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Where is the wall?

Hagen Koch, Mauer-Dokumentensammler, über Abriss und Verwertung der Berliner Mauer

Nachdem am Abend des 9. November 1989 die Grenzübergänge für Jedermann geöffnet worden waren, begann am 11. November an der Grenze zwischen Mitte/Prenzlauer Berg und Wedding mit der Entfernung von Mauerteilen für die Öffnung eines Übergangs der Abriss der Mauer in Berlin. Noch viele Monate waren Angehörige der vormaligen Grenztruppen der DDR damit befasst, die Mauer und die dazugehörigen Nebeneinrichtungen großtechnisch abzuräumen. Sie taten das mit derselben preußischen Gründlichkeit, mit der sie zuvor die Grenzanlagen auf-, ausgebaut und bewacht hatten. Berlins weltbekanntestes Bauwerk verschwand in atemberaubenden Tempo - zuallererst an den auffälligsten Stellen des Stadtgebiets. So kam es, dass schon im Herbst des Jahres 1991 »Where is the wall« die am häufigsten gestellte Touristenfrage gewesen ist. Einer, der diese Frage am erschöpfendsten beantworten kann, ist Hagen Koch, der Betreiber des Berliner Mauer-Archivs.

Wo befindet sich die Mauer heute?
     Hagen Koch: Da muss man unterscheiden, was gemeint ist. Wenn Sie danach fragen, wo sich noch Teilstücke an Ort

und Stelle befinden, dann sind das exakt jene Abschnitte, die im Jahre 1990 unter Denkmalsschutz gestellt wurden, als ich zum Mauerbeauftragten der DDR-Regierung bestellt worden war. Abgesehen von zufällig stehen gebliebenen Stücken, die noch irgendwelche Abgrenzungsfunktionen an Bahnstrecken, Böschungen etc. haben, sind das wenige Abschnitte in den früheren Stadtbezirken Mitte, Friedrichshain und Treptow.
     Von Norden nach Süden gehören dazu ein Teilstück am westlichen Ende der Bernauer Straße, dort, wo die zentrale Mauergedenkstätte eingerichtet wurde, ein Stück am Invalidenfriedhof mit der Führungsstelle Kieler Eck, dann beim heutigen Berliner Abgeordnetenhaus an der Niederkirchnerstraße entlang der Gedenkausstellungsflächen zur Topographie des Terrors. Außerdem die Schlagbäume am Checkpoint Charlie, die East Side Gallery an der Mühlenstraße in der Nähe des Ostbahnhofs und in Treptow die Führungsstelle am Schlesischen Busch. Allerdings ist an keiner dieser Stellen noch ein Gesamteindruck vom Originalzustand der gesamten Grenzanlage zu gewinnen, da nur noch unterschiedliche Teile existieren. So ist zum Beispiel die East Side Gallery nur ein Teil der so genannten Hinterlandmauer, die 1990 von Künstlern bemalt und 2000 mit Hilfe des Verbandes der Deutschen Farbenindustrie und der Berliner Lackiererinnung teilweise restauriert worden ist.
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Selbst bei dem sechzig Meter breiten und in der gesamten Tiefenstaffelung erhaltenen Stück an der Bernauer Straße hat sich durch die Mauerspechte auf der »Westseite« (hier: Nordseite) und den Umbau zur Gedenkstätte das Bild völlig verändert. Also gibt es die Mauer in ihrer originalen Gestalt als martialische Grenzbefestigung zur Abschottung der DDR gegen West-Berlin nur noch in Fotos, Filmen, Dokumenten, beispielsweise sehr umfangreich in meinem Archiv. Einzelteile der Mauer befinden sich in der ganzen Welt.

Der Beschluss zum fast völligen Abriss der Mauer war ja schon wenige Tage nach der Öffnung von der damaligen DDR-Regierung gefasst worden. Lässt sich noch nachvollziehen, wie das zur Zeit der beginnenden Auflösung der DDR ablief?
     Hagen Koch: Ich arbeitete damals als frisch berufener Kulturgutschutzbeauftragter im Institut für Denkmalspflege der DDR, und in meiner Erinnerung war auch der Abriss und der Verkauf der Mauer ein gründlich preußisch organisierter Verwaltungsvorgang. In meiner Dienstpost fand sich bald eine handschriftliche Aktennotiz, unterschrieben vom neuen Kulturminister Dietmar Keller, in der er mir anbot,


