmuseum Berlin - Landesmuseum für Kultur und Geschichte Berlins«. Schrittweise werden im Gebäude die ursprüngliche Raumstruktur und die Ausstattungsrundgänge wieder hergestellt, die im Laufe der Zeit verbaut wurden.
     Zum 125. Jahrestag des Bestehens des Museums wurde am 9. Oktober 1999 eine Dauerausstellung »Schaut auf diese Stadt« eröffnet. Zu besichtigen sind: die Ur- und Frühgeschichte des Berliner Raumes, Berliner Stadtgeschichte von 1648-1815,
Kunsthandwerk vom 17. bis 20. Jahrhundert, Berliner Malerei und Plastik von den Anfängen bis zum Klassizismus, die Theatergeschichte Berlins vom 18. bis zum 20. Jahrhundert.
     Im gleichen Stil wie das Märkische Museum wurde von Ludwig Hoffmann an der Rungestraße auf dem Gelände des Köllnischen Parks ein Straßenreinigungsdepot errichtet (116 m² Fläche, 4,5 m Höhe).
     Die Volksbadeanstalt (früher Wallstraße 50/51, jetzt Rungestraße 31), ein Haus im Schweizer Landhausstil, befindet sich an der westlichen Seite des Köllnischen Parks. Der Besucher mag sich fragen, wie ein solches Gebäude dorthin kommt. Es handelt sich um die 1888 errichtete sogenannte Volksbadeanstalt. Nach 1945 befand sich dort das Stadtgartenamt, seit 1970 ist die Tuberkulosefürsorge in dem Gebäude untergebracht.
     Initiator des Baus war der Berliner Verein für Volksbäder, die Architekten waren Ende und Böckmann. Ehrenpräsident des Vereins war der Herzog von Ratibor, Vorsitzender Dr. G. von Bunsen. Der Verein hatte bereits seit 1873 eine Badeanstalt in der Höchsten Straße 15 betrieben, die sich selbst trug. Angesichts dieser guten Erfahrungen beschloss man, zwei weitere Badeanstalten zu errichten, um, wie es in einem Artikel der »Deutschen Bauzeitung« vom 26. April 1888 hieß, »der weniger bemittelten Bevölkerung Berlins die Wohltat eines warmen Bades zu jeder Jahreszeit zu dem denkbar billigsten Preise zukommen zu lassen«.
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   157   Im Detail Köllnischer Park  Voriges BlattNächstes Blatt
Außer Wannenbädern sollten auch warme Brausebäder eingerichtet werden, eine Neuheit, die 1879 erstmals durch den Oberstabsarzt Dr. Münich in der Kaiser-Franz-Garde-Grenadierkaserne eingeführt worden war. Man wollte die Badeanstalten möglichst in Verbindung mit städtischen Parkanlagen errichten. Dafür boten sich der städtische Park Gartenstraße 5-8 (ehemaliger Sophien-Kirchhof) und der neu angelegte Köllnische Park an. Der Verein war eine gemeinnützige Einrichtung und konnte die Kosten nicht allein tragen. Er erhielt von der Stadt Berlin kostenlos das Baugelände und für beide Anstalten einen Baukostenzuschuss von 108 000 Mark.
     Die Anstalten erhielten Wannen- und Brausebäder I. und II. Klasse sowie entsprechende Ankleidezellen. Ein Wannenbad I. Klasse kostete 50 Pf., II. Klasse 25 Pf., die Brausebäder je 25 Pf. Und 10 Pf. Außerdem erhielt jeder Benutzer ein Handtuch und ein Stück Seife.
     Im Obergeschoss des Mittelbaus lag die Wohnung für den Bademeister. Das Untergeschoss enthielt die Kessel- und Maschinenanlage sowie weitere technische Räume. Täglich konnten 840 Wannenbäder und 1 500 Brausebäder genommen werden. Die Erwärmung der Baderäume erfolgte durch eine Dampf-Hochdruck-Heizung. Die Waschanlage konnte täglich 3 000 Handtücher waschen und trocknen. Die Herstellungskosten beider Badeanstalten betrugen 225 000 Mark.
     Der Turm des »Wusterhausischen Bären«: In der südöstlichen Ecke des Köllnischen Parks befindet sich ein kleiner Rundbau aus Backsteinen mit einer Kuppel aus Sandstein. Es handelt sich um den letzten Überrest der Berliner Stadtbefestigung. Der Ausbau von Berlin-Cölln als Festung erfolgte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, von 1658 bis 1683, auf der Cöllner Seite ab 1662.
     Das Festungswerk wurde hier aus Platzgründen und weil der Cöllner Stadtgraben, der heutige Spreekanal, als einzige durchgehende Schifffahrtsstraße gesichert werden musste, auf das Gebiet der Köpenicker Vorstadt jenseits der Spree vorgeschoben. Vor den aus Bastionen und Wällen bestehenden Festungsanlagen verlief der bis zu 55 m breite und 3 m tiefe Festungsgraben. Der Wasserstand im Festungsgraben (auf Cöllner Seite Grüner Graben wegen der Entengrütze oder auch Fauler Graben genannt) wurde durch ein Stauwehr mit Schleuse in der Spree oberhalb der Bastion VIII auf Berliner Seite (Sperrwerk am Oberbaum etwa in Höhe der späteren neuen Waisenbrücke) gesichert. Um das Wasser im Festungsgraben selbst nach den jeweiligen Bedürfnissen regeln zu können, befanden sich im Grünen Graben zusätzliche Wehre, eines am Einlauf aus der Spree, zunächst an der direkt an der Spree gelegenen Bastion VII (heutiges Märkisches Museum), das später an die Bastion VI verlegt wurde (heutiges Schulgelände an der Neuen Jakobstraße), und ein Wehr am Auslauf in die Spree (in der Nähe des heutigen Bode-Museums).
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     Die Wehre wurden Bäre genannt, von dem lateinischen berum = Wehr. Das Wehr an der Bastion VII wurde Wusterhausischer Bär (oder Oberbär) genannt, weil hier an der Außenseite des Grabens der Weg nach Wusterhausen vorbeiführte. Eine andere Deutung des Namens: Weil das Wehr, der Bär, an der prinzlichen Besitzung lag, die der Amtskammer Wusterhausen unterstand.