Hagen Koch im Juli 2001

falls ich mich damit anfreunden könnte, so etwas wie der Mauerbeauftragte der DDR-Regierung zu werden.
     Aus der ganzen Welt waren die »Mauerspechte« angereist und schlugen mit Hammer und Meißel vor allem von der Westseite bemalte Stücke aus dem Beton. Ihr Klopfen hörte man monatelang in weitem Umkreis, und es war das frühe Zeichen dafür, dass die Mauer bald verschwinden würde. Am 28. April 1990 begann man mit »vereinten Kräften« die Panzermauer am Brandenburger Tor abzureißen: Grenztruppen der DDR mit ihrer Pioniertechnik und schwere Technik von Krupp.

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Niemand hatte allerdings geglaubt, dass der gesamte Mauerabriss so schnell und so restlos geschehen würde, denn 1991 war er fast vollständig erledigt. Es mag heute wie ein Kuriosum erscheinen, aber die Hauptarbeit hat das Personal der Grenztruppen der DDR, Grenzkommando Mitte, geleistet. Beispielsweise wurden, um unzumutbarer Lärmbelästigungen auszuschließen, laut Festlegungsprotokoll der Koordinierungsstelle Mauerabriss des Magistrats vom 22. August 1990 die Abrissarbeiten nur noch am Tage gestattet. Es ging alles seinen amtlichen Gang. Ab 3. Oktober 1990 war der Zentrale Auflösungsstab der ehemaligen Grenztruppen der DDR dem Bundeswehrkommando Ost unterstellt.

Wie begann der Verkauf der Mauerteile?
     Hagen Koch: Hier muss man natürlich unterscheiden zwischen den offiziellen Verkauf und dem Verkauf von Teilen, die von den Mauerspechten abgeschlagen worden waren. Letzteres war praktisch nicht zu verhindern. Seitens der Regierung war festgelegt worden, die Erlöse aus dem Verkauf der Mauerelemente dem Gesundheitswesen der DDR zuzuführen. Gleichzeitig sind offiziell immer wieder Mauerelemente verschenkt worden. Natürlich stets mit Stempel und Unterschrift. Bis heute werden offiziell Mauerteile verschenkt. Erst kürzlich hat der Bundestagspräsident Teile, die bisher am Potsdamer Platz standen, dem Generalsekretär der UNO übergeben.

     Die erste Versteigerung eines Elementes der Mauer hat am 28. April 1990, dem Tag des Abrissbeginns der Panzermauer am Brandenburger Tor, im Hotel Inter-Conti in der Budapester Straße stattgefunden. Noch war das kein großer Geschäftserfolg, aber es war klar, dass man mit den großen und »westseitig« bemalten Elementen auf den internationalen Markt gehen konnte. Von der extra zur Verwertung der Mauer gegründeten LE LE BERLIN WALL GmbH, die die größtmögliche Öffentlichkeit suchte, wurde zum 30. Mai 1990 in Monte Carlo eine Pressekonferenz einberufen, an der ich mit Dienstreiseauftrag des Generalkonservators der DDR teilnahm. Meine erste Dienstreise nach Monaco!
     Zur Versteigerung am 22. Juni 1990 reiste ich ein zweites Mal an die Cote d´Azur. 81 Elemente der Berliner Mauer aus einer limitierten Auflage von insgesamt 360 Stück wurden hier erfolgreich versteigert. Der durchschnittliche Erlös pro Element lag in Monte Carlo bei ca. 20 000 DM. Die Echtheit wurde mit einem Zertifikat bestätigt, das mit einem Berliner Bärensiegel versehen war.

Wie groß war eigentlich das - nennen wir es Gesamtkonvolut - der Mauer?
     Hagen Koch: Im allgemeinen Verständnis ist unter »Berliner Mauer« der westseitige Abschluss der Grenzbefestigungen gemeint.

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Abgesehen von älteren Mauerstücken, die es an den verschiedensten Stellen noch gab, ist darunter die sogenannte Grenzmauer 75 zu verstehen, die ab 1975 aufgestellt worden war. Die Teile mit der Typbezeichnung UL 12.11 in einer Höhe von 360 cm, einer Breite von 120 cm und einem Sockel von 210 cm wiegen bei einer Wandstärke von 12 bis 22 cm etwa 2,75 Tonnen. Sie standen auf allen festen Untergründen nur mit einer Ausgleichsbetonschicht ohne Tiefenfundament, der flache Sockel verhinderte das Umkippen auch bei Fluchtversuchen mit Kraftfahrzeugen. Den Abschluss bildete oben ein glattes Asbestbetonrohr von 40 cm Durchmesser und jeweils mehreren Meter Länge.
     Auf einem Kilometer standen 834 Mauerelemente, insgesamt waren das 45 000 Elemente, davon 29 000 in Berlin und 16 000 an verschiedenen Stellen des Außenrings. Übrigens hat es darüber hinaus auch an der DDR-Außengrenze zur Bundesrepublik kürzere Mauerabschnitte gegeben, etwa bei Vacha/ Rhön quer durch das Tal der Werra.
     Ein Mauerelement kostete in der Herstellung 359,- Mark der DDR.

Wissen Sie, wo sich heute überall Mauerelemente befinden?
     Hagen Koch: Sie befinden sich auf allen fünf Kontinenten, als Denkmale, Siegestrophäen, Spekulationsobjekte, Werbegeschenke, Kunstobjekte oder als Geschenke des Dankes.

Die Liste, mit der ich vor über elf Jahren begann, wird fortlaufend ergänzt. Ich nenne einige ausgewählte Empfänger im Ausland: USA: Ronald Reagan, Kalifornien, Liberty Foundation; Bill Gates, Firmengelände von Microsoft in Redmond (Geschenk von Daimler Benz); Polen: Gdansk, ehemalige Lenin-Werft, am 29. August 2000 von Eberhard Diepgen zum 20. Jahrestag der Solidarnosc übergeben; Südkorea: an der Grenze zu Nordkorea; Südafrika: Kapstadt (Mauerteil Nr. 124) im Oktober 1996 von der Bundeswehr übergeben; Japan: Nagasaki, Mauerteil mit Tür; Israel: Jerusalem, Bürgermeister Teddy Kollek; Schweden: PR-Gag für Wodka-Herstellung; Vatikanstadt Rom. Die meisten erhaltenen Mauerteile befinden sich logischerweise in Berlin und in Deutschland. In Dingelstedt wurde beispielsweise ein Mauerelement als Sonnenuhr aufgestellt, und in Offenburg erhielt der Verleger Hubert Burda zum 60. Geburtstag von der »SUPER ILLU« ebenfalls ein Exemplar. Wer den aktuellen Listenstand wissen will, kann ihn in meinem Mauerarchiv erfahren.

Sie besitzen in Ihrem Archiv eine ausführliche Dokumentation über die Mauer. Wie kam die zustande?
     Hagen Koch: Nach dem Auftrag des Kulturministers Keller begann ich zu sammeln. Als dann nach der Wahl die neue Regierung de Maizière im Amt war, wurde ich mit der Weiterführung beauftragt.

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Einzelne Anweisungen zur Übergabe von Mauerelementen bekam ich dann hauptsächlich direkt vom Büro des Ministerpräsidenten. Da seitens des Instituts für Denkmalspflege zunehmend an meiner Arbeit kein Interesse bestand, sammelte ich so das Material in offiziellem Auftrag in meiner Wohnung. Mein Ansprechpartner war der Chef der Grenztruppen in Pätz bei Königs-Wusterhausen.
     Bei einem meiner Besuche fragte ich nach topographischen Karten und den Schwarz-weiß-Panoramafotos (1084 Stück) der Grenzaufklärung. Geheim seien die ja wohl nicht mehr. Ich erhielt einen Kartensatz Maßstab 1:10 000 und Maßstab 1:5 000 und einen Satz Fotos. Außerdem habe ich damals bei Besuchen in Grenzregimentern, teilweise schon aus Abfall-Papiercontainern, mir wichtig erscheinendes Material gesichert. Als ich dann 1990 von der Denkmalspflege gekündigt wurde und sich niemand für meine Sammlung interessierte, habe ich sie behalten und in den folgenden Jahren immer weiter ausgebaut. Die Fotos vom Mauerverlauf waren von Herbst 1988 bis Frühjahr 1989 aufgenommen worden, sind also der aktuellste und letzte Stand.