     Die Wehre bestanden aus massiven 3 bis 7 m starkem Mauerwerk quer durch den Graben mit je einem engen Durchlass an der Grabensohle, der durch eine Zugschleuse (Grundzapfen) verschlossen oder geöffnet werden konnte. Damit das Wehr im Kriegsfall vom Gegner nicht überquert werden konnte, war es wie ein Dach oder wie der scharfe Rücken eines Esels nach beiden Seiten hin abgeschrägt und wurde daher »Eselsrücken« genannt.
     Dem weiteren Schutz dienten die auf der Mitte der Wehre errichteten runden Türme. Sie enthielten auch die Maschinerie für die Schleuse der Wehre. Um ein Passieren zu verhindern, waren sie so breit, dass niemand den Turm umklammernd an ihm vorbei kommen konnte so hoch, dass sie nicht überklettert werden konnten und zugleich so niedrig, dass sie beim Zerschießen nur einen kleinen Teil des Grabens ausfüllten.
     Nach der Beseitigung der Festung 1734 bis 1740 dienten die Wehre samt Türmen nur noch zur Regulierung des Wasserstandes im Graben für Wassermühlen. 1718 ließ Friedrich Willhelm I. den Turm des Wusterhausischen Bären erneuern, mit einer bekrönenden Waffentrophäe aus Sandstein schmücken und eine Tafel mit der Inschrift »Wusterhausischer Bär 1718« anbringen.
     1883 wurde der Grüne Graben zugeschüttet. Der Turm des Wusterhausischen Bären stand nun auf dem Trockenen, und zwar auf dem Hof des Hauses Jakobstraße 10. Heimatfreunde retteten ihn vor der Zerstörung. 1893 wurde er in den Köllnischen Park versetzt. Seitdem trägt er die Inschrift: »Wusterhausischer Bär 1718. Auf der Mitte des Wehres im Grünen Graben hinter der Bastion VI erbaut und hierher versetzt 1893.«
     Viele Besucher kommen täglich zum Bärenzwinger im Köllnischen Park. Die Anlage mit den Berliner Wappentieren erfreut sich unveränderter Beliebtheit. An seiner Stelle stand zunächst ein Straßenreinigungsdepot mit öffentlicher Bedürfnisanstalt. Den Anstoß zum heutigen Bärenzwinger gab ein am 23. August 1937 in der »BZ am Mittag« veröffentlichter Beitrag eines Wilfried Bade: »Uns fehlt was in Berlin«, gerichtet an den Berliner Oberbürgermeister Lippert (1895-1956).
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Der Beitrag erschien einen Tag nach Beendigung der 700-Jahr-Feiern. Es wurde angeregt, als nachträgliches Geburtstagsgeschenk ein Freigehege mit Bären im Tiergarten, am Großen Stern oder vor dem Berliner Rathaus zu schaffen. Schon einen Tag danach erklärte Lippert gegenüber der BZ, er könne nicht ohne weiteres einen Platz für den Zwinger bestimmen, aber er könne sich gut vorstellen, dass in der Mitte des Köllnischen Parks Platz für einen Zwinger oder Bärengraben sei.
     Am 22.  September 1937 fasste der Gemeinderat von Bern, das ebenfalls einen Bären im Wappen führte, den Beschluss, Berlin nachträglich zur 700-Jahr-Feier einen Bären zu schenken. Der Verlag der »BZ am Mittag« spendete ebenfalls einen Bären. Oberbaurat Mittmann von der Entwurfsabteilung II des Hochbauamtes erarbeitete unter Beratung des Zoobaumeisters Behrend einen Plan für die Errichtung eines Bärenzwingers im Köllnischen Park, und zwar anstelle des Straßenreinigungsdepots.
     Um den Bau gab es zunächst interne Auseinandersetzungen in der Berliner Verwaltung. Bürgermeister Steeg, (1894-1945), erklärte im Juni 1938, dass es »wichtigere vom Führer angeordnete Aufgaben gebe, als den Bau eines Bärenzwingers«. Selbst Goebbels (1897-1945) wandte sich aus gleichem Grund dagegen. Lippert entschied schließlich am 26. Juni 1938 das Projekt positiv. Die Stadt stellte zunächst 87 000 RM zur Verfügung.
Die Arbeiten begannen im Herbst 1938 mit dem Abbruch des Straßenreinigungsdepots und der daneben liegenden Bedürfnisanstalt. Den Zuschlag der zum 1. September 1938 erfolgten Ausschreibung erhielt die Firma Karl Tornow, Weißensee, Prenzlauer Promenade 9, für 3 650 RM. Im Oktober 1938 war der Abriss beendet, dann begannen die eigentlichen Bauarbeiten. Der Tiefbau wurde von der Allgemeinen Baugesellschaft Lorenz u. Co. in Wilmersdorf, der Bau des Gebäudes von der Firma Georg Lorenz in der Potsdamer Straße ausgeführt. Der Bau umfasste: drei Bärenkäfige, je einen Lagerraum für Streu und Futter, einen Innenhof mit Oberlicht, einen Pumpenkeller, zwei überdachte Bärenlagerplätze, zwei Ausläufe für die Bären und zwei Wassergräben. Der gesamte Bau ist im wesentlichen bis heute so erhalten. Das Gebäude wurde mit Rathenower Klinkern verkleidet. Das Berliner Stadtwappen über der Eingangstür wurde von dem Berliner Bildhauer Ludwig Isenbeck aus Muschelkalk gefertigt.
     Am 14. August 1939 wurden die beiden Berner Bären an den Berliner Stadtrat Engel übergeben und mit der Bahn nach Berlin gebracht. Am 17. August 1939 wurde der Bärenzwinger um 15 Uhr in Anwesenheit vieler Berliner Bürger offiziell übergeben. Er beherbergte nun vier Bären, zwei Berliner und zwei Berner. Der Zwinger wurde zunächst dem Bezirksamt Mitte zugeordnet, später dem Amt Tierpark. Im April 1941 kam ein fünfter Bär hinzu, der sogenannte Geschwader-Bär.
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Ein Luftwaffengeschwader erhielt im April 1940 als Geschenk Berlins einen schwarzbraunen Bären. Als er zu groß wurde, schenkte man ihn dem Bärenzwinger.
   