Am 11. Oktober 1981 sendete N 3 den Dokumentarfilm »Auf der Mauer, auf der Lauer« des SFB-Autors Jürgen Böttcher, der den gesamten Mauerverlauf rings um Berlin von der Westberliner Seite aus dokumentierte.

Man konnte sehen, wie und wo die Mauer bemalt war, wie sie sich durch Kleingartenanlagen und verschiedenste Bereiche der Stadt entlang zog, von der Kreuzberger Rollheimersiedlung bis zum Forschungs-Atommeiler des Hahn-Meitner-Instituts im Zehlendorfer Süden oder der Exklave »Eiskeller« im Westen. Wie beurteilen Sie ein solches Dokument?
     Hagen Koch: Ich sammle natürlich auch Filme und Reportagen über die Mauer. Aber diesen Film habe ich bisher nicht gesehen. Die Erstausstrahlung schon deshalb nicht, weil es mir als damaligem Offizier des Berliner Wachregiments Feliks Dzierzynski des Ministeriums für Staatsicherheit privat verboten war, Feindsender zu empfangen. Mein Mauerarchiv zeigt die Mauer aus Ostsicht, unterscheidet sich dadurch von den anderen Institutionen.
     Ich muss den vielen Anfragern, die die Mauer aus Westrichtung betrachten, immer wieder erklären, dass sie nicht in Neukölln, Kreuzberg, Tiergarten, Wedding oder Reinickendorf gestanden hat, sondern auf dem Territorium der DDR, in Ostberlin. Sie war außerdem fast immer mindestens ein, zwei, manchmal Dutzende Meter von der eigentlichen Grenzlinie zurückgesetzt, die dadurch zum Niemandsland wurde.
     Die »Beschädigung des Eigentums der DDR«, die Grafittimalerei auf der Westseite, wurde nur anfangs regelmäßig von mit Farbeimern und Bürsten bewaffneten Grenzern beseitigt.
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Grenzmauer aus Stützelementen Typ UL 12.41
Selbst die in Westberliner Schrebergärten angebrachten Rankgerüste oder dekorativen Wagenräder sind einschließlich der damit verbundenen »Okkupation von DDR-Territorium« stillschweigend geduldet worden. Auf der Ostseite kam so etwas natürlich nicht infrage, auch daran sieht man, gegen wen die Mauer gerichtet gewesen ist. Sie haben in einem umfangreichen biografischen Material, das Sie »Die Flucht nach vorn« nennen, ihren Lebensweg aufgezeichnet. Der prädestinierte Sie wohl eher nicht zum Mauer-Abriss-Experten?
     Hagen Koch: Ich bin 1990 wegen meiner Stasi-Vergangenheit vom Institut für Denkmalspflege gekündigt worden. Ich war also mit 50 Jahren zum ersten Mal in meinem Leben arbeitslos.
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Mein erster Gang zum Arbeitsamt war ein Gang in eine ehemalige Dienststelle des Ministeriums für Staatssicherheit, nämlich in das ehemalige MfS-Objekt Gotlindestraße, das jetzt das Arbeitsamt in Berlin-Lichtenberg war.
     Zum zweiten Mal in meinem Leben betrat ich so ein Dienstgebäude der Staatssicherheit, zum ersten Mal war es am 14. August 1961, als ich Mielke die topografischen Karten zum Mauerverlauf brachte. Ich hatte nämlich als Gefreiter, dann als Unteroffizier die Kartenstelle im Berliner Wachregiment Feliks Dzierzynski geleitet. Später diente ich als Kulturoffizier dieses Regiments in Adlershof. Das Wachregiment, das als DDR-Eliteregiment galt, war militärisch gegliedert, stellte Wachen für zentrale Gebäude und auch die Ehrenkompanie, die von auswärtigen Staatsbesuchern abgeschritten wurde. Es unterstand nicht der NVA, sondern dem Ministeriums für Staatsicherheit. 1985 erwirkte ich als Hauptmann meine Entlassung aus dem aktiven Militärdienst. Ich besorgte mir eine Stelle im Zentrum für Kunstausstellungen der DDR in der Brüderstraße. Als ich dort anfing, dachten die einen, ich sei ein Spitzel von der Stasi, und die anderen dachten, dass so einer, der jetzt »nur Materialwirtschaft« macht, vielleicht etwas verbrochen haben muss. Denn wenn ich als »gelernter« Kulturwissenschaftler und Ingenieur-Ökonom jetzt Farbtöpfe und Glasvitrinen, Ausstellungswände und Transportkisten beschaffe und verwalte, muss doch etwas nicht stimmen.
Ich geriet sofort zwischen alle Stühle, keiner wollte mit mir etwas zu tun haben. Nach und nach wurde ich aber doch zu einem Kollegen, den man in persönlichen Dingen um Rat fragte. Jedenfalls versetzte man mich nach zehn Monaten zum Kulturgutschutzbeauftragten des Zentrums, ich half, große internationale Ausstellungen wie etwa 1986 in Erfurt die Quadriennale des Kunsthandwerks zu organisieren und erwies mich als schnell firm in Organisations- und diversen Vertragsangelegenheiten. Im Februar 1989 bekam ich allerdings eine schwere Gelbsucht und musste für längere Zeit ins Krankenhaus.
     Meine Entlassung aus dem Krankenhaus war Ende des Sommers 1989. Mein Arbeitsplatz im Zentrum für Kunstausstellungen der DDR war durch einen neuen Mitarbeiter besetzt worden. Ich wurde zum Institut für Denkmalpflege versetzt, wo ich am 3. November 1989 begann. Eine Woche später fiel die Mauer. Beinahe automatisch wurde sie damit zum Objekt des Denkmalsschutzes, und da man in der Leitung natürlich meine Herkunft kannte, schien ich der ideale Mann für den Auftrag, in den geheimen NVA-Archiven die historischen Dokumente vom Bau der Mauer zu sichten, zu sichern und sie zu veröffentlichen.
     Ich fühlte mich berufen, fühlte mich wichtig und sah den Umgang mit der Mauer als meine künftige Aufgabe, in die ich mich mit ganzer Kraft hineinstürzte.
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Staffelung der Mauer mit allen pionier- und signaltechnischen Anlagen
Einen ersten Dämpfer bekam ich durch einen Fernsehbeitrag über die Versteigerung von Mauerteilen in Monte Carlo. Eine Journalistin des Fernsehens der DDR berichtete über mich im Westfernsehen mit den Worten »... dieser Mann hat 27 Jahre dem Ministerium für Staatsicherheit der DDR treu gedient und ist nun im Institut für Denkmalpflege der DDR untergeschlüpft«. Auch die »Morgenpost« schrieb über mich. Alle konnten es jetzt lesen, auch meine Kollegen im Institut für Denkmalpflege. Mein Arbeitsvertrag wurde durch den neuen Betriebsrat für ungültig erklärt. Doch die Mauer ließ mich nicht los, ich hielt Vorträge, gab Interviews. Natürlich wurde mir meine Tätigkeit im Bereich des Ministeriums für Staatsicherheit vorgeworfen. Doch damit werde ich wohl auch künftig leben müssen.
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Segment der Berliner Mauer vor dem Heimatmuseum Treptow im Jahre 1999

Am 5. Jahrestag der Maueröffnung gründeten Sie Ihr privates »Berliner Mauer-Archiv« Wie arbeiten Sie mit anderen Institutionen zusammen?

     Hagen Koch: Mein Archiv ist immer noch keine förderungswürdige Einrichtung, das habe ich schriftlich. Das hat mich aber nicht daran gehindert, es für viele Institutionen, etwa für die Bundeszentrale für politische Bildung, die Bundeswehr und viele andere Partner, zur Verfügung zu stellen, Vorträge zu halten. Auch an vielen Filmen habe ich als Fachberater mitgewirkt.
     Zum 10. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer brachte der be.bra verlag das Buch »Die Berliner Mauer« von Thomas Flemming und mir als Ko-Autor heraus. Ich ließ es mir nicht ausreden, das erste Buch, was ich in den Händen hielt, einem Mann zu widmen, der sein Leben dem Kampf gegen die Mauer gewidmet hatte: Rainer Hildebrandt, der Chef vom Mauermuseum Haus am Checkpoint Charlie.

Das Gespräch führte Bernd S. Meyer

Hagen Koch, Alt-Friedrichsfelde 83, 10315 Berlin
Telefon : 030/51 06 58 52
Telefax : 030/51 06 58 52
e-mail: Berliner.Mauer.Archiv@t-online.de

Bildquellen: Zeichnungen Archiv Koch, Foto Bernd S. Meyer

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 7/2001
www.berlinische-monatsschrift.de