Die Endabrechnung für den Bau des Bärenzwingers erfolgte erst 1943:
Kosten im Einzelnen:
A) Baufreimachung der Baustelle und Abbruch des Gebäudes7 220,74
B) Neu- bzw. Umbau des Gebäudes51 174,40
C) Wassergraben32 942,14
D) Gelände709,45
E) Gen. Insgemein7 953,27
100 000,00
(Akte Gartenbauamt Mitte LAB, I/I - 010 Nr. 5/6)

Alle fünf Bären waren bis kurz vor Kriegsende noch im Zwinger. Erst in den letzten Kriegstagen wurden vier Bären von der SS oder der Polizei erschossen. Man fand sie bei Aufräumungsarbeiten im November 1949. Nur die Bärin Lotte überlebte und kam in den Zoo. Nach Kriegsende wurden die Bärengräben mit Sand aufgefüllt und dienten als Kinderspielplatz. Im Herbst 1949 wurde die Anlage rekonstruiert. Auf Initiative der »Berliner Zeitung« kamen wieder zwei Bären aus Bern. Am 29. November 1949 wurde die Anlage an Oberbürgermeister Friedrich Ebert (1894-1979) übergeben.

     1990 sollte der Zwinger geschlossen werden, da er nicht artgerecht sei und der Berliner Tierpark einen Umbau nicht finanzieren konnte. Der Zwinger wurde wieder dem Bezirk Mitte übergeben. Angesichts der massiven Proteste der Bevölkerung übernahm der Senat schließlich den Umbau in Höhe von 350 000 DM. Es wurde eine Fußbodenheizung in die Käfige eingebaut, eine Glaskuppel für mehr Licht errichtet und das Leitungsnetz erneuert.
     Am 2. April 1993 wurde der Zwinger wieder bezogen.

Literatur:
Heinrich Herzberg: Mühlen und Müller in Berlin, VEB Verlag für Bauwesen, 1. Auflage, Berlin 1986
Die neuen Volksbadeanstalten in Berlin, Deutsche Bauzeitung, Nr. 96, 21. 4. 1888
Folkwin Wendland: Berlins Gärten und Parke von der Gründung der Stadt bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert, Propyläen Verlag 1979
Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, Hauptstadt Berlin I, herausgegeben vom Institut für Denkmalpflege im Henschelverlag, Kunst und Gesellschaft, Berlin 1984
Frank Eberhardt: Wusterhauser Bär, Berlinische Monatsschrift 2/1995
Frank Eberhardt: Der Bärenzwinger am Köllnischen Park, Berlinische Monatsschrift 1/1996
Der Bärenzwinger im Köllnischen Park, Berliner Bärenfreunde e. V., Bernd D. W. Unger, 1993

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 7-2/2001
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